Antidumpingzoll auf Gewinderohre aus Russland
Gesetze: ZK Art. 220
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) führte im Zeitraum Herbst 1999 bis Anfang 2001 Gewinderohre aus Russland in das Zollgebiet der Gemeinschaft ein. Aufgrund der anlässlich einer Außenprüfung getroffenen Feststellungen setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt —HZA—) für diese Einfuhren mit mehreren Bescheiden Antidumpingzoll fest. Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab.
Das FG urteilte, dass der Antidumpingzoll nach der Verordnung (EG) Nr. 2320/97 (VO Nr. 2320/97) des Rates vom zur Einführung endgültiger Antidumpingzölle auf die Einfuhren bestimmter nahtloser Rohre aus Eisen oder nichtlegiertem Stahl mit Ursprung in Ungarn, Polen, Russland, der Tschechischen Republik, Rumänien und der Slowakischen Republik…(Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften —ABlEG— Nr. L 322/1) zu Recht erhoben bzw. nacherhoben worden sei. Die Unterscheidung zwischen den in Art. 1 Abs. 1 Buchst. b VO Nr. 2320/97 und den in Art. 1 Abs. 1 Buchst. c VO Nr. 2320/97 genannten Rohren könne nur danach getroffen werden, ob es sich um kalt gezogene oder kalt gewalzte Rohre oder um andere Rohre, d.h. andere als kalt gezogene oder kalt gewalzte, handele. Kalt gezogene Gewinderohre gehörten daher nicht zur Codenummer 7304 39 59 der Kombinierten Nomenklatur (KN), während bei warm gezogenen Gewinderohren die Zuordnung zur Codenummer 7304 39 51 KN oder 7304 39 59 KN voraussetze, dass die Rohre den Vorschriften der ISO-Norm 65 und den deutschen DIN Normen entsprächen. Die von der Klägerin eingeführten warm gezogenen Rohre entsprächen jedoch nicht der ISO 65, weshalb sie in die Unterpos. 7304 39 91 KN einzureihen seien und damit dem Antidumpingzoll unterlägen.
Die Voraussetzungen der Befreiungsvorschrift des Art. 2 VO Nr. 2320/97 (in der seit dem geltenden Fassung gemäß der Änderungs-Verordnung (EG) Nr. 190/2000 des Rates vom , ABlEG Nr. L 23/1) seien im Streitfall nicht gegeben, weil die erforderlichen Herstellerbescheinigungen nicht bei der Anmeldung der Waren zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr, sondern erst im Rechtsbehelfsverfahren vorgelegt worden seien und weil in ihnen zudem die Nummer der Warenrechnung nicht angegeben gewesen sei. Auf Vertrauensschutz gemäß Art. 220 Abs. 2 Buchst. b des Zollkodex (ZK) könne sich die Klägerin insoweit nicht berufen.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, welche sie auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) stützt.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind zum Teil nicht schlüssig dargelegt, liegen aber jedenfalls nicht vor.
1. Die Frage, was unter „anderen Rohren” i.S. des Art. 1 Abs. 1 Buchst. c VO Nr. 2320/97 zu verstehen ist, ist nicht grundsätzlich klärungsbedürftig, weil sie sich nur so beantworten lässt, wie es das FG getan hat. Die Vorschriften in Art. 1 Abs. 1 Buchst. a bis c VO Nr. 2320/97 beschreiben die Rohre, für die endgültige Antidumpingzölle eingeführt werden, unter Bezugnahme auf bestimmte Codenummern der KN (in der seinerzeit geltenden Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1734/96 der Kommission vom , ABlEG Nr. L 238/1). Es ist daher nicht zweifelhaft, dass die in Art. 1 Abs. 1 Buchst. b VO Nr. 2320/97 aufgeführten Rohre, die mit der Codenummer 7304 31 99 KN bezeichnet werden, solche der Unterpos. 7304 31 KN sind und dass die in Art. 1 Abs. 1 Buchst. c VO Nr. 2320/97 aufgeführten „anderen Rohre”, die mit den Codenummern 7304 39 91 KN und 7304 39 93 KN bezeichnet werden, zur Unterpos. 7304 39 KN gehören. Da von der Unterpos. 7304 31 KN Rohre der Pos. 7304 KN, „kalt gezogen oder kalt gewalzt”, erfasst werden, sind „andere” Rohre der folgenden Unterpos. 7304 39 KN diejenigen, welche die Voraussetzungen „kalt gezogen oder kalt gewalzt” nicht erfüllen. Das FG hat daher zu Recht angenommen, dass kalt gezogene Gewinderohre nicht zur Codenummer 7304 39 59 KN gehören können.
2. Die für die Anwendung des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK maßgebenden Fragen, wann von einem Irrtum der Zollbehörden im Sinne dieser Vorschrift auszugehen ist und auf welche Gesichtspunkte hinsichtlich der Erkennbarkeit des Irrtums für den Zollschuldner abzustellen ist, sind ebenfalls nicht klärungsbedürftig, weil sie bereits höchstrichterlich geklärt sind (vgl. Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften —EuGH— vom Rs. C-251/00, EuGHE 2002, I-10433, und vom Rs. C-499/03 P, EuGHE 2005, I-1751, jeweils m.w.N.; , BFHE 205, 366, und vom VII R 21/04, BFH/NV 2005, 1166, jeweils m.w.N.). Anders als die Beschwerde meint, ist dabei zwischen Irrtümern der Zollbehörde über das materielle Zollrecht und Irrtümern über die Ausgestaltung des Zollverfahrens nicht zu unterscheiden. Die Notwendigkeit, in einem Revisionsverfahren insoweit eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen, besteht entgegen der Ansicht der Beschwerde nicht.
Im Übrigen hat das FG seine Entscheidung, dass die Voraussetzungen der Befreiungsvorschrift des Art. 2 VO Nr. 2320/97 im Streitfall nicht vorlägen, auch auf die in den nachträglich vorgelegten Herstellerbescheinigungen jeweils fehlende Nummer der Warenrechnung gestützt. Weshalb in einem Revisionsverfahren auch insoweit eine Vorabentscheidung des EuGH eingeholt werden müsste, begründet die Beschwerde nicht. Hierfür ist auch kein Grund erkennbar, denn aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 VO Nr. 2320/97 i.V.m. Buchst. g des Anhangs ergibt sich klar und eindeutig, dass in der Herstellerbescheinigung die Nummer der Warenrechnung, auf die sich die Herstellerbescheinigung bezieht, angegeben sein muss. Zweifel hinsichtlich der Auslegung des Gemeinschaftsrechts bestehen insoweit nicht.
3. Der gerügte Verfahrensmangel eines Verstoßes gegen den klaren Akteninhalt ist nicht schlüssig dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Zwar hat das HZA in der mündlichen Verhandlung vom das Vorbringen der Klägerin, wonach eingeführte Rohre mit einem Durchmesser von einem Zoll warm gefertigt worden seien, nicht bestritten. Die Beschwerde legt jedoch nicht dar, dass das angefochtene Urteil des FG auf der unterbliebenen Berücksichtigung dieser zwischen den Beteiligten unstreitigen Tatsache beruhen kann. Das FG hat sich in den Entscheidungsgründen auch mit warm gezogenen Rohren befasst, ihre Zuordnung zur Codenummer 7304 39 51 KN oder 7304 39 59 KN jedoch verneint, weil die von der Klägerin eingeführten warm gezogenen Rohre nicht der ISO 65 entsprächen; auf die Tatsache, dass Rohre mit einem Durchmesser von einem Zoll warm gefertigt wurden, kam es nach der Auffassung des FG somit nicht an. Soweit die Beschwerde demgegenüber vorträgt, dass diese Ansicht des FG unzutreffend sei, weil ein bestimmter Teil der eingeführten Rohre die Normen der ISO 65 erfüllt habe, bezeichnet sie keinen Verfahrensfehler, sondern wendet sich gegen die materielle Richtigkeit der Entscheidung des FG, was jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen kann, weil damit kein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 FGO dargetan wird.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 288 Nr. 2
ZAAAC-31837