BFH Beschluss v. - X B 165/05

Keine zwingende Gewerblichkeit des Grundstücksankaufs auf Gesellschafterebene bei Beteiligung an einer gewerblich mit Grundstücken handelnden GbR

Gesetze: EStG § 15 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) meint, die Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) sei wegen der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) der Rechtsfrage zuzulassen, ob „die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), dass im Hinblick auf einen gewerblichen Grundstückshandel grundsätzlich die Aktivitäten einer Personengesellschaft ohne Abschirmwirkung auf der Ebene ihrer Gesellschafter zu berücksichtigen sind (Beschluss des Großen Senats des , BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617), auch anzuwenden (sei) auf Aktivitäten einer Personengesellschaft in den Fällen, in denen ein Gesellschafter an dem Gesellschaftsvermögen zu mindestens 10 v.H. beteiligt ist oder der Verkehrswert des Gesellschaftsanteils oder des Anteils an dem veräußerten Grundstück bei einer Beteiligung von weniger als 10 v.H. mehr als 250 000 € beträgt”.

Die Beschwerde ist insoweit unzulässig, da ihre Begründung nicht den Anforderungen entspricht, die nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO an die Darlegung der Gründe für die Zulassung der Revision zu stellen sind.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH hat der Beschwerdeführer, wenn er die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage geltend macht, neben anderen Voraussetzungen unter anderem auch darzulegen, aus welchen Gründen im Einzelnen die Klärung der angegebenen Rechtsfrage im allgemeinen Interesse liegt und warum ihre Beantwortung zweifelhaft und strittig ist (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 32, m.w.N.). Dem werden die Ausführungen des Klägers nicht gerecht.

Wie der Kläger selbst vorträgt, vertritt die Finanzverwaltung die Ansicht, dass die Grundsätze des Beschlusses des Großen Senats des BFH in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617 jedenfalls in den vom Kläger benannten Fallgruppen (Beteiligung zu mindestens 10 v.H. oder Verkehrswert des Gesellschafts- oder Grundstücksanteils größer als 250 000 €) anzuwenden sind (, BStBl I 2004, 434, Tz. 14); dort wird die angegebene Rechtsfrage also bejaht. Aus den in der Beschwerdebegründung angeführten Nachweisen ergibt sich nicht, dass hierzu im Schrifttum abweichende Auffassungen mit dem Ziel vertreten würden, die vorgetragene Rechtsfrage zu verneinen und in den genannten Fallgruppen zu einer Nichtanwendung der besagten BFH-Rechtsprechung zu gelangen. Die angegebenen Literaturstimmen (Buge, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15 EStG Anm. 1152; Carlé, Deutsche Steuer-Zeitung 2003, 483, 488; Schmidt-Liebig, Betriebs-Berater 1998, 563; Söffing, Der Betrieb 1995, 2138, 2140 f.) gehen vielmehr (umgekehrt) davon aus, dass die Grundsätze des Beschlusses des Großen Senats in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617 —über die genannten (unstreitigen) Fallgruppen hinaus— auch in solchen Fällen anzuwenden seien, in denen die Beteiligung des Gesellschafters eine geringere Quote aufweist als die in dem genannten BMF-Schreiben bezeichnete Bagatellgrenze von 10 v.H.

2. Im Hinblick darauf liegt es näher, die Ausführungen des Klägers dahin gehend zu verstehen, dass tatsächlich die Rechtsfrage als grundsätzlich bedeutsam und klärungsbedürftig angesehen wird, ob die Rechtsprechung des BFH-Beschlusses in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617 auch in Fällen Anwendung findet, in denen der Gesellschafter —wie im Streitfall der Kläger— an der Personengesellschaft zu weniger als 10 v.H. beteiligt ist.

Insoweit ist die Beschwerde unbegründet, denn der geltend gemachte Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die klärungsbedürftige Rechtsfrage im künftigen Revisionsverfahren geklärt werden kann und eine Aussage zu dieser Rechtsfrage erforderlich ist, um das Entscheidungsergebnis zu begründen (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 30, m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall.

a) Das FG ist im Anschluss an eine Gesamtbetrachtung aller Umstände zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger keine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht hinsichtlich der im Jahre 1996 angeschafften Objekte in G hatte, und dass er eine derartige Absicht auch in den Jahren 1996 bis 1998 nicht entwickelte. Seine tatsächliche Würdigung hat das FG insbesondere auf die nur geringfügigen und im Wesentlichen ergebnislos gebliebenen Verkaufsbemühungen des Klägers gestützt. Aus den objektiv feststellbaren Gegebenheiten des Streitfalls hat das FG den Schluss gezogen, dass der Kläger beabsichtigte, die Objekte in den Kalenderjahren 1996 bis 1998 lediglich zu vermieten, und nur nach außen den Eindruck erwecken wollte, einen gewerblichen Grundstückshandel anzustreben, um bei der Finanzierung des Gesamtkaufpreises für die Objekte die damit verbundenen steuerlichen Vorteile (in Gestalt der sofortigen Abziehbarkeit des Kaufpreises als Betriebsausgabe) in Anspruch nehmen zu können. Zu einer abweichenden Beurteilung aufgrund des Umstands, dass der Kläger in dem hier maßgeblichen Zeitraum —neben der für eigene Rechnung erfolgten Anschaffung der Objekte in G— auch noch zu 5 v.H. an einer unstreitig auf dem Gebiet des gewerblichen Grundstückshandels tätigen GbR beteiligt gewesen ist, hat das FG keinen Anlass gesehen.

b) Damit kommt der dargelegten Rechtsfrage für den Streitfall keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu.

Da der Kläger gegen die der Überzeugungsbildung des FG zugrunde liegenden Feststellungen keine Einwendungen erhoben hat, wären diese Feststellungen für den angerufenen Senat in einem künftigen Revisionsverfahren bindend (§ 118 Abs. 2 FGO). Würde der Senat die genannte Rechtsfrage bejahen, so könnte er dem Klagebegehren auf Feststellung eines im Zusammenhang mit den Objekten in G entstandenen vortragsfähigen Gewerbeverlustes daher nur dann entsprechen, wenn —ungeachtet der insoweit feststehenden fehlenden Veräußerungsabsicht— bereits aus der bloßen Tatsache, dass ein Steuerpflichtiger an einer gewerblich mit Grundstücken handelnden Personengesellschaft beteiligt ist, notwendigerweise zu folgern wäre, dass auch die von dem Steuerpflichtigen außerhalb dieser Gesellschaft auf eigene Rechnung betriebenen Grundstücksgeschäfte stets gewerblicher Natur wären. Einen solchen Automatismus, wie er dem Kläger offenbar vorschwebt, gibt es indessen nicht.

Der Große Senat des BFH hat mit Beschluss in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617 entschieden, dass Grundstücksverkäufe einer GbR einem Gesellschafter, der auch eigene Grundstücke veräußert, in der Weise zugerechnet werden können, dass unter Einbeziehung dieser Veräußerungen ein gewerblicher Grundstückshandel des Gesellschafters besteht. Wie der Große Senat weiter ausgeführt hat, sind im Interesse einer sachlich zutreffenden Besteuerung des Gesellschafters alle ihm zuzurechnenden Tätigkeiten auf dem Gebiet des Grundstückshandels in eine Gesamtwürdigung nach § 2 des Gewerbesteuergesetzes und § 2 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes einzubeziehen. Dies schließt es allerdings —wie der Große Senat im Beschluss in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617 ausdrücklich festgehalten hat— nicht aus, dass der Mitunternehmer einer gewerblich tätigen Grundstücksgesellschaft —ebenso wie ein Einzelunternehmer— in eigener Person Grundstücke privat verwalten kann; insoweit kommt es auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls an.

Dieser Rechtsprechung folgend, ist das FG nach Gesamtschau sämtlicher Gegebenheiten des Streitfalls zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger in den Kalenderjahren 1996 bis 1998 auf Gesellschafterebene mangels Veräußerungsabsicht nicht gewerblich mit Grundstücken gehandelt hat. Dabei hat das FG auch die GbR-Beteiligung des Klägers in seine Gesamtwürdigung mit einbezogen, freilich ohne ihr die vom Kläger gewünschte ausschlaggebende Bedeutung zuzumessen. Wenn in der angegriffenen Entscheidung dargelegt wird, dass das FG „aufgrund der fehlenden Veräußerungsabsicht des Klägers (...) hier nicht zu entscheiden (brauche), ob diese Rechtsprechung (gemeint ist: des Großen Senats) auf Gesellschafter anwendbar ist, die an einer Personengesellschaft nur zu 5 v.H. beteiligt sind”, so lässt sich daraus —entgegen der Auffassung des Klägers— nicht der Schluss herleiten, dass das FG die gewerbliche Tätigkeit der GbR bei seiner Entscheidungsfindung gänzlich unberücksichtigt gelassen hätte.

3. Da die Auflösung des Rechtsproblems, inwieweit die im Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617 entwickelten Grundsätze auch auf Bagatellbeteiligungen anzuwenden sind, am Ausgang des Rechtsstreits mithin nichts ändern würde, kommt auch die vom Kläger begehrte Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) nicht in Betracht. Denn auch für diesen Zulassungsgrund gilt, dass es sich um eine klärungsbedürftige, entscheidungserhebliche und klärbare Rechtsfrage handelt, deren Klärung in einem künftigen Revisionsverfahren zu erwarten ist (Senatsbeschlüsse vom X B 48/04, BFH/NV 2005, 698; vom X B 107/05, BFH/NV 2006, 938; Gräber/ Ruban, a.a.O., § 115 Rz 41).

4. Schließlich sind auch die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen Verfahrensmängeln nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht gegeben. Der behauptete Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten liegt nicht vor. Von einem solchen Verstoß könnte nur gesprochen werden, wenn das FG bei der Tatsachenwürdigung eine nach Aktenlage klar feststehende Tatsache oder wesentliche Teile der Akten nicht berücksichtigt hätte. Im Streitfall ergibt sich sowohl aus dem Tatbestand der angefochtenen Entscheidung als auch aus den Urteilsgründen, dass das FG die GbR-Beteiligung des Klägers zur Kenntnis genommen hat. Dass das FG aus dem Umstand, dass auf der Ebene der Personengesellschaft ein Grundstückserwerb in Wiederveräußerungsabsicht stattgefunden hat, im Zuge der vorzunehmenden Gesamtwürdigung keinen Rückschluss auf eine auf der Ebene des Klägers bestehende Veräußerungsabsicht hinsichtlich der erworbenen Objekte in G gezogen hat, ist Bestandteil der Beweiswürdigung und betrifft damit Fragen der dem materiellen Recht zuzuordnenden Rechtsanwendung, nicht aber die Ordnungsmäßigkeit des finanzgerichtlichen Verfahrens (vgl. BFH-Beschlüsse vom IV B 61/04, BFH/NV 2006, 85; vom XI B 124/04, BFH/NV 2006, 316).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 42 Nr. 1
KÖSDI 2007 S. 15427 Nr. 2
YAAAC-25502