Behandlung der Renditen aus dem „Phoenix Managed Account” der Phoenix Kapitaldienst GmbH (sog. Schneeballsystem)
Verfahrensweise
Auf der Grundlage einer Stellungnahme der (federführenden) Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main bitte ich bei Fällen mit Renditen aus dem „Phoenix Managed Account” wie folgt zu verfahren:
1 Sachverhalt
Insolvenzerfahren läuft seit 2005
Die Phoenix Kapitaldienst GmbH mit Firmensitz in Frankfurt am Main war bis zu der Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens am Finanzdienstleister, dessen Geschäftstätigkeit das Finanzkommissionsgeschäft und die Finanzportfolioverwaltung umfasste.
Wertpapiergeschäfte für Anleger
Seit 1977 war die Kapitalgesellschaft im Optionsgeschäft tätig. Ende 1992 legte die Kapitalgesellschaft das Produkt „Phoenix Managed Account” auf. Dabei handelte es sich um ein Produkt, bei dem die Phoenix Kapitaldienst GmbH Investitionssummen der Kunden in Stillhalter- und Spekulations- bzw. private Veräußerungsgeschäfte investierte.
Schneeballsystem
Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass es sich bei dem „Phoenix Managed Account” um ein Schneeballsystem handelte. Die von den Anlegern bereit gestellten Mittel wurden nicht wie vertraglich vereinbart verwendet. Allerdings wurden den Anlegern monatliche Abrechnungsmitteilungen zur Verfügung gestellt, die den Erfolg des Produkts vortäuschten. Am wurde auf Initiative der Bundesanstalt für die Finanzdienstleistungsaufsicht das vorläufige Insolvenzverfahren über das Vermögen der Phoenix Kapitaldienst GmbH eröffnet. Die Anleger können allenfalls mit einer Rückzahlung des eingesetzten Kapitals (ohne Gewinnbeteiligungen) in Höhe von maximal 30 Prozent rechnen.
Vertragliche Struktur
Das Produkt „Phoenix Managed Account” war entsprechend den folgenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen vertraglich wie folgt strukturiert (Prospekt vom ):
GmbH ist Geschäftsbesorger
Die GmbH übernimmt es, im Rahmen einer Geschäftsbesorgung die Geschäfte der Kunden zu führen und den von den Kunden zur Verfügung gestellten Betrag zu verwalten. Der vom Kunden zu zahlende Mindestbetrag (ohne Agio) belief sich auf 5.000 DM. Der Kunde ermächtigt die Phoenix Kapitaldienst GmbH, alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die im Rahmen einer ordnungsgemäßen Geschäftsbesorgung und Verwaltung notwendig und angemessen sind. Die Phoenix Kapitaldienst GmbH ist berechtigt, die Einzahlungen der Kunden zu vermischen und gemeinsam für Rechnung aller Kunden zu disponieren (Pool).
Art der Geschäfte
Gegenstand der Geschäftsbesorgung ist die Anlage der Geldbeträge in Termingeschäften für gemeinsame Rechnung zu Spekulationszwecken mit Vorrang von Stillhaltergeschäften. Die Auswahl der Anlagen erfolgt durch die Phoenix Kapitaldienst GmbH. Die Phoenix Kapitaldienst GmbH handelt im eigenen Namen und auf Rechnung des Kunden. Die Phoenix Kapitaldienst GmbH ist berechtigt, die Disposition über die Poolkonten einem sachverständigen Dritten zu überlassen. Sie kann diesem Dritten Ermessensvollmacht einräumen. Sie verpflichtet sich, das Vermögen der Phoenix Managed Account gesondert vom übrigen Vermögen der GmbH zu halten und zu verwalten.
Anleger kann Einlage verlieren
Der Kunde haftet bis zu Höhe seiner Einzahlung. Eine darüber hinaus gehende Haftung für den Ersatz von Vergütungen und Aufwendungen ist ausgeschlossen. Das Poolvermögen wird in Euro ausgewiesen, der Kunde trägt das Währungsrisiko. Er erhält zum Ende eines jeden Monats eine Übersicht über die Entwicklung und den Wert seiner Investition.
Beteiligung des Anlegers
Der Kunde nimmt am Ergebnis der jeweiligen Abrechnungsperiode im Verhältnis des Werts seines Anteils zum gesamten Vermögen des Phoenix Managed Accont zum Beginn der Abrechnungsperiode teil.
Vergütung der GmbH
Die Phoenix Kapitaldienst GmbH erhält als Vergütung bei Einzahlung ein Agio, (Aufgeld), das sich nach der Höhe des Anlagebetrags richtet (4 bis 7 Prozent). Ferner erhält sie eine monatliche Verwaltungsgebühr von 0,5 Prozent des jeweiligen Vermögensstands des Poolvermögens vor Abzug ihrer Gewinnbeteiligung. Neben weiteren Kosten erhält die Phoenix Kapitaldienst GmbH eine Gewinnbeteiligung i.H. von 30 Prozent pro Abrechnungsperiode. Diese steht ihr nur dann zu, wenn das Poolvermögen einen Zuwachs zu verzeichnen hat.
Zeitpunkt der Teilnahme
Der Vertrag zwischen dem Kunden und Phoenix Kapitaldienst GmbH tritt mit Zahlung des Anlagebetrags in Kraft. Der Kunde nimmt ab dem Beginn der nächsten Abrechnungsperiode am Ergebnis des Phoenix Managed Account teil.
Vertragsdauer
Der Vertrag gilt für die Dauer von sechs Monaten und verlängert sich jeweils um einen Monat, wenn der Kunde nicht rechtzeitig kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt einen Monat. Teilkündigungen sind zulässig, sofern das verbleibende Vermögen noch mehr als der Mindestanlagebetrag beträgt. Sofern der Wert der Beteiligung unter 65 Prozent der Gesamteinzahlungen des Kunden abgesunken ist, nimmt der Kunde am weiteren Ergebnis nicht teil.
Rückzahlung des Guthabens
Bei Beendigung des Vertrags erhält der Kunde sein Guthaben gemäß der Bewertung zum Ende der laufenden Abrechnungsperiode zurück. Das Guthaben ist innerhalb eines Monats auszuzahlen.
2 Steuerrechtliche Beurteilung
GmbH ist Treuhänder
Die Phoenix Kapitaldienst GmbH verwaltete entsprechend den Ausführungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen treuhänderisch das Vermögen der Investoren. Die Gelder der Investoren waren getrennt von dem Vermögen der Phoenix Kapitaldienst GmbH angelegt.
Zurechnung der Einkünfte
Bei einem Treuhandverhältnis sind die erzielten Einkünfte unmittelbar dem Treugeber, d.h. dem Anleger, zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO; BStBl 1994 I S. 604).
Anleger hat Einkünfte nach § 22 Nr. 3 und § 23 EStG
Somit sind die mit Hilfe des Treuhänders erzielten sonstigen Einkünfte aus Stillhaltegeschäften nach § 22 Nr. 3 EStG (vgl. hierzu BStBl 1991 II S. 300) und für Veranlagungszeiträume ab 1999 die Einkünfte aus Termingeschäften nach § 22 Nr. 2 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 EStG bei dem Treugeber der Besteuerung zu unterwerfen. In den davor liegenden Veranlagungszeiträumen waren Termingeschäfte im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 EStG nicht den Spekulationsgeschäften zuzuordnen.
Scheinrenditen steuerpflichtig
Dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei den von der Phoenix Kapitaldienst GmbH bescheinigten Einkünften um tatsächlich erzielte oder aber um sogenannte „Scheinrenditen” handelt.
Sicht der Kapitalanleger ist maßgebend
Für die steuerliche Behandlung von Scheinrenditen aus einem Schneeballsystem ist maßgeblich, wie sich das vorgetäuschte Rechtsgeschäft aus der Sicht des Kapitalanlegers als Leistungsempfänger bei objektiver Betrachtung darstellt (vgl. BStBl 2005 II S. 746). Die Anleger haben offensichtlich nicht durchschaut, dass es sich um ein Schneeballsystem handelte, sondern sind davon ausgegangen, dass sie über die Phoenix Kapitaldienst GmbH als Treuhänder sonstige Einkünfte und Einkünfte aus Spekulations- bzw. privaten Veräußerungsgeschäften erzielen. Dieser Sachverhalt ist somit der Besteuerung zugrunde zu legen.
Nach außen erkennbarer Wille der GmbH
Es ist nicht entscheidend, welche Absichten die Phoenix Kapitaldienst GmbH verfolgt hat, sondern wie sich das Rechtsgeschäft aus Sicht des Kapitalanlegers darstellten musste. Das bedeutet, dass es auf den nach außen erkennbaren Willen der Phoenix Kapitaldienst GmbH beim Vertragsabschluss ankommt; dabei sind die für die Auslegung von empfangsbedürftigen Willenserklärungen maßgeblichen Grundsätze der §§ 133, 157 BGB entsprechend anwendbar.
Geltung bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind die Kapitalanleger davon ausgegangen, dass die Phoenix Kapitaldienst GmbH für die als Treuhänder den von ihnen zur Verfügung gestellten Kapitalertrag in Stillhalter-, Options- und Termingeschäfte investiert und sie als Treugeber sonstige Einkünfte und Einkünfte aus Spekulations-bzw. privaten Veräußerungsgeschäften erzielen.
Mitteilung für 2004 liegt vor
Dies zeigt sich u.a. auch darin, dass die Phoenix Kapitaldienst GmbH zumindest für den Veranlagungszeitraum 2004 eine Mitteilung über die Höhe der steuerlich relevanten Einkünfte für jeden Anleger erstellt hat.
Nicht ausgezahlte Verluste sind zugeflossen
Die Einkünfte sind steuerlich auch zu erfassen, wenn es sich bei der Kapitalanlage um ein Schneeballsystem gehandelt hat und dem Kapitalanleger tatsächlich keine Zahlungsflüsse zugehen (vgl. a.a.O.). Sofern er seine Kapitalanlage und die ihm bescheinigten, ggf. nicht ausgezahlten, Gewinne aus den Investitionen wegen des Zusammenbruchs des Schneeballsystems nicht zurückerhält, handelt es sich dabei um einen steuerlich unbeachtlichen Verlust auf der privaten Vermögensebene.
BFH: Zufluss von Scheinrenditen
Diese steuerrechtliche Beurteilung wird durch die Urteile des Bundesfinanzhofs zu Schneeballsystemen vom , BStBl 1997 II S. 755) und vom , BStBl 2002 II S. 138) bestätigt. Die Kapitalanleger erzielten in den zugrunde liegenden Sachverhalten Einkünfte aus der Beteiligung an einer stillen Gesellschaft nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Die Kapitalanlagen wurden ebenfalls in einem Schneeballsystem getätigt. Der Bundesfinanzhof hat jedoch den Zufluss von Kapitalerträgen für den Zeitraum bejaht, in dem der Kapitalanleger die „Scheinrenditen” in den Büchern des Schuldners gut geschrieben bekommen hat und er davon ausgegangen ist, dass er, hätte er statt des „Stehenlassens” des gutgeschriebenen Betrags und ggf. dessen Reinvestition (= Novation) die Auszahlung gewählt, den betreffenden Betrag ausgezahlt bekommen hätte.
Phoenix-Anleger erhielten Anlagegelder zurück
Nichts anderes kann für den die steuerrechtliche Behandlung des Produkts „Phoenix Managed Account” gelten. Die Kapitalanleger sind bis zur Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens davon ausgegangen, dass sie ein Kündigungsrecht hatten und die ihnen zustehenden Beträge auch – im Falle der Kündigung – ausgezahlt bekommen hätten. Die Phoenix Kapitaldienst GmbH hat die Ansprüche ihrer Kapitalanleger bis zur Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens am auch tatsächlich befriedigt.
3 Ermittlung der Einkünfte
Mitteilungen für 2004 anfordern
Die Phoenix Kapitaldienst GmbH hat für den Veranlagungszeitraum 2004 Mitteilungen erstellt, aus denen die Höhe der zu versteuernden sonstigen Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG und der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 22 Nr. 2 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 4 EStG ersichtlich sind.
Berechnung für ältere Jahre
Ob die Phoenix Kapitaldienst GmbH für davor liegenden Veranlagungszeiträume entsprechende Mitteilungen erstellt hat, ist mir nicht bekannt. Allerdings können die Einkünfte insgesamt für den jeweiligen Veranlagungszeitraum anhand der monatlichen Kontoauszüge ermittelt werden. Hierfür ist von dem Kontostand zum 31.12. eines Jahres laut der letzten Abrechnung eines Jahres der Kontostand vom 1.1. eines Jahres (= Kontostand zum 31.12. des vorhergehenden Jahres) laut der ersten Abrechnung des Jahres und die insgesamt geleistete Einlage abzuziehen. Bei dieser Berechnung sind die Verwaltungsgebühren und die Gewinnbeteiligung der Phoenix Kapitaldienst GmbH, die auch als Werbungskosten anzusetzen sind, bereits berücksichtigt.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Kontostand am | 49.731,53 Euro | |
Kontostand am | ./. | 35.703,15 Euro |
Insgesamt geleisteter Anlagebetrag | ./. | 10.000,00 Euro |
Einkünfte im Jahr 2004 insgesamt | 4.028,38 Euro |
Aufteilung der Einkünfte im Jahr 2004
Wie sich die insgesamt erzielten Einkünfte auf die sonstigen Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG und die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften aufteilen, ist mir nicht bekannt, Für den Veranlagungszeitraum 2004 erfolgt die Aufteilung nach angaben der Phoenix Kapitaldienst GmbH dergestalt, dass 10,68 Prozent auf die sonstigen Einkünfte und der restliche Betrag auf die privaten Veräußerungsgeschäfte entfällt.
Schätzung für ältere Jahre
Für andere Veranlagungszeiträume liegen keine weiteren Erkenntnisse vor. Die Aufteilung ist somit im Benehmen mit den Steuerpflichtigen zu klären; ggf. ist die Aufteilung im Schätzungswege vorzunehmen.
4 Weitere Vorgehensweise
Einkünfte ansetzen:
Die aus der Investition in das Produkt „Phoenix Managed Account” erzielten Einkünfte sind nach § 22 Nr. 3 EStG und nach § 22 Nr. 2 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 EStG zu besteuern.
Änderung nach § 173 AO
In diesem Zusammenhang sollte überprüft werden, wann die Investitionen in das o.g. Produkt getätigt wurden und ob die hierdurch erzielten Einkünfte seit der Investition im Rahmen der Einkommensteuererklärung angegeben wurden. Ggf. sind die Voraussetzungen für eine Änderung der Einkommensteuerfestsetzungen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und ggf. auch für die verlängerte Festsetzungsfrist zu überprüfen.
Einsprüche ruhen faktisch
In Hessen soll ein Musterverfahren hinsichtlich der Besteuerung der Einkünfte aus dem Produkt „Phoenix Managed Account” geführt werden. Die Bearbeitung von Einsprüchen wegen der einkommensteuerrechtlichen Behandlung der Einkünfte aus diesem Produkt kann aus verwaltungsökonomischen Gründen zurückgestellt werden.
AdV gewähren
In diesem Zusammenhang soll im finanzgerichtlichen Verfahren über den vorläufigen Rechtsschutz überprüft werden, ob ggf. Aussetzung der Vollziehung zu gewähren ist. Bis dahin kann Aussetzung der Vollziehung – auch im Hinblick auf das bei dem Bundesfinanzhof anhängige Revisionsverfahren Verfahren VIII R 36/04 (zum Zufluss von Scheinrenditen in einem CTS-Fall) – ggf. gegen Sicherheitsleistung gewährt werden.
Oberfinanzdirektion Karlsruhe v. - S 2256/49 - St 111
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Fundstelle(n):
DStZ 2007 S. 57 Nr. 3
EAAAC-19503