BGH Beschluss v. - KVR 19/06

Leitsatz

[1] a) Nimmt der Rechtsbeschwerdeführer im Kartell- oder energiewirtschaftsrechtlichen Verwaltungsverfahren die Rechtsbeschwerde zurück, sind ihm bei offenem Verfahrensausgang regelmäßig die Gerichtskosten aufzuerlegen.

b) Sofern keine Umstände hervortreten, die eine abweichende Kostenverteilung billig erscheinen lassen, hat der Rechtsbeschwerdeführer, der die Rechtsbeschwerde zurückgenommen hat, bei offenem Verfahrensausgang grundsätzlich auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdegegners zu erstatten.

Gesetze: EnWG § 90; GWB § 78

Instanzenzug: OLG Düsseldorf VI-3 Kart 158/06 (V) vom

Gründe

Die gesetzliche Grundlage für die Entscheidung über die Kosten bildet allein § 90 EnWG. Eine entsprechende Anwendung von § 155 Abs. 2 VwGO, § 136 Abs. 2 FGO und §§ 565, 516 Abs. 3 ZPO scheidet aus. Dies hat der Senat bereits für das Kartellverwaltungsverfahren entschieden (, WuW/E 1947, 1948 - Stuttgarter Wochenblatt, in BGHZ 84, 320 insoweit nicht abgedruckt; Beschl. v. - KVR 7/83, WuW/E 2084); nichts anderes gilt für § 90 EnWG, der § 78 GWB nachgebildet ist.

Nach der ständigen zu § 78 GWB ergangenen Rechtsprechung des Senats sind im Falle der Rücknahme der Beschwerde die Gerichtskosten demjenigen aufzuerlegen, der in der Hauptsache unterlegen ist oder ohne die Rücknahme der Beschwerde unterlegen wäre (BGH WuW/E 1947, 1948; WuW/E 2084). Dies hat grundsätzlich auch zu gelten, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen wird, ohne dass eine Sachprüfung erfolgt ist (BGH WuW/E 2084). Da sich der Rechtsbeschwerdeführer mit der Rücknahme in die Rolle des Unterlegenen begeben hat (Bracher in Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, GWB 1999 § 78 Rdn. 19; Sauter in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 78 Rdn. 20), sind indessen bei offenem Verfahrensausgang - insbesondere wenn eine Sachprüfung bisher nicht erfolgt ist - die Gerichtskosten anders als im Falle der übereinstimmenden Erledigungserklärung (s. dazu , WuW/E DE-R 420, 421 - Erledigte Beschwerde; Beschl. v. - KVR 1/05, NJW-RR 2006, 1340 - Call-Option) regelmäßig nicht hälftig zu teilen, sondern dem Rechtsbeschwerdeführer aufzuerlegen. Auch im Streitfall besteht zu einer anderen Handhabung kein Anlass.

Ob außergerichtliche Kosten zu erstatten sind, beurteilt sich gemäß §§ 78 GWB, 90 EnWG nach Billigkeitserwägungen, wobei die Umstände des konkreten Falles einschließlich des Verfahrensausgangs abzuwägen sind (vgl. zu § 78 GWB BVerfGE 74, 78, 96). Danach sind die außergerichtlichen Auslagen des Gegners jedenfalls dann zu erstatten, wenn sich der Rechtsbeschwerdeführer durch die Rücknahme der Rechtsbeschwerde selbst in die Rolle des Unterlegenen begeben hat, durch das Gericht noch keine Sachprüfung erfolgt ist und keine sonstigen Gesichtspunkte hervortreten, die im Rahmen von Billigkeitserwägungen eine abweichende Kostenverteilung rechtfertigen könnten. Denn die Entscheidung über die Kostenerstattung dient im Kartell- oder energiewirtschaftsrechtlichen Verwaltungsverfahren ebenso wenig der abschließenden Klärung von Rechtsfragen wie im Zivilprozess; sie soll lediglich zu einer dem jeweiligen Sach- und Streitstand entsprechenden Kostenverteilung führen (BGH WuW/E DE-R 420, 421 - Erledigte Beschwerde). Da eine andere Entscheidung rechtfertigende Gesichtspunkte nicht ersichtlich sind, hat hiernach die Rechtsbeschwerdeführerin auch die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendigen Kosten der Bundesnetzagentur zu erstatten.

Fundstelle(n):
NJW-RR 2007 S. 616 Nr. 9
CAAAC-32030

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja