Bayerisches Landesamt für Steuern - S 2253 - 26 St 32/St 33

Grundstücksgemeinschaften Zurechnung von Mieteinkünften bei Wohnungsüberlassung an Miteigentümer

1. Allgemeines

Nach dem , BStBl 2004 II S. 929) ist bei der Zurechnung von Mieteineinkünften bei Wohnungsüberlassung an einen Miteigentümer wie folgt vorzugehen:

→ Prüfungsschritt  1: Wer ist Vermieter?

Zunächst ist bei Miteigentümern festzustellen, wer den objektiven Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung (VuV) verwirklicht hat. Bei Miteigentümern muss geprüft werden, ob die Miteigentümer gemeinschaftlich oder ein Miteigentümer allein das Objekt oder einen Teil davon vermietet bzw. verpachtet. Treten die Miteigentümer gemeinsam als Vermieter auf, haben sie den Einkunftstatbestand grundsätzlich gemeinschaftlich verwirklicht. Schließt nur ein Miteigentümer den Mietvertrag über eine Wohnung ab, hat er damit allein den Einkunftstatbestand des § 21 EStG realisiert. Als Vermieter bzw. Verpächter kommt in Betracht, wer die rechtliche oder tatsächliche Macht über das vermietete bzw. verpachtete Objekt hat (, BStBl 1999 II S. 360).

→ Prüfungsschritt  2: Zurechnung der Einkünfte

Danach ist zu prüfen, wem die Einkünfte zuzurechnen sind. Haben die Miteigentümer gemeinschaftlich das Objekt vermietet bzw. verpachtet, sind ihnen die Einkünfte entsprechend Ihrer Miteigentumsanteile zuzurechnen. Das gilt unabhängig davon, ob und in welchem Umfang der bzw. die Miteigentümer andere Wohnungen selbst nutzen. Trat z.B. nur ein Miteigentümer als Vermieter bzw. Verpächter auf, sind ihm die Einkünfte allein zuzurechnen (dann also keine gesonderte Feststellung).

Vermietung an Miteigentümer

Wird eine Wohnung durch eine Grundstücksgemeinschaft an einen Miteigentümer (oder dessen Ehegatten) vermietet und nutzt dieser das gemeinschaftliche Wohnhaus über seinen Miteigentumsanteil hinaus, erzielt der andere bzw. die anderen Miteigentümer bezüglich der „Mehrnutzung” anteilig Einkünfte aus VuV ( a.a.O.). Wird einem Miteigentümer ein weiter gehender Gebrauch an der gemeinschaftlichen Sache eingeräumt, steht dem (bzw. den) anderen Miteigentümer(n) für den Verzicht aus seinem (ihrem) Mitgebrauchsrecht ein Entschädigungsanspruch zu. Dieser Entschädigungsanspruch kann in ein Mietverhältnis gekleidet werden, das auch steuerlich anzuerkennen ist.

2. Einzelfälle

Nach dem Ergebnis einer Erörterung auf Bundesebene bittet das Landesamt, in den nachfolgenden Einzelfällen wie folgt zu verfahren:


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Fall 1:
A und B vermieten gemeinsam, beide sind Miteigentümer eines ZFH
(BFH-Fall)

Sachverhalt:

A und B sind zu je 1/2 Miteigentümer eines von ihnen mit Kaufvertrag vom und sofortigem Lastenwechsel angeschafften ZFH (Baujahr 1994) mit zwei gleich großen und gleich ausgestatteten Wohnungen. Die AK des Grundstücks betrugen 380.000 Euro (Anteil Grund und Boden 80.000 Euro). Die grundstücksbezogenen und nutzungsabhängigen Aufwendungen für das Gebäudegrundstück (wie z.B. Schuldzinsen, aber ohne Gebäude-AfA) betragen im Jahr 2005 4.000 Euro. Die lineare Gebäude-AfA beträgt jährlich 6.000 Euro (300.000 Euro × 2 v.H.) (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG). Die Wohnungen wurden im Jahr 2005 wie folgt genutzt:


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Wohnung
Nutzung
Mieteinnahme
mit Umlagen
Obergeschoss
A und B vermieten an einen fremden Mieter
6.000 Euro
Erdgeschoss
A und B vermieten an B für Bürozwecke
6.000 Euro

Ergebnis Fall 1:

OG-Whg:

Aus der Vermietung erzielen A und B gemeinschaftliche Einkünfte. Im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung sind ihnen die Einkünfte wie folgt zuzurechnen:


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Miete OG-Wohnung
6.000 Euro
Werbungskosten
./. 5.000 Euro
Einkünfte nach § 21 EStG
+ 1.000 Euro
Anteil A
+ 500 Euro
Anteil B
+ 500 Euro

EG-Whg:


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A:
Nur A erzielt aus der Vermietung Einkünfte aus VuV. Das Mietverhältnis ist nur
insoweit anzuerkennen, als B die Wohnung über seinen Miteigentumsanteil hin-
aus gegen Entgelt nutzt. Die Einkunftsermittlung des A sieht wie folgt aus:
Anteilige Miete EG.Wohnung
3.000 Euro
Anteilige Werbungskosten
./. 2.500 Euro
Weitere Einkünfte nach § 21 EStG des A
+ 500 Euro
B:
Soweit B die Wohnung entsprechend seinem Miteigentumsanteil nutzt, liegt eine
nicht anzuerkennende Vermietung an sich selbst vor. B kann aber – neben der
anteiligen Miete an A – die Aufwendungen (anteilige AfA, anteilige Grundstücks-
kosten) der EG-Wohnung entsprechend seinem Miteigentumsanteil bei seiner
steuerlich relevanten Tätigkeit als Betriebsausgaben (BA) abziehen.


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Fall 2:
A vermietet allein, B nutzt selbst

Sachverhalt:

Wie Fall 1, nur wurden die Wohnungen im Jahr 2005 wie folgt genutzt:


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Wohnung
Nutzung
Mieteinnahme
mit Umlagen
Obergeschoss
A vermietet an einen fremden Mieter
6.000 Euro
Erdgeschoss
Nutzung durch B als Büro ohne Mietvertrag
keine

Ergebnis Fall 2:

OG-Whg:

A vermietet die OG-Wohnung. Er hat damit allein den Tatbestand des § 21 EStG erfüllt. Die AK seines Miteigentumsanteils entfallen auf die vermietete Wohnung. Seine AfA-BMG beträgt 150.000 Euro (75.000 Euro, weil er Eigentümer ist und weitere 75.000 Euro als sog. Eigenaufwand, der wie ein materielles Wirtschaftsgut zu behandeln ist; H 4.7 „Eigenaufwand” EStH 2005). Die Einkunftsermittlung sieht wie folgt aus:


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Miete OG-Wohnung
6.000 Euro
Anteilige Werbungskosten
./. 5.000 Euro
Einkünfte nach § 21 EStG des A
+ 1.000 Euro

EG-Whg:

B kann die auf die EG-Wohnung entfallenden Aufwendungen (anteilige AfA 3.000 Euro zuzüglich anteilige Grundstückskosten 2.000 Euro) bei seiner steuerlich relevanten Tätigkeit als BA abziehen. Zur einen Hälfte, weil er Eigentümer ist; zur anderen Hälfte, weil er die Aufwendungen insoweit aus eigenem betrieblichen Interesse getragen hat (H 4.7 „Eigenaufwand” EStH 2005).


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Fall 3:
A und B nutzen selbst

Sachverhalt:

Wie Fall 1, nur wurden die Wohnungen im Jahr 2005 wie folgt genutzt:


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Wohnung
Nutzung
Mieteinnahme
mit Umlagen
Obergeschoss
Nutzung durch A als Büro ohne Mietvertrag
keine
Erdgeschoss
Nutzung durch B als Büro ohne Mietvertrag
keine

Ergebnis Fall 3:

Mangels Mietverhältnis hat weder A noch B den Einkünftetatbestand des § 21 EStG erfüllt.

A und B können jeweils die Aufwendungen für die von ihnen genutzten Gebäudeteile (z.B. AfA, Schuldzinsen) i.H. von 5.000 Euro als BA bei ihren steuerlich relevanten Tätigkeiten ansetzen. Die Abzugsberechtigung ergibt sich zur Hälfte aufgrund zivilrechtlichen Eigentums, hinsichtlich der anderen Hälfte aufgrund der Tatsache, dass sie die Aufwendungen insoweit aus eigenem betrieblichen Interesse getragen haben (H 4.7 „Eigenaufwand” EStH 2005).


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Fall 4:
Teilweise gemeinsame Vermietung und teilweise Selbstnutzung

Sachverhalt:

Wie Fall 1, nur wurden die Wohnungen im Jahr 2005 wie folgt genutzt:


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Wohnung
Nutzung
Mieteinnahme
mit Umlagen
Obergeschoss
A und B vermieten an einen fremden Mieter
6.000 Euro
Erdgeschoss
Nutzung durch B als Büro ohne Mietvertrag
keine

Ergebnis Fall 4:

OG-Whg:

Aus der Vermietung erzielen A und B gemeinschaftliche Einkünfte. Im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung sind A und B jeweils Vermietungseinkünfte i.H. von 500 Euro (6.000 Euro ./. 5.000 Euro = 1.000 Euro × ½) zuzurechnen.

EG-Whg:

B kann die Aufwendungen für die EG-Wohnung (u.a. AfA, Schuldzinsen) im Rahmen seiner steuerlich relevanten Einkünfte (z.B. § 18 EStG) als BA abziehen (Nettoprinzip).

Die Abzugsberechtigung ergibt sich zur Hälfte aufgrund zivilrechtlichen Eigentums. Hinsichtlich der anderen Hälfte aufgrund der Tatsache, dass er die Aufwendungen insoweit aus eigenem betrieblichen Interesse getragen hat (H 4.7 „Eigenaufwand” EStH 2005). (Hinweis: Voraussetzung ist aber, dass B diese Aufwendungen auch tatsächlich getragen hat.)


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Fall 5:
Gemeinsame Vermietung zu Wohnzwecken

Sachverhalt:

Wie Fall 1, nur wurden die Wohnungen wie folgt genutzt:


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Wohnung
Nutzung
Mieteinnahme
mit Umlagen
Obergeschoss
A und B vermieten an B für eigene Wohn-
zwecke
6.000 Euro
Erdgeschoss
A und B vermieten an A für eigene Wohn-
zwecke
6.000 Euro

Ergebnis Fall 5:

Die Mietverhältnisse sind steuerlich nicht anzuerkennen, weil die Überkreuzvermietung zur Umgehung der Konsumgutregelung führen würde. Nach dem (a.a.O.) ist eine Vermietung unter Miteigentümern steuerrechtlich anzuerkennen, wenn die Nutzung des gemeinschaftlichen Gegenstands durch einen Miteigentümer über seinen Miteigentumsanteil hinausreicht. Im vorliegenden Fall nutzten A und B das Gebäude jedoch lediglich jeweils im Rahmen ihres hälftigen Miteigentumsanteils.

Dass A und B hinsichtlich ihrer Selbstnutzung aufgrund ihrer Miteigentumsstellung lediglich Anspruch auf die hälftige Eigenheimzulage (weil Altfall vor ) haben, ändert an der steuerrechtlichen Würdigung des Falls hinsichtlich der Einkünfte aus VuV nichts.

Hinweis zur Eigenheimzulage:

A und B steht grundsätzlich EigZul zu, weil der Kaufvertrag vor dem geschlossen wurde (Altfall). Sie kann vorliegend nur entsprechend dem Miteigentumsanteil (95.000 Euro × 1 v.H. = 950 Euro, aber max. 1.250 Euro ×  1/2 ) mit jährlich 625 Euro gewährt werden (Rz 56 Satz 5 EigZul-Erlass, Anhang 34 V EStH 2005). Wäre der Anspruch auf EigZul (Kaufvertrag oder Bauantrag) vor dem begründet worden, hätte die EigZul 190.000 Euro × 1 v.H. = 1.900 Euro, aber max. 1.250 Euro) 1.250 Euro betragen (Stichwort: Nutzung kraft Rechtszuständigkeit, Rz 94 Satz 2 EigZul-Erlass).


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Fall 6:
A und B vermieten teilweise allein

Sachverhalt:

Wie Fall 1, nur wurden die Wohnungen wie folgt genutzt:


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Wohnung
Nutzung
Mieteinnahme
mit Umlagen
Obergeschoss
A vermietet 50 v.H. der Wohnung an B für
Bürozwecke
3.000 Euro
Erdgeschoss
B vermietet 50 v.H. der Wohnung an A für
Bürozwecke
3.000 Euro

Ergebnis Fall 6:

Die Mietverhältnisse sind nicht anzuerkennen, weil die Nutzung des gemeinschaftlichen Gegenstands durch die Miteigentümer jeweils ihrem Eigentumsanteil entspricht. Jedem Eigentümer wird entsprechend § 743 Abs. 2 BGB ein seinem Miteigentumsanteils entsprechender Gebrauch der gemeinschaftlichen Sache eingeräumt.

A und B können ihre Aufwendungen (u.a. AfA, Schuldzinsen) im Rahmen ihrer steuerlich relevanten Einkünfte (z.B. § 18 EStG) als BA abziehen. Die Abzugsberechtigung ergibt sich zur Hälfte aufgrund zivil-rechtlichen Eigentums. Bezüglich, der anderen Hälfte aufgrund der Tatsache, dass sie die Aufwendungen insoweit aus eigenem betrieblichen Interesse getragen haben (H 4.7 „Eigenaufwand” EStH 2005).


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Fall 7:
Vermietete Eigentumswohnungen

Sachverhalt:

Grundsätzlich wie Fall 1, nur sind A und B zu je ½ Miteigentümer eines Grundstücks mit zwei Eigentumswohnungen (ETW) Die OG-ETW gehört A; die EG-ETW gehört B. Die Wohnungen sind gleich groß und gleich ausgestattet.


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Wohnung
Nutzung
Mieteinnahme
mit Umlagen
Obergeschoss
A vermietet an B für eigene Wohnzwecke
6.000 Euro
Erdgeschoss
B vermietet an A für eigene Wohnzwecke
6.000 Euro

Ergebnis Fall 7:

Die Mietverhältnisse – und damit die Mietverluste – sind steuerlich nicht anzuerkennen. Die Überkreuzvermietung stellt einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten dar ( BStBl 1991 II S. 904).


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Fall 8:
Eheleute ohne Mietvertrag

Sachverhalt:

Die Eheleute M und F sind zu je ½ Miteigentümer eines EFH. Das Haus wird wie folgt genutzt:


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Wohnung
Nutzung
Mieteinnahme
mit Umlagen
Erdgeschoss
Nutzung als gemeinsame Familienwohnung
keine
Arbeitszimmer
im Keller-G.
Nutzung durch M für Bürozwecke ohne Mietver-
trag
keine

Ergebnis Fall 8:

M kann die Aufwendungen für das häusliche Arbeitzimmer (u.a. AfA, Schuldzinsen) im Rahmen seiner steuerlich relevanten Einkünfte (z.B. § 18 EStG) als BA bzw. WK abziehen. Die Abzugsberechtigung ergibt sich zur Hälfte aufgrund zivilrechtlichen Eigentums. Hinsichtlich der anderen Hälfte aufgrund der Tatsache, dass er die Aufwendungen insoweit aus eigenem betrieblichen/beruflichen Interesse getragen hat (H 4.7 „Eigenaufwand” EStH 2005).

Die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG ist aber zu berücksichtigen.


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Fall 9:
Eheleute und Mietvertrag

Sachverhalt:

Wie Fall 8, nur wird das Haus wie folgt genutzt:


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Wohnung
Nutzung
Mieteinnahme
mit Umlagen
Erdgeschoss
Nutzung als gemeinsame Familienwohnung
keine
Arbeitszimmer
im Keller-G.
M und F vermieten an M für Bürozwecke (mit
Mietvertrag)
– 1.000 Euro

Ergebnis Fall 9:

Das Mietverhältnis ist steuerlich nicht anzuerkennen, weil ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten vorliegt. Es sind keine wirtschaftlichen oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe zu erkennen, die ein solches Mietverhältnis rechtfertigen würden, da bei Familienwohnungen Eheleute die Einrichtung eines Arbeitszimmers entsprechend Fall 8 rechtlich ausgestalten würden. Vielmehr dient die Vermietung des Arbeitszimmers lediglich zur Umgehung der Abzugsbeschränkung nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG.

Ebenso ist zu entscheiden, wenn F ihren „halben” Anteil am Arbeitszimmer an M vermieten würde.

M kann – wie im Fall 8 – die Aufwendungen für das häusliche Arbeitzimmer (u.a. AfA, Schuldzinsen) grundsätzlich im Rahmen seiner steuerlich relevanten Einkünfte (z.B. § 18 EStG) abziehen. Die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG ist aber auch hier zu berücksichtigen.

Zeitliche Anwendung

Die Grundsätze dieser Verfügung sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Sofern bisher z. T. eine andere Auffassung vertreten worden sein sollte, ist diese überholt.

Die Vfg. entspricht inhaltlich der .

Bayerisches Landesamt für Steuern v. - S 2253 - 26 St 32/St 33

Fundstelle(n):
QAAAC-26290