BFH Beschluss v. - XI B 137/05

Beteiligung einer aus berufsfremden Personen bestehenden Erbengemeinschaft an einer Steuerberater-Sozietät

Gesetze: EStG § 15 Abs. 3; EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet.

1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat die Rechtsfrage aufgeworfen, ob die Gewinnanteile eines an einer GbR beteiligten Freiberuflers i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als freiberufliche Einkünfte qualifiziert werden können, wenn an der GbR außerdem eine nicht auf Dauer angelegte Erbengemeinschaft beteiligt ist, die nur aus Personen besteht, welche selbst keinen freien Beruf ausüben. Diese Frage ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—), da sie sich ohne weiteres aus dem Gesetz und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) beantworten lässt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH erzielt eine Personengesellschaft nur dann Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, wenn alle ihre Gesellschafter die Merkmale eines freien Berufs erfüllen. Denn die tatbestandlichen Voraussetzungen der Freiberuflichkeit können nicht von der Gesellschaft, sondern nur von natürlichen Personen erfüllt werden. Übt ein Gesellschafter keinen freien Beruf aus, so gilt nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG die gesamte mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit der Personengesellschaft als Gewerbebetrieb (, BFH/NV 1997, 751; vom IV R 17/90, BFHE 166, 443, BStBl II 1993, 324; vom IV R 120/87, BFH/NV 1991, 319; vom IV R 235/84, BFHE 148, 42, BStBl II 1987, 124; vom VIII R 254/80, BFHE 144, 62, BStBl II 1985, 584). Eine unterschiedliche Qualifizierung der Einkünfte der einzelnen Gesellschafter kommt demgemäß nicht in Betracht. Dies gilt unabhängig von der Dauer der Beteiligung des Gesellschafters, der keinen freien Beruf ausübt. Auch macht es keinen Unterschied, ob es sich bei dem Gesellschafter um eine berufsfremde natürliche Person handelt oder um eine nicht auf Dauer angelegte Erbengemeinschaft, der Berufsfremde angehören und die deshalb eine freiberufliche Tätigkeit des Erblassers nicht fortführen kann (vgl. Beschluss des Großen Senats des , BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837; , BFHE 174, 503, BStBl II 1994, 922).

2. Soweit der Kläger sich dagegen wendet, dass die Vorinstanz die tatsächliche Fortführung der GbR durch den Kläger und die Erbengemeinschaft L bis zum festgestellt hat, rügt er mit seinem Vortrag eine seiner Auffassung nach fehlerhafte Sachverhaltswürdigung und tatrichterliche Überzeugungsbildung des Finanzgerichts (FG). Er macht damit einen (angeblichen) materiell-rechtlichen Mangel der Vorentscheidung (vgl. dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 76 und 82) gelten, der die Zulassung der Revision nicht rechtfertigt.

3. a) Der Vortrag des Klägers, die Revision sei im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des (Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2004, 1065) an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, genügt nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO (vgl. dazu , BFH/NV 2006, 540).

b) Soweit der Kläger mit seinem Hinweis auf diesen Vorlagebeschluss geltend machen will, das FG hätte das Klageverfahren bis zu einer Entscheidung des BVerfG nach § 74 FGO aussetzen müssen, hat er einen Verfahrensfehler des FG nicht schlüssig gerügt.

Bei einem als Verfahrensmangel gerügten Verstoß gegen § 74 FGO (vgl. dazu , BFHE 164, 194, BStBl II 1991, 641) ist zu berücksichtigen, dass nach dieser Vorschrift die Aussetzung des Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit im Ermessen des FG steht. Daher muss der Beschwerdeführer mit seiner Verfahrensrüge dartun, aufgrund welcher konkreten Umstände seines Falls das dem FG hierfür eingeräumte Ermessen ausnahmsweise auf Null reduziert gewesen sein soll, die Aussetzung des Verfahrens also aufgrund der besonderen Umstände des Falls die einzig richtige Entscheidung gewesen wäre (z.B. BFH-Beschlüsse vom VII B 381/02, BFH/NV 2003, 931; vom XI B 79/00, BFH/NV 2003, 1585, m.w.N.; vom V B 211/01, BFH/NV 2004, 57). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung des Klägers nicht einmal ansatzweise. Insbesondere fehlt eine Auseinandersetzung mit dem jüngsten Beschluss des BVerfG zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG vom 2 BvR 246/98 (BFH/NV 2005, Beilage 3, 259), demzufolge § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt und daher verfassungsgemäß ist.

4. Mit seiner Rüge, die Feststellung im Tatbestand des FG-Urteils, dass die Gewinnschätzungen der Jahre 1994 und 1995 auf seinen, des Klägers, handschriftlichen Aufstellungen beruhten, sei falsch, kann der Kläger ebenfalls nicht durchdringen. Sind die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung im Urteil falsch dargestellt, so ist dieser Mangel mit dem —gemäß § 108 FGO innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Urteils zu stellenden— Antrag auf Tatbestandsberichtigung geltend zu machen (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2004, 57; vom IX B 64/03, BFH/NV 2004, 10).

5. Mit seiner außerdem erhobenen Rüge, die Würdigung des am unterschriebenen Protokolls durch das FG in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils sei angesichts seines, des Klägers, diesbezüglichen Vortrags im Klageverfahren unzutreffend, wendet sich der Kläger lediglich gegen die Würdigung von tatsächlichen Umständen durch das FG. Er hat damit keinen Verfahrensfehler geltend gemacht, weil eine fehlerhafte Sachverhalts- oder Beweiswürdigung revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen ist (vgl. z.B. , BFH/NV 2004, 1416). Die Rüge einer fehlerhaften Rechtsanwendung rechtfertigt die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 452 Nr. 3
IAAAC-35625