Unterschiedliche umsatzsteuerliche Behandlung medizinischer Laboruntersuchungen
Gesetze: UStG § 4 Nr. 16
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH. Ihr alleiniger Gesellschafter ist der Arzt für Laboratoriumsmedizin Dr. S. Die Klägerin führte in den Jahren 1990 bis 1993 (Streitjahre) u.a. im Auftrag zweier Laborgemeinschaften medizinische Analysen durch. Die Laborgemeinschaften waren Gesellschaften bürgerlichen Rechts, zu denen sich praktische Ärzte zusammengeschlossen hatten. Diese hatten die Analysen im Rahmen ihrer Heilbehandlungen angeordnet.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) behandelte die Leistungen der Klägerin an die Laborgemeinschaften als steuerpflichtig.
Einspruch und Klage gegen die Steuerbescheide hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) war mit dem FA der Ansicht, die Leistungen seien nicht nach § 4 Nr. 16 Buchst. c des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980/1991/1993 steuerfrei. Zwar stelle das Unternehmen der Klägerin eine „andere Einrichtung ärztlicher Befunderhebung” dar; die Leistungen der Klägerin seien aber nicht in dem erforderlichen Ausmaße „unter ärztlicher Aufsicht” erbracht worden. Im Übrigen habe die Klägerin nicht nachgewiesen, dass jeweils im vorangegangenen Kalenderjahr mindestens 40 v.H. ihrer Leistungen dem in § 4 Nr. 15 Buchst. b UStG 1980/1991/1993 genannten Personenkreis zugute gekommen sei. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 64 abgedruckt.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision und macht geltend, dass die entsprechenden Leistungen entgegen der Auffassung des FG unter ärztlicher Aufsicht erbracht wurden. Außerdem macht sie Verfahrensmängel geltend, soweit das FG davon ausgeht, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass mindestens 40 v.H. ihrer Leistungen dem in § 4 Nr. 15 Buchst. b UStG 1980/1991/1993 genannten Personenkreis zugute gekommen sei; sie habe im finanzgerichtlichen Verfahren immer noch auf den vom FA geforderten Hinweis gewartet, wie dieser Nachweis erbracht werden solle und ohne dass sie hierauf eine Antwort bekommen habe, habe das FG zu ihren Ungunsten auf Grund der Beweislastverteilung entschieden.
Nach mündlicher Verhandlung vom hatte der Senat Zweifel, ob die Behandlung der streitigen Umsätze der Klägerin nach nationalem Recht mit den Vorgaben der Sechsten Richtlinie des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) vereinbar sei und legte dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) mit Beschluss vom folgende Frage vor:
„Erlauben es Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG, die Steuerbefreiung der von praktischen Ärzten angeordneten medizinischen Laboranalysen auch dann von den dort genannten Bedingungen abhängig zu machen, wenn die Heilbehandlung der Ärzte ohnedies steuerfrei ist?”
Der Beschluss ist veröffentlicht in BFHE 208, 87, BStBl II 2005, 445.
Mit Urteil vom Rs. C-106/05, L. u. P. GmbH (BFH/NV Beilage 4, 2006, 442, Umsatzsteuer-Rundschau —UR— 2006, 464 mit Anm. Klenk) hat der EuGH Folgendes entschieden:
Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG ist dahin auszulegen, dass der vorbeugenden Beobachtung und Untersuchung der Patienten dienende medizinische Analysen, die wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden von einem in privatrechtlicher Form organisierten Labor außerhalb einer Heilbehandlungseinrichtung auf Anordnung praktischer Ärzte durchgeführt werden, als ärztliche Heilbehandlungen einer anderen ordnungsgemäß anerkannten privatrechtlichen Einrichtung im Sinne dieser Bestimmung unter die dort vorgesehene Befreiung fallen können.
Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, wonach die Befreiung derartiger medizinischer Analysen von Bedingungen abhängt, die nicht für die Befreiung der Heilbehandlungen der praktischen Ärzte gelten, die sie angeordnet haben, und sich von denen unterscheiden, die für die mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundenen Umsätze im Sinne der erstgenannten Bestimmung gelten.
Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG steht einer nationalen Regelung entgegen, wonach die Befreiung der medizinischen Analysen, die von einem in privatrechtlicher Form organisierten Labor außerhalb einer Heilbehandlungseinrichtung durchgeführt werden, von der Bedingung abhängt, dass sie unter ärztlicher Aufsicht erbracht werden. Dagegen verstößt es nicht gegen diese Bestimmung, dass nach der nationalen Regelung die Befreiung dieser Analysen von der Bedingung abhängt, dass mindestens 40 v.H. von ihnen Personen zugute kommen, die bei einem Träger der Sozialversicherung versichert sind.
Nach diesem Urteil ist davon auszugehen, dass die Leistungen der Klägerin „ärztliche Heilbehandlung” darstellen, die von einem „Zentrum für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik” durchgeführt werden, und dass deshalb Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG anwendbar ist (vgl. insb. Randnr. 39). Die Mitgliedstaaten können die Steuerbefreiung zusätzlich davon abhängig machen, dass die in Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG genannten Bedingungen erfüllt sind (Randnr. 43). Die Steuerbefreiung der medizinischen Analysen kann an Bedingungen geknüpft werden, die für Ärzte, die diese Analysen angeordnet haben, nicht gelten (Randnr. 46); sie kann grundsätzlich auch von anderen Bedingungen abhängig gemacht werden, als sie für die Befreiung der mit Heilbehandlungen eng verbundenen Umsätzen gelten (Randnr. 47).
Zu den Grenzen des Ermessens der Mitgliedstaaten hinsichtlich der (ersten) Bedingung der ärztlichen Aufsicht führt der EuGH Folgendes aus:
„48 Nach ständiger Rechtsprechung haben jedoch die nationalen Gerichte zu prüfen, ob die Mitgliedstaaten bei Beachtung der Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, insbesondere des Grundsatzes der Gleichbehandlung, der im Mehrwertsteuerbereich im Grundsatz der steuerlichen Neutralität zum Ausdruck kommt, bei der Aufstellung solcher Bedingungen nicht etwa die Grenzen ihres Ermessens überschritten haben (vgl. in diesem Sinne Urteile Dornier, Randnr. 69, Kingscrest Associates und Montecello, Randnr. 52, und Solleveld und Van den Hout-van Eijnsbergen, Randnr. 36).
...
51 Sodann ist für den Fall, dass die Befreiung ärztlicher Heilbehandlungen wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nach der nationalen Regelung von diesen Bedingungen abhängt, was das vorlegende Gericht zu klären hat, daran zu erinnern, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass die Bedingung der ärztlichen Aufsicht die Grenzen des den Mitgliedstaaten durch Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie eingeräumten Ermessens überschreitet, da sie dazu führt, dass Leistungen, die unter der alleinigen Verantwortung von Angehörigen arztähnlicher Berufe erbracht werden, von der Befreiung ausgeschlossen werden. Der Begriff „ärztliche Heilbehandlung” im Sinne dieser Bestimmung umfasst nämlich nicht nur Leistungen, die unmittelbar von Ärzten oder anderen Heilkundigen unter ärztlicher Aufsicht erbracht werden, sondern auch arztähnliche Leistungen, die in Krankenhäusern unter der alleinigen Verantwortung von Personen erbracht werden, die keine Ärzte sind (Urteil Dornier, Randnr. 70).
52 Folglich kann ein Mitgliedstaat nicht rechtswirksam zum Zweck der in Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Befreiung die Anerkennung privatrechtlicher Einrichtungen von der Bedingung abhängig machen, dass die Analysen dieser Einrichtungen unter ärztlicher Aufsicht erbracht werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Dornier, Randnrn. 71 und 82).”
Zur (zweiten) Bedingung einer erheblichen Kostentragung durch Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit äußert sich der EuGH wie folgt:
„53 Was die zweite Bedingung betrifft, so ergibt sich ebenfalls aus der Rechtsprechung, dass die nationalen Behörden bei der Entscheidung der Frage, ob privatrechtliche Einrichtungen für die Zwecke der Anwendung der in Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Befreiung anerkannt werden können, nach dem Gemeinschaftsrecht und unter der Kontrolle der nationalen Gerichte außer dem mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundenen Gemeinwohlinteresse und der Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, insbesondere den Umstand berücksichtigen können, dass die Kosten der fraglichen Leistungen unter Umständen zum großen Teil von Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen werden (Urteil Dornier, Randnrn. 72 und 73).
54 Daher hat der betreffende Mitgliedstaat das ihm nach dieser Bestimmung zustehende Ermessen nicht dadurch überschritten, dass er für die Anerkennung als in privatrechtlicher Form organisierte Labors im Rahmen der Anwendung dieser Befreiung verlangt, dass mindestens 40 % der medizinischen Analysen der betreffenden Labors Personen zugute kommen, die bei einem Träger der Sozialversicherung versichert sind.”
In seiner Stellungnahme zu diesem EuGH-Urteil weist das FA darauf hin, dass das FG keineswegs festgestellt habe, dass alle Analysen der Klägerin auf Grund ärztlicher Anordnung durchgeführt wurden und der Nachweis über die „40-v.H.-Grenze” von der Klägerin nicht erbracht wurde.
Die Klägerin nimmt wie folgt Stellung: Der EuGH habe die Prüfung der Grenzen des Ermessens des nationalen Gesetzgebers in die Verantwortung des Bundesfinanzhofs (BFH) gestellt, auch wenn er zwei konkrete Fragen selbst beantwortet habe; deshalb müsse der BFH noch Folgendes prüfen:
1. Verstößt es gegen den EG-rechtlichen Grundsatz der Neutralität und der Gleichbehandlung, wenn der nationale Gesetzgeber die 40-v.H.-Grenze für öffentliche und private Einrichtungen auf verschiedene Bezugsgrößen anwendet? Bei Krankenhäusern seien die vergleichbaren Leistungen dann steuerfrei, wenn 40 v.H. der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfielen, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen oder nach der (ehemaligen) Bundespflegesatzverordnung berechnet würden, während sich die 40-v.H.-Grenze bei den privaten Einrichtungen darauf beziehe, dass 40 v.H. der Leistungen Personen zugute kommen, die bei einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung versichert seien.
2. Verstößt es gegen die genannten Grundsätze, dass dieselben Leistungen der klinischen Chemiker, der Laborärzte und der Laborgemeinschaften ohne die 40-v.H.-Grenze steuerfrei sind, weil diese direkt unter § 4 Nr. 14 UStG 1980/1991/1993 fallen?
3. Verstößt die letztgenannte Ungleichbehandlung auch gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG— (vgl. , BVerfGE 43, 58, UR 1977, 32)?
4. Die praktische Umsetzung der 40-v.H.-Grenze für die privaten Einrichtungen sei in tatsächlicher Hinsicht nicht erfüllbar; tatsächliche Unmöglichkeiten dürften aber nicht tatbestandliche Voraussetzungen eines Gesetzes sein.
5. Letztlich lägen auch Verfahrensmängel vor, die zur Aufhebung und Zurückverweisung führen müssten: Das FG habe zunächst dem FA aufgegeben zu erläutern, wie die Klägerin den Nachweis über die 40-v.H.-Grenze führen solle; das FA habe nicht geantwortet und ohne weitere Aufklärung habe das FG dann nach Beweislastverteilungsgrundsätzen zu Lasten der Klägerin entschieden (Überraschungsentscheidung; Verstoß gegen die Fürsorgepflicht; Verstoß gegen die Ermittlungspflicht des FG).
II. 1. Nach dem in dieser Rechtssache ergangenen Urteil des EuGH in BFH/NV Beilage 4, 2006, 442, UR 2006, 464 mit Anm. Klenk darf die Leistung „unter ärztlicher Aufsicht” nicht mehr zur Voraussetzung für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG 1980/1991/1993 gemacht werden. Das angefochtene FG-Urteil beruht aber nicht allein auf diesem Umstand.
2. Soweit das angefochtene FG-Urteil darauf beruht, dass die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass jeweils im vorangegangenen Kalenderjahr mindestens 40 v.H. ihrer Leistungen dem in § 4 Nr. 15 Buchst. b UStG 1980/1991/1993 genannten Personenkreis zugute gekommen sei, stellen sich nach Ansicht des Senats folgende Fragen:
a) Zwar hat der EuGH entschieden, dass die genannte „40-v.H.-Grenze” mit Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b, Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG vereinbar sei, er betont aber ausdrücklich, dass diese Entscheidung „in der Beurteilung des nationalen Gerichts stehe” (vgl. Randnr. 50):
„50 Insoweit ist vorab darauf hinzuweisen, dass die Wahrung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität zunächst verlangt, dass für alle in Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie genannten Kategorien privatrechtlicher Einrichtungen die gleichen Bedingungen für ihre Anerkennung in Bezug auf die Erbringung vergleichbarer Leistungen gelten. Im vorliegenden Fall hat daher das vorlegende Gericht zu prüfen, ob die nationale Regelung diesem Erfordernis entspricht oder aber die Anwendung der fraglichen Bedingungen auf bestimmte Arten von Einrichtungen beschränkt, während andere von ihr ausgenommen sind.”
Hieraus schließt der Senat, dass er zumindest über die Erwägungen des EuGH hinausgehende Gründe für ein etwaiges Überschreiten der Grenzen des Ermessens des nationalen Gesetzgebers in eigener Zuständigkeit prüfen kann.
Das nationale Gericht hat danach zwar nicht zu prüfen, ob der nationale Gesetzgeber gemeinschaftsrechtlich zulässig in § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG 1980/1991/1993 die Voraussetzung aufnehmen durfte, dass „im vorangegangenen Kalenderjahr mindestens 40 Prozent der Leistungen den in Nummer 15 Buchstabe b genannten Personen zugute gekommen sind”, er hat aber nach der Vorgabe durch die Vorabentscheidung letztlich zu prüfen, wie diese Voraussetzung vom nationalen Gesetzgeber verwendet werden darf, um das gemeinschaftsrechtliche Ziel der Befreiungsnorm unter den Gesichtspunkten der Normenklarheit und der Verhältnismäßigkeit zu erreichen.
b) Insoweit ist darauf einzugehen, ob es der Klägerin überhaupt möglich oder zumutbar wäre herauszufinden, wie die Patienten versichert sind, für die sie medizinische Analysen vornimmt. Das ärztliche Behandlungsverhältnis besteht nämlich nicht zwischen ihr und den Patienten, sondern zwischen dem die Analyse veranlassenden Arzt und dem Patienten, dessen Identität die Klägerin im Zweifel gar nicht kennt. Es stellt sich auch die Frage, ob mit Blick auf das persönliche Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt dieser überhaupt befugt wäre, persönliche Informationen wie die Art der Versicherung herauszugeben, zumal diese ohne die weiteren Angaben über die Identität des Patienten nicht nachprüfbar wären. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin zu Recht die Frage aufgeworfen, in welcher Form sie den vom Gesetz geforderten Nachweis erbringen solle und darauf vom FA keine Antwort erhalten.
Es erscheint deshalb weiterhin fraglich, ob das FG auf dieser Grundlage nach Beweislastgrundsätzen zu Lasten der Klägerin entscheiden durfte. Hinzu kommt, dass das FA für Großbetriebsprüfung H, das die Außenprüfung bei der Klägerin durchgeführt hat, im Schreiben vom für den Fall einer einvernehmlichen Regelung „unterstellt”, dass 40 v.H. der Leistungen dem relevanten Personenkreis zugute gekommen sei.
c) Es stellt sich weiterhin die Frage, ob § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG 1980/1991/1993 den Beschluss des BVerfG in BVerfGE 43, 58, UR 1977, 32 zur rechtsformunabhängigen steuerlichen Behandlung medizinischer Analysen hinreichend umsetzt. Nach dieser Entscheidung ist eine Differenzierung in der umsatzsteuerrechtlichen Belastung zwischen ärztlichen Laborgemeinschaften jeglicher Größenordnung einerseits und gewerblichen Analyseunternehmen andererseits mit Art. 3 Abs. 3 GG unvereinbar. Die Analyseleistungen ärztlicher Laborgemeinschaften an die angeschlossenen Ärzte sind aber nach § 4 Nr. 14 Satz 2 UStG 1980/1991/1993 ohne weitere Voraussetzungen steuerfrei, während in § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG 1980/1991/1993 die dort genannten weiteren Voraussetzungen aufgestellt werden (vgl. dazu auch Klenk, UR 2006, 470).
Unter verfassungsrechtlichen Aspekten stellt sich außerdem die Frage, ob es mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, dass für Krankenhäuser nach § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG 1980/1991/1993 einerseits und andere Einrichtungen der ärztlichen Heilbehandlung nach § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG 1980/1991/1993 andererseits unterschiedliche Voraussetzungen für die Steuerbefreiung aufgestellt werden.
Sollte sich erweisen, dass es für die Klägerin rechtlich oder faktisch unmöglich ist, die nach dem Gesetz erforderlichen Patientendaten zu erhalten, wäre die in § 4 Nr. 16 Buchst. c, § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG 1980/1991/1993 enthaltene tatbestandliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung möglicherweise auch mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3, 28 Abs. 1 Satz 1 GG) unvereinbar. Denn es ließe sich mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbaren, von einem Steuerpflichtigen mehr zu verlangen als er zu leisten imstande ist.
III. Die Aufforderung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) zum Beitritt beruht auf § 122 Abs. 2 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO); der Senat hält es für wünschenswert, dass das BMF dem Revisionsverfahren gemäß § 122 Abs. 2 Satz 1 FGO beitritt und zu den aufgeworfenen Rechtsfragen Stellung nimmt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 510 Nr. 3
DStRE 2007 S. 239 Nr. 4
HFR 2007 S. 372 Nr. 4
KÖSDI 2007 S. 15472 Nr. 3
UR 2007 S. 214 Nr. 6
FAAAC-35652