Zur sog. Zwei-Stufen-Gründung einer Personengesellschaft
Gesetze: EStG § 16 Abs. 1 Nr. 2; EStG § 34 Abs. 2 Nr. 1; AO § 42
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Arzt und betrieb zunächst eine Einzelpraxis. Mit Vertrag vom vereinbarte er mit dem Kollegen R die Gründung einer GbR zum zum Zweck des Betreibens einer Gemeinschaftspraxis. Er brachte seine Einzelpraxis nach § 24 Abs. 2 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) und R seinen Vertragsarztsitz und seine volle Arbeitskraft in die GbR ein. R war am Vermögen zu 10 v.H., am Gewinn —nach Abzug einer Vorabvergütung für den Kläger in Höhe von 22 000 DM— mit 50 v.H. beteiligt.
Mit Vertrag vom veräußerte der Kläger ferner 40 v.H. seines Mitunternehmeranteils zum gegen Zahlung von 160 000 DM an R. Die Vorabvergütung des Klägers wurde für die Zeit vom 1. Juni bis auf 11 000 DM herabgesetzt; als Vertragsbeginn wurde —wie im Vertrag vom — der bezeichnet.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) versteuerte den Gewinn aus der Veräußerung vom zunächst tarifbegünstigt. Nach einer Außenprüfung vertrat er die Auffassung, dass beide Veräußerungen einheitlich als Beteiligung an einer Einzelpraxis zu betrachten seien und der Gewinn aus der zweiten Veräußerung nicht tarifbegünstigt sei.
Die Klage, mit der der Kläger u.a. darauf hinwies, dass der Abschluss des Vertrages vom auf seine plötzlich aufgetretene Leukämieerkrankung zurückzuführen sei, hatte keinen Erfolg. Nach ständiger Rechtsprechung sei die Aufnahme eines Partners in eine Einzelpraxis nicht tarifbegünstigt. Zwar habe der Kläger formal im November 1998 einen Anteil an seinem Mitunternehmeranteil veräußert, was seinerzeit noch tarifbegünstigt möglich gewesen sei. Da diese Veräußerung aber bereits neun Monate nach der Einbringung der Einzelpraxis in die GbR stattgefunden habe, liege ein Gestaltungsmissbrauch vor (, BFHE 207, 274, BStBl II 2004, 1068 ). Zwar seien weder der Kläger noch R —anders als im genannten Urteil— durch Optionsrechte gebunden gewesen. Entscheidend sei aber, dass der Zeitraum zwischen den beiden Verträgen nur neun Monate betragen habe. Die Leukämieerkrankung des Klägers ändere daran nichts, denn die schwere Erkrankung des Klägers sei bereits 1996 bekannt geworden. Jederzeit habe mit einer Verschlimmerung der Krankheit gerechnet werden müssen. Dass von Anfang an der Plan bestanden habe, R in Höhe von 50 v.H. an der Einzelpraxis zu beteiligen, ergebe sich daraus, dass dieser von Anbeginn nach Abzug der vergleichsweise geringfügigen Vorabvergütung des Klägers zu 50 v.H. am Gewinn der GbR beteiligt worden sei. Zudem sei im Vertrag vom November 1998 vereinbart worden, dass Vertragsbeginn der und R „bei Gründung” bereits mit 50 v.H. am Vermögen der Gesellschaft beteiligt sei.
Die Nichtzulassungsbeschwerde stützt sich auf grundsätzliche Bedeutung und Divergenz: Zu klären sei, ob im Rahmen des sog. Zwei-Stufen-Modells nur eine Probezeit von mehr als einem Jahr als außersteuerlicher Grund i.S. des § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) anzuerkennen sei. So habe z.B. der Kläger auf Grund seiner plötzlichen schweren Erkrankung und des dadurch bedingten erhöhten Arbeitseinsatzes des R dessen Eignung als Partner schnell erkannt. Zwar betreffe die Rechtsfrage ausgelaufenes Recht. Zum Zwei-Stufen-Modell ergingen jedoch noch ständig finanzgerichtliche Urteile. Zu klären sei ferner, ob beim Zwei-Stufen-Modell neben der Probezeit noch weitere außersteuerliche Gründe für eine relativ kurzfristige zweite Übertragung anzuerkennen seien. Es sei zu klären, ob über das Urteil in BFHE 207, 274, BStBl II 2004, 1068 hinaus nicht nur die Probezeit, sondern auch andere Gründe als Rechtfertigung anzuerkennen seien, wie hier z.B. eine plötzliche schwere Erkrankung. Soweit das Finanzgericht (FG) die hälftige Beteiligung des R am Gewinn als schädlich beurteile, weiche es zudem von diesem Urteil ab. Danach sei eine von den Beteiligungsquoten abweichende Gewinnbeteiligung unschädlich, wenn eine an der Beteiligungsquote orientierte Gewinnbeteiligung die Arbeitsleistung des neuen Partners offensichtlich nur unzureichend vergüte. R, der seine volle Arbeitskraft eingebracht habe, nur mit 10 v.H. des Gewinns für seine Arbeitsleistung zu entgelten, sei unangemessen.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist als unbegründet zurückzuweisen. Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Auch liegt keine die Revisionszulassung rechtfertigende Divergenz zur bezeichneten Rechtsprechung des BFH vor.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine klärungsbedürftige und auch im Streitfall klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 28, 30, m.w.N.). Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, ob im Rahmen des sog. Zwei-Stufen-Modells (vgl. z.B. Schmidt/ Wacker, EStG, 25. Aufl., § 16 Rz 565) zur Vermeidung eines Gestaltungsmissbrauchs (§ 42 AO 1977) zwischen Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Personengesellschaft und der späteren Veräußerung eines Anteils eines Mitunternehmeranteils zwingend ein Jahr liegen muss, ist nicht klärungsbedürftig. Der BFH hat mit Urteil in BFHE 207, 274, BStBl II 2004, 1068 entschieden, dass die zweistufige Gründung einer Sozietät sich „regelmäßig” dann nicht als Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten darstellt, wenn zwischen dem Vertrag über die Aufnahme des Sozius in die Einzelpraxis und dem über die Erhöhung des Anteils ein Zeitraum von mindestens einem Jahr liegt und wenn sich nicht mindestens einer der Vertragsschließenden bei Gründung der Sozietät unwiderruflich verpflichtet hat, einen weiteren Anteil zu erwerben bzw. zu veräußern. Wie dem Wort „regelmäßig” zu entnehmen ist, ist im Allgemeinen ein zeitlicher Abstand zwischen den beiden streitigen Verträgen von mindestens einem Jahr zur Vermeidung eines Gestaltungsmissbrauchs vorauszusetzen. Zugleich lässt die Formulierung erkennen, dass in besonders gelagerten Einzelfällen Ausnahmen denkbar sind.
2. Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob im Rahmen des Zwei-Stufen-Modells ein relativ kurzer zeitlicher Abstand zwischen Einbringung und Teilanteilsveräußerung durch eine plötzliche Erkrankung des Übertragenden gerechtfertigt sein kann, kann im Streitfall nicht geklärt werden. Das FG hat in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass die schwere Erkrankung des Klägers bereits zwei Jahre vor Einbringung seiner Einzelpraxis bekannt geworden sei. An diese Feststellung ist der Senat mangels Verfahrensrügen gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO), so dass über die Unschädlichkeit einer plötzlich aufgetretenen Erkrankung im Revisionsverfahren nicht entschieden werden kann. Im Übrigen bestehen keine Zweifel, dass bei einer schon länger bekannten Erkrankung die Beteiligung eines Partners im Zwei-Stufen-Modell gestaltungsmissbräuchlich sein kann. Unabhängig hiervon, besteht im Streitfall die Besonderheit, dass der Kläger und sein Partner die Rechtswirkungen des Mitunternehmeranteilserwerbs ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Einbringung der Einzelpraxis in die GbR zurückbezogen haben. Von einer stufenweisen Übertragung kann aber nur ausgegangen werden, wenn die Rechtswirkungen der Verträge zu unterschiedlichen Zeitpunkten eintreten.
3. Das FG ist auch nicht insoweit von dem BFH-Urteil in BFHE 207, 274, BStBl II 2004, 1068 abgewichen, als es dem Umstand entscheidende Bedeutung beigemessen hat, dass für R —nach Abzug einer Vorabvergütung für den Kläger— bereits ab dem eine Gewinnbeteiligung in Höhe von 50 v.H. vorgesehen war, obgleich dieser zu diesem Zeitpunkt ursprünglich nur einen Anteil von 10 v.H. hatte. Eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO erforderlich, wenn das FG bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungerheblichen Rechtsfrage eine andere Rechtsauffassung vertritt als der BFH (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 53, m.w.N.). Der Sachverhalt, über den der BFH in BFHE 207, 274, BStBl II 2004, 1068 entschieden hat, unterscheidet sich von dem des Streitfalles dadurch, dass dort im ersten Jahr für den Anteilserwerber —neben einer der Beteiligung entsprechenden Gewinnquote von 5 v.H.— eine absolute, also nicht gewinnabhängige Vorabtätigkeitsvergütung vereinbart wurde. Die Entscheidung des BFH schließt es nicht aus, bei der Frage, ob im Einzelfall von Anfang an ein Gesamtplan (vgl. hierzu Anmerkung MK in Deutsches Steuerrecht 2004, 1956, 2053; , BFHE 212, 360, BStBl II 2006, 359) bestanden hat, die Tatsache zu berücksichtigen, dass für den Anteilserwerber von Anfang an eine Gewinnbeteiligung in Höhe der späteren Beteiligungsquote vereinbart wurde. Im Streitfall kommt zudem hinzu, dass auch die Wirkungen des zweiten Vertrages auf den Tag der Gründung der GbR () zurückbezogen wurden.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 391 Nr. 3
MAAAC-35628