BSG Urteil v. - B 1 KR 26/05 R

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: SGB V § 49 Abs 1

Instanzenzug: Bayerisches

Gründe

I

Streitig ist, ob der Anspruch auf Krankengeld (Krg) für die Zeit einer bei Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis gezahlten Urlaubsabgeltung ruht.

Das Arbeitsverhältnis des 1946 geborenen, bei der beklagten Krankenkasse versicherten Klägers wurde durch betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung im Januar 2002 zum beendet. Ab dem war der Kläger krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage, seine zuletzt ausgeübte Arbeit zu verrichten. Sein Arbeitgeber leistete Entgeltfortzahlung bis zum und zahlte dem Kläger mit der Entgeltabrechnung für August 2002 zusätzlich eine Urlaubsabgeltung für 14 Tage. Die Beklagte gewährte dem Kläger vom bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeit (AU) am Krg, lehnte es aber ab, Krg auch vom 1. bis zum zu zahlen, weil der Krg-Anspruch in dieser Zeit wegen der Urlaubsabgeltung geruht habe. Arbeitsunfähige Versicherte könnten nicht besser stehen als Arbeitsfähige, bei denen der Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) nach § 143 Abs 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bei einer Urlaubsabgeltung ruhe. Zwar sei das Ruhen des Krg-Anspruchs während eines Ruhenszeitraumes nach § 143 SGB III in § 49 Abs 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nicht ausdrücklich angeordnet worden. Der Anspruch ruhe jedoch in analoger Anwendung der Regelung über die Sperrzeit nach § 49 Abs 1 Nr 3 SGB V (Bescheid vom ; Widerspruchsbescheid vom ).

Das Sozialgericht (SG) hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen. Der streitige Zeitraum vom 1. bis zum sei so zu werten, als habe der Kläger eine Erwerbstätigkeit ausgeübt und Arbeitsentgelt erzielt (Urteil vom ). Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG sowie den Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger auch für die Zeit vom 1. bis zum Krg zu zahlen. Die Urlaubsabgeltung sei kein mit der Krg-Zahlung zeitlich konkurrierendes Arbeitsentgelt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Ruhenstatbestandes seien nicht erfüllt und eine analoge Anwendung nicht möglich. Eine planwidrige Gesetzeslücke liege nicht vor. Zwar ruhe der Krg-Anspruch während der Zeit einer Sperrzeit nach dem SGB III. Eine Urlaubsabgeltung führe aber nicht zu einer Sperrzeit. Eine richterliche Rechtsfortbildung mit dem Ziel, in Rechte Versicherter einzugreifen, scheide ebenfalls aus (Urteil vom ).

Die Beklagte rügt mit ihrer Revision eine Verletzung des § 49 Abs 1 SGB V. Frühere, unter Geltung des § 311 Reichsversicherungsordnung (RVO) ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum Krg-Anspruch trotz Gewährung einer Urlaubsabgeltung sei nicht mehr maßgeblich. Nach § 311 RVO sei die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger auch während der Zeit einer Urlaubabgeltung aufrechterhalten worden. Mit Wirkung vom sei diese Regelung aufgehoben worden, sodass der arbeitsfähige Arbeitnehmer spätestens einen Monat nach Beendigung seiner Mitgliedschaft selbst Krankenvorsorge treffen müsse. Dem arbeitsfähigen Arbeitnehmer sei es nicht mehr möglich, zuerst Urlaub in Anspruch zu nehmen und sich ohne finanzielle Nachteile erst dann arbeitslos zu melden. Dies schließe nunmehr auch § 37b SGB III aus. Arbeitsfähige Arbeitnehmer sollten so schnell wie möglich der Vermittlung durch die Agentur für Arbeit zur Verfügung stehen und nicht die Wahl haben, sich erst im Anschluss an einen Urlaub der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen. Arbeitsfähige Arbeitnehmer könnten im Hinblick auf das Ruhen von Sozialleistungen für Zeiten einer Urlaubsabgeltung nicht anders behandelt werden als Arbeitsunfähige. Es liege eine planwidrige Lücke vor, die durch eine analoge Anwendung von § 49 Abs 1 Nr 3 SGB V zu schließen sei, sodass eine Urlaubsabgeltung den Krg-Anspruch ebenso zum Ruhen bringe wie das Alg.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

II

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das LSG hat das Urteil des SG sowie die Krg-Bescheide der Beklagen zu Recht aufgehoben und die Beklagte zutreffend zur Zahlung von Krg auch für die Zeit vom 1. bis zum verurteilt. Der Kläger hat einen durchgehenden Anspruch auf Krg für die Zeit vom 13. August bis . Sein Anspruch ruhte nur für die Zeit der Entgeltfortzahlung bis zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses am , nicht jedoch im Hinblick auf eine ihm von seinem früheren Arbeitgeber gezahlte Urlaubsabgeltung für weitere 14 Tage.

Nach § 44 Abs 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krg, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Diese Voraussetzung ist erfüllt. Der Kläger war unstreitig vom 12. August bis arbeitsunfähig krank. Da die AU noch während der Zeit des bestehenden Beschäftigungsverhältnisses eintrat, waren die Arbeiten in der zuletzt ausgeübten Beschäftigung Maßstab für die Beurteilung der AU. Dem Kläger stand damit ab dem Tag nach der Feststellung seiner AU (vgl dazu § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V) ein Anspruch auf Krg zu. Das Krg ruhte gemäß § 49 Abs 1 Nr 1 SGB V, solange dem Kläger von seinem Arbeitgeber Arbeitsentgelt gewährt wurde, vorliegend also bis zum . Jedoch trat entgegen der Ansicht der Beklagten ein Ruhen des Krg über den hinaus nicht ein.

§ 49 Abs 1 SGB V regelt, in welchen Fällen das Krg ruht: Nach § 49 Abs 1 SGB V in seiner vor Eintritt der AU (August 2002) durch Art 3 des Gesetzes zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen vom (BGBl I 688) geänderten Fassung ruht der Anspruch auf Krg,

"1.

soweit und solange Versicherte beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erhalten; dies gilt nicht für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt; Zuschüsse des Arbeitgebers zum Krankengeld gelten nicht als Arbeitsentgelt, soweit sie zusammen mit dem Krankengeld das Nettoarbeitsentgelt nicht übersteigen,

2.

solange Versicherte Elternzeit nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz in Anspruch nehmen; dies gilt nicht, wenn die Arbeitsunfähigkeit vor Beginn der Elternzeit eingetreten ist oder das Krankengeld aus dem Arbeitsentgelt zu berechnen ist, das aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung während der Elternzeit erzielt worden ist,

3.

soweit und solange Versicherte Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld oder Winterausfallgeld beziehen oder der Anspruch wegen einer Sperrzeit nach dem Dritten Buch ruht,

3a.

solange Versicherte Mutterschaftsgeld, Verletztengeld, Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe beziehen,

4.

soweit und solange Versicherte Entgeltersatzleistungen, die ihrer Art nach den in Nummer 3 genannten Leistungen vergleichbar sind, von einem Träger der Sozialversicherung oder einer staatlichen Stelle im Ausland erhalten,

5.

solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt,

6.

soweit und solange für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung (§ 7 Abs 1a des Vierten Buches) eine Arbeitsleistung nicht geschuldet wird."

Dem Wortlaut des § 49 Abs 1 SGB V ist nicht zu entnehmen, dass das Ruhen des Krg-Anspruchs auch bei Bestehen eines Anspruchs auf Urlaubsabgeltung oder der Zahlung einer Urlaubsabgeltung eintreten soll. Insbesondere liegt kein Fall des § 49 Abs 1 Nr 1 SGB V vor, weil Urlaubsabgeltung kein mit der Krg-Zahlung zeitlich konkurrierendes Arbeitsentgelt ist (so schon BSGE 56, 208 ff = SozR 2200 § 189 Nr 4; BSG SozR 2200 § 189 Nr 5).

Der Tatbestand des § 49 Abs 1 Nr 3 SGB V, wonach der Anspruch auf Krg ruht, solange der Anspruch (auf Alg) wegen einer Sperrzeit nach dem Dritten Buch ruht, ist ebenfalls nicht erfüllt. Zwar enthält § 143 Abs 2 SGB III in der Arbeitslosenversicherung eine Ruhensregelung bei Urlaubsabgeltungen; danach ruht der Anspruch auf Alg für die Zeit des abgegoltenen Urlaubs, wenn der Arbeitslose wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsabgeltung erhalten oder zu beanspruchen hat; der Ruhenszeitraum beginnt mit dem Ende des die Urlaubsabgeltung begründenden Arbeitsverhältnisses. Allerdings führt ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung oder die Gewährung einer Urlaubsabgeltung nicht zum Eintritt einer Sperrzeit.

Eine analoge Anwendung des § 49 Abs 1 Nr 3a SGB V mit der Rechtsfolge, dass ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung oder die Gewährung einer Urlaubsabgeltung zum Ruhen eines nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bestehenden Anspruchs auf Krg führt, scheidet aus. Der Argumentation der beklagten Krankenkasse, der kranke Versicherte, der bei Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis eine Urlaubsabgeltung erhalte, könne im Hinblick auf die Entgeltersatzleistung Krg nicht besser gestellt werden als der gesunde Versicherte, der sich nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses arbeitslos melde und bei dem die Urlaubsabgeltung nach § 143 SGB III zum Ruhen des Alg-Anspruches führe, kann nicht gefolgt werden. Insoweit fehlt es bereits an einer planwidrigen Gesetzeslücke. Dies ergibt sich aus einer Gegenüberstellung der Regelungen in § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V und § 49 Abs 1 Nr 3a SGB V, die jeweils für ihren Bereich regeln, welche Folgen der Bezug von Alg sowie die Nichtzahlung von Alg wegen Eintritts einer Sperrzeit haben: Während der Gesetzgeber in § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V die Versicherungspflicht Arbeitsloser in der gesetzlichen Krankenversicherung auch dann anordnet, wenn einem Arbeitsloser das Alg nur deshalb nicht ausgezahlt wird, weil sein Alg-Anspruch wegen einer Sperrzeit nach § 144 SGB III oder einer Urlaubsabgeltung nach § 143 Abs 2 SGB V ruht, wird das Ruhen des Krg in § 49 Abs 1 Nr 3a SGB V nur für den Fall angeordnet, dass der Arbeitslose Alg bezieht oder der Alg-Anspruch wegen einer Sperrzeit ruht; der Urlaubsabgeltung wird bei § 49 Abs 1 Nr 3a SGB V rechtliche Relevanz gerade nicht beigemessen. Es gibt im Hinblick auf die Regelung in § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber den Tatbestand einer Urlaubsabgeltung in § 49 Abs 1 Nr 3a SGB V "übersehen oder vergessen" hat und er, wenn ihm dies bewusst gewesen wäre, das Ruhen des Krg auch für den Fall der Gewährung einer Urlaubsabgeltung angeordnet hätte.

Gegen eine analoge Anwendung des § 49 Abs 1 Nr 3 SGB V spricht darüber hinaus der Zweck einer Urlaubsabgeltung. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung entsteht kraft Gesetzes mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn ein bis dahin bestehender Urlaubsanspruch nicht oder nicht voll erfüllt ist, und wird mit diesem Zeitpunkt fällig (vgl § 7 Abs 4 Bundesurlaubsgesetz <BUrlG>). Der Urlaubsabgeltungsanspruch ist kein Abfindungsanspruch, für den es auf weitere Merkmale nicht ankommt, sondern ein Surrogat des nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr erfüllbaren Anspruchs auf Befreiung von der Arbeitspflicht. Die Urlaubsabgeltung soll es dem Arbeitnehmer ermöglichen, eine dem (abgegoltenen) Urlaub entsprechende Zeit vor Beginn, während oder nach Beendigung eines neuen Arbeitsverhältnisses zur Erholung zu nutzen (Bundesarbeitsgericht <BAG>, BAGE 44, 75 = AP Nr 14 zu § 7 BUrlG Abgeltung mwN). Dieser Zweck kann indessen nicht erreicht werden, wenn und solange der Arbeitnehmer arbeitsunfähig krank ist. Der Urlaubsabgeltungsanspruch braucht daher nach der Rechtsprechung des BAG nicht erfüllt zu werden, wenn der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses und danach bis zum Zeitpunkt eines Anspruchsverfalls arbeitsunfähig krank ist (vgl , NZA 2004, 1064 mwN). Wird dem bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis arbeitsunfähigen Arbeitnehmer gleichwohl zB aus Gründen der Praktikabilität auf Grund einzel- oder tarifvertraglicher Regelung eine Urlaubsabgeltung gezahlt, ändert sich der eigentliche Zweck der Urlaubsabgeltung: Diese dient jetzt nicht mehr dazu, es dem - arbeitsunfähigen - Arbeitnehmer finanziell zu ermöglichen, Urlaub in Anspruch zu nehmen; vielmehr erhält die Urlaubsabgeltung in diesem Ausnahmefall einer Gleichwohlgewährung den Charakter einer immateriellen Entschädigung für die "Unmöglichkeit", Urlaub "in Natur" wahrnehmen zu können. In einer solchen Situation ist es nicht zwingend erforderlich, in dem durch die Regelung von Massenerscheinungen gekennzeichneten Gebiet der gesetzlichen Krankenversicherung das Ruhen des Krg-Anspruchs wegen einer Urlaubsabgeltung gesetzlich anzuordnen. Eine Urlaubsabgeltung führt nach allem nicht zum Ruhen des Krg (wie hier: Höfler in: KassKomm, § 49 SGB V Rdnr 4, Stand Januar 2006; Schmidt in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 2, § 49 SGB V RdNr 32, Stand Januar 1997; Noftz in: Hauck/Noftz, SGB V, K § 49 RdNr 27 mwN, Stand März 2006; Vay in: Krauskopf, § 49 SGB V RdNr 10, Stand Januar 2005; Berchtold, Krankengeld, 2004, RdNr 811; Kummer in: Schulin, Handbuch der Sozialversicherung, Bd 1, Krankenversicherungsrecht, 1994, § 23 IX 3 d, RdNr 151; Majerski/Gagel, SGb 1983, 390 f; aA Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 22./ unter Nr 9, WzS 2002, 357, 362 ff; Ortwein/Pietsch, SGb 1984, 197 f).

Der Senat steht mit dieser rechtlichen Würdigung weiterhin in Einklang sowohl zur früheren Rechtsprechung des 3. und 8. Senats des BSG als auch zur Rechtsprechung des für die Arbeitsförderung früher zuständig gewesenen 10. Senats des BSG. Der 3. und 8. Senat haben 1989 übereinstimmend entschieden, dass der sich an die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses anschließende Zeitraum der Urlaubsabgeltung für eine Zeit der AU mit der Folge unterbrochen wird, dass ein Anspruch auf Krg nicht ruht (8. Senat: BSGE 56, 208 = SozR 2200 § 189 Nr 4; 3. Senat: BSG SozR 2200 § 189 Nr 5). Ebenso wenig tritt in der Arbeitslosenversicherung das Ruhen des Anspruches auf Alg wegen Gewährung einer Urlaubsabgeltung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein, wenn der Arbeitslose während des Bezuges von Alg arbeitsunfähig ist und ihm deshalb für die Dauer bis zu sechs Wochen das Alg weiter gewährt wird (BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 4, zustimmend der erkennende 1. Senat, BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 16 S 75).

An diesen Überlegungen zum Zweck der Urlaubsabgeltung hat sich entgegen der Ansicht der Beklagten nichts dadurch geändert, dass die Zeit, für welche eine Urlaubsabgeltung gewährt wird, anders als nach dem von 1982 bis 1986 geltenden Recht im streitigen Zeitraum nicht mehr zur Versicherungspflicht in der Kranken- und Arbeitslosenversicherung führte (ebenso Schmidt in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 2, § 49 SGB V RdNr 32, Stand Januar 1997). Nach den durch das Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz (AFKG) vom (BGBl I 1497) geänderten Vorschriften zur Versicherungspflicht in der Sozial- und Arbeitslosenversicherung, blieb die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger auch für den Zeitraum erhalten, für den wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf eine Urlaubsabgeltung bestand (vgl § 311 RVO idF des AFKG); in der Renten- und Arbeitslosenversicherung galten als entgeltlich beschäftigte Arbeitnehmer auch Personen, die wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsabgeltung erzielten oder zu beanspruchen hatten (vgl § 1227 Abs 2 RVO, § 168 Abs 1 Satz 2 Arbeitsförderungsgesetz <AFG>, jeweils idF des AFKG; ausführlich zur Entwicklungsgeschichte vgl BSG SozR 2200 § 405 Nr 11). Mit dem 7. AFG-Änderungsgesetz vom (BGBl I 2484) hat der Gesetzgeber diesen flankierenden Schutz wieder aufgehoben, sodass eine Urlaubsabgeltung seit weder eine bestehende Mitgliedschaft in der Krankenversicherung aufrechterhalten noch die Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung begründen konnte. Dennoch blieb die mit dem AFKG eingeführte Ruhensregelung in der Arbeitslosenversicherung bestehen. Bei dieser ließ sich der Gesetzgeber von der Erwägung leiten, dass der Arbeitslose so lange nicht des Schutzes der Versichertengemeinschaft bedarf, als sich das Risiko der Arbeitslosigkeit in finanzieller Hinsicht nicht aktualisiert hat (vgl BT-Drucks 9/846 S 44 zu Nr 35 zur Vorgängerreglung des § 143 Abs 2 SGB III, dem § 117 Abs 1a AFG). Entschließt sich ein arbeitsfähiger Arbeitsloser, nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses keinen Urlaub zu nehmen, obwohl er dies könnte, sondern meldet er sich sofort als arbeitsuchend und stellt er einen Antrag auf Alg, wird ihm trotz des Anspruchs auf die Urlaubsabgeltung Alg bewilligt. Der Gesetzgeber sieht in diesem Fall wegen der wirtschaftlichen Absicherung des Arbeitslosen durch die Urlaubsabgeltung kein Bedürfnis, ihm das Alg auch auszuzahlen (§ 143 Abs 2 SGB III).

An der Möglichkeit, nach Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Urlaub in Anspruch zu nehmen, wird der Arbeitslose entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht durch § 37b SGB III gehindert. Diese Vorschrift verlangt, dass sich Personen bei der Agentur für Arbeit "frühzeitig" arbeitsuchend melden, wenn sie von der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses und damit ihrer möglichen Arbeitslosigkeit Kenntnis erhalten; die Vorschrift verlangt jedoch nicht, dass sich der Arbeitslose auch sofort arbeitslos meldet und sofort Alg beantragt (zum Verhältnis der Arbeitslosmeldung gemäß § 122 SGB III zur Arbeitsuchendmeldung gemäß § 37b SGB III vgl Spellbrink in: Eicher/Schlegel, SGB III, § 122 RdNr 33 - 35, Stand August 2004).

Möglicherweise wäre es zulässig, durch Gesetz (vgl § 31 Erstes Buch Sozialgesetzbuch) das Ruhen des Krg auch in Fällen anzuordnen, in denen der Arbeitgeber dem bei Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis arbeitsunfähigen Arbeitnehmer eine Urlaubsabgeltung zahlt. Verfassungsrechtlich geboten ist dies aber nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
YAAAC-15886