Suchen
BGH Beschluss v. - 2 ARs 302/06

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StPO § 462 a; StPO § 462 a Abs. 1 Satz 1; StPO § 462 a Abs. 4 Satz 3

Instanzenzug: LG Braunschweig 50 StVK 138/06 LG Köln StVK 807/01

Gründe

I.

Die Vollstreckung der Strafreste aus den Urteilen des und des Amtsgerichts Linz/Rhein vom wurde von der Strafvollstreckungskammer des zur Bewährung ausgesetzt. Die Bewährungszeit von zunächst drei Jahren wurde durch Beschlüsse vom und vom um sechs Monate bzw. um ein Jahr verlängert. Am bildete das Amtsgericht Bonn durch Beschluss eine nachträgliche Gesamtstrafe von sieben Monaten aus den Strafen aus den Urteilen des und des Amtsgerichts Linz vom , welche es für zwei Jahre zur Bewährung aussetzte. Die Auflagen aus dem Bewährungsbeschluss des wurden aufrechterhalten. Vom 21. März bis zum verbüßte der Verurteilte eine Ersatzfreiheitsstrafe in den Justizvollzugsanstalten Braunschweig und Peine, also im Bezirk der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Braunschweig.

Die Staatsanwaltschaft Bonn hatte am bei der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Köln den Widerruf der Reststrafaussetzung zur Bewährung aus dem beantragt, weil der Verurteilte am vom Amtsgericht Braunschweig zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt worden war. Diesen Antrag nahm die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom zurück, weil die der nachträglichen Verurteilung zugrunde liegende Tat nach dem Gesamtstrafenbeschluss vom begangen worden war. Am ging beim Landgericht Köln die Ablichtung einer Anklage der Staatsanwaltschaft Braunschweig vom wegen eines am begangenen Diebstahls ein. In diesem Verfahren ist der Verurteilte am vom Amtsgericht Braunschweig rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt worden. Am wurde der Verurteilte zur Verbüßung der Freiheitsstrafe von vier Monaten aus dem Urteil vom in der Justizvollzugsanstalt Braunschweig aufgenommen.

Das Landgericht Köln hat am die Sache der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Braunschweig zwecks Übernahme vorgelegt. Das Landgericht Braunschweig hat die Übernahme abgelehnt, weil die Fortwirkungszuständigkeit der Strafvollstreckungskammer durch den Beginn des Strafvollzugs in einer anderen Sache nicht beendet werde. Erst wenn das Gericht nach der Aufnahme des Verurteilten in die neue Justizvollzugsanstalt erneut mit einer Strafvollstreckungssache befasst werde, sei die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die neue Justizvollzugsanstalt liege, wenn sich der Verurteilte zu diesem Zeitpunkt noch in deren Bezirk in Strafhaft befinde. Das Landgericht Köln hat daraufhin die Sache dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

II.

Zuständig ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Braunschweig. Die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Köln endete mit dem Gesamtstrafenbeschluss des . Die Strafe aus dem bestand danach nicht mehr und die von der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Köln beschlossene Aussetzung der Vollstreckung des Restes dieser Strafe hatte ihre Grundlage verloren. Für die weitere Überwachung des Verurteilten war danach das Amtsgericht Bonn zuständig (vgl. Senatsbeschluss vom - 2 ARs 208/81).

Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Bonn für die Bewährungsüberwachung als erstinstanzliches Gericht endete mit der Aufnahme des Verurteilten in die Justizvollzugsanstalt Braunschweig zwecks Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe am (vgl. BGHSt 30, 223). Zu diesem Zeitpunkt wurde die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Braunschweig für die im Rahmen der Bewährungsaufsicht zu treffenden Entscheidungen zuständig. Die Zuständigkeit zwischen dem Gericht des ersten Rechtszuges und der Strafvollstreckungskammer ist in § 462 a StPO besonders geregelt. Danach hat die Strafvollstreckungskammer bei Vollstreckung einer Freiheitsstrafe den Vorrang. Ihr obliegen die nachträglichen Entscheidungen, sobald gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt wird (BGHSt 26, 118; 26, 187, 189 f.; 30, 189, 192; BGHR StPO § 462 a Abs. 1 Befasstsein 2). Nach dem Konzentrationsgrundsatz des § 462 a Abs. 4 Satz 3 StPO obliegen ihr nicht nur die Vollstreckung der Strafe, die der Verurteilte in ihrem Bezirk verbüßt, sondern auch die Bewährungsüberwachung und die insoweit zu treffenden Entscheidungen hinsichtlich sonstiger ausgesetzter Strafen oder Strafreste. Dies gilt im Verhältnis zum erstinstanzlichen Gericht auch hinsichtlich solcher Entscheidungen, mit denen dieses zum Zeitpunkt des Strafantritts bereits befasst war (vgl. BGH a.a.O.). Der Übergang der Zuständigkeit auf die Strafvollstreckungskammer hängt nicht davon ab, ob zum Zeitpunkt der Inhaftierung eine Entscheidung ansteht (BGHSt 30, 223, 224), und sie endet auch nicht mit der Entlassung des Verurteilten aus der Justizvollzugsanstalt. Hingegen erfolgt der Übergang der örtlichen Zuständigkeit von einer Strafvollstreckungskammer auf eine andere mit der Aufnahme des Verurteilten in der anderen Justizvollzugsanstalt, soweit nicht die zunächst zuständig gewesene Strafvollstreckungskammer bereits konkret mit einer bestimmten Frage befasst war, über die sie dann noch zu entscheiden hat. Die zunächst zuständig gewesene Strafvollstreckungskammer bleibt nicht etwa solange zuständig, bis eine andere Strafvollstreckungskammer tatsächlich mit einer bestimmten Frage befasst wird (vgl. Senatsbeschluss vom - 2 ARs 334/03; BGH NStZ 2001, 165; 1984, 380).

Die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Braunschweig ist auch nicht dadurch entfallen, dass der Verurteilte am wieder in Strafhaft gekommen ist. Denn er wurde wieder in der Justizvollzugsanstalt Braunschweig aufgenommen, so dass keine Verlagerung der örtlichen Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer erfolgt ist. Selbst wenn der Verurteilte in einer Justizvollzugsanstalt in einem anderen Landgerichtsbezirk seine Strafe angetreten hätte, wäre die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Braunschweig hier für eine Entscheidung über den Widerruf oder die Verlängerung der Bewährungszeit aus Anlass der Verurteilung vom noch zuständig, weil sie bereits vor dem neuen Strafantritt mit dieser Sache befasst war. Eine Befassung mit der Sache im Sinne des § 462 a Abs. 1 Satz 1 StPO trat hier am ein, als die Anklage vom zu den Bewährungsakten des nicht mehr zuständigen Landgerichts Köln gelangte. Für das Befasstsein der Strafvollstreckungskammer genügt es nämlich, wenn die eine Entscheidung notwendig machenden Unterlagen bei einem Gericht eingehen, das für die Entscheidung zuständig sein kann (BGHR StPO § 462 a Abs. 1 Befasststein 8). Zu diesem Zeitpunkt ergibt sich von Amts wegen das Erfordernis, wegen der neuen Straftat über einen Widerruf der Bewährung oder eine Verlängerung der Bewährungszeit zu entscheiden. Für diese Entscheidung bliebe die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Braunschweig deshalb auch bei späterer Aufnahme des Verurteilten in eine Justizvollzugsanstalt in einem anderen Landgerichtsbezirk zuständig.

Fundstelle(n):
SAAAC-15703

1Nachschlagewerk: nein