Drei-Objekt-Grenze beim gewerblichen Grundstückshandel; Gewährung rechtlichen Gehörs; Rüge fehlerhafter Rechtsanwendung;
Gesetze: EStG § 15 Abs. 2; FGO § 96; FGO § 115
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Ihre Begründung entspricht zum Teil nicht den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO— (s. unter 3.a, b, d und 4.). Im Übrigen sind die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) geltend gemachten Zulassungsgründe nicht gegeben (s. unter 1., 2., 3. c).
1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage durch den Bundesfinanzhof (BFH) in dem angestrebten Revisionsverfahren aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt; die Frage muss darüber hinaus klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig sind (vgl. , BFH/NV 2004, 232, m.w.N.). Das ist vorliegend nicht der Fall.
Die von den Klägern aufgeworfenen Rechtsfragen stellen sich im Streitfall nicht; denn die Rechtsprechungs-Grundsätze zum gewerblichen Grundstückshandel, von denen auch das Finanzgericht (FG) ausgegangen ist, gelten generell für alle Fälle einer Abgrenzung zur privaten (nur fruchtziehenden) Vermögensverwaltung. Zudem sind mit dem Kläger-Vorbringen auch einzelne Sachverhaltselemente des Streitfalls angesprochen, die das FG im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls (§ 118 Abs. 2 FGO) als Tatfrage zu beurteilen hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom IX B 189/04, BFH/NV 2005, 1363; vom VI B 161/00, BFH/NV 2003, 793). Für deren Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) wären zudem angesichts der vom FG nach dessen insoweit maßgebenden materiell-rechtlichen Standpunkt vorgenommenen Gesamtwürdigung Ausführungen (vgl. , BFH/NV 2004, 65) angezeigt gewesen.
In derartigen Fällen kommt auch eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) nicht in Betracht.
2. Auch ist eine Entscheidung des BFH zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) nicht erforderlich; eine Abweichung des FG von der BFH-Rechtsprechung ist nicht gegeben.
a) Hinsichtlich der sog. Drei-Objekt-Grenze hat das FG die Rechtsprechungs-Grundsätze ausdrücklich übernommen und unter Bezug auf Zitate aus der BFH-Rechtsprechung erläutert. Es hat Objektzahl und engen zeitlichen Zusammenhang nur als Beweisanzeichen (Indizien) angesehen; trotz Überschreitens der Drei-Objekt-Grenze waren daher eindeutige Anhaltspunkte erforderlich, die gleichwohl gegen einen gewerblichen Grundstückshandel sprachen. Solche Anhaltspunkte hat das FG erörtert (Urteil S. 11 unten), sie aber entgegen der Ansicht der Kläger nicht als „wesentlich” bezeichnet, sondern im Rahmen der Gesamtwürdigung nicht als durchgreifend angesehen. In diesem Zusammenhang von vornherein unbeachtlich ist das neue tatsächliche Vorbringen der Kläger zur Kostenkalkulation hinsichtlich der in Versteigerungen erworbenen und verkauften Objekte; denn auch im Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision ist der BFH an die tatsächlichen Feststellungen des FG gebunden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO; , BFH/NV 2000, 721).
b) Auch hinsichtlich der Gewinnerzielungsabsicht geht das FG im Einklang mit der BFH-Rechtsprechung (vgl. Urteile vom IV R 74/95, BFHE 181, 19, BStBl II 1996, 599, unter II.; vom VIII R 14/99, BFHE 199, 551, BStBl II 2002, 811, unter 1. b bb, m.w.N.) davon aus, dass bei der Prüfung der Drei-Objekt-Grenze Grundstücke, die ohne Gewinnerzielungsabsicht zum Selbstkostenpreis oder darunter verkauft werden, nicht einzubeziehen sind. Insoweit entnehmen die Kläger dem FG-Urteil einen von diesem nicht verwendeten Rechtssatz.
c) Schließlich ist dem FG-Urteil auch nicht der „versteckte Rechtsgrundsatz” zu entnehmen, dass eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr durch Veräußerungen an nahe Angehörige in Frage gestellt wird. Vielmehr hat das FG bei den Veräußerungen an die Söhne der Kläger lediglich die Fremdüblichkeit bestimmter in den Grundstückskaufverträgen enthaltenen Regelungen im Rahmen einer einzelfallbezogenen Würdigung (vgl. etwa BFH-Beschlüsse vom I B 2/02, BFH/NV 2003, 488, unter II. 2. a; vom IX B 30/03, BFH/NV 2003, 1206) verneint. Damit wurde aber das Merkmal der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr weder (auch nur indirekt) angesprochen noch überhaupt wegen der Verkäufe an Angehörige in Zweifel gezogen.
3. Die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) sind zum Teil nicht hinreichend und schlüssig dargelegt (vgl. § 116 Abs. 3 Satz 3), im Übrigen liegen sie nicht vor.
a) Die Ausführungen der Kläger zu bestimmten Punkten (Verzinsung, Renditeerwartung, Gewinnerzielungsabsicht, Zwangsvollstreckungsunterwerfung) ergeben keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—, § 96 Abs. 2, § 93 Abs. 1 FGO). Denn das FG ist weder zu einem Rechtsgespräch noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung, mithin nicht dazu verpflichtet, die maßgebenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte mit den Beteiligten vorher umfassend und im Einzelnen zu erörtern oder ihnen die einzelnen für die Entscheidung erheblichen Gesichtspunkte, Schlussfolgerungen oder das Ergebnis einer Gesamtwürdigung im Voraus anzudeuten oder mitzuteilen (z.B. BFH-Beschlüsse vom VII B 257/01, BFH/NV 2002, 1498; vom X B 132/02, BFH/NV 2004, 495; vom III B 33/05, BFH/NV 2006, 568). Auf nahe liegende tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte braucht es zumindest dann nicht hinzuweisen, wenn die Beteiligten fachkundig vertreten sind (vgl. BFH-Beschlüsse vom X B 56/01, BFH/NV 2002, 947; vom XI B 4/02, BFH/NV 2003, 802). Jedenfalls soll die Eigenverantwortlichkeit der Beteiligten weder eingeschränkt noch beseitigt werden. Daher muss selbst dann, wenn die Rechtslage umstritten ist, ein Beteiligter grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag darauf einrichten (vgl. , BFHE 185, 422, BStBl II 1998, 383, m.w.N.; , BFH/NV 2005, 2211, unter II. 2. b).
So legen die Kläger —abgesehen von fehlenden Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit— insbesondere nicht dar, weshalb sie, obwohl in der mündlichen Verhandlung fachkundig vertreten, nicht von sich aus Korrekturen oder Ergänzungen hinsichtlich des festzustellenden Sachverhaltes vorgetragen, eigene zusätzliche rechtliche Überlegungen eingebracht und ordnungsgemäße Beweisanträge gestellt haben (vgl. § 295 der Zivilprozessordnung —ZPO— i.V.m. § 155 FGO). Insoweit ist der Gesichtspunkt der (im Schriftsatz der Kläger vom erwähnten) Renditeerwartung angesprochen, der lediglich einen Aspekt im Rahmen der erforderlichen einzelfallbezogenen Gesamtwürdigung des FG darstellt; hinsichtlich der Frage der Gewinnerzielungsabsicht bleibt deren Entscheidungserheblichkeit unklar, geht doch das FG von einer durch die Kläger verwirklichten Einkünfteerzielungsabsicht, wenn auch bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, aus. Im Übrigen hatten die Kläger hinreichend Gelegenheit, sich zu der Fremdüblichkeit der Kaufverträge mit Blick auf die Verzinsung und die Zwangsvollstreckungsunterwerfung spätestens in der mündlichen Verhandlung zu äußern, zumal sie selbst Vergleichsverträge in das Verfahren eingebracht haben. Eine unzulässige Überraschungsentscheidung und damit eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt daher nicht vor (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom III B 94/02, BFH/NV 2003, 1591; vom X B 126/05, BFH/NV 2006, 1125).
b) Soweit die Kläger eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) durch Übergehen von Beweisanträgen oder —auch ohne entsprechenden Beweisantritt— wegen unterlassener Amtsermittlung rügen, fehlt es an den für eine hinreichende Darlegung erforderlichen genauen Angaben und Ausführungen zu bestimmten Punkten (z.B. BFH-Beschlüsse vom X B 115/97, BFH/NV 1999, 630; vom X B 42/02, BFH/NV 2003, 70, sowie vom VII B 53/03, BFH/NV 2004, 978; vom IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43).
So ist schon fraglich, ob der im Schriftsatz vom gestellte und im Schriftsatz vom (vermeintlich) wiederholte Beweisantrag hinreichend substantiiert (spezifizierte Bezeichnung von Beweisthema und Beweismittel) war. Jedenfalls wurde ein solcher Antrag wie auch andere Beweisanträge ausweislich des Sitzungsprotokolls (zu dessen Beweiskraft s. § 94 FGO i.V.m. § 165 ZPO; vgl. BFH-Beschlüsse vom IX B 53/00, BFH/NV 2001, 631; vom X B 20/03, BFH/NV 2003, 1085) in der mündlichen Verhandlung vom weder wiederholt noch erstmals gestellt; der Antrag auf Protokollberichtigung (vgl. § 94 FGO i.V.m. § 164 ZPO) wurde zurückgewiesen, der Nachweis der Fälschung (s. § 94 FGO i.V.m. § 165 Satz 2 ZPO) nicht geführt. Daher haben die Kläger —vor dem FG rechtskundig vertreten— hinsichtlich des Übergehens von Beweisanträgen als verzichtbarem Verfahrensmangel ihr Rügerecht durch rügelose Verhandlung zur Sache und damit durch bloßes Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren (§ 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO; vgl. BFH-Beschlüsse vom IX B 149/00, BFH/NV 2001, 1037; vom IV B 98/01, BFH/NV 2003, 326). Hinsichtlich der Rüge der unterlassenen Amtsermittlung wird zudem nicht dargetan, inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (vgl. BFH-Beschlüsse vom X B 104/04, BFH/NV 2005, 1860; vom X B 51/05, BFH/NV 2006, 116).
c) Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das FG seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens, also den gesamten konkretisierten Prozessstoff (vgl. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 96 Rz. 8; Beermann in Beermann/ Gosch, § 115 FGO Rz. 171) zugrunde zu legen; insbesondere ist der Inhalt der vorgelegten Akten und das Vorbringen der Prozessbeteiligten vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen (vgl. BFH-Beschlüsse vom VI B 70/02, BFH/NV 2003, 798; vom VII B 167/03, BFH/NV 2005, 62). Ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ist ein Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (vgl. BFH-Beschlüsse vom XI B 180/01, BFH/NV 2004, 525; vom II B 26/03, BFH/NV 2004, 1546). Im Streitfall liegt ein solcher Verfahrensfehler nicht vor.
§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO gebietet allerdings nicht, alle im Einzelfall gegebenen Umstände im Urteil zu erörtern. Vielmehr ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass ein Gericht auch denjenigen Akteninhalt in Erwägung gezogen hat, mit dem es sich in den schriftlichen Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich auseinander gesetzt hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom IX B 130/01, BFH/NV 2002, 802; vom X B 102/02, BFH/NV 2003, 1209).
So hat das FG das tatsächliche Vorbringen der Kläger, auch aus den Schriftsätzen vom und (betr. Verzinsung und Veräußerungsauftrag), im Tatbestand seines Urteils (S. 4, 6) nicht nur zur Kenntnis genommen, es hat sich auch in den Entscheidungsgründen damit auseinander gesetzt (S. 10, 11). Die gerügte Aktenwidrigkeit hinsichtlich des Erwerbszeitpunkts ist nicht entscheidungserheblich und im Übrigen gewichten und würdigen die Kläger den Akteninhalt lediglich anders als das FG. Ihr Vorbringen richtet sich vielmehr gegen die von dem FG aus dem Akteninhalt gezogenen tatsächlichen Schlussfolgerungen, mithin dessen Beweiswürdigung, die zum Bereich der Rechtsanwendung gehört und deren (möglicherweise zu rügende) Fehlerhaftigkeit eine Zulassung der Revision nicht rechtfertigen kann (vgl. , BFH/NV 2001, 605).
d) Soweit schließlich das Vorbringen der Kläger mit Schriftsatz vom , dem FG-Urteil fehle es an „Klarheit und Bestimmtheit” und es verstoße gegen „Denkansätze”, nicht nur erläuternder und ergänzender Natur ist, sind diese erst nach Ablauf der Begründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO) vorgetragenen Ausführungen nicht zu berücksichtigen (vgl. BFH-Beschlüsse vom X B 152/02, BFH/NV 2003, 1603; vom V B 230/03, BFH/NV 2005, 80).
4. Letztlich setzen die Kläger in der Auseinandersetzung mit dem FG-Urteil ihre eigene Tatsachen- und Beweiswürdigung und Rechtsansicht anstelle der des FG und rügen die ihrer Ansicht nach unzutreffende Anwendung der BFH-Rechtsprechung auf den im Streitfall gegebenen Sachverhalt. Mit der darin liegenden Rüge der fehlerhaften Rechtsanwendung durch das FG machen sie materiell-rechtliche Fehler, also sachliche Unrichtigkeit des FG-Urteils geltend. Damit kann jedoch die Zulassung der Revision nicht erreicht werden, wenn für einen darüber hinausgehenden offensichtlichen Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht —wie hier— keine Anhaltspunkte ersichtlich sind (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom V B 77/00, BFH/NV 2002, 359; vom IX B 239/02, BFH/NV 2005, 1052).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 80 Nr. 1
KAAAC-25605