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Wertpapierleihgeschäfte
Das wirtschaftliche Eigentum an Aktien, die im Rahmen einer sog. Wertpapierleihe an den Entleiher zivilrechtlich übereignet wurden, kann nach BFH-Rechtsprechung ausnahmsweise beim Verleiher verbleiben, wenn die Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles ergibt, dass dem Entleiher lediglich eine formale zivilrechtliche Rechtsposition verschafft werden sollte. Zur Anwendung dieser Rechtsprechung und der wirtschaftlichen Zurechnung bei Wertpapiergeschäften hat das BMF in mehreren Schreiben Stellung genommen.
I. Definition der Wertpapierleihe
Bei der Wertpapierleihe werden Wertpapiere vom Besitzer mit der Bedingung verliehen, dass nach Ablauf der Leihfrist Papiere gleicher Art und Güte zurückgegeben werden. Für diese Leihe ist eine Gebühr zu entrichten, so dass die Bezeichnung „Leihgeschäft” irreführend ist. Es handelt sich um Wertpapierdarlehen.
Unter dem Begriff Wertpapierleihe werden im weiteren Sinne folgende Geschäfte zusammengefasst:
Wertpapierdarlehen
echte Wertpapierpensionsgeschäfte (Repurchase Agreements, Repos)
unechte Wertpapierpensionsgeschäfte
II. Wertpapierdarlehen (Wertpapierleihe)
1. Grundlagen
Die Verträge sind zwischen den Vertragspartnern grds. frei gestaltbar; häufig werden Standard-Rahmenverträge verwendet.
Der Darlehensgeber übereignet börsenfähige Wertpapiere (i.d.R. Aktien) als Sachdarlehen.
Der Darlehensnehmer darf die Wertpapiere verleihen, verkaufen oder verpfänden.
Nach Ablauf der Darlehensfrist müssen gattungsgleiche Wertpapiere zurückgegeben werden.
Für das Darlehensgeschäft ist eine Gebühr (Zins) zu entrichten.
Erfolgt im Darlehenszeitraum eine Gewinnausschüttung, wird dies bei der Bemessung der Darlehensgebühr berücksichtigt.
Einsatzmöglichkeiten:
Darlehensgeber:
Renditeverbesserung des Portfolios durch Vereinnahmung der Gebühr
Liquiditätsvorteil
steuerliche Motive
Darlehensnehmer:
Vermeidung von Abwicklungsschwierigkeiten durch Börsenhandel
Risikoabsicherung
Spekulation
steuerliche Motive (Hinweis auf 3.)
2. Behandlung beim Darlehensgeber
Das wirtschaftliche Eigentum an Aktien, die im Rahmen einer sog. Wertpapierleihe an den Entleiher zivilrechtlich übereignet wurden, kann nach aktueller BFH-Rechtsprechung ausnahmsweise beim Verleiher verbleiben, wenn die Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles ergibt, dass dem Entleiher lediglich eine formale zivilrechtliche Rechtsposition verschafft werden sollte. Zur Anwendung dieser Rechtsprechung und der wirtschaftlichen Zurechnung bei solchen Wertpapiergeschäften hat das BMF Stellung genommen.
Trägt bei einem Wertpapierdarlehen der Darlehensnehmer die Kurschancen und -risiken der überlassenen Wertpapiere, so spricht dies gegen einen Verbleib des wirtschaftlichen Eigentums beim Darlehensgeber.
Folgende Auswirkungen ergeben sich, wenn der Darlehensnehmer zivilrechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer ist und § 42 AO keine Anwendung findet:
Die Hingabe der Wertpapiere ist kein Veräußerungsgeschäft / Tausch und führt daher zu keiner Gewinnrealisierung.
Anstelle der Wertpapiere ist eine Sachwertforderung mit dem Buchwert der hingegebenen Wertpapiere anzusetzen.
Liegen für diese Sachwertforderung die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung vor, ist hierfür § 8b KStG (bzw. § 3c Abs. 2 EStG) nicht anwendbar, da es sich nicht um Anteile an einer Kapitalgesellschaft handelt.
Die Besitzfrist nach § 6b EStG wird durch die Hingabe der Wertpapiere nicht unterbrochen.
Die erhaltene Darlehensgebühr (inkl. Kompensationszahlung) ist dem Grunde nach eine Einnahme nach § 22 Nr. 3 EStG.
Sie unterliegt nicht § 8b KStG bzw. § 3 Nr. 40 EStG, auch wenn hierin (zum Teil) ein Ausgleich für die entgangene Dividende enthalten ist.
Die in der Darlehenszeit gezahlte Dividende ist nicht dem Darlehensgeber zuzurechnen.
Bei Wertpapierdarlehen über verzinsliche Wertpapiere gehört die Zinsausgleichszahlung nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen und unterliegt somit nicht dem Kapitalertragsteuerabzug.
Die Rückübertragung der Wertpapiere am Ende des Darlehensgeschäfts ist keine Anschaffung / Erwerb.
Die Wertpapiere rücken in ihre ursprüngliche Position zurück und werden mit den ursprünglichen (fortgeführten) Anschaffungskosten bewertet.
Bei Wertpapierleihgeschäften unterstellt die Finanzverwaltung für Kapitalertragsteuerzwecke eine Depotübertragung mit Gläubigerwechsel.