Keine maßgebende Bedeutung einer völlig freihändigen Schätzung ohne Heranziehung bestimmter Bewertungsgrundlagen; Gesamtergebnis des Verfahrens
Gesetze: ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 76, FGO § 96
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war alleinige Inhaberin der AXX Immobilien Verkaufs- und Verwaltungsgesellschaft mbH (AXX) mit einem Stammkapital von 200 000 DM, ihr Ehemann (E) alleiniger Inhaber der BYY Anlagenverwaltungs- und Vermittlungsgesellschaft mbH (BYY) mit einem Stammkapital von 100 000 DM. Mit Urkunde vom errichteten die Klägerin und E die TER Beteiligungsverwaltungs GmbH (TER) mit einem Stammkapital von 50 000 DM, das sie je zur Hälfte übernahmen. Mit Gesellschaftsvertrag vom gleichen Tag errichteten die Klägerin und E zusammen mit der TER die TER Beteiligungsverwaltungs GmbH & Co. GdbR (GbR). Unternehmensgegenstand der GbR ist der Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen. An der GbR sind die TER ohne Einlage und die Klägerin mit einer Einlage von 50 000 DM (1/3) sowie E mit einer Einlage von 100 000 DM (2/3) beteiligt. Die Klägerin und E brachten in die GbR 99 % ihrer Geschäftsanteile an der AXX bzw. der BYY ein. Die Gewinne und Verluste der GbR werden entsprechend den Einlagen auf die Gesellschafter verteilt. Auch die Abfindung eines Gesellschafters bemisst sich nach der Beteiligung an der GbR entsprechend seiner Einlage.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) nahm an, dass E der Klägerin durch den Gesellschaftsvertrag vom einen Beteiligungswert an der GbR in Höhe von ... DM freigebig zugewendet habe. Das FA ermittelte hierbei nach dem Stuttgarter Verfahren für die Anteile an der BYY und der AXX gemeine Werte von ... DM (BYY) und ... DM (AXX) je 100 DM des Stammkapitals und für das Vermögen der GbR zum einen Teilwert von ... DM. Für den Erwerb setzte das FA unter Berücksichtigung eines Abschlags nach § 13a Abs. 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) mit Bescheid vom gegen die Klägerin Schenkungsteuer fest.
Einspruch und Klage, mit denen die Klägerin im Wesentlichen vortrug, sie und E seien bei der Gründung der GbR davon ausgegangen, dass jeder für die Einbringung seiner Geschäftsanteile eine ausgeglichene Gegenleistung erhalte, blieben erfolglos.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin Verfahrensmängel sowie die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung —Divergenz— (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 2 2. Alternative der Finanzgerichtsordnung —FGO—) geltend.
II. Die Beschwerde ist unbegründet; sie war daher zurückzuweisen. Die Klägerin hat die Verfahrensrügen nicht in der gesetzlich erforderlichen Weise dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Die geltend gemachte Divergenz liegt nicht vor.
1. a) Soweit die Klägerin rügt, das Finanzgericht (FG) habe Tatsachen außer Acht gelassen und dadurch das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO) verletzt (vgl. , BFH/NV 2004, 969), fehlt es an der erforderlichen schlüssigen Darlegung eines solchen Verfahrensmangels.
Eine auf die Verletzung des rechtlichen Gehörs gestützte schlüssige Verfahrensrüge erfordert Darlegungen dazu, welcher Sachvortrag durch das angeblich verfahrensfehlerhafte Verhalten abgeschnitten wurde, was der Beteiligte bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte und inwieweit bei Berücksichtigung des versagten Vorbringens das angefochtene Urteil hätte anders ausfallen können (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom VII B 45/01, BFH/NV 2001, 1580; vom IX B 104/02, BFH/NV 2003, 499, und vom III B 94/02, BFH/NV 2003, 1591). An solchen Darlegungen fehlt es jedoch im Streitfall.
Die Klägerin hat schon nicht vorgetragen, die Tatsachen, die sie nachträglich mit einer Protokollrüge geltend gemacht hat und auf deren Nichtbeachtung sie sich nun beruft, in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt zu haben. Ein Verfahrensmangel ist insoweit aber nur dann ordnungsgemäß dargetan, wenn vorgetragen wird, die vom FG ignorierte Sachbehauptung sei zu Protokoll erklärt worden (vgl. , BFH/NV 1996, 695).
Auch trägt die Klägerin nicht substantiiert Tatsachen vor, aus denen sich ergeben würde, dass die Wertermittlung, die der Wirtschaftsprüfer R am , also nach Abschluss des Gesellschaftsvertrages vom , vorgenommen hat, der Klägerin und E —was entscheidungserheblich sein könnte— schon vor dem Vertragsschluss und in welcher Weise vorgelegen hat. Wenn die Klägerin lediglich vorträgt, dass die Wertermittlung „eine schriftliche Fixierung einer bereits zuvor durchgeführten Wertermittlung darstellt”, so genügt das nicht.
b) Aus dem gleichen Grund ist auch die Rüge unzulässig, das FG habe seine Pflicht zur Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) dadurch verletzt, dass es den Wirtschaftsprüfer R nicht als Zeugen vernommen habe (vgl. BFH-Entscheidungen vom VII R 72/99, BFHE 192, 390, und vom X B 199/01, BFH/NV 2002, 1332). Es fehlt auch bei dieser Rüge —neben weiteren Voraussetzungen— schon an der Angabe, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten.
2. Die weitere Rüge der Verletzung der Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) dadurch, dass das FG E nicht als Zeugen vernommen habe, da die Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des FG Zahlen zu den Gewinnerwartungen der GbR nicht erklären oder verifizieren konnten, hat ebenfalls keinen Erfolg. Sie ist jedenfalls schon deswegen unzulässig, weil die Klägerin in der mündlichen Verhandlung keine Beweisanträge gestellt und die mangelnde Sachaufklärung durch das Gericht nicht gerügt hat (vgl. m.w.N. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 76 Rz. 33).
3. Soweit die Klägerin auf ihre Protokollrüge Bezug nimmt, werden Verfahrensmängel, auf denen das Urteil des FG beruhen kann, nicht schlüssig dargelegt. Insoweit ergeht die Entscheidung ohne weitere Begründung (§ 116 Abs. 5 Satz 2 1. Alternative FGO).
4. Soweit die Klägerin rügt, das FG habe seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zu Grunde gelegt (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), ist die Rüge ebenfalls unzulässig. Die Klägerin hat nicht dargetan, dass sie in der mündlichen Verhandlung eine Protokollierung verlangt hat (vgl. oben 1.). Auch ist weder durch den Vortrag, vor Gründung der Gesellschaft habe eine Wertermittlung stattgefunden, schlüssig dargelegt, dass die Klägerin und E in entscheidungserheblicher Weise bei Vertragsschluss und in welcher Weise eine Wertermittlung zu Grunde gelegt haben. Noch sind, da eine Sachaufklärungspflicht nicht bestand (vgl. oben 1.), diesbezügliche Umstände zum Gesamtergebnis des Verfahrens geworden. Denn Gesamtergebnis des Verfahrens ist der gesamte durch das Klagebegehren begrenzte, durch die Sachaufklärung des Gerichts und die Mitverantwortung der Beteiligten konkretisierte Prozessstoff (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 1996, 695).
5. Die von der Klägerin behauptete Divergenz liegt nicht vor (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO). Entgegen der Auffassung der Klägerin weicht die Vorentscheidung von der in der Beschwerdebegründung genannten Entscheidung des (BFH/NV 1995, 70) nicht ab. Soweit das FG eine wenigstens überschlägige Wertermittlung „in fundierter Weise” für erforderlich hält, schließt dies eine „Parallelwertung in der Laiensphäre” nicht aus. Denn auch die Ermittlung des Werts einer Gesellschaftsbeteiligung „nach Laienart” erfordert die Heranziehung bestimmter Bewertungsgrundlagen und ist nicht gleichbedeutend mit einer völlig freihändigen Schätzung. Einer solchermaßen gebildeten Wertvorstellung kann erbschaftsteuerrechtlich keine maßgebende Bedeutung zukommen und das Bewusstsein der Unentgeltlichkeit ausschließen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 2264 Nr. 12
GAAAC-16997