Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: ZPO §§ 103 ff.; ZPO § 138 Abs. 3
Instanzenzug: LG Ravensburg 4 O 254/05 vom OLG Stuttgart 8 W 586/05 vom
Gründe
I.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten vor dem Landgericht Klage auf Zahlung rückständiger Renten, auf deren künftige Zahlung sowie auf Lieferung und Übereignung von Brennholz erhoben.
In einem am Tage vor dem Verhandlungstermin eingereichten Schriftsatz hat sie mitgeteilt, die Parteien hätten sich dahin geeinigt, dass der Beklagte die Zahlungsanträge anerkenne und die Klägerin den Anspruch auf Lieferung des Brennholzes nicht weiter verfolge. Die Abrede solle so umgesetzt werden, dass die Klägerin den Antrag auf Lieferung des Holzes zurücknehme und wegen der Zahlungsanträge den Erlass eines Versäumnisurteils beantrage.
In dem Termin ist die Klägerin entsprechend vorgegangen und hat gegen den nicht erschienenen Beklagten ein Versäumnisurteil erwirkt.
In dem Kostenfestsetzungsantrag hat sie u.a. unter Hinweis auf ein durch ihren Rechtsanwalt am Tage vor dem Termin mit dem Beklagten geführtes Telefongespräch eine 1,2 Terminsgebühr nach RVG-VV Nr. 3104 in Ansatz gebracht. Die Rechtspflegerin hat stattdessen eine 0,5 Terminsgebühr nach RVG-VV Nr. 3105 als entstanden anerkannt und festgesetzt. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss ist ohne Erfolg geblieben.
Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Festsetzung einer Terminsgebühr nach RVG-VV Nr. 3104 weiter.
II.
1. Das Beschwerdegericht meint, es könne dahinstehen, ob entsprechend der Vorbemerkung 3 Abs. 3 zu Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses eine Terminsgebühr nach RVG-VV Nr. 3104 angefallen sei. Eine solche Gebühr könne jedenfalls nicht Gegenstand einer Kostenfestsetzung nach §§ 103 ff. ZPO sein. Das Kostenfestsetzungsverfahren bedürfe praktikabler Berechnungsgrundlagen. Die Tatsachen, die für die Entstehung einer außergerichtlichen Terminsgebühr entscheidend seien, ließen sich den Akten des gerichtlichen Verfahrens jedoch nicht entnehmen. Die Kostenfestsetzung würde durch die Einbeziehung solcher Gebühren erschwert und verlöre ihren Charakter als Mittel zum zügigen Ausgleich von Verfahrenskosten.
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Der Bundesgerichtshof hat nach der Zulassung der Rechtsbeschwerde entschieden, dass eine durch außergerichtliche Verhandlungen entstandene Terminsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren in Ansatz gebracht werden kann, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des Gebührentatbestandes unstreitig sind (, Umdr. S. 4 - zur Veröffentlichung bestimmt). Das gilt dann, wenn der Gegner sich selbst über solche Verhandlungen erklärt und damit die maßgeblichen Tatsachen im Wege eines Geständnisses (§ 288 ZPO) eingeräumt hat (BGH, aaO). Ebenso ist zu entscheiden, wenn - wie hier - der Gegner sich zu dem den Gebührentatbestand begründenden, ihm zur Stellungnahme überreichten Vortrag nicht erklärt und dieser daher gem. § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig anzusehen ist.
Das Gebot, unstreitiges Parteivorbringen zu berücksichtigen, folgt bereits daraus, dass die Kostenfestsetzung nach §§ 103 ff. ZPO den Verfahrensgrundsätzen der Zivilprozessordnung unterliegt (Baronin von König, RPflgStud 2006, 73, 76), was die Anwendung von § 138 Abs. 3 ZPO einschließt (Musielak/Wolst, ZPO, 5. Aufl., § 104 Rdn. 18). Die Möglichkeit, die Terminsgebühr für außergerichtliche Besprechungen im Kostenfestsetzungsverfahren in Ansatz bringen zu können, entspricht zudem der von dem Gesetzgeber mit der Ausweitung der Terminsgebühr auf außergerichtliche Besprechungen verfolgten Absicht, in jeder Phase des Verfahrens anwaltliche Tätigkeiten zu fördern und zu honorieren, die zu einer der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung des Rechtsstreits beitragen (vgl. , NJW 2006, 157, 158). Dem Rechtsanwalt sollte erspart bleiben, allein aus gebührenrechtlichen Interessen einen gerichtlichen Verhandlungstermin anzustreben, um eine Verhandlungs- oder Erörterungsgebühr auszulösen (vgl. BT-Drucks. 15/1971, S. 209). Diesem Ziel liefe es zuwider, wenn die Erstattung der Terminsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren von einem nur durch die Gerichtsakte zu führenden Nachweis der Voraussetzungen des Gebührentatbestandes abhinge, was in der Regel nur durch die Protokollierung der Erörterung in einem gerichtlichen Termin erreicht werden könnte (Madert/Müller-Rabe, NJW 2006, 1927, 1932).
3. Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 577 Abs. 3 ZPO). Das Beschwerdegericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht geprüft, ob die Terminsgebühr nach RVG-VV Nr. 3104 gemäß der Vorbemerkung 3 Abs. 3 zu Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses entstanden ist. Das ist indes zu bejahen.
Diese Terminsgebühr entsteht für den Anwalt schon durch seine Mitwirkung an Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts, die auf Vermeidung oder Erledigung des Rechtsstreits gerichtet sind (, NJW-RR 2006, 1507). Nach dem unstreitigen Vorbringen ist hier am Tage vor dem Gerichtstermin zwischen den Parteien die Erledigung des anhängigen Rechtsstreits erörtert worden. Das Ergebnis der Besprechung ist für das Entstehen der Gebühr ohne Bedeutung (vgl. , aaO).
Der Ansatz einer 1,2 Terminsgebühr nach RVG-VV Nr. 3104 für eine außergerichtliche Besprechung wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der nicht anwaltlich vertretene Beklagte vor dem Landgericht wegen des dort bestehenden Anwaltszwangs (§ 78 Satz 1 ZPO) die Sache nicht selbst hätte vertreten und mit der Klägerin erörtern können. Für das Entstehen der Gebühr für eine außergerichtliche Besprechung ist dies nicht ausschlaggebend, was sich schon daran zeigt, dass die Gebühr auch allein durch die Mitwirkung eines Anwalts an einer unmittelbar zwischen den Parteien geführten Besprechung entsteht (Göttlich/Mümmler/Reberg/Xanke, RVG, Terminsgebühr, Anm. 3.2).
4. Der angefochtene Beschuss hat daher keinen Bestand. Die Sache ist indes nicht zur Endentscheidung reif und daher an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
Eine Gebühr ist nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur zu erstatten, wenn die den Gebührentatbestand verwirklichende Maßnahme zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich war. Auch die Bestimmung in § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO, nach der die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts von dem unterlegenen Gegner stets zu erstatten sind, entbindet im Kostenfestsetzungsverfahren nicht von der Prüfung, ob die die Gebühr auslösende Handlung des beauftragten Rechtsanwaltes zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig war (, NJW 2003, 1324; 1325; OLG München JurBüro 1973, 64; OLG Saarbrücken JurBüro 1993, 296; OLG Karlsruhe JurBüro 1995, 88; MünchKommZPO/Belz, 2. Aufl., § 91 Rdn. 24; Musielak/Wolst, ZPO, 5. Aufl., § 91 Rdn. 11; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 91 Rdn. 133). Nicht zu erstatten sind die Gebühren für solche Maßnahmen, die nicht der Förderung des Prozesserfolges dienten und nur in Kenntnis der gesetzlichen Erstattungspflicht des in der Hauptsache unterlegenen Prozessgegners vorgenommen wurden (vgl. Stein/Jonas/Bork, aaO, Rdn. 48, 49).
Hier liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Besprechung mit dem Beklagten nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Ansprüche der Klägerin gedient haben, sondern allein im Gebühreninteresse des Rechtsanwalts in Erwartung der Erstattungspflicht des Beklagten vorgenommen worden sein könnte. Dafür spricht, dass alle eingeklagten Ansprüche sich aus einer notariellen Urkunde ergaben, in der Klageschrift als einziger Grund für die gerichtliche Geltendmachung vorgetragen worden ist, dass wegen unregelmäßiger und nicht angepasster Rentenzahlungen eine Titulierung aus der Urkunde erfolgen solle und der Beklagte die Ansprüche - jedenfalls nach Aktenlage - auch nicht bestritten hat. Bei dieser Sachlage ist nicht zu erkennen, wie das Telefonat mit dem Beklagten einer Förderung der Interessen der Klägerin hätte dienlich sein können und warum der angesichts der Passivität des Beklagten nahe liegende Weg einer kostengünstigen Titulierung sämtlicher mit der Klage verfolgten Ansprüche durch ein Versäumnisurteil nicht beschritten wurde.
Vor einer abschließenden Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der Terminsgebühr muss den Parteien jedoch noch Gelegenheit zur Stellungnahme dazu gegeben werden.
III.
Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf § 3 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW-RR 2007 S. 787 Nr. 11
EAAAC-36698
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein