Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: SGB III § 200 Abs 2 Satz 1; SGG § 33; GG Art 101 Abs 1 Satz 2
Instanzenzug:
Gründe
I
Im Streit ist die Zahlung höherer Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab bis und vom bis sowie die Gewährung von Alhi auch für den und die Zahlung höherer Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung ab .
Die im Jahre 1946 auf den Philippinen geborene Klägerin ist seit November 1999 deutsche Staatsbürgerin. Sie war bis Juni 1998 über 15 Jahre lang als Ärztin (ohne deutsche Approbation) bei den US-Streitkräften auf Grund einer Genehmigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs an Krankenhäusern der amerikanischen Stationierungsstreitkräfte (so genannte "clinical privileges") in Deutschland tätig. Im Zusammenhang mit der Beendigung der dortigen Beschäftigung wurde ihr diese Genehmigung entzogen. Die Klägerin erhielt bis Januar 2001 Arbeitslosengeld (Alg) und anschließend Alhi.
Für den Bewilligungsabschnitt vom bis wurde sie zwar darauf hingewiesen, dass die Alhi mangels Facharztzulassung nicht mehr nach dem zuletzt erzielten Entgelt berechnet werden könne; sie könne allenfalls noch als Assistenzärztin tätig sein, so dass die Bemessung der Alhi nach der Vergütungsgruppe BAT IIa erfolgen müsse. Gleichwohl bewilligte die Beklagte zunächst für den am beginnenden Bewilligungsabschnitt Alhi in Höhe von 267,89 Euro pro Woche nach einem höheren Bemessungsentgelt von 990 Euro (Bescheid vom ). Erst mit Bescheid vom bewilligte die Beklagte dann unter Reduzierung des Bemessungsentgelts auf 860 Euro Alhi in Höhe 241,29 Euro pro Woche. Auf Widerspruch der Klägerin gewährte die Beklagte der Klägerin dann wieder nachträglich Alhi in Höhe von 267,89 Euro für den Zeitraum vom 7. Januar bis , dem Zeitpunkt des Erhalts des Bescheids vom (Bescheid vom ); für die Zeit ab wurde der Widerspruch zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom ).
Zuvor hatte die Beklagte die Bewilligung von Alhi ab aufgehoben, weil sich die Klägerin vom 1. Februar bis auf den Philippinen aufgehalten hatte und sie (die Beklagte) dem nur für drei Wochen zugestimmt hatte (Bescheid vom , Widerspruchsbescheid vom ). Ab bewilligte die Beklagte später wieder Alhi in Höhe von 241,29 Euro (Bescheid vom ). Am nahm die Klägerin eine Beschäftigung auf.
Für die Zeit ab hat die Beklagte außerdem die Beiträge der Klägerin zur privaten Krankenversicherung unter Berücksichtigung des durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatzes in der gesetzlichen Krankenversicherung und die Beiträge zur privaten Pflegeversicherung unter Berücksichtigung des gesetzlichen Beitragssatzes für Pflichtversicherte übernommen. Die Beklagte setzte insoweit monatlich unterschiedliche Beträge für die an das private Versicherungsunternehmen überwiesenen Beträge fest (Bescheid vom , Widerspruchsbescheid vom ; Bescheide vom , , , und ).
Die Klägerin hat Klagen erhoben mit dem Ziel der Zahlung höherer Alhi ab , von Alhi auch für den sowie von höheren Beiträgen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung. Das Sozialgericht (SG) hat die drei Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und die "Klage" abgewiesen, soweit sich die Klägerin gegen die Neufestsetzung der Alhi ab dem und gegen die Aufhebung der Alhi für den gewandt hat. Im Hinblick auf die Übernahme höherer Beiträge für die private Kranken- und Pflegeversicherung änderte das SG die angefochtenen Bescheide ab und verurteilte die Beklagte zur "Leistung" im Einzelnen aufgeführter höherer Zuschüsse (Urteil vom ).
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom ). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Auffassung der Beklagten, dass die Klägerin nach Verlust der Genehmigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs in US-Krankenhäusern allenfalls als (Assistenz-)Ärztin im Bundesgebiet zu vermitteln und damit die Alhi wegen des dabei erzielbaren niedrigeren Verdienstes herabzubemessen sei, sei nicht zu beanstanden. Wegen fehlender Berufungsbegründung bedürfe es keiner weiteren Ermittlungen. Im Gegensatz zur Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei es unerheblich, dass der Grund für die Herabbemessung bereits bei Entstehung des Alg-Anspruchs vorgelegen habe. Denn nach Sinn und Zweck des § 200 Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) sei das maßgebliche Bemessungsentgelt auch ohne Änderung gegenüber der früheren Situation an die realistischen Verdienstmöglichkeiten anzupassen. Lägen Gründe für eine "Herabbemessung" vor, so entfalle die Indizfunktion des früher erzielten Arbeitsentgelts bereits bei der erstmaligen Bewilligung von Anschluss-Alhi. Ein Anspruch auf eine höhere Alhi ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu so genannten Einmalzahlungen. Der Gesetzgeber habe ausdrücklich klargestellt (vgl §§ 200 Abs 1, 434c Abs 4 SGB III), dass einmalig gezahlte Arbeitsentgelte bei der Bemessung der Alhi außer Betracht blieben. Alhi für den stehe der Klägerin mangels Verfügbarkeit nicht zu. Die Beklagte sei berechtigt gewesen, die Alhi-Bewilligung insoweit aufzuheben. Schließlich sei die Begrenzung der "Beitragsbezuschussung" der privaten Kranken- und Pflegeversicherung nach § 207a SGB III sachlich gerechtfertigt und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten aus Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG).
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 200 Abs 2 Satz 1 SGB III. Die Kürzung der Alhi ab sei rechtswidrig. Das LSG hätte ihrem Antrag, den Sachverhalt hinsichtlich ihrer Qualifikation umfassend aufzuklären, nachkommen müssen. Ein Befundvergleich hätte dann ergeben, dass im Hinblick auf den Zeitpunkt der Bewilligung von Alg (Oktober 1998) und dem der Gewährung von Alhi ab Januar 2002 bei den "persönlichen Gründen" (Leistungseinschränkung) keine wesentliche Änderung eingetreten sei, wie dies das BSG verlange. Der reine Zeitablauf sei kein Grund, der - wie vom Gesetz verlangt - in der Person des Arbeitslosen liege. Die Nichtberücksichtigung von Einmalzahlungen bei der Bemessung der Alhi (§§ 200 Abs 1, 434c Abs 4 SGB III) verstoße gegen das Grundgesetz (Art 3 Abs 1, 14 GG). Das LSG habe es außerdem versäumt, das private Krankenversicherungsunternehmen nach § 75 Abs 2 SGG beizuladen. Die von der Beklagten übernommenen Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung seien im Verhältnis zu den tatsächlich an die private Krankenversicherung geleisteten Beiträgen unverhältnismäßig gering. Schließlich sei das LSG nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil der zuvor wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnte Richter D. an der Entscheidung mitgewirkt habe.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom aufzuheben, das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom abzuändern, die Bescheide vom 25. Januar und in der Gestalt des Bescheides vom und des Widerspruchsbescheides vom aufzuheben sowie die Folgebescheide abzuändern und ihr insoweit höhere Alhi zu zahlen, den Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom aufzuheben und unter Abänderung aller den Zeitraum ab betreffenden Bescheide höhere Beiträge zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II
1. Die Revision ist iS der Aufhebung und Zurückverweisung begründet, soweit die Klägerin höhere Alhi und höhere Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung begehrt. Im Übrigen ist die Revision unzulässig (§ 169 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>), soweit sie Alhi für den betrifft (dazu unter 3.). Zur Beurteilung, ob der Klägerin höhere Alhi zusteht, reichen die tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht aus. Es fehlen insbesondere ausreichende Feststellungen dazu, welchen Verdienst die Klägerin noch erzielen kann (dazu unter 6.). Soweit der Rechtsstreit die Beitragshöhe betrifft, ist zu Unrecht eine Beiladung des privaten Kranken-/ Pflegeversicherungsträgers unterblieben (dazu unter 8.).
2. Die Revision ist insgesamt statthaft. Nach dem Tenor des LSG-Urteils ist die Revision zwar unbeschränkt zugelassen; in den Entscheidungsgründen führt das LSG als Zulassungsgrund allerdings lediglich eine Divergenz zur Entscheidung des Senats vom (SozR 4-4300 § 200 Nr 1) betreffend den Streitgegenstand "Herabbemessung der Alhi" auf. Eine Teilzulassung nur bezüglich dieses Streitgegenstandes ergibt sich hieraus gleichwohl nicht. Dies wäre nur der Fall, wenn die Beschränkung der Revisionszulassung in den Entscheidungssatz des Tenors aufgenommen worden wäre oder sich aus der Zulassungsbegründung eindeutig ergäbe (BSG SozR 3-5050 § 15 Nr 5 S 22 mwN). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Zwar hält das LSG die Zulassung allein wegen der Abweichung zur Rechtsprechung des Senats zu § 200 SGB III für erforderlich. Bezüglich der übrigen Streitgegenstände macht das LSG jedoch keine Ausführungen. Dass damit das LSG insoweit die Zulassung beschränken wollte, kann nicht allein auf Grund dieser fehlenden Ausführungen bejaht werden. Vielmehr ist der eindeutige Wortlaut des Urteilstenors maßgeblich (vgl: Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl 2005, Kap IX RdNr 10, 11; Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl 2005, § 160 RdNr 28a und c).
3. Damit liegen im Hinblick auf die Höhe der Alhi, auf höhere Beiträge sowie auf Alhi für den drei selbständige Streitgegenstände vor, über die der Senat zu entscheiden hat; für jeden von ihnen hätte die Revision im Einzelnen gemäß § 164 SGG begründet werden müssen (vgl: ; BSGE 7, 35, 39; Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl 2005, § 164 RdNr 9a mwN). Diesen Anforderungen genügt die Revisionsschrift nur, soweit die Höhe der Alhi und der Beitragszuschuss zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung im Streit steht. Soweit die Klägerin Alhi nur für den begehrt, sind diese Anforderungen mangels jeglicher Begründung nicht erfüllt; die Revision ist insoweit unzulässig.
4. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind damit der Bescheid vom in der Gestalt des Bescheides und des Widerspruchsbescheides vom , betreffend den Bewilligungszeitraum vom bis . Gegenstand des Revisionsverfahrens ist auch der Bescheid vom (Wiederbewilligung der Alhi ab nach dem Aufenthalt auf den Philippinen). Ob die Bescheide über die Höhe der Alhi ab wegen Änderung der Leistungsentgeltverordnung und ab wegen einer neuen Bewilligungszeit auch Gegenstand des Revisionsverfahrens (§ 96 SGG) sind, bedarf keiner Entscheidung. Ihre Nichtberücksichtigung durch das LSG ist zwar nicht gerügt; das LSG wird jedoch ohnedies nach Zurückverweisung eine erneute und umfassende Prüfung vorzunehmen haben. Das LSG wird dabei zu beachten haben, dass dem klägerischen Begehren für die Zeit vom bis auf Grund der ausdrücklichen Beschränkung des Streitgegenstands spätestens mit der Revision alleine mit der Wiederherstellung des im Bewilligungsbescheid vom ausgeworfenen Alhi-Betrags Genüge getan ist. Streitgegenstand sind weiter der Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom sowie die Bescheide vom , , , und über die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung ab (dazu unter 8.). Soweit das LSG in diesem Zusammenhang eventuelle weitere Bescheide nicht berücksichtigt hat, kann offen bleiben, ob der Senat mangels Rüge darüber nicht zu entscheiden hat. Das LSG wird diese Bescheide ohnehin nach der Zurückverweisung der Sache einzubeziehen und zu ermitteln haben, bis wann höhere Beiträge verlangt werden.
5. Entgegen der Rüge der Klägerin war der zur Entscheidung berufene Senat des LSG vorschriftsmäßig iS von § 33 SGG besetzt, ein Verstoß gegen den in Art 101 Abs 1 Satz 2 GG verankerten Grundsatz des gesetzlichen Richters liegt nicht vor. Den Antrag der Klägerin, den zum Berichterstatter bestimmten Richter am Landessozialgericht D. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, hatte das LSG bereits vor dem angefochtenen Urteil mit Beschluss vom zurückgewiesen. Die Entscheidung des LSG, dass das Ablehnungsgesuch nicht begründet sei, ist vom Revisionsgericht nach § 202 SGG iVm § 557 Abs 2 Zivilprozessordnung nicht überprüfbar. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs auf willkürlichen oder manipulativen Erwägungen beruht (vgl ). Dazu hat die Klägerin nichts Substanzielles vorgetragen; es sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich.
6. Ob der Klägerin ab dem weiterhin Alhi in Höhe von 267,89 Euro zusteht und damit die "Herabbemessung" nach § 200 Abs 2 Satz 1 SGB III zu Unrecht erfolgt ist, kann der Senat nicht entscheiden; es fehlen dazu die notwendigen Feststellungen. Dabei ist ohnedies zu beachten, dass der Bescheid vom in der Gestalt des Bescheids vom und des Widerspruchsbescheides vom den früheren Bescheid vom zum Nachteil der Klägerin abgeändert hat und sich diese Änderung an § 45 SGB X misst (dazu unter 7.). Dies ist auch bei vom LSG ansonsten nicht berücksichtigten Bescheiden und ggf bei dem Bescheid vom zu bedenken. Denn nur bei der Wiederbewilligung von Alhi nach Ablauf eines Bewilligungsabschnitts bzw nach einer unbefristeten Aufhebung einer Alhi-Bewilligung sind alle Alhi-Voraussetzungen nach Grund und Höhe erneut ohne Bindung an vorausgegangene Bescheide zu prüfen; bei der Aufhebung einer Alhi-Bewilligung nur für einen bestimmten Zeitraum lebt die ursprüngliche Bewilligung demgegenüber nach Ablauf dieses Zeitraums wieder auf. Ihre Korrektur oder Ersetzung durch einen neuen Bewilligungsbescheid unterliegt dann den Regelungen des SGB X über die Korrektur von Verwaltungsakten.
Soweit das LSG die Revision wegen Abweichung von der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Herabsetzung des Bemessungsentgelts (SozR 4-4300 § 200 Nr 1) zugelassen hat, verweist der Senat auf das zwischenzeitlich ergangene Urteil vom (SozR 4-4300 § 200 Nr 2), in dem bereits klargestellt ist, dass jener Entscheidung eine besondere Sachverhaltskonstellation zu Grunde lag, im Regelfall die Herabsetzung des Bemessungsentgelts mit Beginn eines neuen Bewilligungszeitraums beim Bezug von Alhi wegen in der Person des Arbeitslosen liegender Gründe aber nach § 200 Abs 2 SGB III keine Änderung der Verhältnisse voraussetzt. Der ebenfalls für die Arbeitsförderung zuständige 11. Senat des BSG hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen ( B 11a/11 AL 55/04 R).
Nach § 200 Abs 1 SGB III (in der Fassung, die § 200 durch das Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetz vom - BGBl I 1971 - erhalten hat) ist Bemessungsentgelt für die Alhi (grundsätzlich) das Bemessungsentgelt, nach dem das Alg zuletzt bemessen worden ist oder ohne § 133 Abs 3 SGB III bemessen worden wäre, vermindert um den Betrag, der auf einmalig gezahltem Arbeitsentgelt beruht. Kann der Arbeitslose aus Gründen, die in seiner Person liegen, nicht mehr das maßgebliche Bemessungsentgelt erzielen, so ist jedoch nach § 200 Abs 2 Satz 1 SGB III Bemessungsentgelt das tarifliche Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung, auf die das Arbeitsamt (jetzt: Agentur für Arbeit) die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat; alle Umstände des Einzelfalles sind dabei zu berücksichtigen (so genannte fiktive Bemessung).
Dem LSG ist insoweit nicht zu folgen, als schon wegen des Entzugs der "clinical privileges" das bisherige (maßgebliche) Bemessungsentgelt nicht mehr erzielt werden könne. Bei den "clinical privileges" handelt es sich um eine (nach dem amerikanischen Recht erforderliche) Erlaubnis (Genehmigung) für eine ärztliche Tätigkeit in einem Militärkrankenhaus. Eine zur Ausübung des ärztlichen Berufs in Deutschland erforderliche Zulassung nach der Bundesärzteordnung (BÄO) bleibt davon unberührt. Hierbei handelt es sich nicht um einen arbeitsmarktbedingten Gesichtspunkt, der einer Herabbemessung nach § 200 Abs 2 Satz 1 SGB III entgegenstünde. Es liegt vielmehr ein personenbezogener Gesichtspunkt vor, weil die Klägerin aus rechtlichen Gründen gehindert ist, die entsprechende Tätigkeit auszuüben. Denn als Einschränkungen iS des § 200 Abs 2 Satz 1 SGB III kommen sowohl tatsächliche oder rechtliche Bindungen des Arbeitslosen als auch ein eingeschränktes Leistungsvermögen in Betracht. Allerdings fehlen Feststellungen, ob das maßgebliche Bemessungsentgelt in einer anderen Tätigkeit hätte erzielt werden können (BSG SozR 4-4300 § 200 Nr 1 RdNr 17), wohin die Klägerin in erster Linie zu vermitteln ist und welchen Verdienst sie dort hätte erzielen können. Insoweit ist die Prüfung des § 200 Abs 2 SGB III hier nicht in zwei getrennten Schritten möglich; vielmehr beurteilt sich die Frage, ob das frühere Bemessungsentgelt noch erzielt werden konnte, gerade danach, was künftig in der Beschäftigung erzielt werden konnte, auf die die Beklagte die Vermittlungsbemühungen in erster Linie zu erstrecken hatte. Nach § 35 Abs 2 SGB III hat die Beklagte bei der Vermittlung die Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit des Arbeitssuchenden sowie die Anforderungen der angebotenen Stellen zu berücksichtigen. Insofern muss ermittelt werden, für welche Beschäftigung der Arbeitslose nach seinem Lebensalter und seiner Leistungsfähigkeit unter angemessener Berücksichtigung seines Berufs und seiner Ausbildung nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes in Betracht kommt. Sodann ist zu ermitteln, welches tarifliche Arbeitsentgelt dieser Beschäftigung zuzuordnen ist.
Zur Berufsausbildung der Klägerin hat das LSG lediglich festgestellt, dass die Klägerin während ihrer Zeit im US-Hospital keine (deutsche) Approbation besessen hat. Ob sie später über die zur Ausübung der ärztlichen Tätigkeit auf dem deutschen Arbeitsmarkt nach der Bundesärzteordnung (BÄO) erforderliche Approbation (§ 3 BÄO) oder Erlaubnis (§ 10 BÄO) verfügt hat oder diese erhalten kann, ist ebenfalls nicht geklärt. So ist nach § 2 Abs 2 BÄO eine Approbation als Arzt zu erteilen, wenn der Antragsteller eine außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeschlossene Ausbildung für die Ausübung des ärztlichen Berufs erworben hat und die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes gegeben ist. Unabhängig von der Erteilung einer Approbation ist eine vorübergehende oder eine auf bestimmte Tätigkeiten beschränkte Ausübung des ärztlichen Berufs im Geltungsbereich dieses Gesetzes auch auf Grund einer Erlaubnis zulässig (§ 2 Abs 2 BÄO). Eine solche Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs kann auf Antrag Personen erteilt werden, die die Voraussetzungen des § 10 BÄO erfüllen. Dabei muss eine solche Erlaubnis nicht "auf Vorrat" erteilt werden, sondern wird uU erst erteilt werden, wenn der Klägerin eine konkrete Stelle vermittelt wird, weil die Erlaubnis auf eine bestimmte Beschäftigung beschränkt werden darf. Zur Ermittlung dieses Sachverhalts ist das LSG unter Ausschöpfung aller verfügbaren Erkenntnisquellen (vgl BSGE 71, 256, 258 f = SozR 3-4100 § 119 Nr 7 mwN) nach § 103 SGG von Amts wegen verpflichtet. Erst wenn alle zumutbaren Ermittlungen erfolglos waren, darf das LSG in Betracht ziehen, inwieweit eine Beweiserleichterung oder Beweislastumkehr bei fehlender prozessualer Mitwirkung in Betracht kommt (vgl BSGE 89, 243, 247 = SozR 3-4300 § 144 Nr 8; BSG SozR 4-4300 § 200 Nr 1 RdNr 21).
Insoweit ist auch nicht geklärt, ob die Klägerin auf Grund ihrer über 15-jährigen Tätigkeit in einem US-Krankenhaus die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Fachärztin nach auf Grund von Landesrecht von den Ärztekammern als öffentlich-rechtlichen Körperschaften erlassenen Weiterbildungsordnungen erlangt hat oder erlangen kann. Darüber könnte ggf eine Anfrage beim alten Arbeitgeber und/oder der zuständigen Landesärztekammer Aufschluss geben. Schließlich hat das LSG keine Feststellungen dazu getroffen, ob bzw welchen Verdienst die Klägerin außerhalb des von der BÄO abgedeckten Bereichs der Heilkunde auf anderen medizinischen Berufsfeldern (beispielsweise in einem Pharmaunternehmen oder als Gutachterin) hätte erzielen können. Hierbei wird das Günstigkeitsprinzip nur in beschränktem Umfang anzuwenden sein, das - wenn mehrere Beschäftigungen in Betracht kommen - auf das höchste vom Arbeitslosen unter Berücksichtigung seiner persönlichen Verhältnisse noch erzielbare Arbeitsentgelt abstellt (vgl BSG SozR 4-4300 § 200 Nr 1 RdNr 18; sowie BSG SozR 4100 § 112 Nr 42 noch zur Vorgängervorschrift des § 136 Abs 2 Satz 2 iVm § 112 Abs 7 Arbeitsförderungsgesetz <AFG>, in Kraft bis ). Das Günstigkeitsprinzip kann nämlich nur im Rahmen der Tätigkeiten Berücksichtigung finden, in die die Klägerin in erster Linie, also vorrangig, zu vermitteln ist. Damit ist nicht die Gesamtbreite der möglichen Beschäftigungen heranzuziehen (Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, § 132 Rz 32, Stand Januar 2006, zu § 132 Abs 2 SGB III in der ab geltenden Fassung). Vielmehr sind nur diejenigen Tätigkeiten für die fiktive Bemessung relevant, mit denen der Arbeitslose bestmöglichst in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden kann (Behrend, aaO). Hierbei gelten die Kriterien der §§ 35, 36 SGB III (vgl dazu im Einzelnen Behrend, aaO, Rz 33 ff). Bei der Beurteilung wird aber insbesondere zu beachten sein, dass die Beklagte die Klägerin, solange diese nicht im Besitz einer Approbation oder Erlaubnis zur Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit oder Anerkennung als Fachärztin ist, in erster Linie in andere Beschäftigungen vermitteln darf. Denn die Aufnahme einer entsprechenden ärztlichen Tätigkeit ist mit rechtlichen Hindernissen verbunden.
Ein Anspruch auf höhere Alhi folgt auch nicht aus der Entscheidung des (BVerfGE 102, 127 = SozR 3-2400 § 23a Nr 1), wonach einmalig gezahltes Arbeitsentgelt bei der Berechnung von Lohnersatzleistungen zu berücksichtigen ist. Der Gesetzgeber hat diese Entscheidung des BVerfG in Hinblick auf das Alg umgesetzt, die Alhi jedoch ausdrücklich von entsprechenden Änderungen zu Gunsten der Leistungsbezieher ausgenommen (§ 200 Abs 1, § 434c Abs 1 und 4 SGB III idF des Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetzes vom - BGBl I 1791). Hierin liegt kein Verfassungsverstoß, insbesondere keine Verletzung des Gleichheitssatzes (BSG SozR 4-4300 § 434c Nr 3; BVerfG SozR 4-4300 § 434c Nr 6; vgl auch B 11a AL 69/05 R).
7. Eine Änderung des Bewilligungsbescheids vom durch den Bescheid vom kommt ohnedies nur nach § 45 SGB X in Betracht. Das LSG hat hierzu nur festgestellt, dass die Beklagte diesen Bescheid an die Stelle des Bescheids vom gesetzt hat und somit die Höhe der Alhi herabgesetzt hat. Der genaue Inhalt dieses Bescheids vom ist ebenso wie der des Bescheids vom nicht bekannt. Beide entziehen sich damit einer abschließenden Prüfung durch den Senat. Es ist deshalb schon nicht nachvollziehbar, ob die Beklagte den Bescheid vom mit dem Bescheid vom überhaupt teilweise nach § 45 SGB X zurückgenommen hat. Falls die Beklagte eine Rücknahme nicht verfügt haben sollte, wird das LSG zwar zu prüfen haben, ob die "Neu"-Bewilligung in eine Rücknahme umgedeutet werden kann; hierbei ist anerkannt, dass die Gerichte die Voraussetzungen des § 43 SGB X zur Umdeutung eines Verwaltungsaktes entsprechend zu Grunde legen können (vgl BSG SozR 3-3660 § 1 Nr 1; ; BSG SozR 3-4100 § 112 Nr 29). Eine Nichtaufklärbarkeit des genauen Inhalts der Bescheide vom 9. und könnte sich jedoch zu Lasten der Beklagten auswirken.
Bei Anwendung des § 45 SGB X ist ergänzend § 330 SGB III (idF, die die Norm durch das Gesetz zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente <Job-AQTIV-Gesetz> vom - BGBl I 3443 - erhalten hat) zu beachten. Diese Vorschrift enthält Sonderregelungen für die Aufhebung von Verwaltungsakten im Zuständigkeitsbereich der Beklagten. § 330 Abs 2 SGB III bestimmt, dass dann, wenn die in § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vorliegen, dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit - abweichend von § 45 SGB X ohne Ermessensausübung - zurückzunehmen ist. Ob die Voraussetzungen des § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X vorliegen, hat das LSG bisher nicht geprüft. Dabei beurteilt sich die Fahrlässigkeit nicht nach einem objektiven, sondern einem subjektiven Maßstab (vgl Urteil des Senats vom - B 7a AL 58/05 R; vgl dazu - und vom - 11 RAr 89/96 -, jeweils mwN).
Wären die Voraussetzungen des § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X erfüllt, ist auch bei der Rücknahme der Bewilligung für die Zukunft - ebenso wie bei der Rücknahme für die Vergangenheit - nach § 330 Abs 2 SGB III kein Ermessen auszuüben. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut, dem Willen des Gesetzgebers und dem Sinn und Zweck der Regelung. Nach dem Wortlaut des § 330 Abs 2 SGB III ist der Verwaltungsakt "auch" mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Diese Formulierung zeigt, dass dies erst recht mit Wirkung für die Zukunft gelten muss (aA: Coseriu/Jakob, PK-SGB III, aaO, § 330 RdNr 236; Niesel, SGB III, 3. Aufl 2005, § 330 RdNr 24). Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers und dem Sinn und Zweck der Regelung. Nach der Gesetzesbegründung zu § 152 AFG (seit : § 330 SGB III) hat die Bundesanstalt die meisten Leistungen nach dem AFG kurzfristig zu erbringen und vielfach ebenso kurzfristig wieder zu beenden, wenn zB ein Empfänger von Alg oder Alhi eine Arbeit aufnimmt. Überzahlungen seien dabei praktisch nicht zu vermeiden. § 152 Abs 1 bis 3 AFG sollte diesen Besonderheiten, die auch für die Rücknahme mit Wirkung für die Zukunft gelten, Rechnung tragen (vgl BT-Drucks 12/5502 zu Nr 43, S 37). Zudem wäre es nicht einsichtig, warum gerade der weniger gravierende Eingriff der Rücknahme für die Zukunft strengeren Anforderungen unterliegen sollte als die Rücknahme für die Vergangenheit (Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, § 330 Rz 14, Stand Oktober 2005).
8. Soweit der Rechtsstreit die Beitragsübernahme nach § 207a SGB III ab April 2001 betrifft, ist das Krankenversicherungsunternehmen, bei dem die Klägerin privat kranken- und pflegeversichert ist, nach § 75 Abs 2 Alt 1 SGG notwendig beizuladen (vgl BSG SozR 3-4100 § 166b Nr 1 zur Vorgängervorschrift des § 166b AFG, in Kraft bis ). Das LSG wird dies nachzuholen haben.
Nach § 207a Abs 3 SGB III wird die Klägerin in dem in Abs 2 vorgesehenen Umfang von ihrer Verpflichtung befreit, Beiträge an das private Versicherungsunternehmen zu zahlen; die Beklagte wird insoweit Beitragsschuldner (gesetzlicher Schuldnerwechsel). Eine solche Entscheidung greift unmittelbar in die Rechtssphäre des Versicherungsunternehmens ein und kann daher ihm gegenüber auch nur einheitlich ergehen (vgl BSG SozR 3-4100 § 166b Nr 1). Von einer im Revisionsverfahren mit Zustimmung des Beizuladenden grundsätzlich möglichen Beiladung (§ 168 Satz 2 Halbsatz 2 SGG) sieht der Senat ab. Die Beiladung kann vorliegend dem LSG überlassen bleiben, weil ohnehin dorthin zurückverwiesen werden muss und höhere Beiträge nach der gesetzlichen Regelung des § 207a SGB III auch von der Höhe des Bemessungsentgelts abhängig sind, das vom LSG ohnedies noch für einen Teil des bei den Beiträgen streitigen Zeitraums zu überprüfen ist.
Für die Entscheidung des LSG weist der Senat, ohne insoweit das LSG nach § 170 Abs 5 SGG zu binden, darauf hin, dass die Klägerin an das Versicherungsunternehmen (den Gläubiger) die Differenz zwischen dem von der Beklagten übernommenen Beitrag und dem vollen Beitrag zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung wohl selbst gezahlt hat. Als Folge eines Schuldnerwechsels wäre aber nicht mehr die Klägerin, sondern allein die Beklagte zur Zahlung höherer Beiträge verpflichtet (vgl BSG SozR 3-4100 § 166b Nr 1). Eine Beitragspflicht der Klägerin wäre im Umfang der gesetzlichen Schuldübernahme ausgeschlossen. Die Klägerin hätte damit möglicherweise nur einen zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch gegen das Versicherungsunternehmen, keinen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte; denn sie hätte für die fragliche Zeit ohne Rechtsgrund wohl auf eine vermeintlich eigene Schuld geleistet und könnte die Beiträge insoweit zurückerstattet verlangen (vgl BSG SozR 3-4100 § 166b Nr 1 S 3). Anders wäre dies möglicherweise, wenn sie gemäß § 267 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf eine fremde Schuld gezahlt hätte.
Ein zivilrechtlicher Bereichungsanspruch könnte aber mit einem öffentlich-rechtlichen Anspruch korrespondieren. Mit der gesetzlichen Schuldübernahme könnte ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung der Beiträge an das Versicherungsunternehmen verknüpft sein. Dieser Anspruch könnte sich nach Zahlung durch die Klägerin in einen Erstattungsanspruch umwandeln, der uU neben den zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch tritt; die Beklagte und das Versicherungsunternehmen würden der Klägerin dann als Gesamtschuldner (§ 421 BGB) haften. Denkbar wäre jedoch auch allein ein den Bereicherungsanspruch verdrängender öffentlich-rechtlicher Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte. Von einer Festlegung sieht der Senat ab, um das rechtliche Gehör des beizuladenden Versicherungsunternehmens nicht zu verletzen.
9. Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben. Dabei wird das LSG wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (vgl BSG SozR 3-1500 § 193 Nr 10) das - zu Lasten der Klägerin ergangene - Teilendurteil (Alhi für den ) zu berücksichtigen haben (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 193 RdNr 2a).
Fundstelle(n):
UAAAC-19541