Leitsatz
1. Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie in ihrer Ausprägung als Organisationshoheit der Gemeinde wird nicht verletzt, wenn es nach der maßgeblichen Auslegung des Landesrechts durch das Oberverwaltungsgericht (hier: der §§ 107 ff. GO NRW und § 8 Abs. 4 Satz 5 KAG NRW) einer Gemeinde nicht gestattet ist, in einem Entsorgungsvertrag mit einer von ihr mehrheitlich beherrschten nichtwirtschaftlichen kommunalen Einrichtung (Stadtwerke AG) über die Durchführung der Aufgabe der Straßenentwässerung als Entgeltanteil einen kalkulatorischen Gewinnzuschlag zu vereinbaren und diesen im Rahmen der Erhebung von Straßenbaubeiträgen als beitragsfähigen Aufwand auf die Abgabenschuldner abzuwälzen.
2. Die Nichtvorlage einer Sache an den Großen Senat eines Oberverwaltungsgerichts kann einen im Rahmen der Zulassung der Revision rügefähigen Verfahrensfehler i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO darstellen.
3. Ein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter durch Nichtvorlage einer Sache an den Großen Senat des Oberverwaltungsgerichts wegen Abweichung von einer Entscheidung eines anderen Senats (§ 12 Abs. 1 i.V.m. § 11 Abs. 2 und 3 VwGO) setzt voraus, dass es sich um eine Divergenz in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage bei Anwendung ein und derselben Norm des Landesrechts handelt.
Gesetze: GG Art. 28 Abs. 2; GG Art. 101 Abs. 1 Satz 2; VwGO § 11; VwGO § 12 Abs. 2; VwGO § 12 Abs. 3; VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 3; VwGO § 138 Nr. 1; KAG NRW § 6; KAG NRW § 8 Abs. 2; KAG NRW § 8 Abs. 4 Satz 5; GO NRW §§ 107 ff.
Instanzenzug: VG Düsseldorf VG 12 K 7872/01 vom OVG Münster OVG 15 A 873/04 vom Fachpresse: ja BVerwGE: nein
Gründe
I
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Straßenbaubeitrag gemäß § 8 Abs. 2 KAG NRW für eine Ausbaumaßnahme im Bereich der Straßenentwässerung. Der Beklagte lässt die Aufgabe der Straßenentwässerung durch die Stadtwerke AG durchführen. Nach dem darüber geschlossenen Entsorgungsvertrag aus dem Jahr 1998 (EntV) werden Erneuerungs- oder Verbesserungsmaßnahmen zu Selbstkosten zuzüglich eines Gewinnzuschlags (Regiekostenaufschlag) als kalkulatorischer Unternehmerlohn vergütet. Das Oberverwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Beschluss (NWVBl 2006, 231) den vereinbarten Gewinnzuschlag als nicht zum beitragsfähigen Aufwand gehörig angesehen, weil er nicht der Abgeltung eines konkret entstandenen Aufwands, sondern der Gewinnerwirtschaftung diene. Seine Nichtberücksichtigung folge aus den Vorschriften des kommunalen Wirtschaftsrechts: Die Stadtwerke AG sei eine vom Beklagten mehrheitlich beherrschte nichtwirtschaftliche gemeindliche Einrichtung i.S.v. § 107 Abs. 2 GO NRW. Im Gegensatz zu den auf Gewinnerwirtschaftung ausgerichteten wirtschaftlichen Unternehmen einer Gemeinde (§ 109 Abs. 1 Satz 2 GO NRW) gelte bei nichtwirtschaftlichen kommunalen Einrichtungen der Grundsatz, dass diese nicht auf Gewinnerwirtschaftung ausgerichtet sein sollen. Ein solches Verbot ergebe sich zwar nicht aus dem Wortlaut des § 109 GO NRW, jedoch aus dem allgemeinen Prinzip der Steuer- bzw. Abgabestaatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland. Ihm liege die Vorstellung zu Grunde, dass die Finanzierung der staatlichen Aufgaben in Bund und Ländern einschließlich der Gemeinden grundsätzlich aus dem Ertrag der finanzverfassungsrechtlich vorgesehenen Einnahmequellen erfolge und nur ausnahmsweise Einnahmen außerhalb dieses Bereichs erschlossen werden dürften. Die Gemeinden würden durch die Erhebung von Abgaben in Form von Steuern, Gebühren und Beiträgen sowie durch einen staatlichen übergeordneten Finanzausgleich zur Erfüllung ihrer Aufgaben in Stand gesetzt; sie hätten zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht am Markt Gewinn zu erwirtschaften. Die Vereinbarung eines Gewinns verbiete sich auch beitragsrechtlich: Der den Grundstückseigentümern durch den Straßenausbau erwachsende Vorteil rechtfertige es, den dadurch verursachten Aufwand auf die Abgabepflichtigen umzulegen, nicht aber einen zusätzlichen Gewinn für den Gemeindehaushalt zu erzielen. Die Gemeinde dürfe das Aufwandsüberschreitungsverbot (§ 8 Abs. 4 Satz 5 KAG NRW) nicht dadurch umgehen, dass sie mit einer Eigengesellschaft für den Ausbau einer Straße einen Gewinn als Entgelt vereinbare, den sie über Beiträge refinanziere.
II
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Voraussetzungen einer Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt der von der Beschwerde geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen nicht vor.
a) Die Beschwerde bezeichnet (sinngemäß) die Frage als klärungsbedürftig,
ob eine Gemeinde, die sich für eine Privatisierung einer öffentlichen Einrichtung wie der Abwasserbeseitigung entschieden hat, durch die (in der angegriffenen Entscheidung) vorgenommene Auslegung des § 109 GO NRW in ihrem durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützten Selbstverwaltungsrecht verletzt wird, weil sie infolgedessen daran gehindert ist, einen nach öffentlichem Preisrecht zulässigen kalkulatorischen Gewinnzuschlag zu verabreden und abgabenrechtlich als Aufwand gegenüber dem Abgabenschuldner festzusetzen.
Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Wird im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde die Unvereinbarkeit von Landesrecht (in der für das Revisionsgericht maßgeblichen Auslegung durch das Berufungsgericht) mit Bundes(verfassungs)recht gerügt, so kann sich daraus ein Bedarf an revisionsgerichtlicher Klärung nur dann ergeben, wenn die Auslegung der bundesrechtlichen Maßstabsnorm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft, nicht aber dann, wenn nicht das Bundesrecht, sondern allenfalls das Landesrecht klärungsbedürftig ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - BVerwG 7 B 177.89 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 277, vom - BVerwG 11 B 24.92 - Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 171 und vom - BVerwG 8 BN 3.05 - SächsVBl 2006, 163). Dem genügt die Beschwerde mit der aufgeworfenen Frage und deren Begründung nicht.
aa) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. zusammenfassend - BVerfGE 91, 228 <236 ff.> und BVerwG 8 CN 1.03 - Buchholz 415.1 Allg. KommR Nr. 153 S. 13 <15 f.> = NVwZ 2005, 963 <964>, jeweils m.w.N.) ist geklärt, dass die Gewährleistung des Art. 28 Abs. 2 GG den Gemeinden einen grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassenden Aufgabenbereich und die Befugnis zur eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte in diesem Bereich sichert. Zu Letzterem gehören auch die Organisationshoheit und Organisationsbefugnisse. Durch sie legen die Gemeinden für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben Abläufe und Entscheidungszuständigkeiten im Einzelnen fest und bestimmen damit auch über Gewichtung, Qualität und Inhalt ihrer Entscheidungen. Die Organisationsbefugnisse der Gemeinden sind allerdings durch die Vorgaben des Gesetzgebers gebunden, dem wiederum Grenzen gesetzt sind, die sich zum einen aus dem Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie und zum anderen bereits in dessen Vorfeld aus der Gewährleistung des Art. 28 Abs. 2 GG ergeben, den Gemeinden die Möglichkeit eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung zu garantieren (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom - 2 BvR 1619, 1628/83 - BVerfGE 79, 127 <147> und vom , a.a.O., BVerfGE 91, 228 <238 ff.>).
Der Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie ist tangiert, wenn die Vorgaben des Gesetzgebers eine eigenständige organisatorische Aufgabenerfüllung ersticken, sei es, dass die Gemeinde aus der Verantwortung gedrängt wird, sei es, dass sie keinen organisatorischen Spielraum zur Aufgabenbewältigung mehr hat. Anders als für die Bestimmung der gemeindlichen Aufgaben gilt für die Organisationshoheit kein Prinzip der Allzuständigkeit in dem Sinne, dass die Gemeinde grundsätzlich alle Fragen ihrer Organisationshoheit selbst zu entscheiden hätte. Vielmehr kommt dem staatlichen Gesetzgeber eine weitgehende Befugnis zu, die Organisationsstrukturen nach seinen Vorstellungen zu regeln; die Organisationshoheit der Gemeinden ist deshalb von vornherein nur relativ gewährleistet (vgl. a.a.O., BVerfGE 91, 228 <240>). Von dieser Regelungsbefugnis hat hier der nordrhein-westfälische Gesetzgeber mit den Regelungen des Kommunalrechts, namentlich mit den hier in Rede stehenden Vorschriften des Kommunalwirtschaftsrechts (§§ 107 ff. GO NRW), Gebrauch gemacht.
Darüber hinaus entfaltet die Gewährleistung des Art. 28 Abs. 2 GG bereits im Vorfeld der Sicherung des Kernbereichs Rechtswirkungen, indem sie den Gesetzgeber verpflichtet, bei der Ausgestaltung des Kommunalrechts den Gemeinden eine Mitverantwortung für die organisatorische Bewältigung ihrer Aufgaben dergestalt einzuräumen, dass den Gemeinden insgesamt nennenswerte organisatorische Befugnisse verbleiben. Es muss ihnen ein hinreichender organisatorischer Spielraum bei der Wahrnehmung der je einzelnen Aufgabenbereiche offen gehalten werden. Für keinen Aufgabenbereich darf ausgeschlossen werden, dass die Gemeinden zumindest im Bereich der inneren Organisation auch selbst noch auf die besonderen Anforderungen am Ort durch organisatorische Maßnahmen reagieren können (vgl. a.a.O., BVerfGE 91, 228 <238 ff.>).
bb) Ausgehend von diesem Maß an bereits erreichter grundsätzlicher Klärung zum Inhalt von Art. 28 Abs. 2 GG und seinen Vorgaben für den Landesgesetzgeber bzw. für die Auslegung des Landesrechts durch die Gerichte legt die Beschwerde auch nicht ansatzweise dar, dass bzw. inwieweit der vorliegende Fall Anlass zu weitergehender Klärung des Inhalts dieser Norm des Bundes(verfassungs)rechts böte. Vielmehr ergibt sich bereits aus dem Vorstehenden, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte, dass die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung durch die Auslegung und Anwendung des nordrhein-westfälischen Landesrechts, wie sie das Oberverwaltungsgericht mit bindender Wirkung für das Revisionsgericht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) im Streitfall vorgenommen hat, weder in ihrem Kernbereich noch in dessen Vorfeld verletzt ist. Sie führt lediglich zu - die Organisationsbefugnisse einer Gemeinde in der Tat beschränkenden - Vorgaben, die aber einen eng umgrenzten Sachbereich betreffen, indem sie nämlich für nichtwirtschaftliche kommunale Einrichtungen ein Verbot der Gewinnerzielung bzw. der Abwälzung solcher Gewinne als beitragsfähiger Aufwand auf die Abgabenschuldner aufstellt. Sie lässt aber die Befugnis zur organisatorischen Regelung der gemeindlichen Angelegenheiten im Übrigen, d.h. für den gesamten sonstigen Bereich kommunaler wirtschaftlicher Tätigkeit in ihren vielfältigen Organisationsmöglichkeiten unberührt. Es verbleibt der Gemeinde somit - auch im Vorfeld der Sicherung des Kernbereichs der Selbstverwaltungsgarantie - ein hinreichend weiter Spielraum kommunaler wirtschaftlicher Betätigungsformen. Jedenfalls fehlt es der Beschwerde an näherer Darlegung, dass und inwieweit die vorstehenden Kriterien aus Anlass des vorliegenden Falles weiterer Klärung bedürften.
b) Auch die weitere, von der Beschwerde als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnete Frage, ob die grundsätzliche Verneinung der Anwendbarkeit der Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen vom und die Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten (LSP) gegen die Vorschriften der LSP und damit gegen Bundesrecht verstößt, rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Die Frage knüpft daran an, dass in § 14 Abs. 2 EntV die erwähnte preisrechtliche Verordnung, zuletzt geändert durch die Achte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom (BGBl I S. 2304 <2340>), einschließlich der als Anlage zugehörigen Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten (LSP) in Bezug genommen wird. Indes würde sich die vorbezeichnete Frage in dem angestrebten Revisionsverfahren in dieser Form nicht stellen. Sie geht an der Begründung der angegriffenen Entscheidung vorbei. Entgegen der Annahme der Beschwerde hat das Berufungsgericht keineswegs die "Anwendbarkeit" der erwähnten Vorschriften des öffentlichen Preisrechts "grundsätzlich verneint". Das Berufungsgericht hat vielmehr ausdrücklich anerkannt, dass die genannte Verordnung allgemein für die Vergabe öffentlicher Aufträge gelte und marktwirtschaftliche Grundsätze auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens durchsetzen solle; dies entspricht dem allgemein anerkannten Sinn und Zweck dieser preisrechtlichen Vorschriften, die im Übrigen - auch soweit es um (hier vereinbarte) Selbstkosten geht - in der Regel lediglich als Höchstpreisvorschriften (vgl. § 1 Abs. 3 der Verordnung) preisgestaltend wirken (vgl. Ebisch/Gottschalk, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 7. Aufl. 2001, Einführung Rn. 2, § 1 Rn. 58, § 5 Rn. 4 und 6). Davon zu unterscheiden ist aber die das Verhältnis der Gemeinde zu den Abgabenschuldnern betreffende Frage, ob die preisrechtliche Zulässigkeit eines Gewinnzuschlags ohne Weiteres dazu führt, dass ein solcher Entgeltanteil auch zum beitragsfähigen Aufwand gehört, der auf die Abgabenschuldner abgewälzt werden kann. Das Berufungsgericht hat dies verneint und dazu ausgeführt, dass aus der Anerkennung einer solchen Gewinnposition für einen in marktwirtschaftlich legitimer Weise nach einem Gewinn strebenden privatwirtschaftlichen Auftragnehmer noch keine Berechtigung dafür hergeleitet werden könne, bei der Vergabe eines öffentlichen Auftrags an eine kommunale Eigengesellschaft ein Entgelt zu Gewinnzwecken zu vereinbaren. Dieses richte sich vielmehr nach den Vorgaben des Kommunalwirtschaftsrechts, die im vorliegenden Fall eine Gewinnvereinbarung verböten, und (auch) nach denen des Kommunalabgabenrechts, die ihre Abwälzung auf den Abgabenschuldner ausschlössen. Dem ist zu entnehmen, dass das Berufungsgericht für die hier gegebene Fallkonstellation einer nichtwirtschaftlichen kommunalen Einrichtung dem Kommunalwirtschafts- und -abgabenrecht speziellere Vorgaben entnimmt, die den Regelungen des öffentlichen Preisrechts engere Grenzen ziehen, nicht aber, dass es - wie die Beschwerde meint - deren "grundsätzliche Anwendbarkeit" verneint. Im Übrigen finden sich in der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichtshöfe verschiedene Ansätze, die im Ergebnis dazu führen, dass das Kommunalabgabenrecht den Vorschriften des öffentlichen Preisrechts engere Grenzen setzt mit der Folge, dass ggf. bestimmte preisrechtlich zulässige Ansätze, namentlich Gewinnzuschläge, ganz oder der Höhe nach nicht als auf die Abgabenschuldner umlagefähiger Aufwand anzuerkennen sind (vgl. etwa - NVwZ-RR 2002, 684 <685>; - KStZ 2000, 12 <17 f.>; vgl. auch BVerwG, Beschlüsse vom - BVerwG 8 B 209.97 - juris Rn. 5 und vom - BVerwG 8 B 173.98 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 91 S. 85 f. = NVwZ 1999, 653 sowie die zusammenfassende Darstellung bei Schulte/Wiesemann, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: 33. Erg.Lfg. September 2005, § 6 Rn. 197e ff. m.w.N.).
2. Der geltend gemachte Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) eines Verstoßes gegen den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 138 Nr. 1 VwGO) wegen einer pflichtwidrig unterbliebenen Vorlage der Sache an den Großen Senat des Oberverwaltungsgerichts (§ 12 Abs. 1 i.V.m. § 11 Abs. 2 und 3 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor.
Die Beschwerde rügt, der 15. Senat des Oberverwaltungsgerichts hätte die Sache dem Großen Senat des Oberverwaltungsgerichts vorlegen müssen, weil er mit der angegriffenen Entscheidung von zwei Urteilen des 9. Senats desselben Oberverwaltungsgerichts in der Auslegung des § 109 GO NRW abweiche: Der 15. Senat lege § 109 GO NRW einschränkend dahingehend aus, dass ein zwischen einer Gemeinde und einer von ihr beherrschten Eigengesellschaft, die für sie die Straßenentwässerung durchführt, dafür als Gewinn vereinbarter Entgeltanteil nicht zum beitragsfähigen Aufwand gehöre, auch wenn ein solcher kalkulatorischer Gewinnzuschlag nach öffentlichem Preisrecht dem Grunde nach zulässig sei. Demgegenüber lege der 9. Senat des Oberverwaltungsgerichts in den von der Beschwerde angeführten Entscheidungen ( - NVwZ 1995, 1238 und Urteil vom - 9 A 2737/00 - NVwZ-RR 2002, 684) § 109 GO NRW dahingehend aus, dass die Verabredung eines kalkulatorischen Gewinnzuschlags auch bei nichtwirtschaftlichen Unternehmen dem Grunde nach zulässig sei, und begrenze ihn nur der Höhe nach.
a) Die pflichtwidrige Nichtvorlage einer Sache an den Großen Senat eines Oberverwaltungsgerichts kann ein im Rahmen der Zulassung der Revision relevanter und rügefähiger Verfahrensfehler gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO sein (a.A.: Eyermann/Geiger, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 12 Rn. 4; offen gelassen von BVerwG 8 BN 6.97 - Buchholz 415.1 Allg. KommR Nr. 144 S. 27 <30> = NVwZ 1998, 952 <953> m.w.N. zum Streitstand). Für die Verfahrensfehlerrelevanz einer unterbliebenen Vorlage spricht, dass es sich um einen absoluten Revisionsgrund i.S.v. § 138 Nr. 1 VwGO handelt und dass ein solcher - seit der Streichung der zulassungsfreien Verfahrensrevision durch das Vierte Gesetz zur Änderung der VwGO vom (BGBl I S. 2809) - grundsätzlich stets mit der Nichtzulassungsbeschwerde als Verfahrensfehler i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gerügt werden kann (vgl. BVerwG 4 B 173.95 - Buchholz 310 § 117 VwGO Nr. 42 S. 1 <3 f.> = NVwZ-RR 1996, 299 <300> <zu § 138 Nr. 6 VwGO>; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 138 Rn. 14 und 84). Die frühere Rechtsprechung zu § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist insofern überholt.
b) Ein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter aufgrund einer unterbliebenen Vorlage einer Sache an den Großen Senat des Oberverwaltungsgerichts wegen Abweichung von einer Entscheidung eines anderen Senats (§ 12 Abs. 1 i.V.m. § 11 Abs. 2 und 3 VwGO) kommt nur in Betracht, wenn es sich um eine Divergenz bei Anwendung ein und derselben entscheidungserheblichen Norm des Landesrechts handelt. Soweit in der Kommentarliteratur die Auffassung vertreten wird, es genüge auch, wenn sich die Abweichung auf im Wesentlichen gleichlautende Vorschriften in verschiedenen Gesetzen bezieht, also dass die Gleichheit der Rechtsfrage ausreiche (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 11 Rn. 4; Eyermann/Geiger, a.a.O., § 11 Rn. 3; Kronisch, in: Sodan/ Ziekow, a.a.O., § 11 Rn. 36), ist dem nicht zu folgen. Diese Auffassung verkennt, dass die zu ihrer Untermauerung angeführten Entscheidungen des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (Beschlüsse vom - GmS-OGB 6/86 - BVerwGE 77, 370 <373> und vom - GmS-OGB 1/72 - BVerwGE 41, 363 <365>) die Sonderkonstellation der Koordination von Rechtswege übergreifenden Außendivergenzen zwischen den Obersten Bundesgerichten betreffen. Für diesen besonderen Fall dürfte es in der Tat zutreffend sein, den Begriff der Divergenz in dem beschriebenen Sinne weiter auszulegen. Für die hier in Rede stehenden Binnendivergenzen im Rahmen von § 11 Abs. 2 und 3 VwGO unter Senaten des Bundesverwaltungsgerichts oder eines Oberverwaltungsgerichts (§ 12 VwGO) ist ein derart weites Verständnis des Divergenzmerkmals nicht angezeigt, da hier für die Klärung von Meinungsunterschieden bei (bloß) gleichen Rechtsfragen zusätzlich die Grundsatzvorlage gemäß § 11 Abs. 4 VwGO offen steht (ebenso Pietzner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: 13. Erg.Lfg. April 2006, § 11 Rn. 16, 18; § 132 Rn. 75 ff.). Vielmehr gelten hier dieselben Anforderungen, wie sie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Revisionszulassungsgrund der Divergenz gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO entwickelt worden sind (zusammengefasst etwa in BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 13 <14> = NJW 1997, 3328 m.w.N.; Pietzner, a.a.O., § 11 Rn. 16 und § 132 Rn. 71).
c) Hieran gemessen liegt im Streitfall ein Verstoß gegen die Vorlagepflicht nicht vor. Dabei kann dahinstehen, ob die Beschwerde den Anforderungen an die Darlegung divergierender Rechtssätze in den angeführten Entscheidungen genügt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) und ob den Entscheidungen des 9. Senats des Oberverwaltungsgerichts der von der Beschwerde angenommene abstrakte Rechtssatz zu § 109 GO NRW überhaupt zu entnehmen ist, ggf. dergestalt, dass er ihnen lediglich konkludent ("unausgesprochen") zu Grunde liegt (vgl. dazu Pietzner, a.a.O., § 132 Rn. 72). Jedenfalls liegt die behauptete Divergenz i.S.v. § 12 Abs. 1 i.V.m. § 11 Abs. 2 und 3 VwGO aus einem mehrfachen Grunde nicht vor:
Zum einen sind die von der Beschwerde angeführten Entscheidungen nicht in Anwendung derselben Rechtsnorm des Landesrechts ergangen. Die Entscheidung des 9. Senats des Oberverwaltungsgerichts vom (NVwZ 1995, 1238) betraf eine Straßenreinigungsgebühr gemäß § 3 Abs. 1 StrReinG NRW i.V.m. § 6 Abs. 2 KAG NRW, diejenige vom (NVwZ-RR 2002, 684) eine Abfallentsorgungsgebühr gemäß § 9 Abs. 2 LAbfG NRW i.V.m. § 6 Abs. 2 KAG NRW, sind also jeweils zu Benutzungsgebühren ergangen. Gegenstand des hier angegriffenen Beschlusses des 15. Senats ist dagegen ein Straßenbaubeitrag gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW. Zu dieser rein nominellen Verschiedenheit der Normen treten wesentliche inhaltliche Unterschiede hinzu: § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW enthält mit dem Verweis auf "die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten" (und weiteren Einzelheiten in den nachfolgenden Sätzen) für die Bemessung von Benutzungsgebühren eine eigenständige Definition des Begriffs der umlagefähigen Kosten, worauf der 9. Senat des Oberverwaltungsgerichts wesentlich die Berücksichtigung auch von kalkulatorischen Gewinnen stützt. Demgegenüber fehlt in § 8 KAG NRW für die Erhebung von Beiträgen ein solcher Hinweis auf betriebswirtschaftliche Grundsätze. Auch in der Entscheidung vom zu der Abfallentsorgungsgebühr stellt der 9. Senat des Oberverwaltungsgerichts wesentlich darauf ab, dass § 9 Abs. 2 LAbfG NRW eine Sondervorschrift darstelle, die den Begriff der nach § 6 Abs. 2 KAG NRW ansatzfähigen Kosten (nochmals) erweitere (vgl. OVG Münster, a.a.O., NVwZ-RR 2002, 684 <686>).
Zum anderen kann nicht festgestellt werden, dass die angegriffene Entscheidung auf dem von der Beschwerde angenommenen Rechtssatz zu § 109 GO NRW entscheidungserheblich beruht. Dies hat seine Ursache in dem nicht eindeutigen Gang der oben (sub I.) ausführlicher dargestellten Begründung der angegriffenen Entscheidung: Das Berufungsgericht führt eingangs aus, dass die Nichtberücksichtigung des von ihm beanstandeten Gewinnzuschlags auf einer Auslegung der Vorschriften des nordrhein-westfälischen Kommunalwirtschaftsrechts beruhe, räumt aber sodann ein, dass ein Gewinnerwirtschaftungsverbot nicht unmittelbar aus § 109 GO NRW folge, sondern aus einem "allgemeinen Prinzip der Steuer- bzw. Abgabestaatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland", und fügt schließlich an, dass sich das Verbot "auch beitragsrechtlich" ergebe (unter Hinweis auf § 8 Abs. 4 Satz 5 KAG NRW). Ob und inwieweit diese Aspekte selbstständig tragende oder sich lediglich ergänzende Begründungselemente sein sollen, wird aus der angegriffenen Entscheidung nicht deutlich. In jedem Fall gilt:
Falls der Hinweis auf ein "allgemeines Prinzip der Steuer- bzw. Abgabestaatlichkeit" das die Entscheidung letztlich tragende Argument sein soll, wäre dieses Prinzip dem Bereich des Bundes(verfassungs)rechts zuzurechnen, nicht aber, wie von § 12 VwGO vorausgesetzt, dem Landesrecht. Ob dieser sehr grundsätzliche Begründungsansatz in dieser Allgemeinheit tragfähig ist (vgl. dazu kritisch Franz, Gewinnerzielung durch kommunale Daseinsvorsorge, 2005, S. 387 ff.), bedarf hier keiner näheren Untersuchung, weil die Beschwerde hierzu keinen Revisionszulassungsgrund formuliert.
Falls der Hinweis "auch" auf die beitragsrechtliche Unzulässigkeit der Abwälzung des Gewinnzuschlags auf die Abgabenschuldner als selbstständig tragende Begründung zu verstehen sein sollte, wäre bereits die Grundannahme der Beschwerde (siehe oben II. 2.) unzutreffend, dass die hier betrachteten Entscheidungen jeweils in Auslegung (allein) von § 109 GO NRW ergangen seien, und es fehlte aus diesem Grund an der Entscheidungserheblichkeit.
3. Die Kostenentscheidung folgt auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 47 Abs. 1 bis 3, § 52 Abs. 3, § 72 Nr. 1 Halbs. 2 GKG n.F. und beziffert - unter Berücksichtigung des geringfügigen Obsiegens des Beklagten vor dem Berufungsgericht - den noch verbleibenden beschwerdebefangenen Beitragsteil.
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Fundstelle(n):
UAAAC-16936