Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen.
Nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO sind im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde darzulegen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Es kann dahin stehen, ob die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) die geltend gemachten Verfahrensmängel ordnungsgemäß dargelegt hat. Denn sie liegen jedenfalls nicht vor.
1. Das Finanzgericht (FG) hat nicht gegen den klaren Inhalt der Akten verstoßen. Ein Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten ist nur dann ein Zulassungsgrund, wenn er gleichzeitig einen Verfahrensfehler darstellt. Die hierfür erforderliche Verletzung des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO liegt vor, wenn das FG bei seiner Überzeugungsbildung eine nach Aktenlage feststehende Tatsache unberücksichtigt lässt bzw. bei seiner Entscheidung vom Nichtvorliegen einer solchen Tatsache ausgeht (z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom X B 76/96, BFH/NV 1997, 246, und vom X B 97/02, BFH/NV 2004, 52; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz. 80, m.w.N.).
Im vorliegenden Fall hat das FG sowohl das Schreiben des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt —FA—) vom , in dem die Ermittlungsergebnisse unter Hinweis auf die Außenprüfung zusammengefasst wurden, als auch die vor Erlass der angefochtenen Prüfungsanordnung durchgeführten Ermittlungen des FA, die zu dem von der Klägerin angesprochenen Telefax vom geführt hatten, berücksichtigt. Dies ergibt sich schon daraus, dass das FG das Schreiben vom und die vor Erlass der Prüfungsanordnung vom FA durchgeführten Ermittlungen in seinem Urteil ausdrücklich erwähnt hat. Das FG ist folglich —anders als die Klägerin meint— nicht davon ausgegangen, im Rahmen der Prüfung sei nicht ermittelt worden. Es hat den Sachverhalt allerdings dahin gewürdigt, dass „Prüfungshandlungen mit Prüfungsfeststellungen ... gegenüber der Klägerin” nicht erfolgt seien und dass das FA im Rahmen der Außenprüfung „keinerlei Kenntnisse tatsächlicher Art, deren Verwertung in einem Einkommensteuerbescheid für die Klägerin nachteilig sein könnte”, erlangt habe. Diese Würdigung der Vorinstanz ist nicht verfahrensfehlerhaft. Die Klägerin hat zudem nicht dargelegt, welche rechtserheblichen Umstände im Rahmen der Prüfung ihrer Auffassung nach festgestellt worden seien sollen. Sie hat vielmehr selbst vorgetragen, bereits vor Erlass der Prüfungsanordnung sei der Sachverhalt vollständig ermittelt worden.
2. Ohne Verfahrensfehler hat das FG auch das Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Hinblick auf die von der Klägerin geltend gemachte Einwirkung auf die Festsetzungsverjährung verneint. Zwar kann —wie das FG nicht verkannt hat— ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Prüfungsanordnung bestehen, wenn von der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts die Entscheidung abhängt, ob der Ablauf der Verjährungsfrist nach § 171 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO 1977) gehemmt ist (vgl. , BFHE 156, 18, BStBl II 1989, 483, unter III. 1. der Gründe; Gräber/von Groll, a.a.O., § 100 Rz. 62). Im Streitfall hing der Ablauf der Festsetzungsverjährung indessen nicht von der Hemmung der Verjährungsfrist ab.
a) Für den Veranlagungszeitraum 1999 begann die Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 im Streitfall mit Ablauf des Jahres 2002, da die Klägerin keine Einkommensteuererklärung abgegeben hatte, obwohl sie hierzu gemäß § 25 Abs. 1 EStG i.V.m. § 56 Satz 1 Nr. 2 a der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung verpflichtet war. Die regelmäßige, 4-jährige Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO 1977) wird folglich erst mit Ablauf des Jahres 2006 enden, so dass es für den Erlass des Einkommensteuerbescheids für 1999 vom auf die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO 1977 nicht ankam, wie das FG verfahrensfehlerfrei erkannt hat.
b) Auch soweit sich die Prüfungsanordnung auf die Veranlagungszeiträume 1996 bis 1998 bezog, hat das FG das Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Ergebnis verfahrensfehlerfrei verneint. Für den Veranlagungszeitraum 1996 war die regelmäßige Festsetzungsfrist bereits mit dem Ende des Jahres 2001 abgelaufen, so dass eine Hemmung der Frist gemäß § 171 Abs. 4 AO 1977 ohnehin nicht mehr in Betracht kam. Zudem war in diesem Veranlagungszeitraum sowie in den Veranlagungszeiträumen 1997 und 1998, für die die regelmäßige Festsetzungsfrist —ohne Berücksichtigung von § 171 Abs. 4 AO 1977— jeweils erst mit Ablauf des Jahres 2003 endete, auch nach Auffassung des FA kein Besteuerungstatbestand verwirklicht, der den nach der Prüfungsanordnung zu prüfenden Sachverhalt betraf. Dies war der Klägerin aus dem Schreiben des FA vom schon vor Klageerhebung bekannt. Dass die Klägerin dennoch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung wegen einer Einwirkung auf die Festsetzungsverjährung haben könnte, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
3. Die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—, § 96 Abs. 2 FGO) ist ebenfalls zumindest unbegründet. Der Anspruch auf rechtliches Gehör schützt die Beteiligten auch vor Überraschungsentscheidungen. Deshalb kommt in besonders gelagerten Fällen eine Verletzung des Rechts auf Gehör in Betracht, wenn das Gericht die Beteiligten nicht auf eine Rechtsauffassung hinweist, die es seiner Entscheidung zu Grunde legen will. Das ist z.B. der Fall, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein kundiger Beteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte (z.B. BFH-Beschlüsse vom IV B 187/02, BFH/NV 2004, 1421; vom VIII B 37/95, BFH/NV 1997, 124, und vom III B 31/95, BFH/NV 1998, 325).
Im vorliegenden Fall hatte das FG bereits in seinem Gerichtsbescheid Zweifel an der Zulässigkeit der Klage geäußert. Auch nachdem die Klägerin die Klage entsprechend dem Hinweis des FG auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt hatte, konnte sie nicht ohne weiteres davon ausgehen, das FG werde die Klage als zulässig ansehen. Vielmehr musste die —sachkundig vertretene— Klägerin damit rechnen, dass das FG das für die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage stets erforderliche, berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung prüfen und ggf. verneinen werde, zumal das FA das Vorliegen des Feststellungsinteresses bereits mit Schriftsatz vom in Abrede gestellt hatte. Dass das FG seinerseits unmissverständlich zum Ausdruck gebracht habe, die Klage sei nach der Umstellung des Klageantrags zulässig, hat die Klägerin selbst nicht geltend gemacht.
4. Soweit die Klägerin die Annahme des FG, sie habe die Prüferin „freiwillig” in ihre Wohnung eingelassen, als nicht durch ausreichende tatsächliche Feststellungen getragen und außerdem als überraschend beanstandet, liegt ebenfalls kein die Revisionszulassung rechtfertigender Verfahrensfehler vor. Mit dem Einwand, die vom FG ausgesprochene Rechtsfolge werde nicht von den tatsächlichen Feststellungen gedeckt, wird kein Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, sondern ein materiell-rechtlicher Fehler geltend gemacht (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 81, m.w.N.), der nur unter den —im Streitfall nicht vorliegenden— Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO zur Revisionszulassung führen kann. Soweit die Klägerin sinngemäß auch eine Verletzung von § 96 Abs. 2 FGO und Art. 103 Abs. 1 GG rügt, hat sie nicht dargelegt, dass die angefochtene Entscheidung auf dem angeblichen Verfahrensmangel beruhen kann. Zudem war es nach dem insoweit maßgeblichen Standpunkt des FG auch ohne Bedeutung, ob die Prüferin freiwillig in die Wohnung der Klägerin eingelassen wurde oder nicht.
5. Das FG hat § 76 Abs. 1 FGO schließlich nicht dadurch verletzt, dass es den Beweisanträgen der Klägerin nicht entsprochen hat. Das FG darf auf die von einem Beteiligten beantragte Beweiserhebung insbesondere dann verzichten, wenn das Beweismittel für die zu treffende Entscheidung unerheblich ist (, BFH/NV 2006, 753; vom VI R 209/98, BFH/NV 2001, 1281, und vom V R 48/97, BFH/NV 1998, 711). Mit der beantragten Zeugenvernehmung wollte die Klägerin die angebliche Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung nachweisen. Indessen kam es auf die Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung im Streitfall nach der für die Prüfung von Verfahrensfehlern maßgeblichen Rechtsauffassung des FG gar nicht an. Denn das FG hat die Klage mangels Feststellungsinteresse durch Prozessurteil als unzulässig abgewiesen.
6. Bei dieser Sachlage kommt auch die von der Klägerin beantragte Aufhebung der Vorentscheidung gemäß § 116 Abs. 6 FGO nicht in Betracht.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 84 Nr. 1
NWB-Eilnachricht Nr. 47/2007 S. 4191
WAAAC-25585