BGH Beschluss v. - XII ZB 130/02

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 1; ZPO § 522 Abs. 1 Satz 4; ZPO § 544; ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2; EGZPO § 26 Nr. 8

Instanzenzug: AG Recklinghausen 45 F 274/00 vom OLG Hamm 10 UF 106/02 vom

Gründe

I.

Die Klägerin hat den Beklagten auf Zahlung von Trennungs- und Kindesunterhalt in Anspruch genommen. Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht der Klage teilweise stattgegeben. Es hat die Auffassung vertreten, von dem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen des Beklagten seien u.a. Fahrtkosten abzusetzen, die allerdings nur mit monatlich 77 DM anzusetzen seien, nämlich 220 Tage x 20 km x 0,42 DM : 12. Die monatlichen Unterhaltszahlungen des Beklagten an seine erste Ehefrau seien dagegen nicht zu berücksichtigen. Er habe zwar den gerichtlichen Vergleich vom vorgelegt, nach dem er an seine geschiedene Ehefrau monatlichen Unterhalt von 330 DM zu zahlen habe. Gleichwohl könne ohne weiteren Sachvortrag nicht von einer fortbestehenden Unterhaltsverpflichtung ausgegangen werden.

Gegen das dem Beklagten am zugestellte Urteil hat er am Berufung eingelegt und diese am begründet. Er hat beantragt, unter Abänderung des Urteils die Klage auf Trennungsunterhalt abzuweisen. Zur Begründung hat er ausgeführt: Das Urteil des Amtsgerichts auf Trennungsunterhalt sei fehlerhaft. Der Beklagte sei nicht leistungsfähig, die ausgeurteilten Beträge zu zahlen. Fehlerhaft seien schon die Berechnungen des Amtsgerichts. Es seien monatliche Fahrtkosten von 154 DM abzuziehen. Außerdem zahle der Beklagte nicht nur an das Kind aus erster Ehe, sondern auch an seine geschiedene Ehefrau Unterhalt. Der diesbezügliche erstinstanzliche Vortrag sei vom Amtsgericht nicht berücksichtigt worden. Es könne insoweit auf den Vergleich verwiesen werden. Tatsächlich habe der Beklagte vor Abschluss dieses Vergleichs noch höhere Beträge gezahlt. Unter Berücksichtigung dieser Unterhaltszahlungen sei der Beklagte nicht weiter leistungsfähig.

Das Oberlandesgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V. mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Dem steht nicht entgegen, dass der Wert der geltend gemachten Beschwer 20.000 € nicht übersteigt. Diese Wertgrenze gilt nach § 26 Nr. 8 EGZPO nur für die Statthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO und kann auf die Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss nicht entsprechend angewendet werden ( - NJW-RR 2003, 132). Die Rechtsbeschwerde ist auch zulässig, da die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Berufung des Beklagten enthalte keine ausreichende Begründung und sei deshalb unzulässig, hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat die inhaltlichen Anforderungen an eine Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO n.F. überspannt.

Gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO hat die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände zu enthalten, aus denen sich nach Ansicht des Rechtsmittelführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Da die Berufungsbegründung erkennen lassen soll, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält, hat dieser diejenigen Punkte rechtlicher Art darzulegen, die er als unzutreffend ansieht, und dazu die Gründe anzugeben, aus denen er die Fehlerhaftigkeit jener Punkte und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung herleitet. Zur Darlegung der Fehlerhaftigkeit ist somit lediglich die Mitteilung der Umstände erforderlich, die das Urteil aus der Sicht des Berufungsklägers in Frage stellen. Besondere formale Anforderungen werden insoweit nicht gestellt. Die Berufungsbegründung erfordert insbesondere weder die ausdrückliche Benennung einer bestimmten Norm noch die Schlüssigkeit oder jedenfalls Vertretbarkeit der erhobenen Rügen (vgl. etwa BGH Beschlüsse vom - III ZB 71/02 - NJW 2003, 2532, 2533 = FamRZ 2003, 1272, 1273 und vom - VIII ZB 133/02 - NJW-RR 2003, 1580).

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts genügt die Berufungsbegründung diesen Anforderungen. Der Beklagte hat ausgeführt, dass das Amtsgericht seine Leistungsfähigkeit aufgrund fehlerhafter Berechnung unzutreffend beurteilt habe; es seien monatliche Fahrtkosten von 154 DM abzusetzen. Insoweit war es nicht erforderlich, den Rechenfehler im Einzelnen auszuführen. Damit ist ein Umstand dargelegt, aus dem sich nach Auffassung des Beklagten eine Rechtsverletzung, nämlich die unzutreffende Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit ergibt. Dies schließt zugleich die Erheblichkeit der behaupteten Rechtsverletzung ein, da es im Berufungsverfahren nicht mehr um den Kindes-, sondern um den Ehegattenunterhalt geht.

Darüber hinaus hat der Beklagte die Berechnung des Amtsgerichts angegriffen, soweit dieses den an die erste Ehefrau zu zahlenden Unterhalt nicht berücksichtigt hat. Er hat die Auffassung vertreten, diese Zahlungen seien in Abzug zu bringen, da er sich hierzu durch Vergleich verpflichtet habe, was das Amtsgericht nicht beachtet habe. Auch damit hat der Beklagte einen Umstand bezeichnet, aus dem sich eine Rechtsverletzung, nämlich wiederum die unzutreffende Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit, ergibt. Dies impliziert zugleich die Entscheidungserheblichkeit seines Vorbringens, denn die ein Kind betreuende geschiedene Ehefrau des Beklagten geht der Klägerin im Rang vor (§ 1582 Abs. 1 BGB).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
PAAAC-33631

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein