Leitsatz
[1] Der formularmäßige Ausschluss der Befugnis, einen Erwerbervertrag über umfassend saniertes Wohnungseigentum zu wandeln oder sonst rückgängig zu machen, ist gemäß § 11 Nr. 10 b AGBG unwirksam (im Anschluss an - BauR 2002, 310 = ZfBR 2002, 244 = NZBau 2002, 89 und Urteil vom - VII ZR 276/05, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
Gesetze: AGBG § 11 Nr. 10 Buchst. b; BGB § 634 a.F.; BGB § 635 a.F.
Instanzenzug: LG Dessau 4 O 773/03 vom OLG Naumburg 6 U 27/04 vom
Tatbestand
Der Kläger fordert von der Beklagten Rückabwicklung eines Erwerbervertrages über eine Eigentumswohnung, Schadensersatz sowie Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftigen Schaden.
Mitte Dezember 1996 erwarb der Kläger von der Beklagten eine von mehreren Eigentumswohnungen in einem bereits weitgehend sanierten Altbau zum Preis von 289.000 DM. Die durchzuführenden Sanierungsmaßnahmen waren in einer dem notariellen Vertrag beigefügten Baubeschreibung aufgeführt. Die Beklagte hatte den ihr gehörenden Altbau in fünf Wohneinheiten geteilt und sich in der Baubeschreibung u.a. verpflichtet, Rohbau-, Dachdecker-, Zimmerer- und Außenputzarbeiten vorzunehmen, sämtliche Fenster sowie die Sanitär- und Elektroleitungen zu erneuern und die Heizungsanlage auszuwechseln. Die Gewährleistung ist in Abschnitt V 4 sowie in Abschnitt VIII des Vertrages geregelt. In Abschnitt VIII Abs. 4 heißt es u.a.:
"Nach Abnahme ist der Verkäufer verpflichtet, ... festgestellte Mängel zu beseitigen und/oder noch nicht durchgeführte Arbeiten vorzunehmen. Erst nach Fehlschlagen oder Ausbleiben der Nachbesserung kann der Käufer Minderung des Kaufpreises verlangen. Wandelung oder sonstige Rückgängigmachung des Kaufvertrages wegen noch ausstehender oder mangelhafter Durchführung der genannten Restarbeiten ist ausgeschlossen."
Anfang Januar 1997 nahm der Kläger die Wohnung ab und zahlte den Erwerbspreis. Im März 1997 wurde er im Wohnungsgrundbuch eingetragen. Mitte 2000 forderte er die Beklagte unter Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung auf, näher bezeichnete Mängel am Gemeinschafts- und Sondereigentum zu beseitigen; die Beklagte lehnte dies ab.
Der Kläger hat Zahlung in Höhe von 299.543,92 DM Zug um Zug gegen Rückübertragung des Wohnungseigentums sowie gegen Abtretung seiner Ansprüche auf Rückzahlung geleisteter Grunderwerbssteuer begehrt; ferner hat er Schadensersatz sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen künftig anfallender Kosten der Rückabwicklung geltend gemacht. Das sachverständig beratene Landgericht hat durch Teilurteil entschieden, die Beklagte sei dem Grunde nach verpflichtet, an den Kläger den Kaufpreis für die Wohnung abzüglich einer der Höhe nach noch zu bestimmenden Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Rückübertragung des Wohnungseigentums zu zahlen; den weitergehenden Zahlungs- und Feststellungsantrag hat es einem Schlussurteil vorbehalten. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Aufhebung des Berufungsurteils und die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, hilfsweise die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Gründe
Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Auf das Schuldverhältnis finden die bis zum geltenden Gesetze Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
I.
Das Berufungsgericht führt aus, Anspruchsgrundlage für die Rückabwicklung des notariellen Vertrages sei § 635 BGB. Dieser Anspruch sei jedoch nicht begründet. Der Senat "hege an den Befunden des Landgerichts zu den Mängeln beträchtliche Zweifel", ohne dies abschließend beurteilen zu müssen. Dem Anspruch des Klägers stehe Abschnitt VIII Abs. 4 des Notarvertrages entgegen. Danach sei die Wandelung oder sonstige Rückgängigmachung des Kaufvertrages ausgeschlossen, so dass der Kläger eine Rückgängigmachung des Vertrages nicht verlangen könne.
Die Regelung in Abschnitt VIII Abs. 4 des Vertrages sei als Allgemeine Geschäftsbedingung gemäß § 11 Nr. 10 b AGBG wirksam. Danach sei es zulässig, die Gewährleistung bei Verträgen über die Lieferung neu hergestellter Sachen und Leistungen auf Nachbesserung oder Ersatzlieferung zu beschränken, sofern dem anderen Vertragsteil ausdrücklich das Recht vorbehalten werde, bei Fehlschlagen der Nachbesserung oder Ersatzlieferung Herabsetzung der Vergütung oder, wenn nicht eine Bauleistung Gegenstand der Gewährleistung sei, nach seiner Wahl Rückgängigmachung des Vertrages zu verlangen. Da der Kläger ausschließlich Mängel der Bauleistung der Beklagten geltend mache, verstoße die Beschränkung seiner Gewährleistungsansprüche auf Nachbesserung und bei deren Fehlschlagen auf Herabsetzung der Vergütung nicht gegen das AGB-Gesetz.
II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allem stand.
Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts kann dem Kläger dem Grunde nach ein Anspruch auf Rückgängigmachung des Vertrages zustehen. Dieser Anspruch ist nicht durch die Regelung in Abschnitt VIII Abs. 4 des notariellen Vertrages ausgeschlossen, da diese einer Inhaltskontrolle nach § 11 Nr. 10 b AGBG nicht standhält.
1. Im Ansatz zutreffend beurteilt das Berufungsgericht die Gewährleistungsansprüche des Klägers nach Werkvertragsrecht. Das Landgericht ist nach Auslegung des notariellen Vertrags und der Würdigung der dem Vertrag beigefügten Baubeschreibung zu der Überzeugung gelangt, dass die Beklagte nicht allein die Übergabe und Übereignung von Wohnungseigentum, sondern auch die mangelfreie Erstellung der in der Baubeschreibung bezeichneten Leistungen schuldete, die der umfassenden Sanierung des Altbaus dienten. Dieses Verständnis zieht das Berufungsgericht zu Recht nicht in Zweifel. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. , BauR 2005, 542 = ZfBR 2005, 263 = NZBau 2005, 216) ist beim Erwerb von sanierten Altbauten Werkvertragsrecht anwendbar, wenn der Erwerb des Grundstücks mit einer Herstellungsverpflichtung verbunden ist. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die Parteien den Vertrag als Kaufvertrag und sich selbst als Käufer und Verkäufer bezeichnet haben.
2. Zugunsten des Klägers ist in der Revision von Mängeln am Gemeinschaftseigentum auszugehen. Das Berufungsgericht hegt an den Befunden des Landgerichts zu den Mängeln lediglich beträchtliche Zweifel; es trifft jedoch insoweit keine vom Urteil des Landgerichts abweichenden Feststellungen.
3. Das Berufungsgericht stellt fest, dass der Erwerbervertrag für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert und von der Beklagten gestellt worden war. Die Beklagte hat hiergegen nichts erinnert. Die Regelung in Abschnitt VIII Abs. 4 unterliegt damit zu Lasten der Beklagten der Inhaltskontrolle. Dieser hält sie nicht stand.
Der in der genannten Klausel vorgesehene Ausschluss, den Vertrag zu wandeln oder sonst rückgängig zu machen, verstößt gegen § 11 Nr. 10 b AGBG. Diese Klausel will nicht nur Ansprüche auf Wandelung nach § 634 BGB, sondern auch den Anspruch auf großen Schadensersatz nach § 635 BGB ausschließen. Die Klausel ist insgesamt schon deswegen unwirksam, weil sie die Wandelung versagt.
Die von der Beklagten geschuldeten baulichen Leistungen sind keine "Bauleistungen" i.S. des § 11 Nr. 10 b AGBG. Der Senat hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die Erwägungen, die der Einschränkung des Rechts zur Wandelung bei Bauleistungen zugrunde liegen, nicht gelten, wenn Wohnungseigentum vom Bauträger erworben wird. Denn in den Fällen der Rückabwicklung solcher Verträge werden keine wirtschaftlichen Werte gefährdet und es wird auch nicht in fremdes Eigentum eingegriffen. Vielmehr wird das Wohnungseigentum zurückgegeben, so dass der Veräußerer an die Stelle des Erwerbers tritt (, BauR 2002, 310 = ZfBR 2002, 244 = NZBau 2002, 89 und Urteil vom - VII ZR 276/05, Rz. 40, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
Diese Grundsätze gelten auch in diesem Fall, in dem davon auszugehen ist, dass die Beklagte nicht als Bauträgerin tätig geworden ist. Sie hat sich nicht nur verpflichtet, Bauleistungen zu erbringen, sondern auch das Wohnungseigentum auf den Kläger zu übertragen. Liegen die Voraussetzungen für die Rückgängigmachung des Vertrages vor, erhält die Beklagte ohne Zerstörung wirtschaftlicher Werte dasjenige zurück, was sie geleistet hat. Wenn die Beklagte Mängel nach Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nicht beseitigt hat, hat sie als Veräußerin zu Recht das erneute Verwendungsrisiko zu tragen.
Da die Klausel bereits wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 10 b AGBG unwirksam ist, bedarf es keiner Prüfung, ob sie einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG standhielte (vgl. dazu , aaO).
III.
Danach kann das angefochtene Urteil nicht bestehen bleiben.
Eine Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils kommt schon deshalb nicht in Betracht, da die als Teilurteil verkündete Entscheidung prozessual unzulässig ist. Das Landgericht durfte nicht über die Rückabwicklung des notariellen Vertrages zugunsten des Klägers entscheiden, ohne zugleich über den Feststellungsantrag zu befinden, weil sonst über denselben prozessualen Anspruch widersprechende Entscheidungen ergehen könnten (vgl. , NJW 2001, 155).
Das Berufungsurteil ist aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird sowohl im Hinblick auf seine Bedenken gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts als auch auf die insgesamt lange Verfahrensdauer von der Möglichkeit, den in erster Instanz verbliebenen Prozessrest an sich zu ziehen und über den gesamten Streitstoff zu entscheiden, Gebrauch zu machen haben (vgl. , NJW 1992, 511 und vom - VI ZR 77/98, NJW 1999, 1035). Zur Berechnung der von der Beklagten hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Nutzungsentschädigung nimmt der Senat auf sein Urteil vom - VII ZR 325/03, BGHZ 164, 235 Bezug.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW-RR 2007 S. 59 Nr. 1
WM 2006 S. 2188 Nr. 46
FAAAC-18723
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein