Wiederaufnahme der freiberuflichen Tätigkeit nach einem Jahr für Begünstigung des Veräußerungsgewinns schädlich
Gesetze: EStG § 18 Abs. 3; EStG § 16; EStG § 34
Instanzenzug:
Gründe
1. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) begehren die begünstigte Besteuerung eines Veräußerungsgewinns nach § 18 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 2 bis 4 und § 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Nach einer Außenprüfung versagte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) die zunächst gewährte Begünstigung, weil der Kläger bereits ein Jahr nach dem Verkauf seiner Steuerberatungskanzlei seine Tätigkeit als Steuerberater zunächst in angemieteten Räumen in der Nähe zu seiner bisherigen Praxis, und im Jahresverlauf in derselben wieder aufgenommen habe, und dabei —im Vergleich zu den Erlösen in den letzten drei Jahren vor der Veräußerung— nicht nur geringfügige Einnahmen aus der Betreuung früherer Mandanten erzielt habe. Die Klage hatte keinen Erfolg.
2. Die Beschwerde ist unbegründet.
Gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision müssen dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
a) Der gerügte Verfahrensmangel mangelnder Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) ist bereits nicht schlüssig dargelegt.
Nach dem Vorbringen der Kläger soll dem Kläger unter Aushändigung eines Abdrucks des (BFHE 175, 249, BStBl II 1994, 925) von einem Auskunftsbeamten des FA verbindlich zugesagt worden sein, ein Neubeginn der steuerberatenden Tätigkeit nach Ablauf eines Jahres würde keine steuerlichen Nachteile zur Folge haben. Sie rügen, das Finanzgericht (FG) hätte hierzu den Beamten von sich aus hören müssen und das Vorliegen einer Zusage nicht allein mit der Begründung verneinen dürfen, die Aushändigung der Kopie stelle keine Zusage dar.
Gründet sich der behauptete Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht darauf, dass das FG auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter hätte aufklären müssen, so sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH Ausführungen dazu erforderlich, welche Beweise das FG von Amts wegen hätte erheben müssen, aus welchen Gründen sich ihm die Notwendigkeit einer Beweisaufnahme auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen und inwiefern diese Beweiserhebung auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung des Rechtsstreits hätte führen können (vgl. z.B. , BFH/NV 2005, 1860; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 120 Rz 70). Der Beschwerdeführer muss insoweit auch vortragen, dass die Nichterhebung der Beweismittel bei nächster sich bietender Gelegenheit gerügt worden ist oder nicht gerügt werden konnte (, BFH/NV 2005, 43).
Voraussetzung für eine verbindliche Zusage wäre, dass dem Kläger seinerzeit von dem dafür im Veranlagungsverfahren zuständigen Beamten oder vom Vorsteher des FA eine verbindliche Zusage in Kenntnis des in allen wesentlichen Punkten richtig und vollständig dargestellten und noch zu verwirklichenden Sachverhalts erteilt worden war (vgl. , BFHE 159, 114, BStBl II 1990, 274, unter 2.c, m.w.N.; , BFH/NV 1991, 541, unter 2.). Die Kläger hätten daher darlegen müssen, dass der Beamte für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft an die Kläger zuständig und ihm der zutreffende Sachverhalt in der gebotenen Weise dargestellt worden war, dass sie dies bereits dem FG so vorgetragen haben und das FG den gesamten Vorgang bei einer Einvernahme auch hätte feststellen können. Ein entsprechender Sachvortrag hierzu fehlt jedoch. Zudem haben die Kläger nicht vorgetragen, aus welchen Gründen sie die fehlende Beweiserhebung nicht bereits in der mündlichen Verhandlung gerügt haben.
b) Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Soll die Beschwerde mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache begründet werden, so muss in der Beschwerdebegründung eine bestimmte —abstrakte— klärungsbedürftige und in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärbare Rechtsfrage herausgestellt und deren Bedeutung für die Allgemeinheit unter Berücksichtigung von Rechtsprechung und Literatur substantiiert dargetan werden (Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 26, 32, m.w.N.). Hat der BFH über die Rechtsfrage bereits entschieden, so ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute Entscheidung des BFH für erforderlich gehalten wird.
aa) Die Rechtsfrage, ob ein begünstigter Veräußerungsgewinn nur dann vorliegt, wenn eine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis in jedem Fall und ausnahmslos wenigstens für eine gewisse Zeit eingestellt wird, ist im Grundsatz bereits höchstrichterlich beantwortet (, BFHE 166, 527, BStBl II 1992, 457). Der BFH hat auch wiederholt entschieden, dass die von den Klägern aufgeworfene Frage, was in dem hier streitigen Zusammenhang unter einer „gewissen Zeit” zu verstehen ist, nicht klärungsbedürftig sei (BFH-Beschlüsse vom XI B 25/00, BFH/NV 2001, 588, und vom IV B 69/04, BFH/NV 2006, 298). Er hat dies damit begründet, dass die Erheblichkeit der zeitlichen Dauer der Einstellung von den Umständen des Einzelfalls abhängig ist und als solche Umstände etwa die räumliche Entfernung der wieder aufgenommenen Berufstätigkeit zur veräußerten Praxis, die Vergleichbarkeit der Betätigung oder die Art und Struktur der Mandate in Betracht kommen, und weiter ausgeführt, eine Zeitspanne von drei Jahren, die in etwa der Nutzungsdauer eines erworbenen Praxiswerts entspreche, könne als ausreichende Wartezeit dafür angesehen werden, dass nicht mehr von einer Praxisverlegung, sondern von einer Neueröffnung auszugehen sei (, BFH/NV 1999, 1594). Auf die Dauer eines etwaigen vereinbarten Konkurrenzverbotes kommt es demnach nicht an.
bb) Soweit die Kläger die Frage aufwerfen, wie der Umfang einer unschädlichen fortgesetzten Tätigkeit zu ermitteln sei, ist die Beschwerde unzulässig. Sie genügt nicht den o.g. Anforderungen an die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung. Insbesondere haben sich die Kläger nicht mit der zu einer Geringfügigkeitsgrenze von 10 v.H. bereits ergangenen Rechtsprechung des BFH auseinandergesetzt (z.B. , BFH/NV 2000, 1341; in BFHE 166, 527, BStBl II 1992, 457; in BFHE 175, 249, BStBl II 1994, 925). Soweit sie die vom FG festgestellten Umsatzzahlen im Hinblick auf die Grenze von 10 v.H. für korrekturbedürftig ansehen, weil der Umsatz des Jahres 1995 von 187 391 DM zum Teil auf ganz neuen Mandaten sowie auf Altforderungen aus 1993 beruht habe, handelt es sich um nicht vom FG festgestelltes Vorbringen, das vom BFH gemäß § 118 Abs. 2 FGO in einem Revisionsverfahren mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen nicht zu berücksichtigen wäre.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 431 Nr. 3
FR 2007 S. 357 Nr. 7
KÖSDI 2007 S. 15419 Nr. 2
KÖSDI 2007 S. 15421 Nr. 2
KÖSDI 2007 S. 15422 Nr. 2
KÖSDI 2007 S. 15422 Nr. 2
KÖSDI 2007 S. 15422 Nr. 2
IAAAC-35129