Kein Vertretungszwang für den beim BFH als Prozessgericht zu stellenden Antrag auf Prozesskostenhilfe; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
Gesetze: FGO § 62a; FGO § 142; FGO § 56
Instanzenzug:
Gründe
I. Das Finanzgericht (FG) wies die Klagen des Klägers und Antragstellers (Kläger) wegen Kindergeld ab und ließ die Revision nicht zu. Die Urteile wurden dem Kläger am zugestellt. Mit am beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangenen Schreiben legte der Kläger persönlich Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ein und begehrte die Beiordnung eines Rechtsanwalts.
II. Der Antrag hat keinen Erfolg.
1. Der Senat legt das Rechtsschutzbegehren des Klägers zu seinen Gunsten als Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) für die beabsichtigten Nichtzulassungsbeschwerden aus. Denn eine vom Kläger persönlich erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wäre wegen des für Verfahren vor dem BFH geltenden Vertretungszwangs (§ 62a der Finanzgerichtsordnung —FGO—) unzulässig. Für den beim BFH als Prozessgericht zu stellenden Antrag auf PKH besteht hingegen kein Vertretungszwang (§ 155 FGO i.V.m. § 78 Abs. 5, § 117 Abs. 1 der Zivilprozessordnung —ZPO—; Senatsbeschluss vom III S 17/04 (PKH), BFH/NV 2005, 1124).
2. Der Antrag auf PKH wird abgelehnt.
Gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Dem beim Prozessgericht zu stellenden Antrag (§ 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO) sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2 ZPO). Hierbei muss sich die Partei der für die Erklärung eingeführten Formulare bedienen (§ 117 Abs. 4 ZPO).
a) Die beabsichtigten Verfahren wegen Nichtzulassung der Revision haben keine Aussicht auf Erfolg.
Zwar sind die beabsichtigten Beschwerdeverfahren nicht bereits deshalb aussichtslos, weil die Beschwerden nicht innerhalb der Frist des § 116 Abs. 2 Satz 1 FGO durch eine zur Vertretung vor dem BFH berechtigte Person (§ 62a FGO) erhoben worden sind. Denn einem Beteiligten, der wegen Mittellosigkeit nicht in der Lage ist, eine vertretungsberechtigte Person mit der Einlegung der Beschwerde zu beauftragen, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.
Eine Wiedereinsetzung setzt jedoch voraus, dass der Beschwerdeführer ohne Verschulden verhindert war, die gesetzliche Frist einzuhalten. Hiervon kann nach ständiger Rechtsprechung des BFH nur ausgegangen werden, wenn der Beschwerdeführer innerhalb der Frist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH alles ihm Zumutbare getan hat, um das in seiner Mittellosigkeit bestehende Hindernis zu beheben. Er muss daher bis zum Ablauf der Beschwerdefrist die Voraussetzungen für die Bewilligung der PKH zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde schaffen. Dazu gehört, dass er innerhalb der Frist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH den Antrag auf PKH stellt und die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem dafür vorgeschriebenen Formblatt beifügt (z.B. BFH-Beschlüsse vom VII S 9/04, BFH/NV 2004, 1288, und vom X S 15/05 (PKH), BFH/NV 2005, 2249, jeweils m.w.N.; vgl. auch , Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2000, 1409).
Einem Antragsteller ist es auch zumutbar, sich über diese formalen Erfordernisse ggf. beim FG oder BFH zu erkundigen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 2249, m.w.N.).
b) Die Fristen für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerden sind jeweils am abgelaufen. Der Antrag des Klägers auf PKH ist aber erst am beim BFH eingegangen. Eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat der Kläger bis heute nicht vorgelegt.
Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger ohne sein Verschulden gehindert war, den Antrag unter Beifügung des Formblatts rechtzeitig einzureichen (§ 56 FGO), sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
3. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Gerichtsgebühren entstehen nicht (§ 1 Nr. 3, § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. dem Kostenverzeichnis).
Fundstelle(n):
HAAAC-38803