BGH Beschluss v. - 4 StR 574/06

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StPO § 244 Abs. 3 Satz 2; StPO § 349 Abs. 2; StPO § 349 Abs. 4; WaffG § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b

Instanzenzug: LG Essen vom

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten "wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen und wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Soweit dem Angeklagten eine schwere räuberische Erpressung sowie eine räuberische Erpressung zum Nachteil der Zeugin A. zu Last gelegt worden sind, hat das Landgericht ihn aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.

Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Verfahrensrüge zum Strafausspruch in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg und führt zu einer Klarstellung des Schuldspruchs. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Soweit das Landgericht den Angeklagten rechtsfehlerfrei wegen eines Vergehens nach § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG verurteilt hat, wird der Schuldspruch dahin klargestellt, dass der Angeklagte des unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe schuldig ist. Die Formel "wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz" reicht zur rechtlichen Bezeichnung der Tat (§ 260 Abs. 4 Satz 1 StPO) nicht aus (vgl. BGHR WaffG § 53 Abs. 1 Nr. 3 a Führen 1; ).

2. Die auf eine Verletzung des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO gestützte Verfahrensrüge hat zu den Aussprüchen über die wegen unerlaubten Besitzes und Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe verhängte Freiheitsstrafe und über die Gesamtstrafe Erfolg.

a) Der Verteidiger des Angeklagten hat in der Hauptverhandlung die Vernehmung der Zeuginnen Tai D. und Duc N. beantragt, zum Beweis dafür

- dass der Angeklagte der Zeugin A. am entgegen deren Bekundungen in der Hauptverhandlung "nicht in das China-Restaurant folgte und keine Waffe in der Hand hielt",

- dass die Zeugin S. entgegen den Bekundungen der Zeugin A. bereits etwa November 2005 und daher jedenfalls auch Januar 2006 mit in der Wohnung der Zeugin A. gewohnt hat.

Diesen Beweisantrag hat das Landgericht mit der Begründung zurückgewiesen, die genannten Beweistatsachen seien für die Entscheidung ohne Bedeutung. Inwieweit die benannten Zeugen Angaben dazu machen könnten, ob der Angeklagte der Zeugin in das Restaurant gefolgt sei, habe für die Entscheidung deswegen keine Bedeutung, weil sich hieraus lediglich mögliche, nicht aber zwingende Schlüsse ergäben. Die möglichen Schlüsse wolle die Kammer angesichts des bisherigen Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht ziehen. Zwischen der unter Beweis gestellten Tatsache, dass die Zeugin S. etwa ab November 2005 in der Wohnung der Zeugin A. gewohnt habe, und den abzuurteilenden Tatsachen bestehe kein Zusammenhang. Soweit sich aus dieser Beweistatsache mögliche Schlussfolgerungen ergäben, seien diese für die Kammer nicht zwingend.

b) Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Beschluss, mit dem ein Beweisantrag wegen Bedeutungslosigkeit der behaupteten Tatsache abgelehnt wird, die Erwägungen anführen, aus denen der Tatrichter ihr keine Bedeutung für den Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch beimisst (vgl. BGHSt 2, 284, 286; BGH NStZ 1981, 401; BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 15 m.w.N.). Geht es - wie hier - um die Glaubwürdigkeit eines Zeugen, bedarf es daher der Begründung, warum die zu beweisende Tatsache das Gericht auch im Falle ihres Nachweises unbeeinflusst lassen würde (vgl. Meyer-Goßner StPO 49. Aufl. § 244 Rdn. 43 a m.w.N.). Die erforderliche Begründung der Ablehnung eines Beweisantrages wegen Bedeutungslosigkeit entspricht grundsätzlich den Begründungserfordernissen bei der Würdigung von durch Beweisaufnahme gewonnenen Indiztatsachen in den Urteilsgründen (vgl. BGH StV 2003, 369, 370).

Diesen Voraussetzungen genügt der Beschluss des Landgerichts nicht. Die tatsächliche Bedeutungslosigkeit der Beweistatsachen liegt hier auch nicht auf der Hand, so dass sich die Rüge deswegen als unbegründet erweisen würde (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 12). Bei der Bemessung der wegen des unerlaubten Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe verhängten Freiheitsstrafe von einem Jahr hat das Landgericht strafschärfend gewertet, dass der Angeklagte die Waffe "auch in der Öffentlichkeit geführt und zur Bedrohung der Zeugin A. benutzt hat." Die Feststellungen hierzu hat das Landgericht, soweit sie den Einsatz der Waffe als Drohmittel betreffen, allein auf Bekundungen der Zeugin A. gestützt, deren Bekundungen es insoweit für glaubhaft erachtetet hat. Aus welchen Gründen die unter Beweis gestellten Indiztatsachen im Falle ihres Erwiesenseins keine Auswirkungen auf die Beurteilung der Glaubhaftigkeit dieser Bekundungen gehabt hätten, ist nicht ersichtlich, zumal das Landgericht in den Urteilsgründen ausgeführt hat, die Zeugin habe "im Rahmen ihrer Aussage nicht streng zwischen eigener Wahrnehmung und später mitgeteilten Informationen" unterschieden und "teilweise Lücken nach eigenem Gutdünken" ausgefüllt.

c) Der Verfahrensfehler führt zur Aufhebung der wegen der tateinheitlich begangenen Vergehen nach dem Waffengesetz verhängten Freiheitsstrafe mit den Feststellungen zum Einsatz der Waffe als Drohmittel und zur Aufhebung der Gesamtstrafe.

Der Schuldspruch wegen unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe wird dagegen von dem Verfahrensfehler nicht berührt, weil der insoweit geständige Angeklagte die Waffe seit etwa August 2005 in seinem Pkw "gut versteckt" hatte und das Magazin der Waffe aufmunitioniert war, als sie am nach der Festnahme des Angeklagten in dessen Pkw aufgefunden wurde. Damit ist auch der Tatbestand des Führens dieser halbautomatischen Kurzwaffe unabhängig davon, ob der Angeklagte sie als Drohmittel einsetzte, hinreichend belegt (Anlage 1 Abschnitt 2 Nr. 4 zu § 1 Abs. 4 WaffG; vgl. Steindorf, Waffenrecht 8. Aufl. § 1 Rn. 51). Auch die Verurteilung in den übrigen Fällen wird von dem Verfahrensfehler nicht berührt. Soweit sie die Vorfälle am betrifft, beruht sie ausschließlich auf anderen Beweismitteln; soweit sie die Körperverletzung zum Nachteil der Zeugin A. am betrifft, beruht die Verurteilung auf dem Geständnis des Angeklagten.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
SAAAC-39362

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