BAG Urteil v. - 10 AZR 641/05

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BGB § 133; BGB § 157; BGB § 305c Abs. 2; TVG § 4 Abs. 5; GewO § 105 Satz 1; Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom idF des Tarifvertrages zur Änderung der Zuwendungstarifverträge (Ost) vom (TV Zuwendung Ang-O) § 1; Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom idF des Tarifvertrages zur Änderung der Zuwendungstarifverträge (Ost) vom (TV Zuwendung Ang-O) § 2

Instanzenzug: ArbG Dresden 8 Ca 1575/04 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin für das Jahr 2003 eine anteilige Zuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom idF des Tarifvertrages zur Änderung der Zuwendungstarifverträge (Ost) vom (TV Zuwendung Ang-O) zusteht.

Die nicht tarifgebundene Klägerin war vom bis zum beim Beklagten als angestellte Lehrkraft tätig. § 2 des Arbeitsvertrages der Parteien vom lautet:

"Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich für die Dauer der Mitgliedschaft des Freistaates Sachsen in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der TdL jeweils geltenden Fassung. Bei einem Austritt des Freistaates Sachsen aus der TdL gelten diese Tarifverträge bis zu ihrer Beendigung oder bis zum Abschluss eines anderen Tarifvertrages statisch weiter. Außerdem finden die von dem Freistaat Sachsen abgeschlossenen sonstigen einschlägigen Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung."

Der Beklagte gehört der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) an. Diese kündigte mit einem Schreiben vom ua. den TV Zuwendung Ang-O fristgerecht zum . In § 1 dieses Tarifvertrages heißt es:

"§ 1

Anspruchsvoraussetzungen

(1) Der Angestellte erhält in jedem Kalenderjahr eine Zuwendung, wenn er

1. am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis steht und nicht den ganzen Monat Dezember ohne Vergütung zur Ausübung einer entgeltlichen Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit beurlaubt ist und

2. seit dem 1. Oktober ununterbrochen als Angestellter, Arbeiter, Beamter, Richter, Soldat auf Zeit, Berufssoldat, Arzt im Praktikum, Auszubildender, Praktikant, Schüler/Schülerin in der Krankenpflege, Kinderkrankenpflege oder Krankenpflegehilfe oder Hebammenschülerin/Schüler in der Entbindungspflege im öffentlichen Dienst gestanden hat

oder

im laufenden Kalenderjahr insgesamt sechs Monate bei demselben Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis gestanden hat oder steht und

3. nicht in der Zeit bis einschließlich 31. März des folgenden Kalenderjahres aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausscheidet.

..."

In einem Schreiben vom teilte das Regionalschulamt D der Klägerin mit, dass die TdL den TV Zuwendung Ang-O zum gekündigt habe und dass aus diesem Grund dieser Tarifvertrag auf das Arbeitverhältnis keine Anwendung finde. Es bat die Klägerin zugleich, zur Klarstellung einen dem Schreiben beigefügten, vom Beklagten bereits am unterzeichneten neuen Arbeitsvertrag zu unterschreiben. Dieser sah in § 2 ausdrücklich vor, dass der gekündigte TV Zuwendung Ang-O keine Anwendung finde. Die Klägerin unterschrieb nicht und verlangte vom Beklagten ohne Erfolg für das Jahr 2003 die Zahlung einer anteiligen tariflichen Zuwendung nach dem TV Zuwendung Ang-O in rechnerisch unstreitiger Höhe von 611,00 Euro.

Die Klägerin hat gemeint, das Arbeitsverhältnis sei am und somit vor der Kündigung des TV Zuwendung Ang-O durch die TdL begründet worden und bestimme sich deshalb nach diesem Tarifvertrag. Ohne Bedeutung sei, dass sie ihre Tätigkeit erst am aufgenommen habe. Die Anspruchsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 TV Zuwendung Ang-O seien erfüllt.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 611,00 Euro nebst Zinsen hieraus iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem zu zahlen.

Der Beklagte hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis sei am und somit erst im Nachwirkungszeitraum begründet worden. Die abgelaufenen Bestimmungen des TV Zuwendung Ang-O fänden deshalb auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung. Bei der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel handele es sich um eine Gleichstellungsabrede. Die Klägerin habe deshalb nicht annehmen können, sie habe im Vergleich zu einem tarifgebundenen Arbeitnehmer besser gestellt werden sollen. In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei anerkannt, dass bei Tarifbindung beider Arbeitsvertragsparteien abgelaufene Tarifverträge nicht gemäß § 4 Abs. 5 TVG nachwirkten und somit keine Anwendung fänden, wenn das Arbeitsverhältnis erst im Nachwirkungszeitraum begründet worden sei.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Gründe

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Klägerin steht die beanspruchte anteilige tarifliche Zuwendung für das Jahr 2003 zu.

I. Das Landesarbeitsgericht hat zusammengefasst angenommen, die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages vom sei eine Gleichstellungsabrede. Zwar hätten die Parteien mit dem Abschluss des Arbeitsvertrages am bereits vor der Kündigung vom und vor dem Ablauf des Tarifvertrages zum ihr befristetes Arbeitsverhältnis begründet. Für die Frage der Nachwirkung eines abgelaufenen Tarifvertrages sei jedoch nicht auf den Zeitpunkt der Begründung des Arbeitsverhältnisses, sondern auf den Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses am abzustellen. Deshalb habe die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel den am abgelaufenen TV Zuwendung Ang-O nicht erfasst. Hätten der Beklagte und die Klägerin diesen Tarifvertrag auf ihr zum in Vollzug gesetztes Arbeitsverhältnis anwenden wollen, hätte dies einer ausdrücklichen Klarstellung bedurft.

II. Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsfehlern. Sie halten den Angriffen der Revision nicht stand.

1. Der Anspruch der Klägerin auf eine anteilige Zuwendung für das Jahr 2003 folgt aus § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages vom iVm. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 2 Satz 1 TV Zuwendung Ang-O. Die Klägerin erfüllt die vergangenheitsbezogenen Anspruchsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 1. Alt. sowie die zukunftsbezogene Anspruchsvoraussetzung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 TV Zuwendung Ang-O. Sie stand am seit dem ununterbrochen als Angestellte im Arbeitsverhältnis bei dem Beklagten und ist nicht in der Zeit bis einschließlich März 2004 aus ihrem Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausgeschieden. Über die Höhe des nach § 2 Abs. 2 Satz 1 TV Zuwendung Ang-O verminderten Anspruchs besteht kein Streit.

2. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages vom die Vorschriften des TV Zuwendung Ang-O nicht erfasst hat.

a) Bei den Erklärungen der Parteien in § 2 des Arbeitsvertrages vom handelt es sich nicht um individuelle, sondern um sog. typische Willenserklärungen. Der Beklagte hat die Formulierungen in dieser Vertragsbestimmung in einer Vielzahl von Fällen für Angestellte verwendet. Die Auslegung sog. typischer Willenserklärungen durch das Berufungsgericht ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachprüfbar (st. Rspr., vgl. - DB 2006, 1499, zu B I 1 a der Gründe; - 6 AZR 698/01 -, zu 1 der Gründe; - 5 AZR 637/98 - BAGE 93, 212, 215; - 4 AZR 14/99 - BAGE 93, 328, 338, jeweils mwN). Dieser uneingeschränkten Überprüfung hält die Auslegung der Bezugnahmeklausel durch das Landesarbeitsgericht nicht stand.

b) Gemäß § 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war ( - DB 2006, 1499, zu B I 1 b der Gründe; - 6 AZR 434/00 - AP BBiG § 10 Nr. 10 = EzA BBiG § 10 Nr. 6, zu I 3 der Gründe; - 10 AZR 323/01 - EzA BetrVG 1972 § 112 Nr. 110, zu II 1 b der Gründe). Danach haben die Parteien am ein Arbeitsverhältnis für die Zeit vom bis zum vereinbart, das sich ua. nach den Vorschriften des TV Zuwendung Ang-O richten sollte.

3. Nach § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages der Parteien vom bestimmt sich das Arbeitsverhältnis für die Dauer der Mitgliedschaft des Beklagten in der TdL nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der TdL jeweils geltenden Fassung. Darüber, dass diese Bezugnahmeklausel den TV Zuwendung Ang-O erfasst hätte, wenn dieser nicht oder erst während der Vertragslaufzeit gekündigt worden wäre, besteht kein Streit.

a) Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel zwingt nicht zu der Annahme, dass die von ihr erfassten Tarifverträge nur dann Anwendung finden sollten, wenn sie bei Beginn des Arbeitsverhältnisses am noch nicht abgelaufen waren. § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages vom spricht von "der für den Bereich der TdL jeweils gültigen Fassung" und nicht davon, dass die bei Abschluss des Arbeitsvertrages gültigen Tarifverträge nur dann Anwendung finden, wenn sie auch dann noch gelten, wenn das durch den Abschluss des Arbeitsvertrages begründete Arbeitsverhältnis in Vollzug gesetzt wird und ein Leistungsaustausch stattfindet. Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel lässt die Auslegung zu, dass sich das Arbeitsverhältnis nach dem TV Zuwendung Ang-O bestimmen sollte, ungeachtet einer nachfolgenden Kündigung dieses Tarifvertrages; die Vorschriften dieses Tarifvertrages allerdings nicht statisch idF des Tarifvertrages vom zur Änderung der Zuwendungstarifverträge (Ost) Anwendung finden sollten, sondern dynamisch "in der für den Bereich der TdL jeweils gültigen Fassung".

b) Für dieses Verständnis spricht, dass die Parteien ihr Arbeitsverhältnis für die Zeit vom bis zum nicht erst nach der Kündigung des TV Zuwendung Ang-O durch die TdL am oder nach Ablauf dieses Tarifvertrages am im Nachwirkungszeitraum begründet haben. Sie haben die Laufzeit und die Arbeitsbedingungen für dieses Arbeitsverhältnis am festgelegt. An diesem Tag bestimmte sich der Anspruch auf eine Zuwendung nach dem TV Zuwendung Ang-O idF vom . Bei Abschluss des Arbeitsvertrages hatten die Parteien auch keine Kenntnis von der Kündigung dieses Tarifvertrages, die erst mit einem Schreiben vom erfolgte. Deshalb überzeugt die Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht, wonach es einer ausdrücklichen Klarstellung bedurft hätte, wenn die Parteien den TV Zuwendung Ang-O auf ihr Arbeitsverhältnis hätten anwenden wollen. Da die Vorschriften dieses Tarifvertrages bei der Vereinbarung der Bezugnahmeklausel am galten und der Tarifvertrag weder gekündigt geschweige denn abgelaufen war, war eine solche Klarstellung nicht veranlasst. Vielmehr hätte es einer Ergänzung des Arbeitsvertrages bedurft, wenn der TV Zuwendung Ang-O nach seinem Ablauf auf Grund einer Kündigung des Tarifvertrages nach der Vereinbarung der Bezugnahmeklausel auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung mehr hätte finden sollen. Das hat nicht nur der Beklagte selbst so gesehen. Er hat der Klägerin den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages angeboten mit der ausdrücklichen Regelung, dass der gekündigte TV Zuwendung Ang-O auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung findet. Auch das Bundesministerium des Inneren (BMI) und die TdL haben es für geboten gehalten, die bisher übliche Bezugnahmeklausel zu ergänzen, um Ansprüche auf Anwendung der abgelaufenen Zuwendungstarifverträge auszuschließen (Steinherr/Sponer/Schwimmbeck BAT-O Stand: August 2005 2.1.1. Anhang Nr. 1 zu II. Änderungen der Arbeitsvertragsmuster aufgrund der Kündigung der Zuwendungs- und Urlaubsgeld-Tarifverträge unter Buchst. a und b). Im Rundschreiben des BMI vom (- D II 2 - 220238/77 - D II 2 - 22019/9) heißt es ua., dass in die abzuschließenden Arbeitsverträge aufzunehmen ist, dass die gekündigten Tarifverträge über eine Zuwendung keine Anwendung finden. Auch die Mitgliederversammlung der TdL hat auf ihrer Sitzung am 7./ diese Ergänzung der üblichen Bezugnahmeklausel für geboten gehalten.

4. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach sich die Nachwirkung eines Tarifvertrages nach § 4 Abs. 5 TVG nicht auf Arbeitsverhältnisse erstreckt, die erst im Nachwirkungszeitraum begründet werden, steht dem Auslegungsergebnis nicht entgegen.

a) Finden kraft Tarifgebundenheit der Arbeitsvertragsparteien oder auf Grund arbeitsvertraglicher Bezugnahme die Rechtsnormen eines Tarifvertrages auf ein Arbeitsverhältnis Anwendung, gelten nach Ablauf des Tarifvertrages seine Rechtsnormen gemäß § 4 Abs. 5 TVG weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Sinn und Zweck dieser Nachwirkungsregelung ist es, bis zu einer solchen Änderung den Rechtszustand zu erhalten und damit dem tariflichen Ordnungsprinzip Rechnung zu tragen ( - BAGE 93, 34, 39). Arbeitsverhältnisse sollen nach Beendigung eines Tarifvertrages nicht inhaltsleer werden oder durch dispositives Gesetzesrecht ergänzt werden müssen.

b) Das Bundesarbeitsgericht verneint allerdings in ständiger Rechtsprechung eine normative Wirkung von Tarifregelungen nach § 4 Abs. 5 TVG, wenn das Arbeitsverhältnis erst während der Nachwirkungszeit begründet wird (vgl. - 1 AZR 515/57 - BAGE 6, 90; - 4 AZR 218/74 - BAGE 27, 22; - 4 ABR 60/85 - BAGE 50, 258; - 4 AZR 703/00 -BAGE 99, 283; - 1 AZR 390/01 - BAGE 101, 288). Die Begründung eines Arbeitsverhältnisses im Nachwirkungszeitraum schließt es aber nicht aus, dass die Arbeitsvertragsparteien die abgelaufenen Tarifbestimmungen einzelvertraglich in Bezug nehmen. Dies ist insbesondere bei abgelaufenen Vergütungstarifverträgen (vgl. - BAGE 54, 147, 159) nicht ungewöhnlich, kommt aber auch bei Manteltarifverträgen und sonstigen Tarifverträgen vor. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können den Inhalt des Arbeitsvertrages frei vereinbaren, soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften, Bestimmungen eines anwendbaren Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung entgegenstehen (§ 105 Satz 1 GewO). Machen die Arbeitsvertragsparteien von der Möglichkeit Gebrauch zu vereinbaren, dass die Vorschriften eines abgelaufenen Tarifvertrages Anwendung finden oder treffen sie in Kenntnis des Ablaufs eines Tarifvertrages davon abweichende, individuelle Abmachungen, ist das Arbeitsverhältnis nicht inhaltsleer.

c) Anders verhielte es sich, wenn entsprechend der Rechtsauffassung des Beklagten Bezugnahmeklauseln so auszulegen wären, dass die Anwendung der in Bezug genommenen Tarifverträge voraussetzt, dass diese noch nicht abgelaufen sind, wenn das Arbeitsverhältnis in Vollzug gesetzt wird. Das Arbeitsverhältnis würde bei Ablauf der in Bezug genommenen Tarifverträge vor diesem Zeitpunkt je nach der Regelungsdichte dieser Tarifverträge mehr oder weniger inhaltsleer und müsste durch dispositives Gesetzesrecht ergänzt werden. Ohne Bedeutung ist, dass im Entscheidungsfall "nur" der TV Zuwendung Ang-O nach der Vereinbarung der Bezugnahmeklausel gekündigt wurde. Wäre für die Frage der Nachwirkung eines abgelaufenen Tarifvertrages entsprechend der Auffassung des Beklagten und der Auslegung des Landesarbeitsgerichts nicht der Zeitpunkt der Vereinbarung der Bezugnahmeklausel oder bei einem nicht sofort angenommenen Vertragsangebot der Zeitpunkt der Abgabe des Angebots, sondern der Zeitpunkt des Vollzugs des Arbeitsverhältnisses maßgebend, könnte für den Ablauf eines Mantel- oder Vergütungstarifvertrages nichts anderes gelten als für den Ablauf eines Zuwendungstarifvertrages. Durch die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag vom haben der Beklagte und die Klägerin deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sich das Arbeitsverhältnis jedenfalls bis zu einem Austritt des Beklagten aus der TdL und der Beendigung der in Bezug genommenen Tarifverträge gerade nicht nach den gesetzlichen Bestimmungen richten sollte. Diese an Sinn und Zweck der Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Parteien orientierte Auslegung steht der Annahme entgegen, das Arbeitsverhältnis bestimme sich nicht nach den Vorschriften des TV Zuwendung Ang-O, weil dieser Tarifvertrag vor dem abgelaufen sei.

5. Soweit das Landesarbeitsgericht die Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede ausgelegt hat, setzte eine solche logisch zwingend die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers im Zeitpunkt der Vereinbarung der Bezugnahme auf den Tarifvertrag voraus (vgl. - 4 AZR 50/04 - BAGE 113, 40). Eine erst spätere Tarifgebundenheit des Arbeitgebers bei Beginn der Tätigkeit des Arbeitnehmers hinderte die Auslegung einer Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede. Auch daraus wird deutlich, dass bei der Auslegung einer Bezugnahmeklausel für die Frage, welche Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden sollen, es nicht auf den Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses, sondern auf den Zeitpunkt der Vereinbarung der Bezugnahmeklausel oder bei einem nicht sofort angenommenen Vertragsangebot auf den Zeitpunkt der Abgabe des Angebots ankommt. Die Bedingungen des Arbeitsverhältnisses legen die Parteien mit dem Arbeitsvertrag fest und nicht erst dann, wenn sie das Arbeitsverhältnis in Vollzug setzen.

6. Da eine am Wortlaut und an Sinn und Zweck der Bezugnahmeklausel orientierte Auslegung zu einem klaren Auslegungsergebnis führt, kann auf die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB nicht zurückgegriffen werden (vgl. -, NZA 2006, 923, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; - 5 AZR 128/05 - AP BGB § 305c Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 3, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

Bei Ausschöpfung der anerkannten Auslegungsmethoden verbleiben keine Zweifel, dass die Bezugnahmeklausel die Vorschriften des TV Zuwendung Ang-O erfasst hat.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
XAAAC-29098

1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein