Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: BAT § 29 Abschnitt B Abs. 5 Satz 1; BBesG § 40 Abs. 4 Satz 1
Instanzenzug: ArbG Bielefeld 4 Ca 3474/04 vom LAG Hamm 18 Sa 296/05 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe des der Klägerin zustehenden tariflichen Ortszuschlages.
Zwischen den Parteien besteht ein Arbeitsverhältnis, auf das die tariflichen Vorschriften des Bundes-Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt (BMT-AW II) Anwendung finden. Gemäß § 26 Abs. 1 BMT-AW II gelten für den Ortszuschlag die Bestimmungen der §§ 29 und 32 des BAT in der jeweils geltenden Fassung. In § 29 Abschnitt B BAT heißt es:
"B. Stufen des Ortszuschlages
...
(2) Zur Stufe 2 gehören
1. verheiratete Angestellte,
...
(5) Steht der Ehegatte eines Angestellten als Angestellter, Beamter, Richter oder Soldat im öffentlichen Dienst oder ist er auf Grund einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst nach beamtenrechtlichen Grundsätzen versorgungsberechtigt und stände ihm ebenfalls der Familienzuschlag der Stufe 1 oder einer der folgenden Stufen, der Ortszuschlag der Stufe 2 oder einer der folgenden Stufen oder eine entsprechende Leistung in Höhe von mindestens der Hälfte des Unterschiedsbetrages zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des Ortszuschlages der höchsten Tarifklasse zu, erhält der Angestellte den Unterschiedsbetrag zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des für ihn maßgebenden Ortszuschlages zur Hälfte; ..."
Der Ehemann der Klägerin ist Polizeibeamter des Landes Nordrhein-Westfalens und erhält einen Familienzuschlag der Stufe 1 in Höhe von 51,60 Euro brutto. Unter Hinweis auf § 29 Abschnitt B Abs. 5 BAT zahlte der Beklagte der Klägerin einen um die Hälfte des Unterschiedsbetrages der Stufe 1 und der Stufe 2 reduzierten Ortszuschlag.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie habe einen tariflichen Anspruch auf den ungekürzten Ortszuschlag gemäß § 29 Abschnitt B BAT.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.058,04 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem aus 793,80 Euro und jeweils aus 52,92 Euro seit dem 31. Oktober, 30. November und sowie 31. Januar und zu zahlen.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die tariflichen Voraussetzungen für die Kürzung des Ortszuschlages seien gegeben.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Gründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage als unbegründet abgewiesen.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen tariflichen Anspruch auf den geltend gemachten ungekürzten Ortszuschlag.
1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kommen die Vorschriften des BMT-AW II zur Anwendung. Gemäß § 26 Abs. 1 BMT-AW II gelten für den Ortszuschlag die Bestimmungen der §§ 29 und 32 des BAT in der jeweils geltenden Fassung. Die Höhe des Ortszuschlages richtet sich nach § 29 Abschnitt A Abs. 1 BAT nach der Tarifklasse, der die Vergütungsgruppe des Angestellten zugeteilt ist (Absatz 2), und nach der Stufe, die den Familienverhältnissen des Angestellten entspricht (Abschnitt B). Nach § 29 Abschnitt B Abs. 2 Nr. 1 BAT gehört die Klägerin als verheiratete Angestellte zur Stufe 2. Nach § 29 Abschnitt B Abs. 5 Satz 1 BAT erhält der Angestellte den Unterschiedsbetrag zwischen der Stufe 1 und Stufe 2 (Ehegattenanteil) des für ihn maßgebenden Ortszuschlages nur zur Hälfte, wenn sein Ehegatte als Angestellter oder Beamter im öffentlichen Dienst steht und diesem der Familienzuschlag der Stufe 1 oder der Ortszuschlag der Stufe 2 oder eine entsprechende Leistung in Höhe von mindestens der Hälfte des Unterschiedsbetrages zwischen Stufe 1 und Stufe 2 des Ortszuschlages der höchsten Tarifklasse zustünde. Der Klägerin steht nicht der volle Ortszuschlag, sondern der hälftige Unterschiedsbetrag zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des für sie maßgebenden Ortszuschlages zu, weil ihr Ehegatte Polizeibeamter des Landes Nordrhein-Westfalens im öffentlichen Dienst ist und ihm ein Familienzuschlag der Stufe 1 zusteht (§ 29 Abschnitt B Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 BAT, § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG). Dass dieser, auf die Hälfte gekürzt, nicht mindestens der Hälfte des Unterschiedsbetrages zwischen Stufe 1 und Stufe 2 des Ortszuschlages der höchsten Tarifklasse entspricht, ist unerheblich. Dies ergibt die Auslegung des § 29 Abschnitt B Abs. 5 Satz 1 BAT.
2. Die Auslegung eines Tarifvertrages durch das Berufungsgericht ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen ( - AP TVG § 1 Auslegung Nr. 185, zu II 1 a der Gründe). Sein normativer Teil ist nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln auszulegen. Zunächst ist vom Tarifwortlaut auszugehen. Zu ermitteln ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne an den Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist jedoch der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Zweck der Tarifnormen zu berücksichtigen, sofern und soweit dieser Wille in den Tarifnormen seinen Niederschlag gefunden hat. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen, weil häufig nur aus ihm und nicht aus der einzelnen Tarifnorm auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen und nur bei Berücksichtigung des Gesamtzusammenhanges der Sinn und Zweck zutreffend ermittelt werden kann (st. Rspr. des BAG, vgl. - 6 AZR 349/96 - AP BGB § 611 Bühnenengagementsvertrag Nr. 52 = EzA TVG § 4 Bühnen Nr. 5, zu II 2 a der Gründe). Noch verbleibende Zweifel können ohne Bindung an eine Reihenfolge mittels weiterer Kriterien, wie der Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls auch der praktischen Tarifübung geklärt werden. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt ( - AP TVG § 4 Verdienstsicherung Nr. 15 = EzA TVG § 4 Verdienstsicherung Nr. 8).
3. Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts entspricht diesen Grundsätzen.
a) Der von den Tarifvertragsparteien in § 29 Abschnitt B Abs. 5 Satz 1 BAT verwendete Begriff "Familienzuschlag der Stufe 1" ist ein feststehender Gesetzesbegriff.
Die Anspruchsvoraussetzungen ergeben sich aus § 40 Abs. 1 BBesG und die konkrete Höhe aus § 39 Abs. 1 BBesG iVm. der Anlage V zum BBesG. "Familienzuschlag der Stufe 1" als Kürzungsvoraussetzung in § 29 Abschnitt B Abs. 5 Satz 1 BAT kann nur im Sinn des BBesG verstanden werden.
Schon der Wortlaut des § 29 Abschnitt B Abs. 5 Satz 1 BAT spricht dafür, dass sich die tarifliche Einschränkung "in Höhe von mindestens der Hälfte des Unterschiedsbetrages zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des Ortszuschlages der höchsten Tarifklasse" ausschließlich auf die dritte Alternative der Kürzungsregelung - "entsprechende Leistung" - bezieht (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese BAT Stand Januar 2006 § 29 - Ortszuschlag Erl. 8 S. 33). Die Tarifvertragsparteien haben die ersten beiden Alternativen "der Familienzuschlag der Stufe 1 oder einer der folgenden Stufen", "der Ortszuschlag der Stufe 2 oder einer der folgenden Stufen" von der dritten Alternative "eine entsprechende Leistung in Höhe von mindestens der Hälfte des Unterschiedsbetrages zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des Ortszuschlages der höchsten Tarifklasse" durch die Einfügung des Wortes "oder" getrennt. Hätten die Tarifvertragsparteien die genannte Einschränkung auf alle drei Alternativen beziehen wollen, wäre eine andere Formulierung zu erwarten gewesen, zB des Inhalts, dass nach der Aufzählung der drei Alternativen bei der Einschränkung "in Höhe von mindestens der Hälfte des Unterschiedsbetrages zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des Ortszuschlages der höchsten Tarifklasse" das Wort "jeweils" eingefügt worden wäre. Dies ist nicht erfolgt. Deshalb ist anzunehmen, dass sich die einschränkende Bedingung "in Höhe von mindestens der Hälfte des Unterschiedsbetrages ..." nur auf die dritte Alternative "entsprechende Leistung" beziehen soll.
b) Dieses Auslegungsergebnis entspricht auch dem Sinn und Zweck der Kürzungsregelung.
aa) Dem Familienzuschlag der Stufe 1 kommt eine soziale, familienbezogene Ausgleichsfunktion zu. Er soll die unterschiedlichen Belastungen auf Grund des Familienstandes berücksichtigen. Die Kürzungsvorschrift des § 29 Abschnitt B Abs. 5 Satz 1 BAT knüpft an die soziale Ausgleichsfunktion des Ehegattenanteils an. Sie ist darauf gerichtet, bei Ehegatten, die beide im öffentlichen Dienst beschäftigt sind und einen Familien- oder Ortszuschlag oder eine dem Familien- oder Ortszuschlag entsprechende Leistung erhalten, den einheitlichen Sachverhalt der Eheschließung nicht mehrfach zu berücksichtigen ( - AP BAT § 29 Nr. 14; - 6 AZR 389/03 - AP BAT § 34 Nr. 10).
Dieser Regelungszweck erklärt sich aus der Entstehungsgeschichte der Tarifvorschrift, auf die der Senat in der Entscheidung vom (- 6 AZR 166/97 -aaO, zu II 4 der Gründe) bereits hingewiesen hat. Mit In-Kraft-Treten des 49. Änderungstarifvertrages zum BAT am wurde die bis dahin sinngemäß anzuwendende beamtenrechtliche Vorschrift des § 40 BBesG durch die eigenständige Tarifregelung in § 29 BAT ersetzt. § 40 BBesG sah ursprünglich für Beamte die vollen Ehegattenanteile des Ortszuschlages zu Gunsten beider im öffentlichen Dienst tätigen Ehepartner vor. Durch das Haushaltsstrukturgesetz vom (BGBl. I S. 3091) wurde für den Fall der Ortszuschlagsberechtigung beider Eheleute die Kürzungsregelung eingeführt, die mit Wirkung zum (BGBl. I S. 869) um die Alternative der "entsprechenden Leistung" ergänzt. Hintergrund des Haushaltsstrukturgesetzes war die Notwendigkeit von Sparmaßnahmen im öffentlichen Dienst zur Konsolidierung der Haushalte. Mit der Änderung der Ortszuschlagsregelung für beiderseits im öffentlichen Dienst tätige Ehegatten sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass hiermit bislang derselbe Tatbestand doppelt aus öffentlichen Kassen abgegolten wurde. Schon damals konnte sich aus der Zugehörigkeit der Eheleute zu unterschiedlichen Tarifklassen die Folge ergeben, dass beide Hälften des Ehegattenanteils zusammen einen geringfügig geringeren Betrag ergaben als im Fall des Anspruchs eines Ehegatten auf den vollen Ehegattenanteil. Der Gesetzgeber nahm dies in Kauf. Dass daran durch die Ergänzung der Vorschrift um die Alternative der "entsprechenden Leistung" etwas geändert werden sollte, ist nicht ersichtlich.
bb) Die Tatbestandsalternative "eine entsprechende Leistung" soll die Fälle abdecken, in denen Tarifregelungen außerhalb des unmittelbaren öffentlichen Dienstes familienstandsbezogene Leistungen vorsehen, ohne dass es sich dabei um einen Familienzuschlag nach § 40 BBesG oder den Ortszuschlag nach § 29 BAT handelt, zB die Gewährung eines sog. Hausstandgeldes. Anspruchsvoraussetzungen und Höhe dieser Leistungen sind durch den BAT bzw. des BBesG nicht fest bestimmt. Die Tarifvertragsparteien haben deshalb in Anlehnung an § 40 Abs. 4 Satz 1 BBesG in § 29 Abschnitt B Abs. 5 Satz 1 Alt. 3 BAT als Korrektiv die Berücksichtigung entsprechender Leistungen nur in den Fällen vorgesehen, in denen die Leistung mindestens die Hälfte des Unterschiedsbetrages zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des Ortszuschlages der höchsten Tarifklasse erreicht. In den Fällen des Familien- und Ortszuschlages haben der Gesetzgeber und die Tarifvertragsparteien ein solches Korrektiv nicht für notwendig erachtet, denn die in § 40 Abs. 4 Satz 1 BBesG und § 29 Abschnitt B Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 und 2 BAT verwandten Begriffe "Familienzuschlag der Stufe 1" und "Ortszuschlag der Stufe 2" sind feststehende Gesetzes- bzw. Tarifbegriffe, deren Anspruchsvoraussetzungen sich aus § 40 Abs. 1 BBesG bzw. § 29 Abschnitt B Abs. 2 BAT ergeben (vgl. - aaO; - 6 AZR 389/03 - aaO). Der Gesetzgeber bzw. die Tarifvertragsparteien sind davon ausgegangen und durften davon ausgehen, dass ein solcher Familienzuschlag bzw. Ortszuschlag die soziale, familienbezogene Ausgleichsfunktion unabhängig von der gesetzlichen bzw. tarifvertraglichen Höhe im konkreten Einzelfall erfüllt.
cc) Soweit die Ausführungen des Senats in den Entscheidungen vom (- 6 AZR 166/97 - aaO) und vom (- 6 AZR 712/00 - ZTR 2002, 477), die auf Kritik der Literatur und der Tarifgemeinschaft der deutschen Länder (TdL) gestoßen sind (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese BAT Stand Januar 2006 § 29 - Ortszuschlag Erl. 8 S. 33 f.; Stellungnahmen der TdL bei Böhm/Spiertz/Sponer/ Steinherr BAT Stand Januar 2006 § 29 BAT Rn. 65), dahin verstanden werden konnten, dass ein Ortszuschlag der Stufe 2 nur dann gekürzt werden könnte, wenn dem Ehegatten ein Ortszuschlag der Stufe 2 bzw. Familienzuschlag der Stufe 1 in mindestens gleicher Höhe zustünde, sieht sich der Senat deshalb zu folgender Klarstellung veranlasst: § 29 Abschnitt B Abs. 5 Satz 1 BAT lässt für die Anwendung der Kürzungsregelung genügen, dass dem Ehegatten ein Ortszuschlag der Stufe 2 in der sich aus der Anlage zum jeweils gültigen Vergütungstarifvertrag bzw. ein Familienzuschlag der Stufe 1 in der sich aus der Anlage V zum BBesG ergebenden Höhe zustünde. Dies kann dazu führen, dass bei unterschiedlicher Höhe des Ortszuschlages bzw. des Familienzuschlages bei Beschäftigung des einen Ehegatten in den alten Bundesländern und der des anderen Ehegatten im Beitrittsgebiet oder bei Besoldung in verschiedenen Tarifklassen die Summe aus zwei hälftigen Anteilen nicht mehr den Betrag erreicht, der dem Ehegattenanteil einer Person entspricht, deren Ehegatte keinen Ortszuschlag bzw. Familienzuschlag erhält. Eine solche geringfügige Anspruchsminderung ist angesichts des eindeutigen Ergebnisses der Auslegung hinzunehmen (im Ergebnis auch - AP TV Ang Bundespost § 25 Nr. 1; vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese BAT Stand Januar 2006 § 29 - Ortszuschlag 8. Abschnitt S. 33 ff.; Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr BAT Stand Januar 2006 § 29 BAT Rn. 65 aE). Die Rechtsprechung des Senats ( - 6 AZR 166/97 - AP BAT § 29 Nr. 14; - 6 AZR 712/00 - ZTR 2002, 477) zu den Fällen, in denen kein Ortszuschlag der Stufe 2 bzw. Familienzuschlag der Stufe 1, sondern eine entsprechende Leistung gezahlt wurde, lässt sich nicht auf den vorliegenden Fall übertragen.
4. Die unterschiedliche Behandlung der Klägerin mit Angestellten, deren Ehegatten eine dem Familienzuschlag der Stufe 1 oder dem Ortszuschlag der Stufe 2 lediglich entsprechende Leistung erhalten, verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
a) Tarifvertragsparteien haben bei der tariflichen Normsetzung den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten. Zwar sind sie als Vereinigungen des privaten Rechts keine Grundrechtsadressaten iSd. Art. 1 Abs. 3 GG und nicht unmittelbar an Art. 3 Abs. 1 GG gebunden, ihre Grundrechtsbindung folgt aber aus der Schutzfunktion der Grundrechte, die Gesetzgebung und Rechtsprechung dazu verpflichtet, die Regelungskompetenz der Tarifvertragsparteien in einer Weise zu begrenzen, dass sachwidrige oder diskriminierende Differenzierungen nicht wirksam werden können ( - BAGE 111, 8; - 6 AZR 389/03 - AP BAT § 34 Nr. 10).
b) Den Tarifvertragsparteien steht ein weitgehender Gestaltungsspielraum zu.
Sie brauchen nicht die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung zu wählen, vielmehr genügt es, wenn sich für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund ergibt ( - BVerfGE 71, 39, 53; - AP BAT § 34 Nr. 10). Der Gleichheitssatz wird durch eine Tarifnorm verletzt, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumt haben, tatsächliche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen. Die Grenzen der Gestaltungsfreiheit sind insbesondere dann überschritten, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten ( - BVerfGE 88, 5, 12; - aaO).
c) Der Familienzuschlag der Stufe 1 stellt wie der Ortszuschlag der Stufe 2 keine Gegenleistung für erbrachte Leistungen, sondern einen sozialen Ausgleich dar, der sich aus den mit einer Ehe typischerweise verbundenen finanziellen Belastungen ungeachtet einer konkreten Bedarfssituation ergibt (vgl. - NZA 1999, 878; - AP BAT § 34 Nr. 10). Wenn die Klägerin als Angestellte eines öffentlichen Arbeitgebers und ihr Ehegatte als Beamter in einer sozial gesicherten Position beschäftigt werden und ihnen ungeachtet einer Gegenleistung der hälftige Unterschiedsbetrag zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des maßgebenden Ortszuschlages (§ 29 Abschnitt B Abs. 5 Satz 1 BAT) und der hälftige Familienzuschlag der Stufe 1 (§ 40 Abs. 4 Satz 1 BBesG) zustehen, ist die sich aus der Anwendung der verschiedenen Vergütungs- und Besoldungssysteme ergebende geringfügige Schlechterstellung gegenüber einem Bediensteten, dessen Ehegatte nicht erwerbstätig ist, nicht im öffentlichen Dienst steht oder nur eine entsprechende Vergütung erhält, unbedenklich. Die Tarifvertragsparteien haben sich bei der Regelung des § 29 Abschnitt B Abs. 5 Satz 1 BAT an der entsprechenden beamtenrechtlichen Vorschrift des § 40 Abs. 4 BBesG orientiert. Auch bei Anwendung des § 40 Abs. 4 BBesG kann es, wie dargelegt, dazu kommen, dass Ehegatten gemeinsam ein geringerer Betrag gewährt wird, als er einem Ehegatten mit dem vollen Ehegattenanteil zustünde. Geringfügige Abweichungen sind nach dem Willen des Gesetzgebers auch unter Beachtung des allgemeinen Gleichheitssatzes als systembedingt hinzunehmen (Sander in Schwegmann/Summer BBesG Stand Januar 2006 § 40 Rn. 12, 12c). Für eine tarifvertragliche Regelung, die sich an einer entsprechenden gesetzlichen Norm orientiert oder diese inhaltsgleich übernimmt, kann nichts anderes gelten.
d) Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Ungleichbehandlung ist auf die Verhältnisse des geltend gemachten Anspruchzeitraumes abzustellen. Soweit die Klägerin eine unzulässige Ungleichbehandlung mit den Verhältnissen zu begründen sucht, die sich ab dem aus der Anwendung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) für das Tarifgebiet der Länder ergeben sollen oder sich aus einer zukünftigen Übertragung der Regelungskompetenz der Beamtenbesoldung auf die Bundesländer ergeben könnten, führt dies nicht zum Erfolg der Revision. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche betreffen ausschließlich den Zeitraum vom bis zum . Ein über diesen Zeitraum hinausgehender Feststellungsantrag wurde nicht gestellt. Dementsprechend ist auf den Anspruchszeitraum abzustellen und die von der Revision ab Oktober 2005 aufgezeigten Umstände sind außer Betracht zu lassen. Im Anspruchszeitraum lag die Summe aus Ehegattenanteil der Klägerin und Familienzuschlag ihres Ehemannes nur 1,32 Euro brutto unter der Höhe des ungekürzten Ortszuschlages. Diese Differenz ist hinzunehmen. Die Tarifvertragsparteien haben eine sachlich vertretbare Regelung gefunden. Ob dies auch die zweckmäßigste Regelung darstellt, ist vom Senat nicht zu entscheiden.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NAAAC-29152
1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein