BVerfG Urteil v. - 2 BvR 2563/06

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: GG Art. 2 Abs. 2 Satz 2; GG Art. 104 Abs. 1

Instanzenzug: OLG München 2 Ws 1094/06 H vom

Gründe

A.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Aufrechterhaltung von Untersuchungshaft anlässlich der ersten besonderen Haftprüfung nach § 121, § 122 StPO durch das Oberlandesgericht.

I.

1. Dem Beschwerdeführer liegen im Verfahren 6 KLs 319 Js 38552/02 sechs tatmehrheitlich begangene Fälle des Betruges in einem besonders schweren Fall, in vier Fällen mittäterschaftlich begangen, in Tatmehrheit mit versuchtem mittäterschaftlichem Betrug in einem besonders schweren Fall sowie im Verfahren 6 KLs 319 Js 30982/06 Betrug in einem weiteren besonders schweren Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung in einem besonders schweren Fall zur Last.

2. Auf Grund Haftbefehls des befindet sich der Beschwerdeführer seit dem in ununterbrochener Untersuchungshaft. Als Haftgrund ist Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO) angegeben. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wurden mit Verfügung vom abgeschlossen. Gleichzeitig wurde die Anklageschrift gefertigt. Diese ging noch am selben Tage beim Landgericht ein und wurde am mit einer Äußerungsfrist von drei Wochen zugestellt. Der Verteidiger des Beschwerdeführers bezog am Stellung. Mit Beschluss vom selben Tage wurde die Anklage im Verfahren 6 KLs 319 Js 30982/06 unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Ebenfalls mit Beschluss vom wurde im Verfahren 6 KLs 319 Js 38552/02 eine weitere Anklage, die sich neben dem Beschwerdeführer noch gegen zwei weitere Angeklagte richtet, unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen und beide Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden.

3. Am fand auf Wunsch der drei Verteidiger des Beschwerdeführers ein Gespräch mit der Strafkammer und - das ist offen - der Staatsanwaltschaft statt, das jedoch zu keinem konkreten Ergebnis führte. Am reichte einer der Verteidiger einen Schriftsatz ein, der am zusammen mit den Akten an die Staatsanwaltschaft gegeben wurde. Am kehrten die Akten mit einer Stellungnahme der Staatsanwaltschaft versehen an das Landgericht zurück. Am selben Tage wurde einem der drei Verteidiger Akteneinsicht genehmigt. Diese wurde am erledigt.

4. Nach Prüfung des Schriftsatzes vom und der hierzu eingegangenen Stellungnahme der Staatsanwaltschaft befand das dass die Untersuchungshaft fortzudauern habe und legte die Akten dem Oberlandesgericht gemäß § 121, § 122 StPO zur besonderen Haftprüfung vor. Gleichzeitig wies die Strafkammer darauf hin, dass eine Hauptverhandlung für Ende November/Anfang Dezember 2006 geplant sei. Eine Terminierung zu einem früheren Zeitpunkt komme nicht in Betracht, da einer der drei Verteidiger bereits anderweitig gebunden sei.

5. Am gingen die Akten bei der Staatsanwaltschaft ein. Die Vorlage an den Generalstaatsanwalt erfolgte am . Am lagen die Akten dem zuständigen Strafsenat des Oberlandesgerichts vor. Mit Schreiben vom beantragte die Verteidigung des Beschwerdeführers, den Haftbefehl wegen Verstoßes gegen das Beschleunigungsgebot in Haftsachen aufzuheben. Die Vernehmung der zum Teil in Österreich ansässigen Belastungszeugen sei erst am 20. und und damit deutlich nach Erlass des Haftbefehls vom erfolgt. Dadurch sei ein Zeitraum von mehr als vier Monaten ungenutzt verstrichen. Dessen ungeachtet habe die Sache spätestens im Oktober 2006 terminiert werden müssen, um das Verfahren rechtzeitig vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist des § 121 Abs. 1 StPO abzuschließen. Da dies nicht geschehen sei, sei seit Eröffnung des Hauptverfahrens abermals ein Zeitraum von nahezu drei Monaten ungenutzt verstrichen.

6. Mit Beschluss vom , dem Verteidiger des Beschwerdeführers zugegangen am , ordnete das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft an. Dem in Haftsachen zu beachtenden Beschleunigungsgebot sei entsprochen worden. Die als verspätet gerügten Vernehmungen der österreichischen Zeugen seien erst durch die mündlichen und schriftlichen Angaben des Beschwerdeführers nach seiner Festnahme am ausgelöst worden. Die Zeugen hätten nicht bereits im Vorgriff zur Beschleunigung des Verfahrens vernommen werden können. Angesichts des Ende November/Anfang Dezember 2006 vorgesehenen Beginns der Hauptverhandlung sei in Kürze mit einem Urteil zu rechnen.

7. Gemäß seiner dienstlichen Erklärung vom kam der Vorsitzende der Strafkammer bereits am anlässlich eines beiläufigen Gesprächs mit der Verteidigerin eines Mitangeklagten zu der Überzeugung, dass von einer langen und umfangreichen Hauptverhandlung ausgegangen werden müsse und es daher keinen Sinn mehr mache, noch im Dezember 2006 zu terminieren, zumal einer der Verteidiger des Beschwerdeführers dem Vorsitzenden in einem anderen Verfahren erklärt hatte, vor Weihnachten so gut wie keine Termine mehr frei zu haben. Die Entscheidung des Vorsitzenden, im Dezember 2006 nicht mehr zu terminieren, wurde wesentlich auch dadurch mitbestimmt, dass es ihm nicht mehr möglich erschien, die gemäß § 229 Abs. 2 StPO für eine Unterbrechung erforderlichen zehn Verhandlungstage zur Überbrückung seines Jahresurlaubes vom bis zustande zu bringen. Der Vorsitzende teilte seine veränderte Einschätzung der Sachlage dem Oberlandesgericht jedoch nicht mit. Der zuständige Strafsenat ging deshalb in seinem Beschluss vom zu Unrecht davon aus, dass die Hauptverhandlung noch im Dezember 2006 stattfinden werde.

8. Am gelangten die Akten an das Landgericht zurück. Mit Schriftsatz vom , beim Bundesverfassungsgericht eingegangen am , erhob der Verteidiger Verfassungsbeschwerde. Gleichzeitig beantragte er den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Mit Verfügung vom bestimmte der Vorsitzende der Strafkammer Termin zur mündlichen Verhandlung beginnend ab dem . Mit Schriftsatz ebenfalls vom erhob der Verteidiger gegen den Gegenvorstellung. Zur Begründung führte er aus, mittlerweile habe sich herausgestellt, dass die Annahme des Oberlandesgerichts, Ende November/Anfang Dezember 2006 könne mit dem Beginn der Hauptverhandlung und in Kürze auch mit einem Urteil gerechnet werden, unzutreffend sei. Zwischen dem Eröffnungsbeschluss vom und dem ersten geplanten Termin am lägen mehr als fünf Monate, die ohne erkennbare Bemühungen des Landgerichts zur Terminierung oder Verfahrensfortführung verstrichen seien. Dessen ungeachtet könne auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht verzichtet werden. Mit einem in Kürze ergehenden Urteil sei daher nicht zu rechnen, zumal das Gericht auch nicht bereit sei, schon in Vorbereitung der Hauptverhandlung ein entsprechendes Gutachten in Auftrag zu geben. Dem Beschleunigungsgebot sei folglich nicht mehr Rechnung getragen.

Mit weiterem Schreiben vom wies der Verteidiger ergänzend darauf hin, dass die zwischen Verteidigung, Staatsanwaltschaft und Gericht geführten Gespräche dieses nicht daran gehindert hätten, eine Terminierung vorzunehmen. Das Gericht sei verpflichtet gewesen, jede zumutbare Maßnahme zur Einhaltung des Beschleunigungsgebots zu ergreifen, notfalls die Verfahren wieder zu trennen. Es habe keine Veranlassung bestanden, die Terminierung nicht bereits mit dem Eröffnungsbeschluss vorzunehmen. Die Gewährung von Akteneinsicht habe durch Übersendung der hergestellten Zweitakten bewerkstelligt werden können, so dass die Kammer die Terminierung unter Zuhilfenahme der Hauptakte habe durchführen können. Eine Verzögerung des Verfahrens durch den Jahresurlaub des Vorsitzenden sei dem Beschwerdeführer nicht anzulasten.

9. Mit Beschluss vom stellte das Oberlandesgericht fest, die Gegenvorstellung gebe keine Veranlassung, den Haftfortdauerbeschluss vom aufzuheben. Auch bei Kenntnis des Umstandes, dass die Hauptverhandlung nunmehr entgegen der ursprünglichen Planung nicht Ende November/Anfang Dezember 2006, sondern erst am 5., 7., 12., 13., 14., 15., 26., 27. und 28. Februar und stattfinden werde, sei unter Abwägung aller Umstände Haftfortdauer anzuordnen gewesen. Es lägen keine erheblichen und vermeidbaren Verfahrensverzögerungen vor, die der Justiz anzulasten seien.

a) Die Untersuchungshaft habe zum Entscheidungszeitpunkt am erst gut sechs Monate bestanden. Die Rüge fehlender Verhältnismäßigkeit gehe infolgedessen fehl. Daran sei angesichts des im Raum stehenden Strafrahmens von sechs Monaten bis zu zehn Jahren auch weiterhin festzuhalten. Auf Grund des Vorliegens zweier gesetzlicher Erschwernistatbestände, der Gewerbsmäßigkeit nach § 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB und des angerichteten Vermögensschadens großen Ausmaßes nach § 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB sei auf alle Fälle mit einer mehrjährigen Freiheitsstrafe ohne Bewährung zu rechnen. Dies gelte erst Recht, nachdem - jedenfalls bis heute - kein strafmildernd zu berücksichtigendes Geständnis vorliege, der Beschwerdeführer im zeitlichen Zusammenhang mit der dem Haftbefehl zugrunde liegenden Tat bereits zweimal wegen Steuerhinterziehung vorbestraft sei und straferschwerend berücksichtigt werden müsse, dass er sich durch die ihm bekannten laufenden Ermittlungen im Verfahren 6 KLs 319 Js 38552/02, die nach Vorgehensweise und Schadensbeträgen vergleichbare Taten zum Gegenstand hätten, nicht von einer weiteren Tatbegehung habe abhalten lassen.

b) Auch eine Verletzung des Beschleunigungsgebots in Haftsachen liege weder bezüglich einzelner Verfahrensschritte noch im Rahmen einer Gesamtbetrachtung vor. Es treffe zwar zu, dass der im Beschluss des Senats vom angenommene Hauptverhandlungstermin Ende November/Anfang Dezember 2006 sich nicht habe realisieren lassen. Der Kammervorsitzende habe jedoch seit dem Eröffnungsbeschluss vom in ständigem Kontakt mit sämtlichen Verteidigern gestanden, weshalb eine kurzfristige Ansetzung des Hauptverhandlungstermins durchaus nachvollziehbar erschienen sei. Jedenfalls sei die seit dem Eröffnungsbeschluss vom bis zur Entscheidung vom verstrichene Zeit zur Prüfung der eingereichten Schriftsätze und Stellungnahmen sowie zur Gewährung von Akteneinsicht benötigt worden. Insoweit falle auf, dass der Beschwerdeführer einerseits von seinem Recht Gebrauch mache, bis zu drei Verteidiger parallel zu beschäftigen, diese jedoch andererseits nicht zu einem zeitsparenden und koordinierten Vorgehen veranlasse. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass einer der Verteidiger des Beschwerdeführers erklärt habe, vor Ende November für eine Hauptverhandlung nicht zur Verfügung zu stehen. Bis zu diesem Zeitpunkt habe somit die Verantwortung für die damals noch fehlende Festsetzung eines Hauptverhandlungstermins ganz überwiegend in der Sphäre des Beschwerdeführers und seiner Verteidiger gelegen, ohne dass eine relevante Verzögerung seitens des Gerichts feststellbar sei.

c) Der Senat hätte daher auch dann Haftfortdauer angeordnet, wenn ihm mitgeteilt worden wäre, dass sich der ins Auge gefasste Verhandlungszeitraum zerschlagen habe, nachdem offenkundig geworden sei, dass die Verteidigung nunmehr eine Strategie verfolge, die eine weit umfangreichere Beweisaufnahme als bisher angenommen erforderlich mache. Die nunmehr eingetretene Verschiebung des Beginns der Hauptverhandlung auf den beruhe in keiner Weise auf einer der Strafkammer oder sonstigen Justizstellen anzulastenden Verletzung des Beschleunigungsgebots. Für eine Hauptverhandlung hätten der Kammer ab dem Bekanntwerden der Absicht der Verteidigung, eine lange und umfangreiche Verhandlung anzustreben, bis zum nicht mehr ausreichend viele freie Termine zur Verfügung gestanden, zumal in drei weiteren Haftsachen bereits Hauptverhandlungen im Gang gewesen seien. Auch ein Beginn der Hauptverhandlung noch im Dezember 2006 mit einer Unterbrechung nach § 229 StPO und anschließender Fortsetzung habe ausscheiden müssen, da der Kammervorsitzende sich vom bis zum in einem bereits seit längerem gebuchten Urlaub befinde.

d) Auch eine Abtrennung des Verfahrens gegen den Beschwerdeführer sei jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gerechtfertigt, da eine gemeinsame Verhandlung gegen alle Mitangeklagten geboten erscheine. Nach allem sei eine relevante, von der Justiz zu verantwortende Verzögerung des Verfahrens unter keinen Umständen festzustellen.

II.

1. Der Verteidiger des Beschwerdeführers rügt eine Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG. Mit Schreiben vom bezog er den in das Verfassungsbeschwerde-Verfahren ein. Im Wesentlichen macht er eine Verletzung des Beschleunigungsgebots in Haftsachen geltend.

a) Der erfülle bereits nicht die Anforderungen, die an eine Haftfortdauerentscheidung nach § 121 Abs. 1 StPO zu stellen seien. Die Begründung sei floskelhaft. Schon aus diesem Grunde müsse die Entscheidung aufgehoben werden.

b) Die Vernehmung der zum Teil in Österreich ansässigen Zeugen sei erst am 20. und und damit über vier Monate nach Erlass des Haftbefehls erfolgt.

c) Ein massiver Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot in Haftsachen sei auch darin zu sehen, dass das Verfahren nicht spätestens im Oktober 2006 terminiert worden sei. Die Behauptung im die Hauptverhandlung sei für Ende November/Anfang Dezember 2006 vorgesehen und in Kürze könne mit einem Urteil gerechnet werden, habe sich als unwahr erwiesen. Angesichts der einzuhaltenden Ladungsfristen sei eine solche Annahme von vornherein unrealistisch gewesen. Die zwischen Verteidigung, Staatsanwaltschaft und Gericht im September 2006 geführten Gespräche hätten eine Terminierung nicht gehindert. Die Gewährung von Akteneinsicht habe mit der Übersendung der hergestellten Zweitakten bewerkstelligt werden können. Verzögerungen durch den Jahresurlaub des Vorsitzenden der Strafkammer seien dem Beschwerdeführer nicht anzulasten. Wenn der Vorsitzende urlaubsbedingt längere Zeit abwesend sei, müsse das Verfahren unter dem Vorsitz des Stellvertreters, im vorliegenden Fall der Berichterstatterin, die vollumfänglich mit dem Fall vertraut sei, durchgeführt werden.

d) Darüber hinaus sei dem Gericht zuzumuten, die Verfahren wieder zu trennen, wenn sich - wie hier - herausstelle, dass die Sechsmonatsfrist des § 121 Abs. 1 StPO nicht eingehalten werden könne.

2. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.

B.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93b in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig und - in einer die Entscheidungszuständigkeit der Kammer gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG eröffnenden Weise - auch offensichtlich begründet; die für die Beurteilung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden.

I.

1. Auf Grund der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts der Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und 3 i.V.m. Art. 104 GG) muss das Verfahren der Haftprüfung und Haftbeschwerde so ausgestaltet sein, dass nicht die Gefahr einer Entwertung der materiellen Grundrechtsposition besteht (vgl. hierzu BVerfGE 53, 30 <65>; 63, 131 <143>). Dem ist durch eine verfahrensrechtliche Kompensation (vgl. BVerfGE 17, 108 <117 ff.>; 42, 212 <219 f.>; 46, 325 <334 f.>) des mit dem Freiheitsentzug verbundenen Grundrechtseingriffs, namentlich durch erhöhte Anforderungen an die Begründungstiefe von Haftfortdauerentscheidungen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 103, 21 <35 f.>). Die mit Haftsachen betrauten Richter haben sich bei der zu treffenden Entscheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft mit deren Voraussetzungen eingehend auseinanderzusetzen und diese entsprechend zu begründen. In der Regel sind in jedem Beschluss über die Anordnung der Fortdauer der Untersuchungshaft aktuelle Ausführungen zu dem weiteren Vorliegen ihrer Voraussetzungen, zur Abwägung zwischen dem Freiheitsgrundrecht des Beschuldigten und dem Strafverfolgungsinteresse der Allgemeinheit sowie zur Frage der Verhältnismäßigkeit geboten (vgl. Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, StV 1999, S. 40, und vom - 2 BvR 1998/98 -, StV 1999, S. 162; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des -, NJW 2002, S. 207 f.). Diese Ausführungen müssen in Inhalt und Umfang eine Überprüfung nicht nur für den Betroffenen selbst, sondern auch für das die Anordnung treffende Fachgericht im Rahmen einer Eigenkontrolle gewährleisten und in sich schlüssig und nachvollziehbar sein (Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, StV 2006, S. 248 <250>; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, StV 2006, S. 251 <252> und Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, Abs.-Nr. 15).

2. Die aktuelle Bewertung des Verfahrensstandes hat auch die Prüfung zum Gegenstand, ob dem Beschleunigungsgebot entsprochen wurde. Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG garantiert die Freiheit der Person. In diesem Freiheitsgrundrecht ist das in Haftsachen geltende verfassungsrechtliche Beschleunigungsgebot angesiedelt (vgl. BVerfGE 46, 194 <195> m.w.N.). Das Bundesverfassungsgericht hat daher in ständiger Rechtsprechung betont, dass der Freiheitsanspruch des noch nicht verurteilten Beschwerdeführers den vom Standpunkt der Strafverfolgung aus erforderlichen und zweckmäßigen Freiheitsbeschränkungen ständig als Korrektiv entgegenzuhalten ist (vgl. BVerfGE 19, 342 <347>; 20, 45 <49 f.>) und sich sein Gewicht gegenüber dem Strafverfolgungsinteresse mit zunehmender Dauer der Untersuchungshaft vergrößern kann (vgl. BVerfGE 36, 264 <270>) und regelmäßig vergrößern wird (vgl. BVerfGE 53, 152 <158 f.>). Das bedeutet, dass ein Eingriff in die Freiheit nur dann hinzunehmen ist, wenn und insoweit der legitime Anspruch der staatlichen Gemeinschaft auf vollständige Aufklärung der Tat und rasche Bestrafung des Täters nicht anders gesichert werden kann als durch die vorläufige Inhaftierung des Verdächtigen (vgl. BVerfGE 19, 342 <347 f.>). Auch unabhängig von der zu erwartenden Strafe setzt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Haftdauer Grenzen. Dem trägt § 121 Abs. 1 StPO insoweit Rechnung, als der Vollzug von Untersuchungshaft vor Ergehen eines Urteils wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden darf, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zugelassen haben und die Fortdauer der Untersuchungshaft rechtfertigen. Die Vorschrift des § 121 Abs. 1 StPO lässt nur in begrenztem Umfang eine Fortdauer der Untersuchungshaft zu und ist eng auszulegen (vgl. BVerfGE 20, 45 <50>; 36, 264 <270 f.>).

Die in § 121 Abs. 1 StPO bestimmte Sechs-Monats-Frist stellt dabei nur eine Höchstgrenze dar. Aus dieser Vorschrift kann nicht der Schluss gezogen werden, dass das Strafverfahren bis zu diesem Zeitpunkt nicht dem Beschleunigungsgebot gemäß geführt werden muss. Vielmehr gilt auch vor diesem Zeitpunkt der Grundsatz, dass die Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen haben, um die notwendigen Ermittlungen mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen und eine gerichtliche Entscheidung über die einem Beschuldigten vorgeworfenen Taten herbeizuführen (vgl. Schlothauer/Weider, Untersuchungshaft, 3. Aufl. 2001, Rn. 837). Daher kann die Verletzung des Beschleunigungsgebots auch schon vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist des § 121 Abs. 1 StPO die Aufhebung des Haftbefehls gebieten, wenn es auf Grund vermeidbarer Fehler der Justizorgane zu einer erheblichen Verzögerung kommt (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, StV 2006, S. 251 <253>).

Der in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verankerte Beschleunigungsgrundsatz in Haftsachen verlangt, dass die Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die notwendigen Ermittlungen mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen und eine gerichtliche Entscheidung über die einem Beschuldigten vorgeworfenen Taten herbeizuführen (vgl. BVerfGE 20, 45 <50>; 36, 264 <273>). Auch wenn sich für den in Haftsachen zulässigen zeitlichen Abstand zwischen Eröffnungsbeschluss und Beginn der Hauptverhandlung starre Grenzen nur schwer festlegen lassen, weil es insoweit jeweils auf die gesamten Umstände des Einzelfalls ankommt (vgl. -, StV 1982, S. 531 <532>), sind an einen zügigen Fortgang des Verfahrens um so strengere Anforderungen zu stellen, je länger die Untersuchungshaft bereits andauert (vgl. BGHSt 38, 43 <46>; -, StV 1982, S. 531 <532>; Beschluss vom - 2 Ws 632-633/90 -, StV 1991, S. 308; Beschluss vom - 2 Ws 312/92 -, StV 1992, S. 586; Beschluss vom - 2 Ws 86/96 -, StV 1996, S. 496; <3> 1 HEs 299/98 -, StV 2000, S. 36 <37>). Je nach Sachlage ist bereits eine Zeitspanne von drei Monaten zu beanstanden (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom - 1 HEs 14/92 -, StV 1992, S. 525; HansOLG Hamburg, Beschluss vom - 2 Ws 90/85 H -, StV 1985, S. 198; -, StV 1992, S. 524 f.; <1> 4420 BL-III-25/00 -, StV 2000, S. 515 <516>: vermeidbare Verfahrensverzögerung von rund zwei Monaten mit dem Beschleunigungsgebot in Haftsachen unvereinbar). Dem Beschleunigungsgebot ist daher - sofern nicht besondere Umstände vorliegen - nur dann Genüge getan, wenn innerhalb von drei Monaten nach Eröffnung des Hauptverfahrens mit der Hauptverhandlung begonnen wird (vgl. auch bereits Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, StV 2006, S. 73 <78>; siehe auch -, StV 1992, S. 523 <524>; -, StV 2006, S. 145; -, StV 2006, S. 482 <484>).

3. Wird die Haftfortdauer lediglich mit der bloßen Wiedergabe des Gesetzeswortlauts begründet, ohne dass eine Subsumtion unter die Tatbestandsvoraussetzungen des § 121 Abs. 1 StPO erkennbar, oder nicht einmal die weitere gesetzliche Voraussetzung einer Rechtfertigung der Fortdauer der Untersuchungshaft überhaupt erwähnt wird (vgl. Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, StV 1999, S. 40, und vom - 2 BvR 1998/98 -, StV 1999, S. 162), so hat dies regelmäßig eine Verletzung des Grundrechts der persönlichen Freiheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) zur Folge (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, StV 2006, S. 248 <250>; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, StV 2006, S. 251 <253>; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, Abs.-Nr. 17).

4. Auch das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG folgende Recht des Beschuldigten auf ein faires Strafverfahren (vgl. BVerfGE 57, 250 <274 f.>; 63, 380 <390>; 70, 297 <308>) verlangt eine hinreichende Begründung, die das Bundesverfassungsgericht in die Lage versetzt, eine Verletzung des Beschleunigungsgebots in Haftsachen (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) zu prüfen.

II.

Diesen sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG ergebenden Anforderungen werden die angegriffenen Entscheidungen des Oberlandesgerichts vom 22. November und nicht gerecht.

1. Die Beschlüsse lassen nicht mit der in Haftsachen zu fordernden Gewissheit erkennen, dass das Verfahren nicht durch der Justiz anzulastende Fehler in verfassungswidriger Weise verzögert wurde.

a) Nach § 121 Abs. 1 StPO darf, solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder auf eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zugelassen haben und die Fortdauer der Haft rechtfertigen. Die Vorschrift erfordert ihrem Wortlaut nach eine doppelte Prüfung (vgl. Schlothauer/Weider, Untersuchungshaft, 3. Aufl. 2001, Rn. 873). Zum einen müssen Feststellungen darüber getroffen werden, ob die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder andere wichtige Gründe ein Urteil bislang nicht zugelassen haben - 1. Stufe -. Liegen derartige Gründe vor, ist zum anderen erforderlich, dass sie die Fortdauer der Untersuchungshaft rechtfertigen - 2. Stufe - (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des u.a. -, Abs.-Nr. 40-41).

b) Die angegriffenen Entscheidungen verhalten sich zu diesen Voraussetzungen nicht hinreichend. Vor allem legen sie nicht hinreichend konkret dar, worin die besonderen Schwierigkeiten oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder gar ein anderer wichtiger Grund bestanden haben könnten, die ein Urteil bislang nicht zuließen. Stattdessen beschränkt sich das Oberlandesgericht im Wesentlichen auf eine bloße Darstellung der zeitlichen Abläufe verbunden mit der Feststellung, dass eine Verletzung des Beschleunigungsgebots in Haftsachen nicht vorliege. Eine Subsumtion unter die engen Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 StPO ist vor dem Hintergrund einer in Haftsachen gebotenen, strengen Betrachtung nicht in ausreichendem Maße erkennbar. Das Oberlandesgericht befasst sich - überwiegend auf der Ebene allgemeiner Erwägungen - schwerpunktmäßig mit der Rechtfertigung der Haftfortdauer (2. Stufe), ohne die denknotwendig vorgelagerte Frage des Vorliegens der (engen) Anwendungsvoraussetzungen des § 121 Abs. 1 StPO, die besonderen Schwierigkeiten oder den besonderen Umfang der Ermittlungen oder andere wichtige Gründe (1. Stufe), die eine Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus überhaupt erst eröffnen, hinreichend zu prüfen. Den hohen verfassungsrechtlichen Anforderungen, die an die Begründungstiefe von Haftfortdauerentscheidungen zu stellen sind, ist damit nicht hinreichend Rechnung getragen.

Die materielle Grundrechtsposition des Betroffenen darf nicht durch eine systematische Verkürzung des einfachrechtlichen Anwendungsprogramms des § 121 Abs. 1 StPO entwertet werden (vgl. BVerfGE 17, 108 <117 ff.>; 42, 212 <219 f.>; 46, 325 <334 f.>). Bereits deshalb unterliegen die Entscheidungen der Aufhebung. Eine Verletzung des Beschleunigungsgebots in Haftsachen (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) kann angesichts der zutage getretenen Defizite in der Subsumtion nicht mit der erforderlichen Überzeugungsgewissheit ausgeschlossen werden. In derartigen Fällen gebietet das Recht des Beschuldigten auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) die Aufhebung der angegriffenen Beschlüsse.

2. Im Rahmen einer erneuten Entscheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft ist zu berücksichtigen, dass das Oberlandesgericht sich mit folgenden Erwägungen hätte auseinandersetzen müssen:

a) Vor dem Hintergrund der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts der persönlichen Freiheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) stellt sich die Frage, ob eine Verletzung des Beschleunigungsgebots nicht bereits darin zu sehen ist, dass nicht schon nach dem ergebnislos verlaufenen Gespräch zwischen Verteidigung, Staatsanwaltschaft und Gericht vom terminiert wurde. Allein der anwaltschaftliche Schriftsatz vom und die hierzu erbetene Stellungnahme der Staatsanwaltschaft waren wohl kaum geeignet, eine Terminierung wesentlich hinauszuzögern. Akteneinsicht konnte durch Übersendung der hergestellten Zweitakten gewährt werden, so dass die Hauptakte für die Durchführung der Terminierung zur Verfügung stand. Darüber hinaus wird zu erörtern sein, ob die Strafkammer nicht nur kurzfristig überlastet war und weshalb der Vorsitzende eine solche Überlastung gegebenenfalls nicht angezeigt hatte. Jedenfalls nach den vorliegenden Unterlagen ist nicht hinreichend erkennbar, warum eine Terminierung nicht bereits für Ende September/Anfang Oktober 2006 in Betracht kam.

b) Angesichts der mehrfachen und sukzessiven Inanspruchnahme von Wahlverteidigern wird ferner zu prüfen sein, warum das Landgericht nicht vermehrt auf Beschleunigung gedrängt hat.

aa) Das Recht eines Angeklagten, sich von einem Anwalt seiner Wahl und seines Vertrauens vertreten zu lassen, gilt nicht uneingeschränkt, sondern kann entsprechend den einfachgesetzlichen Vorschriften der § 142, § 145 StPO durch wichtige Gründe begrenzt sein (vgl. BVerfGE 9, 36 <38>; 39, 238 <243> m.w.N.; siehe auch Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, NStZ 2002, S. 99 f.). Ein solcher Grund kann in bestimmten Konstellationen auch das Beschleunigungsgebot in Haftsachen sein (vgl. Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des -, StV 2006, S. 451; HansOLG Hamburg, Beschluss vom - 3 Ws 100/06 -, StV 2006, S. 533 <534>).

bb) Es ist deshalb von vornherein verfehlt, bei der Terminierung jede Verhinderung eines Verteidigers zu berücksichtigen (so zu Recht -, StV 2006, S. 145 <146>). Vielmehr muss zwischen dem Recht des Angeklagten, in der Hauptverhandlung von einem Verteidiger seines Vertrauens vertreten zu werden, und seinem Recht, dass der Vollzug von Untersuchungshaft nicht länger als unbedingt nötig andauert, sorgsam abgewogen werden (so zutreffend -, StV 2006, S. 482 <484>). Die Terminslage des Verteidigers kann angesichts der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts der persönlichen Freiheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) nur insoweit berücksichtigt werden, wie dies nicht zu einer erheblichen Verzögerung des Verfahrens führt (vgl. -, StV 2006, S. 145 <146>). Denn die Alternative, den Beginn der Hauptverhandlung so weit hinauszuschieben, bis auch der zuletzt benannte Verteidiger uneingeschränkt zur Verfügung steht, ist mit dem Beschleunigungsgebot ersichtlich nicht vereinbar (siehe bereits <227-232/90> -, MDR 1991, S. 662). Dies würde zu der auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht hinnehmbaren Situation führen, dass der Angeklagte aus der Untersuchungshaft entlassen werden müsste, nur weil die von ihm gewählten Verteidiger für die Hauptverhandlung keine Zeit haben (so zutreffend -, StV 2006, S. 145 <146>). Das Hinausschieben der Hauptverhandlung wegen Terminsschwierigkeiten der Verteidiger ist infolgedessen kein verfahrensimmanenter Umstand, der eine Verzögerung von mehreren Monaten rechtfertigen könnte (vgl. -, StV 2006, S. 481 <482>). Vielmehr hat auf Grund der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts der Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) im Zweifel das Recht des Angeklagten auf Aburteilung binnen angemessener Frist Vorrang (so auch bereits -, StV 2006, S. 481 <482>; Beschluss vom - 2 Ws 111/06 -, StV 2006, S. 482 <484>; ähnlich Hilger, StV 2006, S. 451 <453 a.E.>).

Davon ist der Vorsitzende der Strafkammer anlässlich der Terminierung auf den in seinem Vermerk vom auch zu Recht ausgegangen. Allerdings stellt sich die Frage, ob die dort niedergelegten Erwägungen nicht bereits zu einem viel früheren Zeitpunkt hätten angestellt werden müssen. Das Beschleunigungsgebot in Haftsachen gilt in jeder Lage des Verfahrens und damit auch bereits vor Erreichen der Sechs-Monats-Frist des § 121 Abs. 1 StPO.

c) Auch wenn sich starre Grenzen für den in Haftsachen zulässigen zeitlichen Abstand zwischen Eröffnungsbeschluss und Beginn der Hauptverhandlung nur schwer festlegen lassen, so sind an den zügigen Fortgang des Verfahrens doch umso strengere Anforderungen zu stellen, je länger die Untersuchungshaft bereits andauert. Regelmäßig ist dem Beschleunigungsgebot - sofern nicht besondere Umstände vorliegen - nur dann Genüge getan, wenn innerhalb von drei Monaten nach Eröffnung des Hauptverfahrens mit der Hauptverhandlung begonnen wird (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, StV 2006, S. 73 <78> m.w.N.). Angesichts dessen bedarf es einer besonderen Begründung, weshalb nicht spätestens Ende November 2006 mit der Hauptverhandlung begonnen wurde.

Mit Blick auf den Jahresurlaub des Vorsitzenden wird zu prüfen sein, ob hierin ein hinreichender Grund dafür zu sehen ist, dass eine Terminierung nicht mehr für Dezember 2006 in Angriff genommen wurde. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass für Fälle der Verhinderung durch die Vertretungsregelung im Geschäftsverteilungsplan Vorsorge getroffen ist, um die weitere Sachbehandlung zu ermöglichen und zu gewährleisten. Die Vertretungsregelung gilt gemäß § 21 f Abs. 2 GVG auch für den Vorsitzenden Richter, der bei einer Verhinderung durch das vom Präsidium bestimmte Mitglied des Spruchkörpers vertreten wird. Daher wird zu untersuchen sein, ob im Hinblick auf die Verfahrenssituation Ende November 2006 für den Vorsitzenden Richter Anlass bestanden hätte, seine Verhinderung festzustellen.

3. Anders als das Oberlandesgericht meint, kann die Fortdauer der Untersuchungshaft nicht mit der Erwägung gerechtfertigt werden, sie dauere erst gut sechs Monate an und der Beschwerdeführer habe ohnehin mit einer mehrjährigen Freiheitsstrafe ohne Bewährung zu rechnen. Derartige Überlegungen sind mit Bedeutung und Tragweite des Grundrechts der persönlichen Freiheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) nicht vereinbar. Im Rahmen des § 121 Abs. 1 StPO findet eine Abwägung zwischen dem Strafverfolgungsinteresse des Staates und dem Freiheitsanspruch des inhaftierten Beschuldigten nicht statt. Die Schwere der Tat und die im Raum stehende Straferwartung sind im Zusammenhang mit § 121 StPO ohne jede Bedeutung (vgl. hierzu bereits Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des u.a. -, Abs.-Nr. 45 m.w.N.).

III.

Auf die weiteren vom Beschwerdeführer vorgebrachten Rügen kommt es nach alledem nicht an.

1. Gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG ist die Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG durch das Oberlandesgericht festzustellen. Die angegriffenen Beschlüsse sind unter Zurückverweisung der Sache aufzuheben (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG).

In der Regel führt die Aufhebung einer gerichtlichen Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht dazu, dass die Sache an das Gericht zurückverwiesen wird, dessen Entscheidung aufgehoben wird. Lediglich für den Fall, dass mit der Hauptverhandlung begonnen worden ist, ist die Sache an das für Haftfragen dann gemäß § 126 Abs. 2 Satz 1 StPO zuständige Gericht - hier das Landgericht München I - zurückzuverweisen, da während der laufenden Hauptverhandlung eine besondere Haftprüfung durch das Oberlandesgericht nicht erfolgen soll (vgl. § 121 Abs. 3 Satz 2 StPO; siehe auch Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des -, StV 1997, S. 535). Da aufgrund der Terminsbestimmung des Landgerichts München I die Hauptverhandlung seit dem durchgeführt wird, hat nunmehr das Landgericht unverzüglich unter Berücksichtigung der angeführten Gesichtspunkte erneut eine Entscheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft herbeizuführen. Für den Fall, dass mit der Hauptverhandlung noch nicht begonnen worden wäre, hätte das Oberlandesgericht unverzüglich entscheiden müssen; es wäre nicht befugt gewesen, die Sache bis zum Beginn der Hauptverhandlung hinauszuzögern.

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).

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Fundstelle(n):
IAAAC-39348