Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: VAHRG § 4 Abs 1
Instanzenzug: LSG Niedersachsen-Bremen vom
Gründe
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin ein Anspruch auf Festsetzung eines höheren Werts ihres Rechts auf Regelaltersrente (RAR) für Bezugszeiten ab ohne Abschlag an Entgeltpunkten (EP) für den durchgeführten Versorgungsausgleich sowie auf Zahlung entsprechend höherer monatlicher Geldbeträge ab demselben Zeitpunkt zusteht.
Die 1936 geborene Klägerin war von August 1961 bis Dezember 1985 mit dem 1937 geborenen und bei der Beklagten Versicherten W. S. (im Folgenden: Ausgleichsberechtigter) verheiratet. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens übertrug das Amtsgericht Burgwedel durch Beschluss vom "Rentenanwartschaften" in Höhe von "monatlich 138,42 DM" vom Versicherungskonto der Klägerin auf das Versicherungskonto des Ausgleichsberechtigten. Dieser verstarb am . Zu seinen Lebzeiten erhielt dieser von der Beklagten keine Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beklagte erkannte jedoch seiner zweiten Ehefrau ein Recht auf Witwenrente zu und zahlte ihr laufend monatliche Geldbeträge.
Die Klägerin beantragte mit ihrem Rentenantrag, gemäß § 4 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) "die im Rahmen des Versorgungsausgleichs vorgenommenen Belastungen des Versicherungskontos rückgängig zu machen". Die Beklagte erkannte der Klägerin ab ein Recht auf RAR zu (Bescheid vom ), dessen Wert sie auf monatlich 1.241,95 DM festsetzte. Als Vorleistungswert der Klägerin legte sie 25,5650 EP zu Grunde, nachdem sie die Summe der EP (aus Beitragszeiten <29,1398 EP>, beitragsfreien Zeiten <0,4490 EP> und beitragsgeminderten Zeiten <0,0626 EP>) um einen Abschlag für den durchgeführten Versorgungsausgleich von 4,0864 EP vermindert hatte. Die Beklagte kündigte an, eine Entscheidung über die Voraussetzungen des § 4 VAHRG werde gesondert ergehen.
Mit Bescheid vom lehnte es die Beklagte ab, "die Kürzung der Rente um die übertragenen Rentenanwartschaften rückgängig zu machen". Zu den Leistungen iS des § 4 VAHRG gehörten auch die Hinterbliebenenrenten, die aus der Versicherung des verstorbenen Ausgleichsberechtigten gewährt würden, also auch die laufend gezahlte Witwenrente. Ob die Voraussetzungen für die Zahlung der ungekürzten Rente vorlägen, könne erst nach endgültigem Wegfall der Witwenrente geprüft werden. Denn erst zu diesem Zeitpunkt könne festgestellt werden, ob der Grenzbetrag des § 4 Abs 2 VAHRG überschritten sei. Den Widerspruch mit dem Begehren, "von einer Kürzung infolge des Versorgungsausgleichs abzusehen", wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom zurück.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom ). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom ) und ua ausgeführt: Die Klägerin könne ihr Begehren, die RAR ohne Kürzung der im Wege des Versorgungsausgleichs übertragenen Anwartschaften ausgezahlt zu bekommen, nicht auf § 4 Abs 1 VAHRG stützen, denn der systematische Zusammenhang mit § 4 Abs 2 VAHRG zeige, dass es bei der Kürzung auch in Fällen der Zahlung an Hinterbliebene des Berechtigten bleiben solle. Abs 2 erfasse mit den dort erwähnten "Leistungen aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht" auch Leistungen an Hinterbliebene. Ob die Voraussetzungen des § 4 Abs 2 VAHRG eingetreten seien, könne - zu Gunsten der Klägerin - erst im Zeitpunkt des Todes der Witwe festgestellt werden.
Die Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung von § 4 Abs 1 VAHRG. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift werde die Versorgung des im Versorgungsausgleich Verpflichteten nicht gekürzt, wenn der Berechtigte verstorben sei und vor seinem Tod keine Leistungen aus dem übertragenen Anrecht erhalten habe. Auch die historische Auslegung spreche dafür. § 4 VAHRG beruhe auf der Entscheidung des (BVerfGE 53, 257 = NJW 1980, 692). Diese Entscheidung habe der Gesetzgeber aufgegriffen und in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 9/2296 S 14) ausdrücklich ausgeführt, dass Abs 1 den Fall betreffe, dass der Berechtigte vor seinem Tod keine Leistungen aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht erhalten habe. In diesem Fall solle eine Kürzung auf Grund des Versorgungsausgleichs nicht eintreten. Die systematischen Überlegungen des LSG seien nicht geeignet, dessen Auffassung zu tragen. § 4 Abs 2 VAHRG ordne nämlich die Übertragung der Rechtsfolge des Abs 1 auch auf Fälle des Todes des Berechtigten mit nur geringen Leistungen aus dem übertragenen Anrecht an. § 4 VAHRG diene ausschließlich der Korrektur der Versorgungsausgleichsentscheidung zwischen den Ehegatten, Interessen der Versichertengemeinschaft spielten keine Rolle. Abs 1 sei die zentrale Vorschrift. Abs 2 könne diese eindeutige Regelung nicht in bestimmten Fällen wieder aufheben.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom und des Sozialgerichts Hannover vom sowie die ablehnende Entscheidung der Beklagten im Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom aufzuheben, die Beklagte zu verpflichten, unter Feststellung eines Rückausgleichsfalls den Höchstwert ihres Rechts auf Regelaltersrente ohne Abschlag an Entgeltpunkten für den durchgeführten Versorgungsausgleich für Bezugszeiten ab festzusetzen sowie diese zu verurteilen, ihr ab demselben Zeitpunkt entsprechend höhere monatliche Geldbeträge zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Nach § 4 VAHRG seien die Auswirkungen eines durchgeführten Versorgungsausgleichs nur dann zu beseitigen, dh die Rente des Ausgleichspflichtigen dann nicht zu kürzen, wenn aus den im Rahmen des Versorgungsausgleichs übertragenen Rentenanwartschaften überhaupt keine Leistungen (Abs 1) oder nur Leistungen bezogen worden seien, die einen bestimmten Grenzbetrag nicht überschritten (Abs 2). Zu den Leistungen iS des Abs 2 gehörten auch Hinterbliebenenrenten, wie die hier gezahlte Witwenrente. Die von ihr und den Vorinstanzen vertretene Rechtsauffassung ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). In den durch die Urteile vom - 8 RKn 15/90, SozR 3-5795 § 4 Nr 3 und vom - 4 RA 22/91, SozR 3-5795 § 4 Nr 4 entschiedenen Fällen seien ebenfalls keine Leistungen an die verstorbene Ausgleichsberechtigte erbracht worden. Das BSG sei jedoch davon ausgegangen, dass dadurch nur § 4 Abs 1 VAHRG als Grund für eine Kürzung entfalle. Von Abs 2 seien jedoch Hinterbliebenenrenten erfasst. Durch die Leistungserbringung an die Witwe sei der Grenzbetrag überschritten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).
II
Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Urteil des LSG verletzt Bundesrecht nicht (§ 162 SGG).
1. Gegenstand der Revision ist das mit dem dieses die Berufung gegen das klageabweisende zurückgewiesen hat. Die Klägerin verfolgt im Revisionsverfahren ihr Klagebegehren (§ 123 SGG) weiter, das Streitgegenstand vor dem SG und LSG gewesen und darauf gerichtet ist, erstens, die im Bescheid der Beklagten vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom verlautbarten feststellenden Verwaltungsakte, es bestehe kein Rückausgleichsfall (§ 9 Abs 1 VAHRG) und kein Anspruch auf Festsetzung eines höheren Werts des Rechts auf RAR, aufzuheben, zweitens, die Beklagte zu verpflichten, unter Feststellung eines Rückausgleichsfalls (§ 9 Abs 1 VAHRG) den Wert ihres Rechts auf RAR ohne Abschlag an EP für den durchgeführten Versorgungsausgleich für Bezugszeiten ab festzusetzen und drittens, die Beklagte zu verurteilen, ihr ab demselben Zeitpunkt entsprechend höhere Geldbeträge zu zahlen. Diese Kombination von Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklagen (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG) ist zulässig.
2. Die Klagen sind jedoch unbegründet. Denn der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Festsetzung eines höheren Werts ihres Rechts auf RAR nicht zu.
Die Beklagte hat zu Recht abgelehnt, einen Rückausgleichsfall festzustellen (§ 9 Abs 1 VAHRG) und einen höheren Wert als den im Bescheid vom festgestellten monatlichen (Mindest-)Wert von 1.241,95 DM festzusetzen. Sie hat der Klägerin zutreffend den materiell-rechtlichen Einwand des durchgeführten Versorgungsausgleichs entgegen gehalten und bei der Feststellung des Vorleistungswerts (= Rangwert = Summe der EP) einen Abschlag von 4,0864 EP (§ 76 Abs 1 und 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch <SGB VI>) vorgenommen. Der Klägerin steht als Gegeneinwand kein "Rückausgleich" nach § 4 VAHRG zu, also die Feststellung der Beklagten, dass der zuvor auf Grund eines rechtskräftigen Gerichtsbeschlusses rechtswirksam durchgeführte Versorgungsausgleich keine Rechtswirkung auf das Recht der Klägerin auf RAR mehr entfalte und bei der Höchstwertfestsetzung nicht berücksichtigt werden dürfe. Dieser Gegeneinwand ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus § 4 Abs 1 VAHRG. Vor dem Ende des Leistungsbezugs der Witwe des Ausgleichsberechtigten kann ihr auch kein Gegeneinwand aus § 4 Abs 2 VAHRG zustehen.
a) Der Wert des Rechts auf Rente (sog Monatsbetrag der Rente - §§ 63 Abs 6, 64 SGB VI) ergibt sich (für den Regelfall) als Produkt aus dem Rangwert (= Summe der EP), dem Zugangsfaktor, dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert, die jeweils mit ihrem Wert, den sie bei Rentenbeginn haben, in die Rentenformel einzusetzen sind (vgl BSG SozR 3-2600 § 70 Nr 6 S 9; BSG SozR 3-2600 § 71 Nr 2 S 16). Der Rangwert bei Rentenbeginn folgt gesetzesunmittelbar aus der Summe der einzelnen kalenderjährlichen Rangstellenwerte, die der Versicherte in seinen "rentenrechtlichen Zeiten" erworben hat.
Auf Grund des rechtskräftig gewordenen sind durch Versorgungsausgleich mit rechtsgestaltender Wirkung sog "Rentenanwartschaften" (iS der §§ 1587 ff Bürgerliches Gesetzbuch <BGB>) übertragen worden. Damit werden für den Ausgleichsberechtigten fiktive Rangstellenwerte (Werteinheiten; seit dem EP) begründet, die der Rentenversicherungsträger bei der Festsetzung des Rechts des Ausgleichsberechtigten auf Rente anrechnen muss (vgl BSG SozR 3-2600 § 76 Nr 1 S 2 f mwN). Streit besteht hier allein darüber, ob die Klägerin als "Rückausgleich" nach § 4 VAHRG den Gegeneinwand geltend machen kann, dass der durchgeführte Versorgungsausgleich keine Rechtswirkung entfaltet, also die Wertfestsetzung ohne Abschlag an EP (hier: 4,0864 EP) für den durchgeführten Versorgungsausgleich zu erfolgen hat.
b) Nach § 4 Abs 1 VAHRG wird die Versorgung des Ausgleichsverpflichteten (hier: der Klägerin) oder seiner Hinterbliebenen nicht auf Grund des Versorgungsausgleichs "gekürzt", wenn ein Versorgungsausgleich gemäß § 1587b Abs 1 oder 2 BGB durchgeführt worden ist und der Berechtigte vor seinem Tod keine Leistungen aus dem durch den Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht "erhalten" hat. Gemäß § 4 Abs 2 VAHRG gilt Abs 1 entsprechend, wenn der Berechtigte gestorben ist und aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht Leistungen "gewährt wurden oder werden", die insgesamt zwei Jahresbeträge einer auf das Ende des Leistungsbezugs berechneten RAR aus dem erworbenen Anrecht nicht übersteigen; jedoch sind die gewährten Leistungen auf die sich aus Abs 1 ergebende Erhöhung anzurechnen.
aa) § 4 Abs 1 VAHRG greift hier entgegen der Auffassung der Klägerin nicht ein. Das LSG hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass eine isoliert am Wortlaut dieser Vorschrift orientierte Auslegung ("...vor seinem Tod keine Leistungen aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht erhalten hat"), wie sie hier die Klägerin vertritt, der Systematik des SGB VI und des VAHRG sowie dem Sinngehalt des § 4 VAHRG nicht gerecht wird. Zwar ist die Ansicht der Klägerin sowohl mit dem Wortlaut des Gesetzes als auch mit der Entstehungsgeschichte, soweit sie in den sog Gesetzesmaterialien (vgl BT-Drucks 9/2296 S 8, 14) dokumentiert ist, vereinbar; dasselbe gilt aber auch für die Rechtsansicht, welche die Beklagte in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des BSG vertritt.
(1) Mit § 4 VAHRG vom (BGBl I 105) hat der Gesetzgeber dem ua, BVerfGE 53, 257 = NJW 1980, 692 = SozR 7610 § 1587 Nr 1) Rechnung getragen. In dieser Entscheidung wurde festgestellt, dass zwar die Regelungen über den Versorgungsausgleich in Form des Splittings (§ 1587b Abs 1 BGB) und des Quasi-Splittings (§ 1587b Abs 2 BGB) mit dem Grundgesetz vereinbar seien; es seien jedoch von Verfassungs wegen ergänzende Regelungen für Härtefälle geboten, die dadurch entstünden, dass die Rentenanwartschaften des Ausgleichsberechtigten später nicht zu angemessenen Leistungen führten. Solche Fälle seien im Zusammenhang mit dem Vorversterben des Ausgleichsberechtigten vor dem Ausgleichsverpflichteten denkbar. Sie könnten dann gegeben sein, wenn die abgesplitteten Werteinheiten beim Berechtigten keine Rentenleistung ausgelöst hätten, den Verpflichteten hingegen wegen ihres Umfangs spürbar belasteten. Ferner sei es möglich, dass wegen der Kürze der Rentenleistungen an den Ausgleichsberechtigten im Verhältnis zur Höhe der übertragenen Werteinheiten und unter Würdigung der Lage des überlebenden Ausgleichsverpflichteten der Versorgungsausgleich verfassungswidrige Auswirkungen haben könne (vgl BVerfGE 53, 257, 303 = NJW 1980, 692, 696 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 12). Der Gesetzgeber hat deshalb in § 4 Abs 1 und Abs 2 VAHRG einen Härteausgleich in Form einer nachträglichen Korrektur für zwei Fallgruppen vorgesehen, zum einen für den Fall, dass der Leistungsberechtigte aus den im Rahmen des Versorgungsausgleichs übertragenen Rentenanwartschaften überhaupt keine Leistungen "erhalten hat" (Abs 1) oder ihm nur geringfügige Leistungen "gewährt wurden oder werden" (Abs 2). Nach den sog Gesetzesmaterialien wurde vom Deutschen Bundestag bei der Regelung des § 4 Abs 1 VAHRG insbesondere die Sachverhaltsgestaltung des Vorversterbens in Betracht gezogen, also den Fall, dass der Ausgleichsberechtigte stirbt, bevor er rentenberechtigt ist, dh ein Recht auf Rente erworben hat. § 4 Abs 2 VAHRG sollte die Fälle erfassen, in denen dem Ausgleichsberechtigten aus den übertragenen Anwartschaften nur kurze Zeit Rentenleistungen "gewährt worden sind" (vgl dazu BT-Drucks 9/2296 S 8, 14).
(2) Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl , BSGE 66, 198, 200 = SozR 3-5795 § 4 Nr 2 S 10; = BSGE 69, 85, 87 f = SozR 3-5795 § 4 Nr 3 S 16 f; , SozR 3-5795 § 4 Nr 4 S 22 ff; , SozR 3-5795 § 4 Nr 5 S 30; , SozR 3-5795 § 4 Nr 6 S 39; , SozR 4-5795 § 4 Nr 1 RdNr 10), der die Beklagte folgt, umfasst der in § 4 VAHRG verwendet Ausdruck "Leistungen" alle Hauptleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung, die in § 23 Abs 1 Nr 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) aufgezählt sind, also alle Sozialleistungen (§ 11 Satz 1 SGB I), die der Rentenversicherungsträger dem Ausgleichsberechtigten aus dessen Rentenversicherungsverhältnis erbringt. Hierunter fallen nach Buchst c dieser Vorschrift auch (Hinterbliebenen-)Renten wegen Todes iS der §§ 46 ff SGB VI.
(3) Der erkennende Senat hält nach erneuter Prüfung an der ständigen Rechtsprechung des BSG fest. Dafür sind vor allem folgende Erwägungen maßgeblich:
Die Übertragung sog "Rentenanwartschaften" im Rahmen des Versorgungsausgleichs findet - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht ausschließlich im Ausgleichsverhältnis zwischen den früheren Ehegatten statt, sondern betrifft - mindestens - auch einen Rentenversicherungsträger, dessen voneinander getrennte Rentenversicherungsverhältnisse mit dem Ausgleichsverpflichteten und mit dem Ausgleichsberechtigten durch den Versorgungsausgleich in unterschiedlicher Weise, jeweils aber nach den Maßgaben des Rechts der gesetzlichen Rentenversicherung, nicht nach denen des BGB, verändert und umgestaltet werden. Insbesondere geben die im Versorgungsausgleich übertragenen sog "Rentenanwartschaften" dem Ausgleichsberechtigten keinen Anspruch gegen den RV-Träger, bei Eintritt eines Versicherungsfalls an ihn einen bestimmten Geldbetrag (etwa in Höhe der - rein fiktiven - übertragenen Anwartschaften <hier: 138,42 DM> zu zahlen. Die Übertragung hat - und darin erschöpft sich ihre Wirkung - ihm nur in fiktiv berechneten EP bemessene Vorleistungswerte zugeordnet. Im vorliegenden Fall hätten diese allein nicht einmal ausgereicht, dem Ausgleichsberechtigten "Zahlungsansprüche" gegen den RV-Träger zu verschaffen. Dass seine Witwe solche hat, beruht hier nur auf den vom Ausgleichsberechtigten durch dessen eigene Vorleistung erworbenen EP. Jedoch hat die Übertragung den Rangwert des Versicherten (= Summe der EP beim Versicherungsfall) erhöht und damit anteilig den Geldwert des Rechts der Witwe. Denn die Übertragung der fiktiv errechneten EP hat damals den relativen Wert seiner Rangstelle erhöht. Diese EP sind Bestandteil seiner von ihm selbst erworbenen Rentenanwartschaft gegen den Rentenversicherungsträger geworden. Diese umfasst nach ihrem gesetzlichen Gewährleistungsgehalt die Garantie, dass die jeweils erlangte Rangstelle unter den Versicherten (bemessen in der bisher erlangten <Mindest->Summe der EP) bei Eintritt eines Versicherungsfalles dem Monatsbetrag des Rechts auf Rente zu Grunde gelegt wird, es sei denn, verfassungsgemäße Änderungsgesetze bestimmen etwas anderes; dies gilt auch für einen vormals ausgleichsberechtigten Versicherten; auch er kann seine Vorsorgeplanung auf diese Gewährleistung stützen. Darüber hinaus gibt die gesetzliche Rentenanwartschaft des SGB VI jedem Berechtigten das gesetzliche Systemversprechen. Dieses beinhaltet ua, dass der Versicherte von privater Vorsorge für Hinterbliebene im Blick auf die Versicherung auf den eigenen Todesfall absehen darf. Der Tod des Versicherten ist in der gesetzlichen Rentenversicherung ein eigenständiger Versicherungsfall, mit dem die Anwartschaft des verheirateten Versicherten, die eine Lebensversicherung auf den eigenen Todesfall zu Gunsten des Ehegatten umfasst (sog Eigenversicherung), zu einem Vollrecht der Witwe auf Rente gegen den Träger erstarkt (§ 46 SGB VI; dazu eingehend: , BSGE 92, 113, RdNr 33 ff = SozR 4-2600 § 46 Nr 1 RdNr 33 ff; vgl auch: , SozR 4-2600 § 307b Nr 4 RdNr 16).
(4) § 4 Abs 1 VAHRG erfasst daher nur die Fallgruppen, dass trotz der Übertragung
(a) keine Rentenanwartschaft entstanden ist, sondern nur ein rentenversicherungsrechtliches Anrecht, aus dem ein Vollrecht nicht entstehen kann (dazu näher: BSGE 92, 113, RdNr 55 ff = SozR 4-2600 § 46 Nr 1 RdNr 55 ff),
(b) zwar eine Rentenanwartschaft entstanden ist, die aber mangels potenzieller Hinterbliebener keine Eigenversicherung umfasst, und der Versicherte vor der Bewilligung oder Erfüllung von Ansprüchen aus einem Vollrecht auf Rente (wegen Alters oder wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach §§ 35 ff, 43 ff SGB VI) oder auf Leistungen zur Teilhabe (§§ 9 ff SGB VI) stirbt.
Zu diesem Personenkreis gehört hier der Ausgleichsberechtigte nicht, weil er im Blick auf seine neue Ehefrau eine Eigenversicherung erlangt hatte.
bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin schließt demgemäß der Tod des Versicherten vor Entstehung eines Vollrechts auf Rente ua die Anwendung des § 4 Abs 2 VAHRG nicht aus; die Regelungen in § 4 Abs 1 und Abs 2 VAHRG ergänzen sich somit.
Abs 1 aaO ist - wie dargelegt - anzuwenden, wenn der verstorbene Ausgleichsberechtigte "vor seinem Tod keine Leistungen aus dem erworbenen Anrecht erhalten hat"; Abs 2 aaO ist maßgeblich, wenn dem Ausgleichsberechtigten oder seinen Hinterbliebenen "aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht Leistungen gewährt wurden oder werden". Die Beklagte hat mit den an die Witwe des (verstorbenen) Ausgleichsberechtigten gezahlten monatlichen Geldbeträgen aus deren aus der Rechtsposition des Versicherten abgeleiteten Recht auf Witwenrente solche Leistungen erbracht. Das Stammrecht der Witwe auf eine monatliche Rente ist schon deswegen eine Frucht aus dem im Versorgungsausgleich vom Ausgleichsberechtigten erworbenen Anrecht, weil die individualisierten monatlichen Rentenansprüche jedenfalls der Höhe nach auch auf den zugesplitteten Anwartschaften beruhen (vgl , SozR 3-5795 § 4 Nr 6 S 41; dazu auch: , BSGE 92, 113, RdNr 34 ff, 49 ff = SozR 4-2600 § 46 Nr 1 Nr 34 ff, 49 ff). Die für die Hinterbliebenenrente relevante "Summe der EP" (Rangwert) ist die Summe der EP, die dem Versicherten bei seinem Tod rechtlich zustanden (§ 66 Abs 2 Nr 2 SGB VI).
Die Rückausgleichsberechtigung der Klägerin nach § 4 Abs 2 VAHRG - unter Anrechnung des Zugeflossenen - entsteht, wenn die Summe der Geldwerte der "aus dem erworbenen Anrecht gewährten" Leistungen den maßgeblichen Grenzbetrag nicht übersteigt. Das ist der Fall, wenn der Wert in Geld nicht höher ist als zwei Jahresbeträge einer auf das Ende des Leistungsbezugs berechneten RAR aus dem erworbenen Anrecht (vgl aaO, S 41). Diesem "Grenzwert" ist die Summe der Werte (in Geld) aller "aus dem erworbenen Anrecht gewährten" individualisierten Leistungen gegenüber zu stellen, dh die Summe der einzelnen geldwerten unmittelbaren Rechtsfrüchte (§ 99 Abs 2 BGB) aus den abgesplitteten "Anwartschaften". Daher ist für jeden individualisierten Leistungsanspruch gesondert zu prüfen, wie weit gerade er Frucht des im Versorgungsausgleich erworbenen Anrechts ist (vgl BSG aaO S 41 f).
Die Beklagte und die Instanzgerichte sind zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin vor dem Ende des Leistungsbezugs der Witwe des Ausgleichsberechtigten kein Anspruch aus § 4 Abs 2 VAHRG zustehen kann. Denn erst zu diesem Zeitpunkt kann festgestellt werden, ob die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind. Erst dann lassen sich zwei Jahresbeträge einer auf das Ende des Leistungsbezugs berechneten RAR feststellen, denen die Summe der Werte aller bis dahin "aus dem erworbenen Anrecht gewährten" individualisierten Leistungen gegenüber zu stellen ist.
Die Revision der Klägerin ist mithin zurückzuweisen.
Fundstelle(n):
TAAAC-15477