Leitsatz
Das Regime des Abfallrechts endet bei der Verwertung von Klärschlammkompost erst mit dessen Aufbringen auf geeignetem Boden. Die Herstellung von Klärschlammkompost stellt lediglich einen Teilschritt des Verwertungsvorganges dar.
Gesetze: KrW-/AbfG 1994 § 3 Abs. 1; KrW-/AbfG 1994 § 3 Abs. 2; KrW-/AbfG 1994 § 4 Abs. 3 Satz 1; KrW-/AbfG 1994 § 5 Abs. 3; KrW-/AbfG 1994 § 42 Abs. 3; KrW-/AbfG 1994 § 45 Abs. 3; KrW-/AbfG 1994 Anhang I; KrW-/AbfG 1994 Anhang II B; NachwV § 1; NachwV § 25 Abs. 1; BestüVAbfV § 1; BestüVAbfV § 2; AVV § 1; AVV § 2; AbfKlärV § 1 Abs. 1 Nr. 2; AbfKlärV § 3 Abs. 2; AbfKlärV § 3 Abs. 3; AbfKlärV § 3 Abs. 4; AbfKlärV § 4 Abs. 8; AbfKlärV § 4 Abs. 9; AbfKlärV § 4 Abs. 10; AbfKlärV § 4 Abs. 11; AbfKlärV § 4 Abs. 12; AbfKlärV § 4 Abs. 13; BBodSchV § 12 Abs. 1; BBodSchV § 12 Abs. 2; BBodSchV § 12 Abs. 3; AbfRRL Art. 1 Abs. 1 Buchst. f; AbfRRL Art. 4 Abs. 1; AbfRRL Art. 17
Instanzenzug: VG Magdeburg VG 1 A 343/03 MD vom OVG Magdeburg OVG 4/2 L 494/04 vom Fachpresse: ja BVerwGE: nein
Gründe
I
Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten, wonach für die in ihren Kompostieranlagen hergestellten Klärschlammkomposte und Klärschlammgemische Nachweise über die Entsorgung von überwachungsbedürftigen Abfällen (vereinfachter Nachweis) zu führen sind.
Die Klägerin betreibt im Landkreis Schönebeck fünf bau- und immissionsschutzrechtlich genehmigte Kompostieranlagen. Ausgangsmaterialien für die Herstellung des Kompostes (Input-Stoffe) sind neben Klärschlamm vor allem Grünabfälle (Garten- und Parkabfälle) und in geringerem Umfang tierische Nebenprodukte. Allein im Jahre 2002 verarbeitete die Klägerin in ihren Betrieben 15 386 t Klärschlamm. Der Kompost wird nicht zu Düngezwecken in der Landwirtschaft, sondern ausschließlich für die Rekultivierung im Landschaftsbau verwendet. Die Klägerin lehnt die Führung vereinfachter Nachweise für überwachungsbedürftige Abfälle ab, weil der von ihr hergestellte Kompost kein Abfall sei. Vielmehr werde durch Verarbeitung ein Produkt in Form eines Sekundärrohstoffes erzeugt. Der Beklagte geht demgegenüber davon aus, dass die Erzeugnisse der Klägerin weiterhin als Abfälle der Abfallschlüsselnummer unterfallen.
Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen: Die Kompostierung von Klärschlamm stelle sich nicht als abgeschlossene Abfallverwertung dar. Diese sei vorgelagerter Teil eines umfassenderen Verwertungsverfahrens im Sinne des Anhanges II B (Verwertungsverfahren R 3) zum Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz.
Das Oberverwaltungsgericht hat durch das angegriffene Urteil der Berufung der Klägerin stattgegeben und den Bescheid des Beklagten und den Widerspruchsbescheid aufgehoben: Klärschlamm sei Abfall i.S.v. § 3 Abs. 1 KrW-/AbfG und zähle zur Abfallgruppe Q 9 des Anhanges I zum Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz. Die Klägerin verwerte diesen Abfall durch Kompostierung, sei daher nicht mehr Abfallbesitzerin und somit nicht nachweispflichtig. Die Kompostierung von Klärschlamm stelle insbesondere nicht lediglich eine Zwischenstufe der Verwertung dar; etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Klammerzusatz zum Verwertungsverfahren R 3 des Anhanges II B. Die Verwertung sei im Sinne von § 4 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG abgeschlossen, weil ein Substrat erzeugt werde und der gewonnene Kompost verkehrsfähig sei. Der hergestellte Klärschlammkompost überschreite weder die von der Klärschlammverordnung noch die von der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung vorgegebenen Höchstwerte. Zudem sei die Klärschlammverordnung auf das Produkt der Klägerin nicht anwendbar, da diese den Klärschlammkompost weder auf landwirtschaftlich noch auf gärtnerisch genutzte Böden aufbringe. Da die Klägerin keine Abwasserbehandlungsanlage, sondern eine Abfallbehandlungsanlage betreibe, unterfielen die in ihrem Betrieb erzeugten Produkte nicht der Abfallgruppe 19 08, sondern allenfalls der Abfallgruppe 19 05. Die hier infrage stehenden Bestimmungen setzten wortgenau die Europäische Abfallrahmenrichtlinie um. Ein Verstoß gegen europarechtliche Vorgaben sei somit nicht zu besorgen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Beklagten, mit der dieser seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt. Die Revision macht geltend: Das Oberverwaltungsgericht verkenne, dass die Abfalleigenschaft erst mit der vollständigen Erfüllung der Verwertungspflichten ende. Hierfür reiche nicht die bloße Beendigung eines Verwertungsvorganges, die Verwertung müsse zugleich in umweltverträglicher Weise, nämlich ordnungsgemäß und schadlos erfolgen, § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG. Das Ende der Abfalleigenschaft sei somit von der Umweltverträglichkeit des Verwertungsproduktes abhängig. Soweit von der Verwendung des verwerteten Abfalls ein unzulässiger Schadstofftransfer zu befürchten sei, sei das Verwertungsverfahren nicht beendet. Der von der Klägerin erzeugte Klärschlammkompost enthalte auch nach dem Mischen mit anderen Stoffen und nach der Behandlung in einem Rotteprozess weiter den ursprünglichen Klärschlamm mit dessen Schadstoffbelastungen. Eine Schadstoffanreicherung des Bodens mit Schwermetallen sei bei unkontrolliertem Ausbringen dieses Klärschlammkompostes anzunehmen. Da ein Verwertungserfolg somit erst mit dem Aufbringen des Klärschlammkompostes auf die für den Landschaftsbau vorgesehenen und geeigneten Flächen bestimmt werden könne, stelle die Kompostierung im Betrieb der Klägerin lediglich ein vorbereitendes Verwertungsverfahren dar.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen: Klärschlammkompost falle nicht unter die Abfallschlüsselnummer (ASN) . Insbesondere handele es sich nicht um einen Abfall aus einer Abwasserbehandlungsanlage i.S.d. Abfallgruppe 19 08, so dass die Pflicht zur Führung eines vereinfachten Entsorgungsnachweises nicht bestehe. Die Phase der Abwasserbehandlung ende auf dem Kläranlagengrundstück mit dem Entwässern des Klärschlammes. Der zu Klärschlammkompost verarbeitete Klärschlamm sei somit kein "Schlamm aus der Behandlung von kommunalem Abwasser". Zudem finde die Klärschlammverordnung, die Klärschlamm mit Klärschlammkomposten gleichsetze, keine Anwendung, da das erzeugte Produkt außerhalb des Anwendungsbereichs der Klärschlammverordnung eingesetzt werde. Die Verweisung in § 12 Abs. 1 BBodSchV beziehe sich nur auf die stofflichen Qualitätsanforderungen der Klärschlammverordnung. Diese Vorgaben erfülle der hergestellte Klärschlammkompost. Dieser sei insbesondere auch das Ergebnis eines vollständigen Verwertungsverfahrens, was sich bereits aus dem Anhang II B. (Verwertungsverfahren R 3) zum Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz ergebe; dort sei die Rede von der Verwertung organischer Stoffe einschließlich der Kompostierung. Nach der Abfallschlüsselnummer sei spezifikationsgerechter Kompost kein Abfall. Dies entspreche europarechtlichen Vorgaben. Die Klärschlammrichtlinie gehe davon aus, dass Klärschlamm gerade kein Abfall sei und deshalb spezielle Vorschriften für die landwirtschaftliche Klärschlammverwertung geschaffen werden müssten. Entsprechendes ergebe sich aus der EG-HygieneVO und anderem nationalen und europäischen Verordnungsrecht. Insbesondere sei nach europarechtlichem Verständnis der Abschluss des Kompostierungsvorganges die Schnittstelle zwischen Abfall und Produkt; die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bestätige dies.
Die Vertreterin des Bundesinteresses äußert sich wie folgt: Klärschlamm sei der Abfallschlüsselnummer zuzuordnen. Durch die Kompostierung von Klärschlamm erfahre dieser lediglich eine gewisse Änderung in seiner Struktur, es finde aber keine Umwandlung in einen neuen Stoff statt. Auch für kompostierten Klärschlamm verbleibe es somit bei der Abfallschlüsselung. Eine Einordnung unter die Abfallgruppe 19 05 scheide aus, da vorrangig auf die Herkunft des Abfalls abzustellen sei; entscheidend sei die Beschaffenheit im Zeitpunkt der Abfallentstehung. Aus dem Fehlen eines spezifischen Eintrags in der Abfallverzeichnis-Verordnung könne folglich nicht auf die mangelnde Abfalleigenschaft eines Stoffes geschlossen werden; hierüber bestimme allein das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz. Danach - und entsprechend den Vorgaben des europäischen Abfallrechts - ende die Abfalleigenschaft, wenn das Verwertungsverfahren in umweltverträglicher Weise abgeschlossen worden sei. Hieran gemessen handle es sich bei der Kompostierung von Klärschlamm lediglich um einen Teilschritt auf dem Weg zum Abschluss des Verwertungsverfahrens. Maßgeblicher Aspekt der stofflichen Verwertung und damit des Abschlusses des Verwertungsvorgangs sei die Substitution von Rohstoffen. Entscheidend sei, ob mit dem Klärschlammkompost ein Stoff gewonnen oder bereits genutzt werde, der auch unter Qualitätsgesichtspunkten gezielt erzeugte Düngemittel/Bodenverbesserer vollständig und ohne Einschränkung ersetzen könne (§ 4 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG). Dies vermöge die Kompostierung von Klärschlämmen nicht zu leisten. Der Klärschlamm werde durch die Kompostierung zwar hygienisiert, im Klärschlamm enthaltene Schad- und Fremdstoffe, insbesondere Schwermetalle, Hormone etc. blieben jedoch erhalten. Bezogen auf die Volumenreduzierung konzentrierten sich diese sogar. Die Einhaltung bestimmter Qualitätsanforderungen der Klärschlammverordnung sei somit kein Erfolg des Kompostierungsprozesses, da bereits die als Ausgangsmaterial eingesetzten Schlämme diese Werte einhalten müssten. Der Abschluss der Verwertung könne folglich gemäß § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG erst bei kontrollierter Aufbringung auf den Boden eintreten.
II
Die Revision des Beklagten ist begründet. Das angegriffene Urteil verletzt Bundesrecht, da das Oberverwaltungsgericht zu Unrecht die Zugehörigkeit von Klärschlammkompost zur Abfallgruppe 19 08 verneint (1.). Ebenso bundesrechtswidrig ist die Annahme, dass - unter Ausblendung von § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG - mit der Kompostierung des Klärschlammes der Verwertungsprozess gemäß § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG bereits abgeschlossen sei, weil ein Rohstoffe ersetzendes Substrat gewonnen worden und der erzeugte Kompost auch verkehrsfähig sei (2.). Aus dem von der Klägerin benannten Nebenrecht kann nicht auf das Ende des Verwertungsvorganges und damit auf das Ende des Regimes des Abfallrechts bei einer bloßen Kompostierung von Klärschlamm geschlossen werden (3.).
1. Die Verpflichtung der Klägerin, Nachweise über die Entsorgung von überwachungsbedürftigen Abfällen für den in ihren Betrieben hergestellten Klärschlammkompost zu führen, scheidet weder in Folge der Kategorisierung der Kompostierung als Verwertung im Anhang II B zum Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) i.d.F. vom (BGBl I S. 2618) aus noch in Folge einer unzutreffenden Schlüsselung des Klärschlammkompostes.
1.1. Die Pflicht zur Führung von Nachweisen über die Entsorgung überwachungsbedürftiger Abfälle folgt aus § 45 Abs. 3 KrW-/AbfG. § 25 Abs. 1 Satz 1 und 3 der Verordnung über Verwertungs- und Beseitigungsnachweise (NachwV) i.d.F. der Bekanntmachung vom (BGBl I S. 2374) bestimmen Art und Umfang der einzubehaltenden Belege zum Zwecke des Nachweises. Eine solche Nachweispflicht für Klärschlammkomposte entfällt nicht bereits deshalb, weil der Vorgang der Kompostierung (als biologisches Umwandlungsverfahren) in der Kategorie R 3 des Anhanges II B benannt und die Klägerin nach der Kompostierung des Klärschlamms deshalb keine Besitzerin von Abfällen i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 NachwV mehr ist. Eine derartige Bedeutung kommt dem Anhang II B nicht zu. Dieser hat zum einen lediglich exemplarische Bedeutung für Verwertungsverfahren ("Verfahren, die in der Praxis angewandt werden"); er erhebt damit weder einen Anspruch auf eine abschließende, gleichsam konstitutive Klassifikation noch einen solchen auf eine Vollzähligkeit der Benennung denkbarer Verwertungsverfahren. Zum anderen lässt sich aus dem Wortlaut der Kategorie R 3 nicht folgern, dass eine Kompostierung bereits zu einem fertigen Produkt als Ergebnis eines abgeschlossenen Verwertungsverfahrens führt. Dies mag bei einer Verarbeitung nicht belasteter Stoffe der Fall sein. Bei einer Kompostierung von Stoffen, die mit Schadstoffen befrachtet sind, hängt dies aber von der jeweiligen Güte des Produktes ab, somit von Wertungen, die über den Anhang II B hinausreichen.
1.2 Eine Zuordnung des Klärschlammkompostes zur Abfallgruppe 19 05 (Abfälle aus der aeroben Behandlung von festen Abfällen) scheidet schon deshalb aus, weil der Klärschlammkompost als Abfall aus Abwasserbehandlungsanlagen (Reinigung kommunalen Abwassers) anzusehen ist (ASN ). Die Zuordnung eines Abfalls zu einer in der Anlage bezeichneten Abfallart gemäß § 2 BestüVAbfV bestimmt sich nach den Vorgaben der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) vom (BGBl I S. 3379). Die Abfalleigenschaft von Klärschlamm und damit auch die Zuordnung zu der entsprechenden Schlüsselnummer AVV entfällt nicht bereits durch dessen Behandlung. Sie richtet sich vorrangig nach dessen Herkunft (Einleitung Nr. 2 Buchst. a des Abfallverzeichnisses), stellt also auf den Zeitpunkt der Erzeugung des Abfalls ab. Das findet eine Bestätigung in der Auffangregelung der Nr. 2 Buchst. d des Abfallverzeichnisses, die gleichfalls auf die abfallerzeugende Tätigkeit abstellt. Eine Änderung der Beschaffenheit des Abfalls im Zuge der Abfallbehandlung führt regelmäßig nicht zu einer neuen Zuordnung. Eine derartige Umschlüsselung widerspräche, wie die Vertreterin des Bundesinteresses zutreffend dargelegt hat, dem Zweck des abfallrechtlichen Überwachungsverfahrens, der darin besteht, den Entsorgungsnachweis bis zur Verwertung des erzeugten Abfalls sicherzustellen.
2. Das Ende der Abfalleigenschaft eines Stoffes ist im Fall des § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG bedingt durch die Beendigung des Verwertungsverfahrens bei gleichzeitiger Erfüllung der sich aus dem Abfallrecht ergebenden Pflichten des Abfallbesitzers in Bezug auf die Schadlosigkeit der Verwertung. Erst mit der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung des Abfalls endet das Regime des Abfallrechts. Dabei erfordern die in § 4 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG beschriebenen Möglichkeiten der Verwertung ein unterschiedliches Maß des Nachweises für den Eintritt eines schadlosen Verwertungserfolges.
2.1 Das Gesetz unterscheidet in § 4 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG drei Varianten der stofflichen Verwertung. Sowohl die in der ersten Alternative beschriebene Substitution von Rohstoffen durch die Gewinnung sekundärer Rohstoffe aus Abfällen wie auch die Nutzung der stofflichen Eigenschaften des Abfalls, sei es für den ursprünglichen Zweck (zweite Alternative) oder sei es für andere Zwecke (dritte Alternative), dienen dem Freiwerden von (primären) Rohstoffen.
Bereits mit dem Gewinnen von (neuen) sekundären Rohstoffen aus Abfällen (1. Alternative) endet im Regelfall die Verwertung und damit der Anwendungsbereich des Abfallrechts, wenn die Eigenschaften der gewonnenen Stoffe mit den Eigenschaften der zu substituierenden Primärrohstoffe identisch oder vergleichbar sind und ein Auftreten abfalltypischer Gefahrenlagen damit ausscheidet. Dies liegt etwa - unter bloßer Änderung der stofflichen Eigenschaften - vor bei der Gewinnung von Pappe aus Altpapier, von Glas aus Altglas oder von Kupfer aus Kabeln. Entsprechendes gilt, wenn aus Abfällen erstmals ein neuer Rohstoff gewonnen wird (wie im Fall der Gewinnung von Biogas aus Abfällen). Die Identität oder Vergleichbarkeit der gewonnenen Sekundärrohstoffe mit den (ursprünglichen) Primärrohstoffen indiziert in diesen Fällen bereits die Schadlosigkeit der Verwertung i.S.v. § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG.
Nichts anderes gilt, wenn stoffliche Eigenschaften von Abfällen für den ursprünglichen Zweck genutzt werden (2. Alternative) und zwar ohne weitere Änderung der Stoffeigenschaften selbst, wie etwa durch die Verwendung von Abraummaterial zur Wiederverfüllung an Ort und Stelle oder durch die Wiederaufbereitung von Altöl zu Motorenöl bei gleichzeitiger (weitestgehender) Eliminierung der Schadstoffe, mit denen es belastet ist (§ 1a Altölverordnung i.d.F. vom , BGBl I S. 2298). Auch hier indiziert die Identität oder Vergleichbarkeit der Nutzung der stofflichen Eigenschaften des Abfalls mit der Nutzung des ursprünglichen Stoffes die Schadlosigkeit des Verwertungsvorganges i.S.v. § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG.
Werden hingegen stoffliche Eigenschaften von Abfällen für andere Zwecke genutzt (3. Alternative), wie durch den Einsatz von Klärschlammgemischen und Klärschlammkomposten in der Landwirtschaft (vgl. zu dieser Zuordnung Kunig/ Paetow/Versteyl KrW-/AbfG, 2. Auflage, § 4 Anm. 23) oder - wie vorliegend - im Landschaftsbau, ohne dass mangels identischer oder vergleichbarer Nutzung der stofflichen Eigenschaften des Abfalls oder mangels Identität oder Vergleichbarkeit mit einem zu substituierenden Rohstoff von vorne herein auf die Schadlosigkeit der Verwertung geschlossen werden kann, so bedarf der Abfall bis zum abschließenden Eintritt des Verwertungserfolgs der Überwachung, um die Schadlosigkeit der Verwertung zu gewährleisten. Die Abfalleigenschaft eines nunmehr zu anderen Zwecken genutzten Stoffes endet dann nicht bereits mit einem Bereitstellen oder in einem ersten Behandlungs-/Verwertungsschritt, vielmehr muss die Schadlosigkeit der Verwertung bis zur abschließenden Verwendung des Abfalls (für den anderen Zweck) sichergestellt sein.
2.2 Die Gefahr eines Schadstofftransfers in die Umwelt, die durch die Ordnungsmäßigkeit und Schadlosigkeit der Verwertung i.S.v. § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG auszuschließen ist, kann bei der Verwertung von Klärschlamm über den Vorgang der Kompostierung hinaus nicht von der Hand gewiesen werden. Klärschlamm enthält als Schadstoffsenke im Rahmen der Abwasserreinigung eine Vielzahl von Schadstoffen. Insbesondere wird dessen Schwermetallgehalt bei einer Kompostierung nicht abgebaut, sondern in Folge der damit einhergehenden Volumenreduzierung konzentriert, d.h. Klärschlamm wird durch Kompostierung zwar hygienisiert, enthaltene Schadstoffe bleiben jedoch erhalten. Hängt das Erreichen des Verwertungserfolges bei einer Verarbeitung von Klärschlamm damit von weiteren, die Schadlosigkeit der Verwertung sicherstellenden Schritten ab, kann mit der Herstellung von Klärschlammkompost das Verwertungsverfahren nicht abgeschlossen sein; dieser bleibt vielmehr Abfall, dessen Eigenschaft bis zum Nachweis der Schadlosigkeit der Verwertung fortbesteht.
Fordert das sich sowohl auf den Verwertungsvorgang wie auch auf das damit entstehende Produkt beziehende Kriterium der Schadlosigkeit i.S.v. § 5 Abs. 3 Satz 1 und 3 KrW-/AbfG, dass durch die Beschaffenheit der Abfälle und durch die Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht erwartet werden dürfen und insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgen darf, so wird mit dem Kriterium der Ordnungsmäßigkeit i.S.v. § 5 Abs. 3 Satz 1 und 2 KrW-/AbfG unter Abstellen auf die Rechtmäßigkeit der Abfallverwertung dasselbe Ziel verfolgt. Das Merkmal "ordnungsgemäß" gebietet, dass die Verwertung in Einklang steht mit den Normen des Abfallrechts und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, wie etwa den Bestimmungen des Immissionsschutzrechts, des Bundesbodenschutzrechts oder des Wasserrechts. Klärschlamm und Klärschlammkomposte betreffend kommt somit den Regelungen der Klärschlammverordnung und der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung für die Erreichung des Verwertungsziels entscheidende Bedeutung zu.
Bei Klärschlammkomposten, die nach der Klärschlammverordnung (AbfKlärV) i.d.F. vom (BGBl I S. 1488) dem Klärschlamm gleichstellt sind (§ 2 Abs. 2 Satz 5 AbfKlärV), ergeben sich abfallrechtliche Verwertungsbeschränkungen unmittelbar aus der Klärschlammverordnung, wenn Komposte etwa auf landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Böden aufgebracht werden sollen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 AbfKlärV). So gebietet zum einen § 3 Abs. 2 bis 4 AbfKlärV die Untersuchung der Böden vor einem erstmaligen Aufbringen von Klärschlamm/ Klärschlammkomposten. Zum anderen verbietet § 4 Abs. 8 und 9 AbfKlärV das Aufbringen von Klärschlamm/Klärschlammkomposten, wenn die Bodenuntersuchungen bereits Schadstoffbelastungen ergeben, die die Höchstwerte der genannten Parameter überschreiten. Nur wenn nach den Vorgaben der §§ 3, 4 AbfKlärV Klärschlammkomposte auf (gegebenenfalls nur in geringerem Maße bereits vorbelastete) Böden aufgebracht werden dürfen und wenn der Klärschlammkompost selbst mit seiner Schadstofffracht die Höchstwerte des § 4 Abs. 10 bis 12 AbfKlärV nicht überschreitet, erfolgt die Verwertung ordnungsgemäß und kommt der Verwertungsvorgang erfolgreich zu Ende. Erst mit dem Aufbringen oder dem Einbringen in geeignete Böden entfällt damit die Abfalleigenschaft des lediglich in einem ersten Verwertungs(teil)schritt erzeugten Klärschlammkompostes.
Für die Herstellung durchwurzelbarer Bodenschichten im Landschaftsbau unter Einsatz von Klärschlammkomposten gilt in Bezug auf die Ordnungsmäßigkeit der Verwertung entsprechendes; auch hierfür dürfen auf und in Böden unter anderem nur Gemische von Bodenmaterial mit solchen Abfällen auf- und eingebracht werden, die den Qualitätsanforderungen der nach § 8 KrW-/AbfG erlassenen Verordnungen sowie der Klärschlammverordnung entsprechen, § 12 Abs. 1 der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) vom (BGBl I S. 1554). Die Verordnung nimmt hiermit Bezug auf § 4 Abs. 10 bis 12 AbfKlärV und bei Verwendung von Klärschlammkomposten zusätzlich auf § 4 Abs. 13 AbfKlärV; damit verbindet sich - entgegen der Ansicht der Klägerin - ohne weiteres auch die Geltung von § 2 Abs. 2 Satz 5 bis 7 AbfKlärV für die Herstellung durchwurzelbarer Bodenschichten im Falle des Einsatzes von Klärschlammkomposten. Wiederum setzt im weiteren § 12 Abs. 2 erster Spiegelstrich BBodSchV mit der Bezugnahme auf die Schadstoffgehalte der Böden dem Aufbringen schadstoffbelasteter Materialien zur Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht und damit dem Eintritt des Verwertungserfolges Grenzen. Dabei kann die Behörde Bodenuntersuchungen anordnen, wenn das Entstehen einer schädlichen Bodenveränderung zu besorgen ist (§ 12 Abs. 3 BBodSchV). Auch diese Bestimmungen beschränken die Verwertung von Klärschlamm/Klärschlammkomposten zur Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht.
2.3 Zu Unrecht hält das Oberverwaltungsgericht (UA Seite 11) eine Trennung der Kompostierung des Klärschlamms von weiteren sich anschließenden Verwertungsschritten aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für nicht ableitbar. Der auch vom Vorgericht in Bezug genommenen Entscheidung des Senats vom - BVerwG 7 C 31.97 - (Buchholz 451.221 § 3 KrW-/AbfG Nr. 4) ist zu entnehmen, dass aus - in einem ersten Schritt sortierten - Pappenlumpen und Halbtuche durch weitere Aufarbeitung textile Fasern zur Herstellung verschiedener Pappenprodukte gewonnen werden können. Die Rückgewinnung organischer Stoffe in Form von Fasern ist damit Ziel eines Verwertungsvorganges i.S.v. § 4 Abs. 3 Satz 1 1. Alternative KrW-/AbfG, der aber durch das bloße Aussortieren der Pappenlumpen und Halbtuche noch nicht erreicht wird. Angesichts der Vergleichbarkeit des ursprünglichen Rohstoffes (Wolle/Faser) mit dem substituierenden Sekundärrohstoff (Faser) ist die Schadlosigkeit des (weiteren) Verwertungsvorganges bereits indiziert, so dass sich dem Senat in der genannten Entscheidung die weitere Frage nach der Schadlosigkeit der Verwertung i.S.v. § 5 Abs. 3 Satz 1 und 3 KrW-/AbfG nicht stellte.
Auch soweit sich das Oberverwaltungsgericht zur Verkehrsfähigkeit des Klärschlammkompostes verhält und hieraus ein Indiz für das Ende der Abfalleigenschaft herleitet (UA Seite 10 unten und Seite 12 unten), ist diese Schlussfolgerung nicht belastungsfähig. Denn geht man - wie es im Verfahren aufschien - davon aus, dass üblicherweise Klärschlamm einerseits mit Aufzahlungen der Betreiber von Abwasserbehandlungsanlagen an Verwerter weiter gegeben wird und dass andererseits diese wiederum den erzeugten Klärschlammkompost unentgeltlich Abnehmern überlassen, so deutet dies eher auf eine fehlende Verkehrsfähigkeit hin und zwar in dem Sinne, dass sich der Erzeuger des Klärschlammkompostes gegebenenfalls selbst bemühen muss Böden aufzufinden, auf denen sich sein "Produkt" unterbringen lässt. Wiederum würde dann aber aus § 3 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG folgen, dass Klärschlammkompost (wegen der Schadstoffgehalte) weiterhin Abfall ist.
2.4 Die Forderung nach einer schadlosen Verwertung von Abfällen entspricht auch den Vorgaben des europäischen Abfallrechts. Über das Gebot nach einem vollständigen Abschluss der Verwertung gemäß dem Anhang II B der Abfallrahmenrichtlinie hinaus müssen die in Art. 4 AbfRRL festgelegten Umweltanforderungen eingehalten sein, insbesondere darf die menschliche Gesundheit durch die Verwertung von Abfällen nicht gefährdet werden. Der Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom (zur Änderung der Abfallrahmenrichtlinie) ist in der 12. Begründungserwägung die Verpflichtung zur Überwachung der Abfälle von ihrem Entstehen bis zur endgültigen Beseitigung zu entnehmen. Kann von einem Stoff eine Gefährdung ausgehen und erachtet daher die Abfallrahmenrichtlinie diesen Abfall für überwachungsbedürftig, besteht diese Verpflichtung fort bis zum Abschluss des Verwertungsverfahrens. Solange demzufolge eine Überwachung geboten ist, muss von Abfall ausgegangen werden (vgl. ausführlich Schlussanträge des Generalanwalts Alber vom in den verbundenen Rechtssachen C-418/97 und C-419/97, ARCO Chemie, Rn. 65, 67, 69 juris).
Das Ende der Abfalleigenschaft tritt auch nach europarechtlichem Verständnis erst mit einer tatsächlichen Verwertung des Abfalls ein, eine bloße Vorbehandlung von Abfällen wird als nicht ausreichend erachtet. Der Europäische Gerichtshof verstand in seinem Urteil vom - Rs. C-444/00 - (Mayer Parry/Verpackungsschrott, EuGHE I 2003, 6163) die bloße Aufbereitung von Schrott aus Verpackungsmaterial noch nicht als stoffliche Verwertung des Verpackungsabfalls, da dieser nicht "direkt zur Herstellung neuer metallischer Verpackungen verwendet werden kann". Die Aufbereitung zu "3 B-Material", das Verunreinigungen durch Farbe, Öl, nicht eisenhaltige Stoffe sowie unerwünschte chemische Bestandteile enthält, lässt daher die Abfalleigenschaft nicht entfallen. Mit Urteil vom - Rs. C-457/02 - (Antonio Niselli, EuGHE I 2004, 10853) bestätigte der Europäische Gerichtshof diese Rechtsprechung. Verbraucherrückstände in Form verunreinigter Eisenmaterialien sind so lange als Abfälle einzustufen, bis sie tatsächlich zu Eisen oder Stahlerzeugnissen wiederverwendet sind. "In davor liegenden Phasen können sie noch nicht als wiederverwertet angesehen werden, da der gesamte Bearbeitungsprozess nicht abgeschlossen ist" (a.a.O.).
3. Soweit die Klägerin sich für ihre Rechtsauffassung, dass Klärschlammkompost bereits ein verkehrsfähiges Produkt darstelle und die Abfalleigenschaft mit dem Ende des Kompostierung entfalle, auf weiteres europäisches Recht beruft, kann sie damit nicht durchdringen. Weder den Bestimmungen und Erwägungen der EG-HygieneVO Nr. 1774/202 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom (ABl EG Nr. L 273 S. 1) noch denen der Klärschlammrichtlinie 86/278/EWG (ABl EG Nr. L 181 S. 6) ist entsprechendes zu entnehmen. Ebenso wenig lässt sich aus der fehlenden Auflistung von Klärschlammkompost in der Abfallnomenklatur des Anhanges III zur AbfallstatistikVO 2150/202/EG vom (ABl EG Nr. L 332) folgern, dass Klärschlammkompost kein Abfall mehr sei. Nationalem Verordnungsrecht - wie der Düngemittelverordnung vom (BGBl I S. 2373) - lassen sich keine Hinweise für einen Abschluss des Verwertungsverfahrens mit der Kompostierung des Klärschlammes entnehmen. Das Ende der Abfalleigenschaft bestimmt sich vorrangig nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
IAAAC-37245