BGH Beschluss v. - 1 StR 180/06

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StPO § 261; StPO § 356a

Gründe

1. Für eine Entscheidung gemäß § 356a StPO ist kein Raum. Der Senat hat bei seiner Entscheidung weder Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen der Angeklagte zuvor nicht gehört worden war, noch zu berücksichtigendes Vorbringen übergangen oder sonst dessen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.

§ 356a StPO erfasst auch Urteile der Revisionsgerichte, "da Hauptverhandlungen vor dem Revisionsgericht auch ohne den Angeklagten und seinen Verteidiger stattfinden können und es dann möglich ist, dass sie ihren Anspruch auf rechtliches Gehör deshalb nicht wahrnehmen können, weil ihnen der Zeitpunkt der Hauptverhandlung versehentlich nicht oder nicht rechtzeitig mitgeteilt wurde oder weil sie durch andere Gründe am Erscheinen verhindert sind". Demgegenüber ist aber "eine Verletzung des rechtlichen Gehörs kaum vorstellbar, wenn der Angeklagte oder sein Verteidiger vor dem Revisionsgericht anwesend sind, weil sie sich dann umfassend äußern können" (BT-Drucks. 15/3706, S. 17).

In der Revisionshauptverhandlung dieses Verfahrens wurden die im Hinblick auf die Sachrüge maßgeblichen Aspekte der Beweiswürdigung der Strafkammer zu Beginn der Hauptverhandlung im ausführlichen Vortrag des Berichterstatters (§ 351 Abs. 1 StPO) dargelegt. Nicht nur der Vorsitzende, sondern bereits der Berichterstatter hat in seinem Vortrag auch darauf hingewiesen, dass die Ausführungen des Nebenklägervertreters im Rahmen der Begründung der Sachrüge zur Nichtberücksichtigung der in der Hauptverhandlung vor der Strafkammer verlesenen Passage aus "H. 's Tagebuch" zum Brief mit den Worten "Wenn sie sagt 'ja ich war's', bin ich für Jahre im Knast" im Urteil des Landgerichts als Formalrüge - Verletzung des § 261 StPO - angesehen werden könnten (Rechtsgedanke des § 300 StPO). Auch im Übrigen hat der Senat bei seiner Entscheidungsfindung keine Umstände berücksichtigt, die nicht in den Revisionsbegründungen angesprochen wurden oder Gegenstand der Erörterung während der Revisionshauptverhandlung waren. Zu all dem Stellung zu nehmen, hatten sowohl der Angeklagte als auch der Verteidiger in der Revisionshauptverhandlung am umfassend Gelegenheit. Dies geschah nicht.

2. Der Befangenheitsantrag ist nicht statthaft, da er nach dem letzten Wort des Angeklagten gestellt wurde (§ 25 Abs. 2 Satz 2 StPO).

Anderes folgt auch nicht daraus, dass mit dem Befangenheitsantrag die Gehörsrüge gemäß § 356a StPO erhoben wurde und der Senat zunächst darüber befinden muss, ob der Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt wurde. Denn diese Vorschrift - und entsprechende Normen in anderen Verfahrensgesetzen - wurden geschaffen, um dem Gericht, das in der Sache entschieden hat, im Falle von Verstößen gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör, Gelegenheit zu geben, selbst dem Mangel abzuhelfen, ohne dass es der Einlegung einer Verfassungsbeschwerde bedarf. Die Gehörsrüge dient jedoch nicht dazu, unstatthaften (§ 25 Abs. 2 Satz 2 StPO) Befangenheitsanträgen Geltung zu verschaffen.

Ob etwas anderes zu gelten hätte, wenn das rechtliche Gehör tatsächlich verletzt und deshalb nach Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nachzuholen wäre, kann dahinstehen, da ein solcher Fall hier nicht vorliegt. Der Angeklagte konnte im Revisionsverfahren umfassend Stellung nehmen (vgl. -).

Fundstelle(n):
SAAAC-31981

1Nachschlagewerk: nein