Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung; Verletzung der Sachaufklärungspflicht; Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung
Gesetze: EStG § 33; FGO § 76; FGO § 115
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) beantragte in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2000 erfolglos die Berücksichtigung der Kosten eines Rechtsstreits in Höhe von 29 625 DM als außergewöhnliche Belastung. In dem Rechtsstreit hatte der Kläger Schadensersatzansprüche gegen eine Bank wegen positiver Vertragsverletzung einer zwischen ihm und der Bank bestehenden Sicherungsabrede in Höhe von 126 000 DM geltend gemacht. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) sowie die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) geltend. Zu klären seien sinngemäß die Rechtsfragen, ob die Kosten eines Rechtsstreits außergewöhnliche Belastungen seien, wenn sie die Folge eines pflichtwidrigen Verhaltens des Vertragspartners seien, und in welchen Zivilrechtsstreitigkeiten außer Scheidungssachen die Kosten der Rechtsverfolgung außergewöhnliche Belastungen darstellten. Ferner rügt der Kläger die Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
II. Die Beschwerde ist unbegründet und wird zurückgewiesen (§ 132 FGO).
1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen. Durch die Rechtsprechung des BFH ist geklärt, ob und unter welchen Voraussetzungen die Kosten eines Zivilprozesses als außergewöhnliche Belastungen i.S. des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist für die Beurteilung der Zwangsläufigkeit von Zivilprozesskosten —für sonstige Leistungsverpflichtungen aufgrund oder infolge gerichtlicher Entscheidungen gilt nichts anderes— nicht auf die Zwangsläufigkeit der Zahlungsverpflichtung selbst abzustellen, sondern darauf, ob das Ereignis, durch das der Rechtsstreit letztlich veranlasst worden ist, für den Steuerpflichtigen zwangsläufig war, er mithin dem Prozess aufgrund einer rechtlichen oder sittlichen Verpflichtung oder einer tatsächlichen Zwangslage nach den Gegebenheiten des Einzelfalls nicht ausweichen konnte (vgl. , BFH/NV 2001, 1391, m.w.N.).
Bei den Kosten eines Zivilprozesses spricht nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit (z.B. , BFHE 198, 94, BStBl II 2002, 382, m.w.N.). Dieser Grundsatz ist allerdings keine starre Regel. Vielmehr erfordert die Vielfalt der prozessualen Gestaltungen eine Berücksichtigung des jeweiligen Streitgegenstandes und der Ursache des Streits. So hält der BFH dann eine Ausnahme für denkbar, wenn der Rechtsstreit einen für den Steuerpflichtigen existenziell wichtigen Bereich berührt und der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
Das Finanzgericht (FG) hat nach diesen Grundsätzen im Streitfall die Zwangsläufigkeit der Zivilprozesskosten verneint. Der Kläger macht mit seinen Ausführungen im Grunde eine fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall geltend, die eine Zulassung der Revision nicht rechtfertigt. Der Kläger rügt auch keinen offensichtlichen Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzeswidrigen Entscheidung (z.B. , BFH/NV 2003, 1445, m.w.N.), der ausnahmsweise zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO führt.
2. Aus den gleichen Gründen ist die Revision nicht zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) zuzulassen. Als spezieller Tatbestand der Grundsatzrevision (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) setzt auch dieser Zulassungsgrund voraus, dass über eine klärungsbedürftige und klärbare Rechtsfrage zu entscheiden ist (vgl. Senatsbeschluss vom III B 2/05, BFH/NV 2006, 910, m.w.N.).
3. Die Rüge des Klägers, das FG habe gegen seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) verstoßen, ist bereits unzulässig. Es fehlt im Streitfall schon an der Darlegung, welche Beweise das FG hätte erheben müssen und aus welchen Gründen sich ihm die Notwendigkeit einer Beweiserhebung auch ohne Beweisantrag des Klägers hätte aufdrängen müssen (vgl. z.B. , BFH/NV 2004, 1112, m.w.N.). Der Kläger rügt mit seinen Ausführungen vielmehr eine fehlerhafte Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das FG. Mit dieser Rüge kann jedoch ein Verfahrensmangel nicht begründet werden, da die Grundsätze der Tatsachen- und Beweiswürdigung revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Prüfung des BFH im Rahmen einer Verfahrensrüge entzogen sind (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom IX B 74/01, BFH/NV 2002, 1331; vom VI B 17/01, BFH/NV 2004, 338, und vom VIII B 11/04, BFH/NV 2005, 1810, jeweils m.w.N.).
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 2252 Nr. 12
WAAAC-17981