BAG Urteil v. - 8 AZR 334/05

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BGB § 613a

Instanzenzug: ArbG Kassel 4 Ca 404/02 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen ordentlichen Kündigung und über einen Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers sowie hilfsweise über Nachteilsausgleichsansprüche.

Der Kläger war seit dem bei der Beklagten als Büroleiter in der Niederlassung K beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft einzelvertraglicher Bezugnahme die Tarifverträge der Systemgastronomie Anwendung. Tätigkeitsfeld der Beklagten war die Bewirtschaftung von Zügen der Deutschen Bahn AG. Diese Tätigkeit führte die Beklagte im Rahmen eines Franchisevertrags für die Bewirtschaftung der Bistro Cafes im Interregio mit der M AG, einer 100%igen Tochter der Streithelferin durch. Der Franchisevertrag wurde nach dem Fahrplanwechsel am nicht mehr fortgeführt. Mit dem Fahrplanwechsel wurden auf der Strecke Weimar/Erfurt nach Düsseldorf/Dortmund und zurück die 16 bisher von der Beklagten bewirtschafteten Interregiozüge mit Bistroabteilen durch sechs ICE-Züge mit Restaurantwagen und zehn IC-Züge mit Bistroabteilen ersetzt. Die Bewirtschaftung dieser Züge wurde von der M AG auf die Streithelferin übertragen.

Mit Schreiben vom kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum , weil der Franchisevertrag über die Dauer des gegenwärtigen Fahrplans hinaus nicht verlängert werde, so dass sie die Zugbewirtschaftung im Dezember 2002 einstellen müsse. Am konstituierte sich ein dreiköpfiger Betriebsrat in der Niederlassung K der Beklagten, die ihren Sitz in O hat.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei unwirksam, sie sei sozial ungerechtfertigt. Es läge keine ordnungsgemäße Sozialauswahl vor. Schließlich ergebe sich die Unwirksamkeit der Kündigung auch aus § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB, da ein Betriebsübergang auf die Streithelferin stattgefunden habe. Diese betreibe die Zugbewirtschaftung nunmehr selbst weiter. Dies stelle einen Betriebsübergang dar, da sich am ursprünglichen Kerngeschäft nichts geändert habe. Die Organisations- und Leitungsmacht sei zum von der Beklagten auf die Streithelferin übergegangen. Für den Fall der Wirksamkeit der Kündigung stehe dem Kläger ein Nachteilsausgleichsanspruch zu, da der Betriebsrat nicht nach § 111 BetrVG beteiligt worden sei.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom nicht aufgelöst worden ist;

die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Bedingungen vertragsgemäß als Büroleiter weiter zu beschäftigen;

für den Fall des Unterliegens mit dem Feststellungsantrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Nachteilsausgleich zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch einen Betrag von 10.700,00 Euro nicht unterschreiten sollte.

Die Beklagte und die Streithelferin haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe Anfang August 2002 die unternehmerische Entscheidung getroffen, den eigenen Geschäftsbetrieb mit Wirkung zum einzustellen. Mit der tatsächlichen Geschäftsaufgabe bestünde keine Möglichkeit der Beschäftigung des Klägers mehr. Eine Sozialauswahl sei vor diesem Hintergrund nicht vorzunehmen, da allen Mitarbeitern gekündigt worden sei. Der Betriebsrat sei nicht zu beteiligen gewesen, da er sich erst nach Ausspruch der Kündigung und eingeleiteter Betriebsstilllegung konstituiert habe.

Die Streithelferin hat die Auffassung vertreten, dass ein Betriebsübergang nicht vorliege. In der Zuggastronomie komme es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an. Sie habe aber weder Personal von der Beklagten übernommen noch ein entsprechendes Know-how. Die festinstallierten Kunden- und Restaurationseinrichtungen seien ausschließlich von der Streithelferin disponiert sowie instand gehalten und im Rahmen des Franchisevertrags der Beklagten kostenlos zur Verfügung gestellt worden. Dies gelte ebenso für die sog. M+E-Artikel (Glas, Porzellan, Besteck und sonstige Ausrüstungsgegenstände). Auch das mögliche Kriterium eines Übergangs der Kundschaft sei nicht gegeben. Die Fahrgäste, die in den Zügen Speisen und Getränke verzehrten, seien schon zwingend Kunden der Streithelferin. Diese habe sie nicht von der Beklagten übernommen. Entscheidend sprächen nach Auffassung der Streithelferin gegen das Vorliegen eines Betriebsübergangs die vielfältigen Veränderungen, die mit der Beendigung des Franchisevertrags hinsichtlich der Tätigkeiten und arbeitsorganisatorischen Abläufe eingetreten seien. Von den 16 zuvor durch die Beklagte bewirtschafteten Interregio-Zügen seien sechs durch ICE- und zehn durch IC-Züge ersetzt worden, was sich sowohl auf die Arbeitsabläufe, als auch auf die eingesetzten Betriebsmittel als Veränderung auswirke. Der Fahr- und Gastronomieservice sei in einem Team unter der Leitung des Zugchefs zusammengeführt worden. Ebenso seien die Personalumlaufzeiten geändert und Änderungen im Schankbetrieb vorgenommen worden. Die bisher genutzten Handkassen seien durch neu installierte Datenkassen ersetzt worden. Insgesamt sei von einem neuen Gastronomiekonzept auszugehen. Es handele sich allenfalls um eine reine Funktionsnachfolge, die für sich noch nicht die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs erfülle.

Im Übrigen stelle die Bewirtschaftung der ehemals von der Beklagten betreuten 16 Züge im Hinblick auf die täglich im gesamten System der Streithelferin bewirtschafteten ca. 800 Züge einen verschwindend geringen und unselbständigen Teil dar, so dass ein von der Bewirtschaftung anderer Züge abtrennbarer Betriebsteil nicht erkennbar sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Gründe

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

I. Das Landesarbeitsgericht hat die Klageabweisung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Kündigung sei durch dringende betriebliche Erfordernisse, nämlich die zum Kündigungszeitpunkt von der Beklagten beabsichtigte Betriebsstilllegung, sozial gerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 2 KSchG. Es liege kein Verstoß gegen § 613a Abs. 4 BGB vor, weil die Kündigung weder wegen eines Betriebsübergangs ausgesprochen worden sei noch ein Betriebsübergang stattgefunden habe. Ein Anspruch auf Nachteilsausgleich nach § 113 Abs. 1 BetrVG bestehe nicht, weil der Betriebsrat erst zu einem Zeitpunkt gewählt worden sei, zu dem die Planung über die Betriebsänderung bereits abgeschlossen gewesen sei.

Gegen einen Betriebsübergang spreche, dass die Streithelferin keinen Mitarbeiter der Beklagten übernommen habe. Auch unter dem Aspekt der Übernahme von (Stamm-)Kundschaft oder betrieblichem Know-how lasse sich ein Betriebsübergang nicht herleiten. Es erscheine ausgeschlossen, dass Personen Züge der Deutschen Bahn deshalb benutzten, weil sie das zuvor von der Beklagten erbrachte Angebot der Zugbewirtschaftung nutzen möchten. Ein von der Beklagten selbst entwickeltes Know-how, welches auf die Streithelferin übergegangen sein könnte, sei nicht ersichtlich. Im Gegenteil habe die Beklagte im Rahmen der Vorgaben des Franchisevertrags solches der Rechtsvorgängerin bzw. der Streithelferin genutzt. Zwar könne nach der Rechtsprechung zum "Pächterwechsel" ein Betriebsübergang vorliegen, wenn dem Berechtigten Betriebsmittel zur "eigenwirtschaftlichen" Nutzung überlassen worden seien. Das Wagenmaterial, die festinstallierten Kunden- und Restaurationseinrichtungen sowie die so bezeichneten M+E-Artikel stellten indessen keine übergegangenen Betriebsmittel dar, welche wesentlich für die Identität des Betriebs seien, so dass bei der gebotenen Gesamtwürdigung nicht von einer Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit (Bewirtschaftung von Zügen der Deutschen Bahn) ausgegangen werden könne. Dies ergebe sich insbesondere unter Würdigung der zwischen der Beklagten und der Streithelferin bzw. der M AG bestandenen vertraglichen Beziehungen. Unabhängig von der Bezeichnung als "Franchise-Vertrag" habe die Beklagte im Wesentlichen für ihre Vertragspartnerin eine Dienstleistung durch den Einsatz von ihr gestellter Arbeitnehmer in den zu bewirtschaftenden Zügen erbracht. Sämtliche dabei genutzten Betriebsmittel seien der Beklagten einschließlich derer Wartung und Instandsetzung durch die "Franchise-Geberin" kostenlos zur Verfügung gestellt worden. Ebenso seien mindestens 70 % der von der Beklagten vertriebenen Speisen und Getränke als Vertragsprodukte der Franchisegeberin vorgegebenen gewesen. Entsprechendes gelte hinsichtlich Ort, Zeit und Dauer der von der Beklagten erbrachten Aktivitäten. Diese seien ausschließlich abhängig von der Fahrplangestaltung und den damit zusammenhängenden Umlaufzeiten. Eine eigene Verfügungsmacht der Beklagten, wonach sie etwa auf Grund eigener Kalkulation über den Einsatz der zur Verfügung stehenden Betriebsmittel und deren Nutzung hätte entscheiden können, sei auf Grundlage der Vertragswerke nicht gegeben gewesen. Zwar würden häufig im Rahmen eines Franchiseverhältnisses enge Vorgaben hinsichtlich des Auftritts am Markt, die vertriebene Produktpalette, Dienstkleidung usw. gesetzt; der Franchisenehmer verfüge jedoch über die Betriebsmittel eigenständig auf Grundlage einer eigenen Kalkulation und Vertretungsmacht. Der Charakter der von der Beklagten erbrachten Dienstleistung offenbare sich durch den Umstand, dass die "Franchise-Geberin" an die Beklagte sogar monatliche Zuzahlungen (wirtschaftliche Hilfe) gewährt habe, wie sich aus der Vereinbarung vom ergebe. Danach habe die Höhe der monatlichen Zuzahlungen der M AG an die Beklagte 42.437,00 Euro betragen, obwohl diese bereits die Gelder aus der Verkaufstätigkeit für sich habe vereinnahmen können. Im Ergebnis hätte die Franchisegeberin die Beklagte für eine Serviceleistung bezahlt, die offenbar nicht annähernd kostendeckend habe erbracht werden können. Die Beklagte habe letztendlich Arbeit an und mit den Mitteln der M AG bzw. der Streithelferin geschuldet. Mit der Beendigung der Vertragsbeziehungen hätte die Streithelferin kein Betriebssubstrat der Beklagten übernommen. Materielle Betriebsmittel seien nicht übergegangen, denn die Arbeitsmittel an und mit denen die Beklagte ihren Vertrag erfüllt habe, hätten nicht zu ihrem Betriebssubstrat gehört, weil sie nicht eigenwirtschaftlich genutzt worden seien. Immaterielle Betriebsmittel seien gleichfalls nicht übergegangen. Die Streithelferin führe die Zugbewirtschaftung mit eigenem Personal durch und habe keinen von der Beklagten beschäftigten Mitarbeiter eingestellt. Sie verfüge über eine eigene Organisation, in die die bisher von der Beklagten bedienten Zugverbindungen eingefügt worden seien.

II. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand. Im Streitfall liegt kein Betriebsübergang iSd. § 613a BGB vor. Der Begründung des Landesarbeitsgerichts, mit der dieses einen Betriebsübergang verneint, folgt der Senat allerdings nicht.

1. Die Vorschrift des § 613a Abs. 1 BGB setzt den rechtsgeschäftlichen Übergang eines Betriebs oder Betriebsteils auf einen anderen Inhaber voraus. Erforderlich ist die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit. Der Begriff wirtschaftliche Einheit bezieht sich auf eine organisatorische Gesamtheit von Personen und Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude oder bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und gegebenenfalls den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln ergeben. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- und Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (st. Rspr. des Senats im Anschluss an - [Ayse Süzen] EuGHE I 1997, 1259 = AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 14 = EzA BGB § 613a Nr. 145; vgl. zB - BAGE 111, 283 = AP BGB § 613a Nr. 274 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 27; - 8 AZR 159/98 - BAGE 91, 121 = AP BGB § 613a Nr. 189 = EzA BGB § 613a Nr. 177). In Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden ist, eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt bei dieser Tätigkeit eingesetzt hatte. Hingegen stellt die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen Auftragnehmer (Funktionsnachfolge) keinen Betriebsübergang dar ( - AP BGB § 613a Nr. 190 = EzA BGB § 613a Nr. 178; - 8 AZR 520/99 -). In betriebsmittelgeprägten Betrieben kann ein Betriebsübergang auch ohne Übernahme von Personal vorliegen (so zuletzt - [Carlito Abler] EuGHE I 2003, 14023 = AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 34 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 13; vgl. auch - aaO). Der Betriebsübergang tritt mit dem Wechsel in der Person des Inhabers des Betriebs ein. Der bisherige Inhaber muss seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betrieb einstellen. Die bloße Möglichkeit zu einer unveränderten Fortsetzung des Betriebs genügt für die Annahme eines Betriebsübergangs nicht. Wesentliches Kriterium für den Übergang ist die tatsächliche Weiterführung oder Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit. Einer besonderen Übertragung einer irgendwie gearteten Leitungsmacht bedarf es wegen des Merkmals der Fortführung des Betriebs nicht ( - BAGE 90, 163 = AP BGB § 613a Nr. 186 = EzA BGB § 613a Nr. 170).

2. Im Streitfall ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ein Betriebsübergang nicht deshalb zu verneinen, weil die Streithelferin von der Beklagten kein Personal übernahm. Bei den von der Beklagten und der Streithelferin zu erbringenden Tätigkeiten der Zugbewirtschaftung handelt es sich nicht um Dienstleistungen, bei denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt. Materielle Betriebsmittel spielen nicht nur eine untergeordnete Rolle, sondern sind für die Ausführung der Zugbewirtschaftung unabdingbar. Die von der Beklagten bei der Bewirtschaftung der Züge genutzten Bistrowagen mit den festinstallierten Kunden-, Bistro- und sonstigen Restaurationseinrichtungen sind als materielle Betriebsmittel anzusehen, deren Weiternutzung durch die Streithelferin einen Betriebsübergang begründen kann. Auf eine mangelnde "eigenwirtschaftliche" Nutzung dieser Betriebsmittel kommt es nicht an.

a) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Achten Senats des Bundesarbeitsgerichts hatte eine wertende Beurteilung zu erfolgen, ob im Eigentum eines anderen stehende, aber vom Auftragnehmer genutzte Betriebsmittel dem Betrieb als eigene Betriebsmittel zugeordnet werden können. Nur dann seien sie in die Gesamtabwägung, ob ein Betriebsübergang stattgefunden habe, einzubeziehen ( - 8 AZR 426/94 - BAGE 87, 296 = AP BGB § 613a Nr. 171 = EzA BGB § 613a Nr. 160; - 8 AZR 328/96 -; - 8 AZR 337/99 -). Wesentliches Abgrenzungskriterium war danach, dass dem Berechtigten die Betriebsmittel zur eigenwirtschaftlichen Nutzung überlassen sind ( - 8 AZR 426/94 -aaO; - 8 AZR 328/96 -; - 8 AZR 276/97 -; - 8 AZR 337/99 -; - 8 AZR 520/99 -).

b) Dieses Merkmal ist hinsichtlich der materiellen Betriebsmittel, die im Eigentum eines Dritten stehen, nach der Auslegung des Europäischen Gerichtshofs in der Güney-Görres Entscheidung vom (- C-232/04 und C-233/04 - EzA BGB 2002 § 613a Nr. 41 mit kritischer Anm. Melot de Beauregard BB 2006, 275) für das Vorliegen eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB nicht maßgebend. Der Europäische Gerichtshof hat ausgeführt, dass das Merkmal der eigenwirtschaftlichen Nutzung keine notwendige Voraussetzung für die Feststellung des Übergangs sächlicher Betriebsmittel vom ursprünglichen Auftragnehmer auf den neuen Auftragnehmer ist. Das entsprach schon im Wesentlichen der (teilweise kritischen) Auffassung des Schrifttums nach der Carlito-Abler-Entscheidung (Bauer NZA 2004, 14, 17; Schnitker/ Grau BB 2004, 275; jurisPK-BGB/Kliemt 2. Aufl. § 613a Rn. 13, 14; Steinau-Steinrück/Wagner NJW-Spezial 2004, 33; Kreßel Anm. SAE 2004, 343; Kock/Hohner ArbRB 2004, 156; Diller/Grzyb EWiR 2004, 85; ErfK/Preis 6. Aufl. § 613a BGB Rn. 20; vgl. auch Adam Anm. EzBAT BAT § 53 Betriebsübergang Nr. 6). Bei der Prüfung, ob ein Betriebsübergang gegeben ist, ist das Merkmal der eigenwirtschaftlichen Nutzung der sächlichen Betriebsmittel daher nicht mehr heranzuziehen (vgl. Senat - 8 AZR 222/04 - DB 2006, 1379, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

3. Ein Betriebsübergang liegt im Streitfall nicht vor, weil die Streithelferin die Bistrobewirtschaftung der Beklagten nicht im Wesentlichen unverändert fortführt. Es fehlt damit an der Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit.

a) Dabei kann dahingestellt bleiben, ob nicht schon dadurch eine wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Einheit eingetreten ist, dass die Streithelferin nicht die selben Zugverbindungen bewirtschaftet wie die Beklagte zuvor. Mit dem Fahrplanwechsel am wurden die bisher von der Beklagten bewirtschafteten 16 Interregiozüge auf der Strecke Weimar/Erfurt nach Düsseldorf/Dortmund und zurück durch zehn IC-Züge und sechs ICE-Züge ersetzt. Die nunmehr von der Streithelferin betriebene Bewirtschaftung hat sich schon dadurch geändert, das zwar die IC-Züge wie die früheren Interregios über Bistrowagen verfügen, die ICE-Züge jedoch Speisewagen mit Bordrestaurant haben, in denen nicht nur "Kleingerichte" an Stehtischen wie im Bistrowagen ausgegeben werden. Im Übrigen sind die Streckenführungen der IC- und ICE-Züge erheblich verlängert worden (nach Dresden, Leipzig und Stralsund), so dass auch die Bewirtschaftung erweitert wurde.

b) Die Streithelferin hat die Bistrobewirtschaftung der Beklagten jedenfalls deshalb nicht übernommen, weil sie die Bewirtschaftung der bisher von der Beklagten bedienten Zugverbindungen vollständig in ihre Organisationsstruktur eingegliedert hat, so dass innerhalb ihrer Bewirtschaftung aller ca. 800 Züge der Deutschen Bahn kein organisatorisch abgrenzbarer Betrieb oder Betriebsteil geblieben ist. Es fehlt daher an der unveränderten Fortführung der wirtschaftlichen Einheit.

Ein Betriebsübergang iSd. § 613a BGB setzt die im Wesentlichen unveränderte Fortführung einer wirtschaftlichen Einheit unter Wahrung ihrer Identität voraus. Ein Betrieb oder Betriebsteil geht daher nur dann über, wenn er beim Erwerber als Betrieb oder organisatorisch selbständiger Betriebsteil fortgeführt wird. Dies ist nicht der Fall, wenn ein Bewirtschaftungsbetrieb vollständig in die eigene Organisationsstruktur eines anderen Unternehmens eingegliedert wird.

Der Senat hat in seiner Entscheidung vom (- 8 AZR 421/02 - AP BGB § 613a Nr. 261 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 14) bei der Übernahme eines Schießplatzes von der Royal Air Force durch die Bundeswehr einen Betriebsübergang deshalb verneint, weil die Bundeswehr den übernommenen Schießplatz in ihre eigene Organisationsstruktur eingegliedert habe. Mit der Eingliederung des Schießplatzes in die eigene Militärorganisation und Fortführung mit eigenem Personal habe die Bundeswehr den Schießplatz als wirtschaftliche Einheit nicht im Wesentlichen unverändert fortgeführt.

Im Streitfall gilt nichts anderes. Die auf einem Franchisevertrag mit der M AG, einer 100 %igen Tochter der Streithelferin, beruhende Bistrobewirtschaftung der Beklagten wurde aufgelöst. Die Streithelferin hat weder den Franchisevertrag übernommen noch das Abrechnungssystem mit den Zuzahlungen, die die Beklagte früher von der M AG erhalten hatte. Stattdessen wurde die Bewirtschaftung der 16 Zugverbindungen vollständig in die Organisationsstruktur der Streithelferin eingeordnet, mit der diese bisher schon alle übrigen Zugverbindungen der Deutschen Bahn bewirtschaftete. Die organiatorische Einheit der Bistrobewirtschaftung auf Grund eines Franchisevertrags besteht nicht fort. Die Streihelferin hat nunmehr durch Bewirtschaftung weiterer Strecken die Möglichkeit, mit ihrem "Know-how" und ihrer Gesamtorganisation die Funktionserweiterung wahrzunehmen und durch Vernetzung der Bewirtschaftung mit allen übrigen IC- und ICE-Verbindungen übergreifend über Personaleinsatz und Warenbelieferung zu verfügen.

Der Kläger kann demgegenüber nicht mit Erfolg einwenden, es dürfe nicht im Belieben eines potenziellen Erwerbers stehen, sich durch Umstrukturierungen den Rechtsfolgen eines Betriebsübergangs zu entziehen. Ein Betriebsübergang setzt die tatsächliche Fortführung der wirtschaftlichen Einheit unter Wahrung von deren Identität voraus. Mit der sofortigen vollständigen Umstrukturierung nutzt der "Erwerber" nicht eine im "Vorgängerbetrieb" vorhandene Arbeitsorganisation ("er legt sich nicht ins gemachte Bett"), sondern gründet eine neue Arbeitsorganisation bzw. gliedert die wirtschaftliche Einheit in die bereits vorhandene Organisation ein. Diese sofort erfolgende wesentliche Umgestaltung löst nicht die Rechtsfolgen des § 613a BGB aus (vgl. Lunk FS zum 25-jährigen Bestehen der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltsverein 2005 S. 645, 657 f.).

Damit hat das Landesarbeitsgericht zu Recht einen Betriebsübergang verneint und die Kündigung der Beklagten vom zutreffend aus betriebsbedingten Gründen wegen Stilllegung der Bistrobewirtschaftung als sozial gerechtfertigt angesehen und die Kündigungsschutzklage sowie den Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers abgewiesen.

4. Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend den vom Kläger hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Nachteilsausgleich nach § 113 Abs. 1, 3 BetrVG abgewiesen.

Nach dieser Vorschrift hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung einer Abfindung, wenn der Unternehmer eine geplante Betriebsänderung nach § 111 BetrVG durchführt, ohne über sie einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben, und infolge der Maßnahme Arbeitnehmer entlassen werden oder andere wirtschaftliche Nachteile erleiden. Die Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach §§ 111 ff. BetrVG sind jedoch nur gegeben, wenn im Betrieb ein Betriebsrat schon in dem Zeitpunkt besteht, in dem sich der Arbeitgeber entschließt, eine Betriebsänderung durchzuführen.

Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte Anfang August 2002 die unternehmerische Entscheidung getroffen, die Geschäftstätigkeit einzustellen und den Betrieb stillzulegen. Zu diesem Zeitpunkt bestand der am in der Niederlassung K der Beklagten konstituierte Betriebsrat aber noch nicht. Ein während einer schon im Vollzug begriffenen Betriebsänderung gewählter Betriebsrat ist nicht mehr zu beteiligen, weil er die unternehmerische Entscheidung über die Betriebsänderung nicht mehr beeinflussen kann ( - BAGE 38, 284 = AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 15). Der Betriebsrat kann auch dann nicht die Vereinbarung eines Sozialplans verlangen, wenn dem Arbeitgeber im Zeitpunkt seines Entschlusses bekannt war, dass im Betrieb ein Betriebsrat gewählt werden soll, soweit der Arbeitgeber sich bereits zur Stilllegung des Betriebs entschlossen hat und danach im Betrieb ein Betriebsrat erst gewählt wird ( - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 63 = EzA BetrVG 1972 § 112 Nr. 60).

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 101 ZPO.

Fundstelle(n):
GAAAC-15866

1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein