Aufwandsentschädigung an Ratsmitglieder; Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung; Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens
Gesetze: EStG § 3 Nr. 12; FGO § 115
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Der Senat kann offenlassen, ob die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die grundsätzliche Bedeutung der von ihnen aufgeworfenen Rechtsfrage i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ausreichend dargelegt haben, denn der aufgeworfenen Frage kommt jedenfalls eine grundsätzliche Bedeutung nicht zu.
Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt; es muss sich um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage handeln (z.B. , BFH/NV 2004, 232, m.w.N.). Eine Rechtsfrage ist u.a. dann nicht klärungsbedürftig, wenn sie sich ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt oder offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das Finanzgericht (FG) getan hat. Die Rechtsfrage ist auch nicht klärungsbedürftig, wenn auf den Sachverhalt durch die Rechtsprechung geklärte Rechtsgrundsätze anzuwenden sind und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute höchstrichterliche Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage geboten erscheinen lassen (, BFHE 188, 395, BStBl II 1999, 587, m.w.N.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 28, m.w.N.). So liegt es hier:
Der BFH hat bereits in seinem Urteil vom VI R 288/66 (BFHE 92, 11, BStBl II 1968, 437) zu § 3 Nr. 12 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entschieden, dass sich die Prüfung, ob eine Aufwandsentschädigung den Aufwand des Empfängers nicht offenbar übersteigt, nicht darauf erstreckt, welche Aufwendungen dem einzelnen Steuerpflichtigen erwachsen sind, sondern darauf, ob Personen in gleicher dienstlicher Stellung im Durchschnitt der Jahre Aufwendungen etwa in Höhe der Aufwandsentschädigung erwachsen. Zur praktischen Umsetzung dieser Prüfung hat der BFH in dem genannten Urteil ausgeführt, dass die obersten Finanzbehörden der Länder zur Arbeitsvereinfachung und Gleichbehandlung der Betroffenen in geeigneter Form und im Zusammenwirken mit den obersten Aufsichtsbehörden der in Betracht kommenden öffentlichen Kassen allgemein Sätze festlegen können, die bei den einzelnen Gruppen als echte Aufwandsentschädigungen anzuerkennen sind. Die Ausführungen in dem Urteil in BFHE 92, 11, BStBl II 1968, 437 hat der BFH in seinem Urteil vom IV R 7/91 (BFHE 169, 144, BStBl II 1993, 50) ausdrücklich wiederholt und uneingeschränkt bestätigt, ohne dass dagegen in der Literatur oder von FG beachtliche Argumente vorgebracht worden sind. Dementsprechend gibt es seit Jahren für eine größere Anzahl von Fallgruppen, in denen die als Aufwandsentschädigung gezahlten Beträge den durchschnittlichen tatsächlichen Aufwand übersteigen, in Form von Erlassen und Verfügungen Verwaltungsanweisungen der obersten Finanzbehörden der Länder mit Regelungen zur Aufteilung in steuerfreie und nicht steuerfreie Anteile. Soweit die obersten Finanzbehörden keine solchen fallgruppenbezogenen Einzelanweisungen erteilt haben, sind die nachgeordneten Finanzbehörden gehalten, nach R 13 Abs. 3 bis 5 der jeweils gültigen Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) zu verfahren.
Für an Mitglieder kommunaler Vertretungen in Nordrhein-Westfalen ab 2002 gezahlte pauschale Entschädigungen und Sitzungsgelder trifft der Erlass des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen vom S 2337-3-V B 3 (EStG-Kartei Nordrhein-Westfalen § 3 EStG Fach 3 Nr. 808 VII; juris-Nr: FMNR605410001) eine fallgruppenspezifische Regelung im vorgenannten Sinne und sieht außerdem ergänzend vor, dass die Zahlungen mindestens in Höhe des in R 13 Abs. 3 Satz 3 LStR 2002 genannten Betrags von 154 € monatlich steuerfrei zu belassen sind. Damit ist die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, ob eine an Mitglieder kommunaler Vertretungen in Nordrhein-Westfalen gezahlte Aufwandsentschädigung nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG in vollem Umfang steuerfrei ist oder ob die Pauschalierungen in R 13 Abs. 3 LStR 2002 zu berücksichtigen sind, als geklärt anzusehen; sie hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO mehr. Daran ändert auch nichts, dass es im Fall des Urteils in BFHE 169, 144, BStBl II 1993, 50 um eine an einen nebenamtlichen Gemeindedirektor gezahlte Aufwandsentschädigung ging. Denn entgegen der Ansicht der Kläger besteht zwischen einem nebenamtlichen Gemeindedirektor und einem ehrenamtlich tätigen Ratsmitglied im Hinblick auf die rechtliche Beurteilung der Aufwandsentschädigung nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG kein Unterschied (vgl. auch , BFH/NV 1996, 891).
Wie der BFH ebenfalls bereits in BFHE 92, 11, BStBl II 1968, 437 und in BFHE 169, 144, BStBl II 1993, 50 (vgl. auch R 13 Abs. 4 LStR 2002) klargestellt hat und wie auch die Vorinstanz hervorhebt, bleibt es dem Steuerpflichtigen unbenommen, der Finanzbehörde im Einzelnen die ihm entstandenen Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten nachzuweisen, wenn er glaubt, dass die nur teilweise Anerkennung der ihm gewährten Aufwandsentschädigung als steuerfrei nach Maßgabe der jeweils festgelegten pauschalen Sätze nicht ausreichend sei. Da es nach geklärter Rechtslage der Klägerin freistand, tatsächlich entstandene höhere Aufwendungen nachzuweisen, sie dies aber nicht getan hat, bietet der Streitfall auch insoweit keine Gelegenheit zur Klärung einer Rechtsfrage.
2. Den geltend gemachten Verfahrensmangel der unterlassenen Einholung eines Sachverständigengutachtens über den „gewöhnlichen Mindestaufwand” von Ratsmitgliedern in Nordrhein-Westfalen haben die Kläger nicht in der erforderlichen Weise dargelegt (§ 115 Abs. 2 Nr. 3, § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Zur Darlegung des Verfahrensmangels eines übergangenen Beweisantrags gehört insbesondere der Vortrag, dass die Nichterhebung des Beweises in der nächsten mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (ständige Rechtsprechung, z.B. , BFH/NV 2002, 373, m.w.N.). Da die im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Ermittlungspflicht auf einer Verfahrensvorschrift beruht, auf deren Einhaltung ein Beteiligter ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), hat die unterlassene rechtzeitige Rüge den endgültigen Rügeverlust —auch zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde— zur Folge.
Die Kläger haben nicht vorgetragen, dass sie in der mündlichen Verhandlung vor dem FG durch ihren fachkundigen Prozessbevollmächtigten das Unterlassen der Einholung des angebotenen Sachverständigengutachtens gerügt haben. Ausweislich des Protokolls haben die Kläger in der mündlichen Verhandlung vom weder einen Beweisantrag gestellt noch das Übergehen ihres Beweisangebots aus dem Schriftsatz vom gerügt. Auch sind keine Gründe dafür erkennbar, dass die rechtzeitige Rüge des behaupteten Verfahrensmangels aufgrund des Verhaltens des FG nicht möglich gewesen wäre. Da erstinstanzlich gerade streitig war, ob durch die an die Klägerin gezahlten Aufwandsentschädigungen in voller Höhe steuerlich relevanter Aufwand (Betriebsausgaben) abgegolten worden war, und auch im Beweisangebot der Kläger im Schriftsatz vom nur allgemein von „Mindestaufwand” die Rede war, bedurfte es keines Hinweises des FG an die Kläger auf die Diskrepanz zwischen dem haushaltsrechtlichen Begriff des (Dienst-)Aufwands einerseits und dem steuerrechtlichen Begriff des Aufwands (Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten) andererseits.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 43 Nr. 1
OAAAC-28398