BGH Beschluss v. - IX ZB 128/05

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 253; ZPO § 281; ZPO § 574 Abs. 1; ZPO § 577 Abs. 6 Satz 3; InsO § 4; InsO § 59; GVG §§ 17 bis 17b; GVG § 17a Abs. 4 Satz 4

Instanzenzug: AG Köln 73 IN 741/02 vom LG Köln 1 T 556/04 vom

Gründe

1. Über das Vermögen des Schuldners ist am das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der (weitere) Beteiligte zu 2 ist zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Er hat ein Mietverhältnis über Räumlichkeiten gekündigt, in denen der Schuldner eigenen Angaben zufolge seine anwaltliche Praxis betreibt. Der Schuldner hat beantragt festzustellen, dass die Kündigung unwirksam und der Beteiligte zu 2 zu Kündigungen nicht berechtigt sei; er hat außerdem beantragt festzustellen, dass der Insolvenzverwalter nicht berechtigt sei, die Praxis des Schuldners stillzulegen. Das Amtsgericht - Rechtspflegerin - hat die Anträge als unzulässig zurückgewiesen, weil das Insolvenzgericht für Entscheidungen dieser Art nicht zuständig sei. Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen diesen Beschluss ist als unzulässig verworfen worden. Eine hilfsweise beantragte Verweisung der Anträge an das zuständige Prozessgericht hat das Beschwerdegericht abgelehnt, weil § 281 ZPO nicht anwendbar sei. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner seine ursprünglichen Anträge weiter.

2. Soweit die Rechtsbeschwerde sich gegen die Verwerfung der sofortigen Beschwerde wendet, ist sie unstatthaft, weil bereits die sofortige Beschwerde unstatthaft war.

a) Gemäß § 574 Abs. 1 ZPO findet die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss statt, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder das Beschwerdegericht, sie ausdrücklich zugelassen hat. Die Befugnis zur Rechtsbeschwerde setzt voraus, dass die sofortige Beschwerde statthaft war (BGHZ 144, 78, 82; , WM 2003, 2344; v. - IX ZB 599/02, WM 2003, 2390; v. - IX ZB 63/03, WM 2005, 1246). Schließt das Gesetz die Anfechtung einer gerichtlichen Entscheidung im Wege der sofortigen Beschwerde aus, ist auch die Rechtsbeschwerde unzulässig.

b) Durch die eingangs mitgeteilten Anträge will der Schuldner Einfluss auf die Abwicklung des Insolvenzverfahrens nehmen. Die Insolvenzordnung sieht jedoch eine derartige Einflussnahme nicht vor. Das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, geht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Insolvenzverwalter über (§ 80 Abs. 1 InsO). Diesem obliegt es, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zum Zwecke der gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger (§ 1 Satz 1 InsO) zu verwerten (§ 159 InsO). Der Insolvenzverwalter steht dabei zwar unter der Aufsicht des Insolvenzgerichts (§ 58 Abs. 1 InsO). Die Verfahrensbeteiligten - auch der Schuldner - können Aufsichtsmaßnahmen des Insolvenzgerichts anregen (Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 58 Rn. 12). Als derartige Anregung hätte man die Eingabe des Schuldners behandeln können. Ein Antragsrecht der Verfahrensbeteiligten enthält § 58 InsO jedoch nicht. Lehnt das Gericht ein Eingreifen ab, findet kein Rechtsmittel gegen seine Entscheidung statt (, WM 2002, 2476, 2478 unter III 1 b; MünchKomm-InsO/Graeber, § 58 Rn. 57); denn die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen die Insolvenzordnung dies ausdrücklich vorschreibt (§ 6 InsO).

c) Dass die Kündigung des Mietverhältnisses nach Ansicht des Schuldners zugleich das Ende der in den gemieteten Räumlichkeiten betriebenen Anwaltskanzlei bedeutet, ändert an diesem Ergebnis nichts. Die Rechtsbeschwerde verweist zwar auf die "existenzielle Bedeutung" einer derartigen Entscheidung. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat jedoch in erster Linie die Gläubigerversammlung darüber zu befinden, ob das Unternehmen des Schuldners stillgelegt oder vorläufig fortgeführt werden soll (§ 157 InsO).

3. Soweit die Rechtsbeschwerde beanstandet, dass das Beschwerdegericht die Anträge des Schuldners nicht nach §§ 4 InsO, 281 ZPO an das zuständige Prozessgericht verwiesen hat, ist sie unzulässig, weil sie nicht entsprechend § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG zugelassen worden ist. Die Vorschriften der Insolvenzordnung über die Beaufsichtigung des Insolvenzverwalters gehören zur vorsorgenden freiwilligen Gerichtsbarkeit (Häsemeyer, Insolvenzrecht 3. Aufl. Rn. 6.05a). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt im Verhältnis der freiwilligen zur streitigen ordentlichen Gerichtsbarkeit wegen der unterschiedlichen Ausgestaltung der jeweiligen Verfahren nicht § 281 ZPO, sondern es finden §§ 17 bis 17b GVG Anordnung (z.B. BGHZ 40, 1, 3 ff; 76, 9, 15; 115, 275, 285; 130, 159, 162 f). Gemäß § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG steht den Beteiligten die Rechtsbeschwerde (nur) zu, wenn sie durch das Beschwerdegericht - auch das Landgericht - zugelassen worden ist (vgl. dazu BGHZ 155, 365, 368 ff).

Nur der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, dass eine Verweisung in einem Amtsverfahren - um ein solches handelt es sich bei § 59 InsO - von vornherein nicht in Betracht kommt (z.B. Zöller/Gummer, ZPO 25. Aufl. Vor §§ 17-17b GVG Rn. 11). Die Eingabe des Schuldners, um die es hier geht, richtet sich an das Insolvenzgericht. Sie erfüllt nicht die Anforderungen des § 253 ZPO oder einer anderen Verfahrensordnung an ein Schriftstück, das ein Parteienverfahren einleitet.

4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.

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Fundstelle(n):
LAAAC-17616

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein