Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 349 Abs. 4; StGB § 177 Abs. 1; StGB § 223 Abs. 1; StGB § 185; StGB § 117 Abs. 1 Nr. 1
Instanzenzug:
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Das Rechtsmittel des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte gegen den Willen der Geschädigten mit dieser den Geschlechtsverkehr ausgeführt. Er stellte sich hinter sie, fasste ihr unter der Bekleidung an die Brust und zog ihr Jeans und Schlüpfer herunter. Die Geschädigte war dadurch völlig überrascht, versuchte, die Hose festzuhalten, "hatte aber irgendwie nicht die Kraft dafür". Während der Angeklagte sie umfasste und den Geschlechtsverkehr ungeschützt von hinten ausführte, versuchte sie mehrfach, ihn durch Rückwärtsbewegungen ihrer angewinkelten Arme von sich wegzuschieben, was der Angeklagte auch registrierte. Das Landgericht konnte jedoch nicht feststellen, ob der Angeklagte diesen Widerstand durch Kraft überwinden musste; möglicherweise stellte die Geschädigte ihre Abwehrbewegungen auch erstarrt ein.
Das Landgericht konnte sich angesichts des Umstands, dass die durch das Tatgeschehen massiv psychisch beeinträchtigte Geschädigte "zum Kerngeschehen nur äußerst rudimentär Angaben machen konnte", nicht davon überzeugen, dass der Angeklagte eines der nach § 177 Abs. 1 StGB erforderlichen Nötigungsmittel eingesetzt hat, um den ihm entgegen gebrachten oder erwarteten Widerstand des Opfers zu überwinden oder von vornherein zu verhindern. Es hat den Angeklagten deshalb wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit tätlicher Beleidigung verurteilt.
2. Die Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Ein nicht einverständlicher Geschlechtsverkehr kann zwar eine üble, unangemessene Behandlung des Opfers darstellen (vgl. BGH NJW 1963, 1683). Eine mehr als unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens im Sinne der Misshandlungsalternative des § 223 Abs. 1 StGB (vgl. dazu Lilie in LK 11. Aufl. § 223 Rdn. 8 ff; Lackner/Kühl StGB 25. Aufl. § 223 Rdn. 4; Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 223 Rdn. 3a f jeweils m.w.N.) wird hier durch die Urteilsfeststellungen jedoch nicht ausreichend belegt. Bei der Geschädigten fanden sich nach der Tat weder körperliche Auffälligkeiten noch Verletzungen abgesehen von einer leichten Rötung im Vorhof der Scheide. Allerdings ergeben die Urteilsgründe, dass eine Gesundheitsschädigung des durch die Tat nachhaltig traumatisierten Opfers eingetreten ist, welches unter erheblichen Angstzuständen litt, in bestimmten Situationen am ganzen Körper zu zittern begann und unter Albträumen litt, in denen sie um sich schlug und nass geschwitzt aufwachte. Nicht festgestellt ist jedoch, dass der Angeklagte diese Beeinträchtigungen (bedingt) vorsätzlich herbeigeführt hat. Eine nähere Begründung bei der rechtlichen Würdigung enthält das Urteil zudem nicht.
3. Auch die Verurteilung wegen tätlicher Beleidigung begegnet rechtlichen Bedenken. Der Tatbestand des § 185 StGB ist nur dann erfüllt, wenn der Täter durch sein Verhalten (die sexuelle Handlung) zum Ausdruck bringt, der Betroffene weise einen seine Ehre mindernden Mangel auf. Eine solche Kundgabe ist in der sexuellen Handlung allein regelmäßig nicht zu sehen und erfüllt deshalb auch nicht den Tatbestand des § 185 StGB. Ein Angriff auf die sexuelle Selbstbestimmung erfüllt nur dann den Tatbestand der Beleidigung, wenn nach den gesamten Umständen in dem Verhalten des Täters zugleich eine - von ihm gewollte - herabsetzende Bewertung des Opfers zu sehen ist (BGHSt 36, 145, 150; Hilgendorf in LK 11. Aufl. § 185 Rdn. 28 ff).
Das Landgericht hat in seiner rechtlichen Würdigung nicht dargetan, aus welchen Umständen des Geschehens der Schluss zu ziehen ist, der Angeklagte habe durch die Tat zum Ausdruck gebracht, die Geschädigte sei mit einem Makel behaftet, der ihren Geltungswert mindere. Nach den Feststellungen zum Tatgeschehen und zu den Vorstellungen des Angeklagten versteht es sich auch nicht von selbst, dass der Angeklagte sein Opfer im Sinne von § 185 StGB herabsetzend bewertete.
4. Der Senat teilt im Übrigen die Auffassung des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom S. 4, dass die getroffenen Feststellungen eine Gewaltanwendung im Sinne des § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB ausreichend belegt hätten.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
SAAAC-33523
1Nachschlagewerk: nein