Berechnung der Spekulationsfrist; Kapitalerhöhung gegen Einlage als entgeltlicher Erwerb; Darlegung einer Sachaufklärungsrüge
Gesetze: EStG § 23; AO § 41; GmbHG § 17; FGO § 115
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Zulassungsgründe i.S. von § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind, soweit geltend gemacht, nicht gegeben.
Hinsichtlich der Versäumung der Begründungsfrist durch den Prozessbevollmächtigten der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wird diesen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO gewährt. Der Prozessbevollmächtigte hatte anlässlich seines Aufenthaltes in England dem aufgrund ca. einjähriger Zusammenarbeit als zuverlässig bekannten persönlichen Mitarbeiter des besuchten englischen Mandanten eine konkrete Einzelanweisung zur Übersendung des Begründungsschriftsatzes erteilt, die dieser allerdings hinsichtlich der ordnungsgemäßen Überprüfung der Versendung trotz entsprechender Instruktion nicht befolgte. Dieses Versäumnis ist indes unverschuldet, denn ein Rechtsanwalt oder Steuerberater darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass ein zuverlässiger Mitarbeiter seinen konkreten Anweisungen folgt (vgl. , BFHE 205, 9, BStBl II 2004, 564, m.w.N.)
1. Soweit die Kläger rügen, bei der durchgeführten Kapitalerhöhung fehle es mangels Gegenleistung an einem Anschaffungsvorgang und mithin an einem entgeltlichen Erwerb, wird kein Zulassungsgrund i.S. von § 115 Abs. 2 FGO bezeichnet. Mit diesem (konkludent) behaupteten bloßen Rechtsanwendungsfehler kann —selbst wenn er vorläge— die Zulassung der Revision aber nicht erreicht werden. Im Übrigen geht auch der BFH bei einer Kapitalerhöhung gegen Einlage von einem Anschaffungsvorgang aus (vgl. , BFHE 207, 543, BStBl II 2006, 12).
2. Entgegen der Ansicht der Kläger weicht die Vorentscheidung nicht vom (BFHE 196, 567, BStBl II 2002, 10) ab.
Grundsätzlich sind für die Berechnung des Zeitraums zwischen Anschaffung und Veräußerung die Zeitpunkte maßgebend, in denen die obligatorischen Verträge abgeschlossen wurden (vgl. , BFH/NV 2003, 1171; vom IX R 70/96, BFHE 190, 425, BStBl II 2000, 262; vom X R 49/91, BFHE 173, 144, BStBl II 1994, 687, m.w.N.); in seinem Urteil in BFHE 196, 567, BStBl II 2002, 10, hat der BFH bei einem (wegen vollmachtloser Vertretung auf der Erwerberseite) schwebend unwirksamen —genehmigungsbedürftigen— Rechtsgeschäft (vgl. § 177 Abs. 1, § 184 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs —BGB—) indes auf den Zeitpunkt der Genehmigung und nicht auf den Zeitpunkt der zivilrechtlich rückwirkenden Wirksamkeit des Vertragsabschlusses abgestellt; denn frühestens vom Zeitpunkt der Genehmigung an können tatsächlich und rechtlich alle Folgerungen aus dem bisher schwebend unwirksamen Vertrag gezogen werden.
Von diesen Grundsätzen ist auch das Finanzgericht (FG) ausgegangen. Es hat den Verkauf der Anteile mit Vertrag vom als maßgebendes Veräußerungsgeschäft i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) angesehen, da mit diesem Vertrag „rechtswirksam bereits alle bindenden Abmachungen hinsichtlich des Eigentumsübergangs getroffen” waren; nach den nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffenen und damit bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) geschah dies „unter Mitwirkung des GmbH-Geschäftsführers” und der Zustimmung aller Gesellschafter auf der gleichen Tags stattfindenden Gesellschafterversammlung. Damit lagen —anders als im Fall des BFH-Urteils in BFHE 196, 567, BStBl II 2002, 10— schon zu diesem Zeitpunkt bindende Vertragserklärungen beider Vertragspartner vor. Dem stehen weder die nicht eingehaltenen Formalien des Beschlusses der Gesellschafterversammlung entgegen noch der Einwand der (vermeintlich) fehlenden, vom Geschäftsführer der Gesellschaft zu erteilenden Zustimmung der Gesellschaft (vgl. § 17 Abs. 1, 2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung —GmbHG—); denn zum einen wurde nicht vorgetragen, dass dieser Vertragsvorgang wegen der vom Kläger aufgezeigten Mängel angefochten wurde, zum anderen wurde der Kaufpreis dem Kläger schon vor dem vereinbarten Rechtsübergang überwiesen, und die Vertragsbeteiligten haben „am wirtschaftlichen Ergebnis festgehalten” (vgl. § 41 Abs. 1 der Abgabenordnung —AO 1977—).
3. Soweit der Kläger „erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken” (Verlängerung der Spekulationsfrist durch das Steuerentlastungsgesetz —StEntlG— 1999/2000/2002 vom , BGBl I 1999, 402, als Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot) gegen die angefochtene —insoweit vorläufige— Steuerfestsetzung geltend macht, hat die Nichtzulassungsbeschwerde ebenfalls keinen Erfolg.
Insoweit ist kein Zulassungsgrund gegeben (vgl. auch , BFHE 206, 358, BStBl II 2004, 1000); denn nach dem (BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284) wird die Regelung in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/ 2002 mit dem Grundgesetz (GG) insoweit als unvereinbar angesehen, als danach auch private Grundstücksveräußerungsgeschäfte nach dem , bei denen zu diesem Stichtag die zuvor geltende Spekulationsfrist von zwei Jahren (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG a.F.) bereits abgelaufen war, übergangslos der Einkommensbesteuerung unterworfen werden. Im Streitfall hingegen war die bis zum Stichtag gültige sechsmonatige Spekulationsfrist noch nicht abgelaufen, zudem hätte der Kläger in Kenntnis der auf ein Jahr verlängerten Spekulationsfrist hinreichend reagieren können.
4. Soweit die Kläger die Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) durch Übergehen eines Beweisantrags oder von Amts wegen erforderlicher Sachaufklärung rügen, ist nicht ersichtlich, inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunktes des FG (vgl. BFH-Beschlüsse vom X B 162/05, BFH/NV 2006, 1332; vom IX B 168/04, BFH/NV 2005, 1829) zu einer anderen Entscheidung hätte führen können oder weshalb sich dem FG die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom VII B 53/03, BFH/NV 2004, 978; vom IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43, jeweils m.w.N.). Das FG hatte im Streitfall nämlich die weitere Sachaufklärung und angestrebte Beweisaufnahme auf der Basis seines Rechtsstandpunktes gerade für entbehrlich gehalten (FG-Urteil S. 13). Entsprechend ist auch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO) gegeben.
5. Der Gesichtspunkt der möglichen Privatinsolvenz bei Besteuerung des Veräußerungsgeschäfts kann als Billigkeitserwägung in diesem vom Billigkeitsverfahren unabhängigen Steuerfestsetzungsverfahren nicht berücksichtigt werden (vgl. , BFHE 152, 310, BStBl II 1988, 402; vom V R 22/94, BFHE 177, 545, BStBl II 1995, 567); zudem handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen, das auch im Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision angesichts der Bindung an die tatsächlichen Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) von vornherein unbeachtlich bleibt (vgl. , BFH/NV 2003, 186, m.w.N.).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 31 Nr. 1
MAAAC-25600