Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StGB § 64; StGB § 69 a; StGB § 73; StGB § 73 Abs. 1 Satz 1; StGB § 73 a; StGB § 73 c Abs. 1 Satz 2; StGB § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt.; BtMG § 33 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
I.
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in einer Vielzahl von Einzelfällen, den Angeklagten St. zusätzlich in einem Fall unter Mitführen einer Waffe und in Tateinheit mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr und mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe, zu jeweils mehrjährigen Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt. Zugleich hat es - neben weiteren Maßregeln nach §§ 64, 69 a StGB - bei den Angeklagten E. und S. sichergestellte Geldbeträge in Höhe von 7.010 € (E. ) und 7.000 € (S. ) für verfallen erklärt sowie gegen alle drei Angeklagten den Verfall von Wertersatz angeordnet, und zwar gegen den Angeklagten St. in Höhe von 19.500 €, gegen den Angeklagten E. in Höhe von 4.000 € und gegen den Angeklagten S. in Höhe von 3.000 €. Darüber hinaus wurden die vom Angeklagten St. verwendete Schusswaffe und die bei ihm sichergestellten Betäubungsmittel eingezogen. Mit ihren zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten und wirksam (vgl. BGH NStZ-RR 1997, 270; Meyer-Goßner StPO 49. Aufl. § 318 Rdn. 22) auf die Aussprüche über den Wertersatzverfall beschränkten Revisionen rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Die Rechtsmittel erweisen sich als begründet.
II.
1. Nach den Feststellungen erwarb der Angeklagte St. in insgesamt zwölf Fällen von diversen Lieferanten Betäubungsmittel (Heroin) in Mengen von 100 bis zu 400 g, die er nach Streckung, zumeist gemeinsam mit dem früheren Mitangeklagten P. , gewinnbringend weiterveräußerte. Soweit P. beteiligt war, teilte er sich den erzielten Gewinn hälftig mit diesem. Abnehmer des Angeklagten St. waren die Angeklagten E. und S. , die ihrerseits überwiegend die Drogen mit Gewinn an Endkonsumenten weiterverkauften. Bei ihrer Festnahme führte der Angeklagte E. Geldscheine im Gesamtwert von 7.010 € und der Angeklagte S. solche im Gesamtwert von 7.000 € bei sich, die aus den Drogenverkäufen stammten. Der Verbleib der übrigen von den Angeklagten aus den Betäubungsmittelverkäufen erlangten Geldscheine konnte nicht geklärt werden.
2. a) Im Ansatz zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die von den Angeklagten aus den Betäubungsmittelgeschäften erzielten Erlöse, soweit die Anordnung des Verfalls nach § 73 StGB an den unmittelbar aus den Drogenverkäufen erlangten Geldscheinen aus tatsächlichen Gründen nicht mehr möglich war, dem Wertersatzverfall gemäß § 73 a StGB unterliegen. Bei der Bemessung der Höhe des Wertersatzverfalls hat es sodann im Weiteren ausgeführt:
Der Angeklagte St. habe aus den Betäubungsmittelverkäufen zwar insgesamt 92.500 € erlangt. Hiervon seien ihm jedoch nach Abzug der gezahlten Einkaufspreise und der an P. abgeführten Gewinnbeteiligungen nicht mehr als 19.500 € verblieben. Gemäß § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB werde daher die Anordnung des Ersatzverfalls auf einen Geldbetrag in dieser Höhe beschränkt, "auch wenn der Angeklagte St. zusammen mit seiner Mutter Miteigentümer des mit einer Grundschuld ... belasteten Grundstücks in Ibbenbüren ... ist". Bei dem Angeklagten E. , bei welchem bereits ein Geldbetrag von 7.010 € für verfallen erklärt worden sei, werde der Wertersatzverfall nach § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB auf 4.000 € beschränkt, da die Kammer sich sicher sei, dass ihm nach Abzug der von ihm geleisteten Einkaufspreisanteile nicht mehr als dieser Betrag verblieben sei. Hierbei sei auch berücksichtigt worden, dass der Angeklagte einen Teil des Erlöses zur Finanzierung der eigenen Drogensucht eingesetzt habe. Mit ähnlichen Erwägungen hat das Landgericht schließlich auch gegen den Angeklagten S. den Ersatz des Wertverfalls auf 3.000 € beschränkt, wobei es bei diesem Angeklagten ein Fünftel der auf ihn entfallenen Verkaufsmengen zum Abzug gebracht hat, da dies der Menge entspreche, die er nach seiner Einlassung für den eigenen Heroinkonsum verbraucht habe.
b) Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
aa) Sie lassen bereits besorgen, dass das Landgericht bei der Bewertung des aus der Tat "Erlangten" im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB das Wesen des Bruttoprinzips verkannt hat. Danach unterliegt nicht nur der Gewinn, sondern grundsätzlich alles, was der Täter aus der Tat erhalten hat, dem Verfall. Bei der Berechnung des aus einem Drogenverkauf Erlangten ist deshalb vom gesamten Erlös ohne Abzug des Einkaufspreises und sonstiger Aufwendungen auszugehen (st. Rspr., vgl. nur BGHSt 47, 369, 370; Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 73 Rdn. 7 jeweils m.N.).
bb) Aber auch die Erwägungen des Landgerichts zu § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Nach § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB, auf dessen Regelung sich das Landgericht ersichtlich stützt, kann die Anordnung des Verfalls nur unterbleiben, soweit das Erlangte oder dessen Wert in dem Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden ist. Das Landgericht hätte daher in einem ersten Schritt zunächst - gegebenenfalls im Wege der Schätzung (§ 73 b StGB) - feststellen müssen, was die Angeklagten aus ihren Straftaten erlangt haben. Hierzu enthält das Urteil, wie die Beschwerdeführerin zu Recht rügt, in Bezug auf die Angeklagten E. und S. keine konkreten Angaben. In einem zweiten Schritt hätte sodann geprüft werden müssen, ob die Angeklagten entreichert sind oder aber das Erlangte noch in ihrem Vermögen vorhanden ist (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 7, 8; BGHR StGB § 73 c Härte 10 m.w.N.). Hierzu hätte es näherer Darlegung ihrer Vermögensverhältnisse bedurft; denn eine Entscheidung nach § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB scheidet regelmäßig aus, wenn der Angeklagte noch über Vermögen verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem anzuordnenden Verfallbetrag zurückbleibt (BGHR StGB § 73 c Wert 2 = NStZ 2000, 480). Verfügt der Täter über Vermögen, liegt es nahe, dass der Wert des Erlangten in diesem noch vorhanden ist, es sei denn, es stünde zweifelsfrei fest, dass ein Vermögenswert ohne jeden denkbaren Bezug mit den abgeurteilten Straftaten erworben wurde (vgl. BGHSt 48, 40, 42/43). Auch insoweit fehlt es hinsichtlich der Angeklagten E. und S. an jeglichen Feststellungen. In Bezug auf den Angeklagten St. , zu dessen Vermögensverhältnissen das Urteil nur mitteilt, dass er Miteigentümer eines mit einer Grundschuld belasteten Wohngrundstücks ist, hätte das Landgericht dessen Nettowert feststellen und - sofern ein Ausnahmefall im Sinne der Senatsentscheidung in BGHSt 48, 40 nicht gegeben ist - davon ausgehend jedenfalls den Wert des Miteigentumsanteils als vorhandenes Vermögen berücksichtigen müssen.
3. Die Sache bedarf daher zur Frage des Wertersatzverfalls der erneuten Verhandlung und Entscheidung. Der neue Tatrichter wird dabei folgendes zu bedenken haben: Erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB ist nur das, worüber der Täter oder Teilnehmer auch tatsächlich Verfügungsgewalt erlangt hat. Bei mehreren Tatbeteiligten - wie hier - genügt jedoch die Erlangung einer (faktischen) wirtschaftlichen Mitverfügungsgewalt (vgl. BGH NStZ 2003, 198, 199; BVerfG StV 2004, 409, 411; 2006, 449, 450). Die aus der Straftat erlangten Betäubungsmittel als solche unterliegen nicht dem Verfall, sondern als Beziehungsgegenstände der Einziehung nach § 33 Abs. 2 BtMG (Senat, Beschluss vom - 4 StR 429/01; BGH NStZ-RR 2002, 118, 119; Schmidt, Gewinnabschöpfung im Straf- und Bußgeldverfahren, S. 25). Damit scheidet insoweit auch die ersatzweise Anordnung des Wertersatzverfalls nach § 73 a StGB aus, die nur an Stelle des Verfalls in Betracht kommt (Senat aaO).
Das Landgericht hat daher auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen in Bezug auf den Angeklagten S. bei der Berechnung des Wertersatzverfalls im Ergebnis zu Recht den Wert der von ihm aus den Einkaufsmengen konsumierten Drogen außer Ansatz gelassen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
PAAAC-41073
1Nachschlagewerk: nein