Leitsatz
[1] Der Insolvenzverwalter ist nicht befugt, Schadensersatzansprüche der Massegläubiger aus § 61 InsO gegen seinen Amtsvorgänger geltend zu machen.
Gesetze: InsO § 61; InsO § 80 Abs. 1; InsO § 92
Instanzenzug: LG Duisburg 12 O 55/04 vom OLG Düsseldorf I-4 W 66/04 vom
Gründe
I.
Der Antragsteller ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der F. GmbH & Co. KG, (fortan: Schuldnerin). Sein Vorgänger im Amt hatte im Rahmen der Fortführung des Betriebs der Schuldnerin Masseverbindlichkeiten begründet, die aus der Insolvenzmasse nicht erfüllt werden konnten. Nachdem er abberufen und über sein Vermögen ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, wurden Forderungen der Massegläubiger gegen ihn aus der Betriebsfortführung bei der Schuldnerin in Höhe von 193.790,61 € zur Tabelle festgestellt. Die Antragsgegnerin ist der Haftpflichtversicherer des früheren Insolvenzverwalters.
Der Antragsteller beabsichtigt, von der Antragsgegnerin gemäß § 157 VVG Ausgleich der den Massegläubigern gegen seinen Vorgänger im Amt aus § 61 InsO zustehenden Schadensersatzansprüche zu verlangen. Er hat deshalb um Prozesskostenhilfe für eine entsprechende Klage nachgesucht. Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt er sein Begehren in vollem Umfang weiter.
II.
Das gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, Prozesskostenhilfe könne dem Antragsteller nicht bewilligt werden, weil den Massegläubigern als wirtschaftlich Beteiligten die Aufbringung der Kosten der beabsichtigten Rechtsverfolgung zuzumuten sei. Auch wenn die Ansprüche der Massegläubiger auf Vorgängen zu Gunsten der Insolvenzmasse beruhten, die sich zum Vorteil der Insolvenzgläubiger auswirkten, handele es sich doch um normale Forderungen der Gläubiger, die diese einschließlich daran anknüpfender Schadensersatzforderungen grundsätzlich selbst zu realisieren hätten.
Diese Ausführungen halten im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.
1. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts findet § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO allerdings keine Anwendung, weil der Antragsteller hier nicht als Partei kraft Amtes in gesetzlicher Prozessstandschaft klagen kann. Beabsichtigt der Insolvenzverwalter, Ansprüche geltend zu machen, die nicht zum verwalteten Vermögen gehören, ist § 116 ZPO nicht einschlägig; es gelten §§ 114, 115 ZPO (OLG Hamm JurBüro 1988, 1059, 1060; Saenger/Rathmann/Pukall, ZPO, § 116 Rn. 4; Zöller/Philippi, ZPO 25. Aufl. § 116 Rn. 3; Stein/Jonas/Bork, ZPO 22. Aufl. § 116 Rn. 2).
a) Bei dem Schadensersatzanspruch aus § 61 InsO wegen Nichterfüllung von Masseverbindlichkeiten handelt es sich um einen Individualanspruch, der während des Insolvenzverfahrens von den geschädigten Massegläubigern gegen den Insolvenzverwalter geltend gemacht werden kann (BGHZ 159, 104, 107 f; vgl. auch , WM 1973, 556, 557; v. - VI ZR 48/76, WM 1977, 847, 848).
b) Der Antragsteller ist nicht gemäß § 92 InsO befugt, den Schaden, der den Massegläubigern durch die Betriebsfortführung entstanden ist, geltend zu machen. Der auf den Vertragsschluss mit dem früheren Insolvenzverwalter beruhende finanzielle Nachteil der Neugläubiger betrifft nur diese persönlich, nicht dagegen die Gesamtheit der Gläubiger. Daher fehlt ein Bezug dieses Anspruchs zur Insolvenzmasse. Da Ziel der beabsichtigten Klage nicht eine Anreicherung der Masse ist, fehlt dem Antragsteller insoweit die gesetzliche Prozessführungsbefugnis.
2. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klage gegen die Antragsgegnerin aufgrund gewillkürter Prozessführungsbefugnis zulässig ist; denn die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine solche Klage kommt nicht in Betracht.
Macht ein Prozessbeteiligter im Wege der Prozessstandschaft oder der Inkassozession ein fremdes Recht oder das wirtschaftliche Interesse eines Dritten im eigenen Namen geltend, so kommt es für die Gewährung von Prozesskostenhilfe grundsätzlich sowohl auf die Person des unmittelbar Prozessbeteiligten als auch auf die des Dritten an, in dessen rechtlichem oder wirtschaftlichem Interesse der Rechtsstreit geführt wird (BGHZ 96, 151, 153; , KostRsp. ZPO § 114 Nr. 100; v. - VIII ZR 264/90, VersR 1992, 594). Bei den vom Amtsvorgänger des Antragstellers geschädigten Massegläubigern handelt es sich um Unternehmen und öffentlich-rechtliche Körperschaften, die die Kosten der Prozessführung nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen ohne Zweifel selbst aufbringen können.
3. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde bedarf es keiner Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes. Der (ZInsO 2005, 1216) betraf einen Rechtsstreit, den der Insolvenzverwalter im Rahmen der ihm obliegenden Befugnisse als gesetzlicher Prozessstandschafter führen konnte, so dass sich die Gewährung von Prozesskostenhilfe nach § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO richtete.
III.
Da es auf die Rechtsfrage, die das Oberlandesgericht veranlasst hat, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, nicht ankommt und die Entscheidung auch nicht auf der Beantwortung schwieriger Rechts- oder Tatfragen beruht, kann dem Antragsteller keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden (§ 114 Satz 1 ZPO). Die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht hindert den Senat nicht an einer abweichenden und zutreffenden Beurteilung der Schwierigkeit und Grundsätzlichkeit (vgl. , NJW-RR 2003, 130, 131; v. - IXa ZB 299/03, BGHReport 2004, 853, 854).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2006 S. 1989 Nr. 37
DStZ 2006 S. 748 Nr. 21
WM 2006 S. 1817 Nr. 38
ZIP 2006 S. 1683 Nr. 36
LAAAC-15954
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein