BGH Urteil v. - IV ZR 130/05

Leitsatz

[1] Der Beweis für das äußere Bild einer Entwendung eines Tresors erbringt nicht zugleich das äußere Bild einer Entwendung der sich darin (nach Behauptung des Versicherungsnehmers) befindlichen Gegenständen, denn die Entwendung des Tresors lässt nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss darauf zu, das sich im Tresor Gegenstände befunden haben.

Dem Versicherungsnehmer obliegt es auch in einem solchen Fall darzulegen und zu beweisen, dass vor dem Diebstahl die später als gestohlen gemeldeten Gegenstände im Tresor vorhanden waren und danach nicht mehr aufgefunden wurden. Für die Anwendung des § 287 ZPO ist insoweit kein Raum.

Hat das Berufungsgericht konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der in erster Instanz auf Grund der Vernehmung eines Zeugen getroffenen Feststellungen und ordnet es deshalb die erneute Vernehmung dieses Zeugen an, ist ihm der Rückgriff auf die erstinstanzlich protokollierte Aussage des Zeugen als Grundlage für eine abweichende Würdigung der Glaubwürdigkeit des Zeugen verschlossen, wenn dieser nunmehr berechtigt das Zeugnis verweigert.

Gesetze: VVG § 49; VVG § 61; ZPO § 286 G; ZPO § 287

Instanzenzug: LG Bochum 4 O 1/04 vom OLG Hamm 20 U 239/04 vom

Tatbestand

Die Beklagte wird vom Kläger auf Zahlung von 74.854,15 € wegen eines von ihm behaupteten Einbruchdiebstahls in Anspruch genommen.

Der Kläger, der in seiner Wohnung unter anderem den gewerblichen An- und Verkauf von Schmuck betrieb, nahm dafür im Juni 2002 bei der Beklagten eine Geschäfts- und Transportversicherung sowie eine Betriebseinrichtungsversicherung, jeweils unter Einschluss des Einbruchdiebstahl-Risikos. Am erstattete der Kläger bei der Polizei Strafanzeige gegen Unbekannt wegen eines Einbruchdiebstahls in seiner Wohnung und meldete den Schadensfall der Beklagten. Die Tat habe sich, so der Kläger, während seiner Urlaubsabwesenheit im Zeitraum zwischen dem 18. und ereignet; ihm sei ein Tresor (Wert: 7.355,63 €) entwendet worden, in dem sich in seinem Eigentum stehender Schmuck im Gesamtwert von 49.385,83 € sowie Bargeld in Höhe von 13.480 € befunden hätten. Unstreitig waren an der Tür zur Wohnung des Klägers am typische Aufbruchspuren vorhanden; der Fußbodenbelag wies Schäden auf, die durch das Abtransportieren des Tresors entstanden sein konnten. Die Sachschäden an Tür und Boden belaufen sich auf 4.632,59 €. Die Beklagte ist der Ansicht, sie sei leistungsfrei, da der Kläger den Einbruchdiebstahl vorgetäuscht habe. Der schwere Tresor hätte aus der Wohnung des Klägers nicht abtransportiert werden können, ohne die Aufmerksamkeit der Mitbewohner zu erregen. Zum Ankauf von Schmuck im Werte der Klageforderung sei der Kläger wirtschaftlich auch nicht in der Lage gewesen; sein Vortrag, die Mittel stammten aus zwei Darlehen, die ihm seine Eltern gewährt hätten, sei unzutreffend.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers ist die Beklagte unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur Zahlung von 61.374,05 € nebst Zinsen verurteilt worden; wegen der weiteren 13.480 € (Bargeld) ist die Berufung zurückgewiesen worden. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf volle Abweisung der Klage weiter.

Gründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hält das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls für gegeben. Die Wohnungstür habe typische Einbruchspuren aufgewiesen; ein Diebstahl in der vom Kläger behaupteten Begehungsweise sei möglich gewesen. Es stehe zudem fest, dass sich der Tresor am in der Wohnung befunden habe und dort am Morgen des nicht mehr vorhanden gewesen sei. Die Spuren am Bodenbelag ergäben mit hinreichender Gewissheit, dass der Tresor aus der Wohnung geschafft worden sei. Diese Umstände genügten zur Feststellung des äußeren Bildes eines Einbruchdiebstahls.

Dagegen betreffe die Frage, ob Schmuck und Bargeld im Tresor vorhanden waren, nicht die Voraussetzungen des äußeren Bildes, sondern allein die Schadenshöhe (§ 287 ZPO). Dabei könne dahingestellt bleiben, ob es für das äußere Bild eines Diebstahls allgemein ausreiche, wenn (nur) einer der als gestohlen behaupteten Gegenstände vor dem behaupteten Diebstahl vorhanden gewesen sei und danach nicht mehr aufgefunden werde, denn hier sei das äußere Bild allein durch das Wegschaffen des Tresors geprägt.

Unstreitige oder von der Beklagten bewiesene Tatsachen, die mit erheblicher Wahrscheinlichkeit auf eine Vortäuschung des Einbruchdiebstahls schließen ließen, lägen nicht vor.

Bei der Würdigung des Sachverhalts bestehe insoweit keine Bindung an die gegenteilige Feststellung des Landgerichts, denn es bestünden konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellung.

Die danach neu vorzunehmende Würdigung erstrecke sich auch auf die Behauptung des Klägers, von seinen Eltern Darlehen erhalten zu haben. Da die Mutter des Klägers in zweiter Instanz das Zeugnis verweigert habe, sei der Senat hierbei, soweit es um ihre Angaben gehe, auf den Inhalt des landgerichtlichen Protokolls über ihre Zeugenvernehmung angewiesen. Dieses Protokoll bleibe verwertbar. Allein auf Grundlage der protokollierten Angaben der Mutter sowie der übrigen Umstände könne sich der Senat nicht die Überzeugung verschaffen, dass es die vom Kläger behaupteten Darlehen tatsächlich nicht gegeben habe. Zwar gebe es Widersprüche zwischen dem Klägervortrag und der erstinstanzlich protokollierten Zeugenaussage der Mutter; diese könnten aber als Indiz für die positiv festzustellende Unrichtigkeit des Klägervortrags nicht entscheidend ins Gewicht fallen, da sie lediglich Details beträfen.

Auch die Würdigung aller übrigen tatsächlich feststehenden Umstände würde insgesamt nicht zu der Feststellung führen, dass der Diebstahl mit erheblicher Wahrscheinlichkeit nur vorgetäuscht worden sei.

Dem Kläger stehe danach wegen der Schäden in der Wohnung ein Anspruch in Höhe von 4.632,59 €, wegen des Wertes des Tresors in Höhe von 7.355,63 € und wegen des in ihm befindlichen Schmucks in Höhe von 49.385,83 € zu. Auch hinsichtlich der Schmucks stehe mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) fest, dass dieser gestohlen worden sei.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Das Berufungsgericht hat, was den Nachweis anlangt, dem Kläger sei im Tresor befindlicher Schmuck entwendet worden, rechtsfehlerhaft das Beweismaß des § 287 ZPO zu Grunde gelegt.

a) Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass dem Versicherungsnehmer bei einem behaupteten Diebstahl Beweiserleichterungen zugute kommen. Er genügt seiner Beweislast, wenn er das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung beweist, also ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Entwendung zulassen ( IVa ZR 57/86 - VersR 1987, 146; vom - IVa ZR 341/88 - VersR 1990, 45, jeweils m.w.N.). Zu dem Minimum an Tatsachen, die bei einem Einbruchdiebstahl - um den es nach Behauptung des Klägers geht - das äußere Bild ausmachen, gehört, dass die als gestohlen bezeichneten Sachen vor dem behaupteten Diebstahl am angegebenen Ort vorhanden und danach nicht mehr aufzufinden waren; zudem gehört dazu, dass Einbruchspuren vorhanden sind, wenn nicht ein Nachschlüsseldiebstahl in Betracht kommt.

Für diese Tatsachen, die erst zusammen das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls ausmachen, muss der Versicherungsnehmer den Vollbeweis führen.

Davon geht auch das Berufungsgericht im Grundsatz zutreffend aus, soweit seine Erwägungen den behaupteten Diebstahl des Tresors selbst - nicht von dessen Inhalt - betreffen. Denn es stellt insoweit auf der Grundlage seiner Tatsachenwürdigung fest, dass Einbruchspuren vorhanden waren, ein Diebstahl in der vom Kläger behaupteten Art möglich, der Tresor vor dem Diebstahl vorhanden war und danach nicht mehr aufgefunden werden konnte. Damit hat es mit Blick auf den Tresor das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls festgestellt, nämlich ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung den Schluss auf die versicherte Entwendung zulassen.

b) Wenn das Berufungsgericht vor diesem Hintergrund aber gemeint hat, was den als gestohlen behaupteten Inhalt des Tresors anlange, gehe es allein noch um die Schadenshöhe, die in Anwendung des Beweismaßes des § 287 ZPO festzustellen sei, ist ihm nicht zu folgen. Der Senat hat mit Urteil vom (IV ZR 116/94 - VersR 1995, 956 unter 3 a) in einem Fall, in dem bei einem Einbruch in Räume eines Pelzgroßhandels Felle und Pelze in einem Gesamtwert von 652.199 DM entwendet worden sein sollten, ausgesprochen, es gehöre auch zum äußeren Bild, für das der Versicherungsnehmer den Vollbeweis führen müsse, dass die Felle und Pelze vor dem behaupteten Diebstahl im Wesentlichen in der angegebenen Menge vorhanden waren. Der Senat hat damit zunächst den Grundsatz bestätigt, dass das Vorhandensein der als gestohlen gemeldeten Sachen und deren Nichtwiederauffinden vom Versicherungsnehmer voll zu beweisen ist, denn gerade darin findet sich - unabhängig von den Einbruchsmerkmalen - das äußere Bild der Entwendung selbst. Soweit der Senat zudem angemerkt hat, es sei vom Versicherungsnehmer (voll) zu beweisen, dass die Felle und Pelze "im wesentlichen in der angegebenen Menge" vorhanden waren, stellt das den vorgenannten Grundsatz nicht infrage, sondern trägt vielmehr dem Umstand Rechnung, dass in jenem Falle fast der gesamte Lagerbestand, mithin eine Vielzahl von Einzelstücken, entwendet worden war. Vor diesem Hintergrund ist es gerechtfertigt, dem Versicherungsnehmer zwar nicht den Vollbeweis für das Vorhandensein und Nichtwiederauffinden jedes Einzelstücks abzuverlangen, aber doch den Nachweis zu fordern, dass jedenfalls Sachen vorhanden waren, die der angegebenen Menge in etwa ("im wesentlichen") entsprechen (vgl. OLG Saarbrücken VersR 1999, 750, 751; OLG Düsseldorf RuS 1999, 514, 515; NVersZ 2000, 182, 183; OLG Hamm VersR 1998, 316, 317; NVersZ 2000, 186; Kollhosser in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 49 Rdn. 53; Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 49 Rdn. 21; a.A.: Lücke, VersR 1996, 785, 793; BK/Schauer, VVG Vorbem. §§ 49-68 a Rdn. 91). Erbringt er - beim Vorhandensein von Einbruchspuren - diesen Nachweis, steht das äußere Bild einer versicherten Entwendung der (insgesamt) als gestohlen gemeldeten Sachen fest; danach ist mit Blick auf die Schadenshöhe Raum für die Anwendung des Beweismaßes des § 287 ZPO.

Daran hält der Senat fest. Es besteht kein Anlass, dem Versicherungsnehmer hier weitere Beweiserleichterungen zuzubilligen. Denn hinsichtlich des Vorhandenseins der als gestohlen gemeldeten Sachen befindet er sich nicht in einer typischen Beweisnot, die eine solche Beweiserleichterung rechtfertigen könnte. Jedenfalls kommt es vor diesem Hintergrund - wie vom Berufungsgericht erwogen, aber letztlich offen gelassen - nicht in Betracht, den Beweis für das äußere Bild der Entwendung einer Vielzahl von Gegenständen schon dann als geführt anzusehen, wenn der Versicherungsnehmer allein zu beweisen vermag, dass einer dieser Gegenstände vor dem (behaupteten) Diebstahl vorhanden war und danach nicht wieder aufgefunden wurde (Rüther, Versicherungsrechts-Handbuch § 23 Rdn. 211 a). Das gilt auch dann, wenn - wie das Berufungsgericht meint - das Wegschaffen eines Gegenstandes, hier des Tresors, das äußere Bild des Diebstahls "prägt".

c) Zwar ist der vorliegende Fall durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass es um den Nachweis der Entwendung von Gegenständen geht, die der (nach Behauptung des Klägers) gestohlene Tresor zum Inhalt hatte. Das rechtfertigt indessen keine Abkehr von den zuvor näher dargelegten Grundsätzen. Den Versicherungsnehmer trifft auch hier die (volle) Beweislast dafür, dass und welche Gegenstände sich vor dessen Diebstahl im Tresor befanden; handelt es sich um eine Vielzahl von Einzelgegenständen (Schmuckstücken), kann es ausreichen, wenn er beweist, dass diese im Wesentlichen vorhanden waren.

Steht lediglich das äußere Bild einer Entwendung des Tresors fest, besagt das noch nichts darüber, dass über den Tresor selbst hinaus überhaupt etwas entwendet worden ist. Die Entwendung des Tresors allein lässt also nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss darauf zu, dass sich im Tresor überhaupt Gegenstände befunden haben und (mit-)gestohlen worden sind; das äußere Bild der Entwendung des Tresors erbringt nicht zugleich das äußere Bild der Entwendung seines (nach Behauptung des Klägers) darin befindlichen Schmucks. Dem Versicherungsnehmer obliegt es vielmehr auch in einem solchen Fall darzulegen und zu beweisen, dass sich vor dem Diebstahl die später als gestohlen gemeldeten Gegenstände im Tresor befunden haben; erst dann lässt das äußere Bild der Entwendung des Tresors mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auch den Schluss auf deren Entwendung zu. Für Beweiserleichterungen ist auch insoweit schon mangels typischer Beweisnot des Versicherungsnehmers kein Raum.

Das Berufungsgericht wird daher nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen festzustellen haben, ob der Kläger auch mit Blick auf den Schmuck den (Voll-)Beweis dafür erbracht hat, dass dieser vor der behaupteten Entwendung im Tresor vorhanden und danach nicht wieder aufzufinden war.

2. Soweit das Berufungsgericht bei der unter Berücksichtigung der in erster Instanz protokollierten Angaben der Mutter des Klägers vorgenommenen Würdigung angenommen hat, dass die Beklagte keine Tatsachen bewiesen hat, die mit erheblicher Wahrscheinlichkeit auf eine Vortäuschung des Einbruchdiebstahls schließen lassen, leidet seine Tatsachenfeststellung an einem Verfahrensmangel und kann deshalb keinen Bestand haben.

a) Bestehen aus Sicht des Berufungsgerichts Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen, sind die Eingangsvoraussetzungen des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gegeben. Es sind erneute Feststellungen geboten, wobei die eigenständige Würdigung der in erster Instanz erhobenen Beweise durch das Berufungsgericht bereits eine solche erneute Tatsachenfeststellung darstellt. Die Frage, ob und inwieweit das Berufungsgericht im Zuge dieser erneuten Tatsachenfeststellung zu einer Wiederholung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme verpflichtet ist, beantwortet sich nach den von der Rechtsprechung schon zum bisherigen Recht entwickelten Grundsätzen (BGHZ 158, 269, 272 f., 274 f.). Danach ist es erforderlich, Zeugen erneut zu vernehmen, wenn das Berufungsgericht eine protokollierte Aussage anders als die Vorinstanz verstehen oder werten will ( - NJW-RR 2002, 1500 unter II 1; vom Dezember 2002 - XI ZR 290/01 - BGH-Report 2003, 453 unter II 1 a und b; vom - XI ZR 37/95 - WM 1996, 196 unter III 3). Die nochmalige Vernehmung eines Zeugen kann nur dann unterbleiben, wenn sich das Rechtsmittelgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen ( - NJW 1991, 3285 unter II 2 b aa). Hat also das erstinstanzliche Gericht über streitige Äußerungen und die Umstände, unter denen sie gemacht worden sind, Zeugen vernommen und ist es aufgrund einer Würdigung der Aussagen zu einem bestimmten Ergebnis gekommen, so kann das Berufungsgericht diese Auslegung nicht verwerfen und zum gegenteiligen Ergebnis kommen, ohne zuvor die Zeugen gemäß § 398 Abs. 1 ZPO selbst vernommen zu haben (Senatsbeschluss vom - IV ZR 253/05 - VersR 2002, 649 unter 1).

b) Dem hat das Berufungsgericht nicht ausreichend Rechnung getragen.

Das Landgericht hat nach durchgeführter Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen, der Kläger habe von seinen Eltern keine Darlehen zur Finanzierung der Schmuckkäufe erhalten. Die gegenteiligen Angaben der Mutter des Klägers, die von der Beklagten als Zeugin benannt worden war, hat es für "nicht lebensnah", "wenig plausibel" und "nicht nachvollziehbar" gehalten. Dies gelte nicht nur für deren Aussage, die ihrem Sohn gewährten Darlehen stammten aus einem seit 1975 aus Misstrauen gegenüber Banken in ihrer Wohnung aufbewahrten Bargeldbetrag in Höhe von etwa 115.000,00 DM, sondern auch für die Schilderung der näheren Umstände der Übergabe einer so beträchtlichen Geldsumme an den Kläger. Ferner bestünden Widersprüche zwischen dem Vortrag des Klägers und den Bekundungen seiner Mutter. Der Senat entnimmt dieser Würdigung des Landgerichts in einer Gesamtbetrachtung, dass es der Aussage der Zeugin keinen Glauben schenken konnte, sie für unglaubwürdig erachtet hat. Danach hätte das Berufungsgericht nach den oben näher dargelegten Grundsätzen diese Würdigung des Landgerichts nicht verwerfen dürfen und zum gegenteiligen Ergebnis kommen können, ohne zuvor die Mutter des Klägers erneut als Zeugin selbst vernommen zu haben. Dass dies das Berufungsgericht letztlich ebenso gesehen hat, belegt dessen Ladung der Zeugin zu dem Beweisthema "Einzelheiten der Darlehensverträge mit dem Kläger". Wenn die Zeugin daraufhin bei der Vernehmung von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat, eröffnet allein dieser Umstand dem Berufungsgericht bei der Würdigung ihrer erstinstanzlich protokollierten Aussage keinen anderweitigen Beurteilungsspielraum; ihm war auch danach eine vom erstinstanzlichen Urteil abweichende Würdigung der Glaubwürdigkeit der Zeugin verschlossen. Ob in Fällen berechtigter Zeugnisverweigerung, hier gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, in entsprechender Anwendung von § 252 StPO schlechthin ein Verwertungsverbot anzunehmen ist (mit dem Berufungsgericht verneinend OLG Braunschweig NdsRPfl 1960, 162; OLG Köln VersR 1993, 335, 336; a.A. OLG Frankfurt am Main MDR 1987, vgl. auch Zöller/Greger, ZPO 25. Aufl. § 383 Rdn. 6; Chr. Berger in Stein/Jonas/Leipold, ZPO [Stand 1999] § 383 Rdn. 20), kann daher auf sich beruhen.

Fundstelle(n):
NJW 2007 S. 372 Nr. 6
TAAAC-33793

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein