BSG Urteil v. - B 3 P 6/04 R

Leitsatz

Zum Anspruch des Trägers eines nur mit Eigenmitteln und privaten Darlehen finanzierten Pflegeheimes auf nachträgliche öffentliche Investitionskostenförderung bei wettbewerbsverzerrender öffentlicher Förderung später errichteter Pflegeheime.

Gesetze: GG Art 3 Abs 1; GG Art 12 Abs 1; SGB XI § 9; SGB XI § 82 Abs 3; SGB XI § 82 Abs 4; SGB XI § 87a Abs 1; PflegeVG Art 49; PflegeVG Art 52; PflegeVGAG ST § 7 Abs 2; PflegeVGAG ST § 8 Abs 1; PflegeVGAG ST § 8 Abs 3

Instanzenzug: SG Magdeburg S 26 P 61/97 vom LSG Halle L 4 P 4/02 vom

Gründe

I

Die klagende GmbH betreibt in T. ein Pflegeheim, das von den Pflegekassen zur stationären Betreuung und Versorgung pflegebedürftiger Versicherter zugelassen ist. Sie gehört als hundertprozentiges Tochterunternehmen zum Konzernverbund der M. Kliniken AG (vormals M. Kliniken GmbH). Vom beklagten Land Sachsen-Anhalt beansprucht sie die Gewährung von Fördermitteln für den Betrieb der Einrichtung.

Mit Vertrag vom erwarb die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die Senioren-Wohnpark M. GmbH, von der Stadt T. ein Grundstück zum Preis vom 2,2 Mio DM zwecks Errichtung eines neuen Alten- und Pflegeheimes. Die von ihr gleichzeitig übernommenen drei Pflegeeinrichtungen in der Stadt mit 101 Pflegeplätzen sollten im Gegenzug geschlossen und deren Mitarbeiter übernommen werden. Sie verpflichtete sich, für mindestens die Hälfte der Bauarbeiten Unternehmen aus Sachsen-Anhalt zu beauftragen und dem Sozialamt der Stadt ein bevorzugtes Belegungsrecht einzuräumen. Die Betriebsaufnahme war für Mitte 1993 geplant. Zur Finanzierung der voraussichtlichen Kosten von 16 Mio DM war zu jener Zeit in Sachsen-Anhalt für derartige Bauvorhaben ein üblicher Investitionszuschuss in Höhe von 40 % vorgesehen (sog altes Programm). Die Klägerin stellte damals jedoch keinen entsprechenden Förderantrag; die Herstellungskosten sollten stattdessen über die laufenden Pflegesätze finanziert werden. Die Muttergesellschaft der Klägerin schloss dazu mit dem Beklagten als überörtlichem Träger der Sozialhilfe eine Rahmenvereinbarung über die Pflegesatzgestaltung aller ihrer Seniorenwohnparks in Sachsen-Anhalt ab. Diese Vereinbarung galt ab und konnte von beiden Seiten mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres gekündigt werden. Jährlich legten die Beteiligten in einer Entgeltvereinbarung die Höhe des Pflegesatzes pro Tag fest. Sofern Investitionskosten bei den einzelnen Einrichtungen anfielen, wurden diese in den Pflegesatz eingerechnet. Die Finanzierung der Pflegesätze erfolgte ganz überwiegend über die Sozialhilfe, weil in den Pflegeheimen der M. Gruppe ca 95 % der Heimbewohner Sozialhilfe bezogen. Die Investitionskosten für das neue Altenwohn- und Pflegeheim mit 157 Pflegebetten einschließlich der Therapieeinrichtungen und dem Inventar bezifferte die Klägerin auf 25.372.145,26 DM. Die Bauabnahme erfolgte am .

Kurz vorher war das Gesetz zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit (Pflege-Versicherungsgesetz <PflegeVG>) vom (BGBl I S 1014) verabschiedet worden. Danach stellte der Bund den neuen Ländern für die Verbesserung der Qualität der ambulanten, teilstationären und stationären Versorgung der Bevölkerung Finanzmittel für ab begonnene Investitionsmaßnahmen bis zu 80 % der beantragten Investitionskosten zur Verfügung, sofern das Land oder die Kommune 20 % der Kosten übernahm. Hierüber waren vom jeweiligen Land fortzuschreibende Investitionsprogramme, erstmalig bis zum , aufzustellen. Der Beklagte erhielt danach vom Bund in den Jahren 1995 bis 2002 jährlich 142,7 Mio DM. Er stellte daraufhin seine Förderung auf das neue Programm "Sonderförderung Ost" um und entsprach sämtlichen Förderanträgen, die nach dem gestellt wurden und die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllten, mit 100 % der förderfähigen Gesamtkosten.

Ab übernahmen die Pflegekassen nach Maßgabe der Höchstbeträge gemäß § 43 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) die Kosten der stationären Pflegeleistung einschließlich der Behandlungspflege und der sozialen Betreuung. Die Heimbewohner mussten demgegenüber die Unterkunfts- und Verpflegungskosten sowie die Investitionskosten, die nicht bereits durch öffentliche Förderung abgedeckt wurden, sowie den nicht von den Pflegekassen abgedeckten Teil der Pflegekosten übernehmen. Bedürftige Heimbewohner, die ihren Anteil nicht aufbringen konnten, erhielten weiterhin Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Durch die Leistungen der Pflegeversicherung war aber ein erheblicher Teil der Heimbewohner nicht mehr auf die Leistungen der Sozialhilfe angewiesen. Der Anteil der "Selbstzahler" bei der Klägerin stieg auf ca 44 %. Wegen der Unzulässigkeit der bisher praktizierten Einbeziehung der Investitionskosten in die Pflegesätze nach dem SGB XI kündigte der Beklagte am die Vereinbarung zur Pflegesatzgestaltung zum (vgl Art 49 PflegeVG). Für den Kreis der Sozialhilfeempfänger zahlte der Beklagte ab 1997 den Investitionskostenanteil nicht mehr über die Pflegesätze, sondern unmittelbar auf den nunmehr gesondert ausgewiesenen Rechnungsposten.

Am wandte sich die M. Kliniken GmbH unter Hinweis auf die Änderung der Finanzierung der Heimpflege zum an den Beklagten und erhob Anspruch auf Beteiligung an der Förderung der Altenpflegeplätze im Land Sachsen-Anhalt für ihre dort betriebenen Seniorenwohnpark-Unternehmen. Mit Schreiben vom verwies der Beklagte auf den Entwurf eines Ausführungsgesetzes des Landes zum PflegeVG (PflegeV-AG), wonach auch die vor dem durchgeführten Baumaßnahmen (sog "alte Lasten") gefördert werden könnten. Hierzu sei im Landeshaushalt 1996 eine Verpflichtungsermächtigung für die Jahre 1997 bis 2001 in Höhe von jährlich 10 Mio DM vorgesehen. Eine Förderung der Seniorenwohnparks nach dem Programm "Sonderförderung Ost" sei nicht möglich, weil dieses nur die Förderung der ab begonnenen Investitionsmaßnahmen zulasse. Eine Gleichbehandlung bei der Förderung von bereits bestehenden Einrichtungen und neu zu errichtenden Einrichtungen sei nicht geboten.

Das zum in Kraft gesetzte PflegeV-AG des Landes vom (GVBl S 254, berichtigt in GVBl S 262) regelt ua die Einzelheiten der Förderung von Pflegeeinrichtungen in Sachsen-Anhalt. Danach können Pflegeeinrichtungen auf Antrag Förderleistungen erhalten, wenn sie in die kommunalen Pflegestrukturpläne und den Förderplan des Landes aufgenommen worden sind. Neben der Förderung der Aufwendungen für die Herstellung von Pflegeeinrichtungen kann das Land bei Einrichtungen, die vor dem hergestellt wurden ("alte Lasten"), auch die Erfüllung von Verbindlichkeiten fördern, die zu Herstellungszwecken eingegangen wurden. Die Zuschüsse wurden auf die im Haushalt zur Verfügung stehenden Mittel begrenzt. Verhandlungen über die Förderung der Pflegeeinrichtungen der M. Gruppe blieben erfolglos.

Mit der am beim Verwaltungsgericht (VG) Magdeburg erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren auf Förderung weiterverfolgt. Mit Beschluss vom hat das VG den Rechtsstreit an das Sozialgericht (SG) Magdeburg verwiesen.

Die Klägerin und der Beklagte haben im Erörterungstermin vom erklärt, sie seien sich darüber einig, dass das Schreiben vom als Antrag auf Gewährung von Förderleistungen zu werten sei und dass sich das bisherige Verfahren "im Rahmen der Untätigkeitsklage bewege". Der Beklagte hat daraufhin mit Bescheid vom den Förderantrag abgelehnt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass eine Förderung von Pflegeheimen, die vor dem erbaut worden seien ("alte Lasten"), nur nach Maßgabe landesrechtlicher Vorschriften und entsprechender Haushaltsmittel erfolgen könne. Danach kämen nur Zuschüsse zur Erfüllung von Verbindlichkeiten in Betracht, die zu Herstellungszwecken eingegangen worden seien. Für derartige Zuschüsse gebe es mit Blick auf die weitgehende Finanzierung der Investitionskosten über die Sozialhilfe derzeit keine Notwendigkeit. Außerdem fehle es noch an Förderrichtlinien. Deshalb seien alle derartige Anträge abgelehnt worden. Es werde empfohlen, den Antrag im Jahr 1998, wenn entsprechende Richtlinien in Kraft gesetzt würden, neu zu stellen.

Am hat das Ministerium für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales die für das Land Sachsen-Anhalt erstellte Pflegekonzeption veröffentlicht (Bekanntmachung vom - 32-43603, MBl LSA 1998, S 1013). Durch Runderlass vom hat das Ministerium die "Richtlinie zur Gewährung von Zuwendungen zu Investitionsmaßnahmen bei stationären Pflegeeinrichtungen, die zwischen dem und getätigt wurden" in Kraft gesetzt. Mit Schreiben vom hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass die Klägerin nun eine Finanzhilfe für 80 der im Pflegestrukturplan verzeichneten 149 Pflegeplätze erlangen könne. Eine Finanzhilfe hat er der Klägerin gleichwohl mit der Begründung nicht gewährt, es seien im Landeshaushalt für die Umsetzung der Richtlinie keine Finanzmittel bereit gestellt worden. Die Richtlinie ist im Dezember 2000 durch Runderlass des Ministeriums vom wieder aufgehoben worden.

Während des Verfahrens vor dem SG hat der Beklagte eine Förderung von Pflegeplätzen im Heim der Klägerin, die inzwischen von 157 auf 149 reduziert worden waren, in Aussicht gestellt, wenn diese die Einrichtung verkaufe. Der Käufer könne eine Zuwendung erhalten, weil der Erwerb eine Investitionsmaßnahme nach dem darstelle. Dafür müsse der beigeladene Landkreis Quedlinburg seinen Anteil von 10 % der Finanzhilfe aufbringen ("Erwerber-Modell"). Daraufhin hat sich die S. GmbH, die zu diesem Zweck von der Firmengruppe gegründet worden war, bereit erklärt, das Heim zu erwerben und dafür bei dem Beklagten Finanzhilfen für 149 Pflegeplätze mit einem Investitionsvolumen von 21.980.000,- DM beantragt. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am haben die Klägerin und der Beklagte einen Zwischenvergleich geschlossen, in dem der Beklagte erklärt hat, die Investition der Erwerberin sei gemäß Art 52 PflegeVG grundsätzlich förderfähig, sofern eine kommunale Körperschaft 10 % der öffentlichen Investitionsmittel übernehme. Der Antrag der S. GmbH ist mit Bescheid vom abgelehnt worden, weil die Einrichtung nicht in den Förderplan des Landes aufgenommen worden sei; außerdem stehe der Finanzierungsanteil der Kommune nicht bereit.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe ein Anspruch auf Investitionsförderung zu. Die Nichtförderung verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG), weil sie die gleiche Förderung, wie sie den anderen Heimträgern gewährt werde, beanspruchen könne. Die Nichtsubventionierung stelle einen verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigten Eingriff in die Berufsfreiheit gemäß Art 12 Abs 1 GG dar und verletze die Eigentumsgarantie in Form des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes gemäß Art 14 Abs 1 GG. Ohne eine Förderung sei sie im Wettbewerb mit den geförderten Einrichtungen benachteiligt. Die Investitionskosten betrügen bei ihr 20-30 % der gesamten Heimkosten. Insbesondere für die selbstzahlenden Heimbewohner stelle dies eine erhebliche finanzielle Belastung dar.

Der Beklagte ist der Auffassung, der Antrag auf die Förderung sei rechtmäßig abgelehnt worden. Eine Förderung komme allein auf der Grundlage des PflegeV-AG in Betracht, wonach bei Einrichtungen, die vor dem hergestellt wurden, die Erfüllung von Verbindlichkeiten gefördert werden könne. Jedoch lägen die Fördervoraussetzungen nicht vor, weil es an verfügbaren Haushaltsmitteln fehle. Hierbei sei auf den gültigen Haushaltsplan zum Zeitpunkt des Erlasses des Ablehnungsbescheides (Haushaltsplan 1997) abzustellen. Darin sei weder ein Haushaltsansatz noch eine Verpflichtungsermächtigung für Schuldendiensthilfen vorhanden gewesen. Auf spätere Haushaltsjahre komme es nicht an, weil das Verwaltungsverfahren über den Förderantrag mit der Bescheidung abgeschlossen gewesen sei. Im Übrigen fehle es an einem besonderen Härtefall. Der Ansatz von 22,5 Mio DM im Haushalt 1998 hätte nicht ausgereicht, die "alte Last" insgesamt abzulösen. Eine Bewilligung von geringen Förderbeträgen wäre wirtschaftlich sinnlos gewesen. Die Regelung zur Schuldendiensthilfe im PflegeV-AG stelle nur eine Option für eine Förderung dar, falls die unterschiedlichen Investitionskostenanteile sich nachteilig auf die Belegung auswirkten. Dies sei bei der Klägerin im Jahre 1997 nicht der Fall gewesen.

Die Bindung der Förderung im PflegeV-AG an den Haushalt verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht. Aus Art 3 GG ergebe sich nicht, dass er - der Beklagte - ohne Rücksicht auf vorhandene Haushaltsmittel die begehrte Förderung gewähren müsse. Er habe keinem der 32 Förderanträge der "alten Last" stattgegeben. Eine unterschiedliche Behandlung der Herstellung neuer Pflegeheime nach dem und der Ablösung der Verbindlichkeiten für schon zuvor geschaffene Einrichtungen sei sachgerecht. Denn die Förderung schon vorhandener Pflegeheime sei für die Schaffung einer intakten Pflegestruktur nicht notwendig. Sie sei auch nicht erforderlich, um den Bestand der betreffenden Pflegeheime zu erhalten. Denn die Belegungszahlen seien nicht stark gesunken. Einen Anspruch auf Nachförderung gebe es nicht. Dabei dürfe es ein Folge der Förderung der neuen Einrichtungen sein, dass diese ihre Leistungen preiswerter anbieten könnten. Zudem wichen die Pflegesätze auch ohne Förderung wesentlich voneinander ab. Die Klägerin könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da im Prinzip eine Pflegesatzfinanzierung der nicht geförderten Investitionsaufwendungen durch die umfangreichen Sozialhilfezahlungen weiterhin bestehe. Zudem habe sich die Klägerin damals bewusst gegen eine Förderung entschieden.

Das SG hat der Klage unter Aufhebung des Bescheides vom teilweise stattgegeben und den Beklagten verurteilt, den Antrag der Klägerin vom auf Gewährung einer Finanzhilfe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (Urteil vom ). Der ablehnende Bescheid sei rechtswidrig. Der Beklagte habe die Ablehnung nicht auf das Fehlen von Förderrichtlinien und Haushaltsmitteln stützen dürfen. Er müsse sich an seiner eigenen Vorgehensweise festhalten lassen, wonach er 1994 ohne Förderrichtlinien die Förderung auf die "Sonderförderung Ost" umgestellt habe.

Es hätten Fördermittel zur Verfügung gestanden, da der Beklagte die vom Haushaltsgesetzgeber bewilligten Gelder gleichmäßig sowohl für die "alten Lasten" als auch für die seit dem begonnenen Maßnahmen hätte verwenden müssen. Ein Ausschluss der "alten Lasten" von der Förderung widerspreche dem Sinn der "Sonderförderung Ost", möglichst schnell eine ausreichende Pflegestruktur aufzubauen, weil sonst die Gefahr bestünde, dass die schon geschaffenen Einrichtungen wieder vernichtet würden. Der Wettbewerbsnachteil für die vor dem Stichtag bereits errichteten Pflegeeinrichtungen könne nur durch deren Förderung seitens der Länder aufgefangen werden. Die beantragte Verurteilung zur Zahlung eines Zuschusses in Höhe von ca 23,5 Millionen DM komme nicht in Betracht, da der Beklagte eine Ermessensentscheidung treffen müsse. Er habe an nachvollziehbaren Maßstäben abzuwägen, ob und in welcher Höhe eine Förderung in Frage komme. Dabei müsse beachtet werden, dass der Wettbewerb durch staatliche Zuschüsse nicht verfälscht werden dürfe.

Das Landessozialgericht (LSG) hat das SG-Urteil geändert und die Klage insgesamt abgewiesen (Urteil vom ). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Bescheid des Beklagten vom sei rechtmäßig. Nach dem PflegeV-AG komme nur eine Schuldendiensthilfe in Betracht, weil das Pflegeheim der Klägerin vor dem hergestellt worden sei. Darunter fielen alle Einrichtungen, mit deren Errichtung vor diesem Zeitpunkt begonnen worden sei, und zwar auch dann, wenn die Fertigstellung - wie hier - erst nachher erfolgt sei. Daher scheide eine Förderung nach dem Programm "Sonderförderung Ost", das auf nach dem begonnene Baumaßnahmen beschränkt sei, aus. Die Schuldendiensthilfe sei zu Recht abgelehnt worden, weil es an der Bereitstellung von Fördermitteln im Haushaltsplan fehle. Maßgeblich sei insoweit das Haushaltsjahr 1997, weil in diesem Jahr über den Förderantrag entschieden worden sei. Der Haushaltsplan für 1996 sei nicht maßgebend, weil der Antrag zu jener Zeit noch nicht entscheidungsreif gewesen sei. Ob in der Zeit ab 1998 oder im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung () Haushaltsmittel für die "alte Last" zur Verfügung gestanden haben, sei unerheblich. Der Förderantrag vom sei mit der Entscheidung des Beklagten vom "verbraucht". Eine weiter gehende Verpflichtung zur Förderung ergebe sich weder aus § 9 SGB XI noch aus Verfassungsrecht. Eine nicht mehr hinzunehmende Beeinträchtigung der Wettbewerbsgleichheit liegt nicht vor.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 9 SGB XI, §§ 7, 8 PflegeV-AG, Art 3, 12, 14 GG). Das LSG habe zu Unrecht nur auf die Haushaltslage des Jahres 1997 abgestellt. Der Förderantrag vom sei durch die Entscheidung des Beklagten vom nicht "verbraucht", weil es auf die Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankomme. Das SG habe den Beklagten zu Recht verpflichtet, den Förderantrag neu zu bescheiden. Er erfülle die Voraussetzungen für eine Schuldendiensthilfe für die eingegangenen Verpflichtungen. Da das Heim erst nach dem komplett hergestellt gewesen sei, müsse die Förderung sogar der Bewilligung von Zuschüssen für Baumaßnahmen nach diesem Stichtag zugerechnet werden. Hilfsweise sei aber eine Förderung nach den Grundsätzen der "alten Last" vorzunehmen.

Sie habe einen Anspruch auf förderungsrechtliche Gleichbehandlung. Die unterlassene Förderung habe für sie erhebliche Wettbewerbsnachteile. Im Umkreis von 20 km seien neu errichtete Konkurrenzeinrichtungen mit 428 Pflegeplätzen in der Zeit von 1998 bis 2002 mit 100 % der Investitionskosten gefördert worden. Diese müssten ihren Bewohnern deshalb keinen Investitionskostenanteil in Rechnung stellen. Die Kostendifferenz betrage dadurch bis zu 600 € im Monat. Für die Selbstzahler wie auch für Personen, für die Sozialhilfebedürftigkeit erst durch die hohen Kosten entstehe, sei die Höhe der von ihnen zu tragenden Investitionskosten ein wesentlicher Gesichtspunkt bei der Auswahl der Einrichtung. Deshalb sei es bei ihr seit 1999 zu einem deutlichen Belegungsrückgang gekommen. Die Belegungsquote sei von 99 % im Jahr 1998 auf 73 % im Jahr 2003 gesunken. Dabei träten schon unterhalb einer Belegungsquote von 92 % Verluste auf, welche nicht mehr kompensiert werden könnten. Hinzu komme eine ungewöhnlich hohe Fluktuation von jährlich über 40 %. So gingen viele Pflegebedürftige nur vorübergehend in ihr Heim, bis ein Platz in einem günstigeren Pflegeheim frei werde. Es zeige sich ein Zusammenhang zwischen den zurückgehenden Bewohnerzahlen und den neu hinzu gekommenen Pflegeplätzen in geförderten Heimen der Umgebung, die voll ausgelastet seien und Wartelisten führten.

Aus der Verantwortung für die Vorhaltung einer leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden Versorgungsstruktur folge, dass der Beklagte nicht nur die Errichtung neuer Einrichtungen, sondern auch die Erhaltung der alten Einrichtungen gewährleisten müsse. Er könne seine Förderung nicht so ausrichten, dass die bestehenden Einrichtungen allmählich verdrängt würden. Der Beklagte könne sich dabei nicht auf fehlende Haushaltsmittel berufen, weil die Nichtförderung im Vergleich zu den Wettbewerbern eine Verletzung des Gleichheitssatzes, der Berufsfreiheit und der Verpflichtung zur Wettbewerbsneutralität bei staatlichen Fördermaßnahmen darstelle.

Die Klägerin beantragt,

das zu ändern und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Magdeburg vom zurückzuweisen, hilfsweise, dieses Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er verteidigt das angegriffene LSG-Urteil und behauptet, die Unterbelegung des Heimes der Klägerin sei nicht Folge der Subventionierung anderer Heime. Auch andere, nicht geförderte Heime in Sachsen-Anhalt seien ausgelastet. Mittlerweile sei auch bei der Klägerin die Belegung wieder deutlich angestiegen. Außerdem scheitere der Förderungsanspruch daran, dass seit 2006 in Sachsen-Anhalt keine Förderung von Pflegeeinrichtungen mehr stattfinde und eine spätere Wiederaufnahme der Förderung auch nicht beabsichtigt sei.

Der Beigeladene hat sich nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

II

Die Revision der Klägerin war im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) begründet. Die vom LSG bisher getroffenen Feststellungen reichten nicht aus, um eine abschließende - positive oder negative - Entscheidung in der Sache zu treffen.

Streitgegenstand des Revisionsverfahrens war insoweit der vom SG zuerkannte, vom LSG aber abgelehnte Anspruch auf Neubescheidung des Förderungsantrages vom . Da die Klägerin gegen die Abweisung des erstinstanzlich gestellten, bezifferten Zahlungsantrages auf Gewährung von Finanzhilfen für die Investitionskosten durch das SG nicht vorgegangen ist, war darüber weder im Berufungsverfahren noch im Revisionsverfahren zu entscheiden. Nach der Erörterung des Sach- und Streitstandes in der mündlichen Verhandlung erscheint es möglich, dass das beklagte Land ab 2006 jegliche Förderung von stationären Pflegeeinrichtungen eingestellt hat. Dann aber könnte es nicht mehr zu einer Neubescheidung des von der Klägerin gestellten Förderungsantrages verurteilt werden. In Frage käme dann nur noch ein Schadensersatzanspruch oder ein Folgenbeseitigungsanspruch der Klägerin zum Ausgleich der finanziellen Nachteile, die durch eine rechtswidrige Investitionsförderung verursacht worden sind. Derartige Ansprüche hat die Klägerin aber nicht erhoben; sie sind nicht Streitgegenstand.

Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen im Übrigen vor. Über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Sozialgerichten ist gemäß § 17a Abs 5 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) nicht mehr zu befinden.

Die Klage richtet sich gegen den Bescheid des Beklagten vom , der nach ursprünglich erhobener Untätigkeitsklage im Wege der Klageänderung nach § 99 Abs 3 Nr 3 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist (vgl BSG SozR Nr 5 zu § 80 SGG; BSG SozR Nr 2 zu § 112 SGG; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl 2005, § 99 RdNr 2 b). Sie ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage in Form der Bescheidungsklage nach § 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 SGG zulässig.

Eines Vorverfahrens bedurfte es gemäß § 78 Abs 1 Satz 2 Nr 2, Abs 3 SGG nicht, weil die Klage sich gegen den Verwaltungsakt einer obersten Landesbehörde richtet.

Der Senat konnte ohne die Beiladung der Bundesrepublik Deutschland nach § 75 Abs 2 SGG entscheiden, obgleich der Bund den neuen Ländern ab 1995 die Haushaltsmittel für das Programm "Sonderförderung Ost" zur Verfügung gestellt hat, das zu der von der Klägerin geltend gemachten Wettbewerbsverzerrung durch die Vollförderung der ab neu errichteten Pflegeheime geführt haben soll. Die Förderung von Baumaßnahmen, die - wie im vorliegenden Fall - vor dem begonnen worden sind, greift schon deshalb nicht in ihre Rechtssphäre ein, da für diese nur Landesmittel in Betracht kommen. Regressmöglichkeiten gegen den Bund sind nicht denkbar.

In der Sache erscheint es möglich, dass der Anspruch auf Neubescheidung des Förderungsantrages vom gerechtfertigt ist. Der Bescheid des Beklagten vom ist rechtswidrig, weil die Klägerin zu Unrecht von der Förderung im Wege der Schuldendiensthilfe ausgeschlossen worden ist, und muss neu beschieden werden, wenn in Sachsen-Anhalt auch gegenwärtig noch Pflegeheime eine Investitionskostenförderung erhalten können, die Förderung also nicht, wie vom Beklagten behauptet, ab 2006 ganz eingestellt worden ist. Maßgeblich wird insoweit die Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG in dem erneut durchzuführenden Berufungsverfahren sein.

Das angefochtene Urteil war aufzuheben, weil es Bundesrecht verletzt. Das LSG hat zwar in Auslegung von Landesrecht ohne Verstoß gegen Bundesrecht und damit für den Senat bindend entschieden, dass die Einrichtung der Klägerin nicht unter die mit Bundesmitteln geförderten Investitionsmaßnahmen ab fällt. Der Klägerin steht daher nach den landesrechtlichen Vorschriften nur noch eine Förderung in Form der Erfüllung von Verbindlichkeiten zu, die zu Herstellungszwecken eingegangen wurden. Das LSG hat aber unter Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass der Förderungsanspruch der Klägerin für das Haushaltsjahr 1997 verfallen sei, weil Haushaltsmittel nicht zur Verfügung gestanden hätten, und es wegen des Fehlens weiterer Förderungsanträge nicht darauf ankomme, ob zu einem späteren Zeitpunkt eine Förderung in Betracht gekommen sei.

Die Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Förderung findet sich in den §§ 7, 8 PflegeV-AG. Dabei ist zu unterscheiden zwischen dem Anspruch auf Investitionsförderung nach § 7 und § 8 Abs 1 PflegeV-AG, den die Klägerin vorrangig geltend macht, und dem hilfsweise begehrten Anspruch auf Schuldendiensthilfe nach § 8 Abs 3 PflegeV-AG.

Die Vorschriften lauten wie folgt:

"§ 7

Voraussetzung und Form der Förderung, Kostentragung

(1)

Pflegeeinrichtungen können auf Antrag nach diesem Gesetz eine Förderung durch öffentliche Mittel erhalten, soweit und solange sie in die kommunalen Pflegestrukturpläne aufgenommen sind. Voraussetzung für die Investitionsförderung ist zusätzlich die Aufnahme in den Förderplan. Voraussetzung für die Förderung ist ferner, dass für die beantragende Pflegeeinrichtung ein Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Pflegekassen abgeschlossen oder nachweislich in Aussicht gestellt wurde.

(2)

Die Förderung erfolgt nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel durch Zuschüsse zu den förderungsfähigen Aufwendungen.

(3)

Die Förderung kann durch Festbeträge erfolgen.

(4)

Die Fördermittel nach Artikel 52 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 des PflegeVG werden in der Regel je zur Hälfte vom Land und von den Landkreisen oder den kreisfreien Städten aufgebracht. Auf den Anteil des Landkreises können Beiträge einzelner Gemeinden angerechnet werden. Der Anteil des Landkreises oder der kreisfreien Stadt kann nach Entscheidung der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Ministerium der Finanzen in dem Umfang verringert werden, in dem die kreisangehörige Gemeinde oder kreisfreie Stadt verbindlich darstellt, dass altersgerechte Wohnungen finanziert werden.

§ 8

Förderungsfähige Aufwendungen

(1)

Förderungsfähig sind Aufwendungen für

1. die Herstellung (Erwerb, Neubau, Modernisierung, Erweiterung) von Pflegeeinrichtungen einschließlich der Erstausstattung gemäß DIN 276 "Kosten im Hochbau",

2. die Wiederbeschaffung und Ergänzung der entsprechenden Anlagegüter,

3. die Durchsetzung barrierefreien Bauens, Mindeststandard DIN 18024/18025.

(2)

Zu den förderungsfähigen Investitionskosten gehören nicht die Aufwendungen für den Erwerb und die Erschließung von Grundstücken sowie die Aufwendungen für Miete, Pacht, Nutzung oder Mitbenutzung von Grundstücken, Gebäuden oder sonstigen Anlagegütern.

(3)

Bei Einrichtungen, die vor dem hergestellt wurden, kann das Land die Erfüllung von Verbindlichkeiten fördern, die zu Herstellungszwecken eingegangen wurden."

Die Schuldendiensthilfe nach § 8 Abs 3 PflegeV-AG kann zB darin bestehen, dass das Land die vom Einrichtungsträger jährlich zu tragenden Zinskosten, die aus der Kreditaufnahme für die Errichtung oder Modernisierung eines Pflegeheimes resultieren, der Höhe nach ganz oder teilweise sowie der Dauer nach unbefristet oder vorübergehend übernimmt, so dass der von den Heimbewohnern zu tragende Investitionskostenanteil in entsprechender Weise gekürzt werden kann (§ 82 Abs 3 und 4 SGB XI). Die auf diese Weise zu erreichende Senkung des monatlichen Gesamtheimentgelts führt zu einer Verbesserung der Marktchancen des Pflegeheimes, weil es die Heimpflege insgesamt günstiger anbieten kann (§ 87a SGB XI). Die Verbesserung der Marktchancen bezieht sich einmal auf den Kreis der Pflegebedürftigen, die den Investitionskostenanteil ganz oder überwiegend aus eigenen Mitteln tragen müssen. Hinsichtlich der Pflegebedürftigen, die insoweit auf Sozialhilfe angewiesen sind, ergibt sich eine Verbesserung der Marktchancen insoweit, als der Sozialhilfeträger Mittel einsparen könnte und deshalb weniger geneigt ist, Pflegebedürftigen Heime mit geringeren Kosten nachzuweisen.

Den - primär erhobenen - Anspruch auf Investitionskostenförderung nach § 7 und § 8 Abs 1 PflegeV-AG hat das LSG mit der Begründung verneint, dieser beschränke sich, wie Art 52 PflegeVG zeige, auf die Errichtung und Modernisierung von Pflegeeinrichtungen, die ab begonnen worden seien. Zu diesen Einrichtungen gehöre das Pflegeheim der Klägerin nicht, weil mit dem Bau bereits im Jahre 1992 begonnen worden sei. Vielmehr sei das Pflegeheim der Klägerin jenen Einrichtungen zuzurechnen, für die der - hilfsweise erhobene - Anspruch auf Schuldendiensthilfe in Betracht komme (§ 8 Abs 3 PflegeV-AG); denn das Heim zähle zu den Einrichtungen, die vor dem "hergestellt" worden seien. Dem stehe nicht entgegen, dass die Bauabnahme und Fertigstellung des Gebäudes erst Ende August 1994 erfolgt sei. Im Wege der Auslegung ergebe sich, dass unter § 8 Abs 3 PflegeV-AG alle Einrichtungen fielen, deren Herstellung vor dem begonnen habe. Sinn und Zweck der Förderung der "alten Last" sei es, Einrichtungen zu unterstützen, die nicht von der Vollförderung durch die Bundesmittel der "Sonderförderung Ost" profitieren könnten. So heiße es in der Gesetzesbegründung ausdrücklich: "Der Stichtag ergibt sich daraus, dass Investitionsmaßnahmen, die nach diesem Tage begonnen wurden, nach dem Pflege-Investitionsprogramm Ost förderungsfähig sind" (Begründung zu § 8 des Gesetzentwurfs zum PflegeV-AG, Landtags-Drucks. 2/1881 vom S. 21). Da die Baumaßnahme vor diesem Stichtag begonnen habe, könne sie nach der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern nicht nach den neuen Regeln gefördert werden. Um keine sinnwidrige Förderungslücke entstehen zu lassen, zählten auch die vor dem Stichtag begonnenen, aber noch nicht abgeschlossenen Baumaßnahmen zur "alten Last"."

Diese Auslegung des Landesrechts durch das LSG ist für den erkennenden Senat bindend, weil sie nicht gegen Vorschriften des Bundesrechts verstößt (§ 162 SGG). Ein Verstoß gegen Bundesrecht liegt nicht bereits dann vor, wenn das Revisionsgericht aus seiner Sicht zu einer anderen Gesetzesauslegung kommen würde. Bundesrecht ist vielmehr erst dann verletzt, wenn das Berufungsgericht den Rahmen zulässiger Gesetzesauslegung überschritten und damit die Bindung an Gesetz und Recht (Art 20 Abs 3 GG) missachtet hat (Willkürverbot) oder wenn es bei der Gesetzesauslegung bundesrechtliche Normen herangezogen hat, die den ihnen beigelegten Regelungsgehalt nicht aufweisen (BSGE 88, 215, 219 = SozR 3-3300 § 9 Nr 1; BSG SozR 3-6935 Allg Nr 1). Bei Anlegung dieser Prüfungsmaßstäbe ist eine Verletzung von Bundesrecht zu verneinen.

Die Regelung des § 8 PflegeV-AG in der Auslegung durch das LSG ist mit Bundesrecht vereinbar. Das Bundesrecht enthält keine Vorgaben über das Ob, den Umfang sowie die Art und Weise der Förderung von Investitionen für die ambulante und stationäre pflegerische Versorgung der Bevölkerung.

Nach § 9 SGB XI sind die Länder verantwortlich für die Vorhaltung einer leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden und wirtschaftlichen pflegerischen Versorgungsstruktur. Damit wird den Ländern nicht durch einfaches Bundesgesetz eine Aufgabe übertragen, sondern lediglich klargestellt, was sich aus Art 30 und 70 Abs 1 GG ergibt: Die Länder haben die originäre Gesetzgebungskompetenz für Angelegenheiten der Daseinsvorsorge auf dem Gebiet der Pflege, weil das GG insoweit dem Bund keine Gesetzgebungsbefugnisse verliehen hat. Die Bundeskompetenz bezieht sich allein auf die öffentliche Sozialversicherung gemäß Art 74 Abs 1 Nr 12 GG und ermächtigt den Bund dazu, als neuen Zweig der Sozialversicherung die soziale Pflegeversicherung einzuführen und rechtlich auszugestalten (vgl BVerfG NJW 2001, 1709). Die Kompetenz erstreckt sich auch auf die Regelung, wie die für die Versicherten vorgesehenen Leistungen zu erbringen sind. Der Gesetzgeber des SGB XI hat insoweit das traditionelle Sachleistungssystem gewählt. Danach schließen die Pflegekassen zur Versorgung der Versicherten Verträge mit den Leistungserbringern. Für ambulante und stationäre Pflegeleistungen sind alle Leistungserbringer zuzulassen, die geeignet und wirtschaftlich sind; eine Bedarfsprüfung findet nicht statt.

Ergänzt wird die Regelung über die Verpflichtung der Länder zum Aufbau und die Erhaltung einer ausreichenden pflegerischen Versorgungsstruktur (§ 9 SGB XI) durch die Regelung über die Finanzierung der Pflegeinrichtungen in § 82 SGB XI. Darin wird zwar geregelt, dass die Heimträger den Pflegebedürftigen Investitionskostenanteile auferlegen können (§ 82 Abs 2, 3 und 4 SGB XI), soweit eine öffentliche Investitionsförderung durch die Länder nicht stattgefunden hat, und dass die Einzelheiten zu Art, Höhe und Laufzeit der gesondert berechenbaren Investitionskosten durch Landesrecht zu regeln sind. Vorschriften über die öffentliche Investitionsförderung seitens der Länder finden sich jedoch - entsprechend der originären Gesetzgebungskompetenz der Länder für diesen Bereich - nicht.

Die Anknüpfung der unterschiedlichen Förderungsmöglichkeiten alter und neuer Pflegeeinrichtungen an den Stichtag in § 8 Abs 1 und 3 PflegeV-AG ist auch mit Verfassungsrecht vereinbar. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG vor. Das Land Sachsen-Anhalt stand, wie alle neuen Länder, ab 1994 vor der Aufgabe sicherzustellen, dass in möglichst kurzer Zeit eine leistungsfähige, den Bedarf deckende Versorgung mit ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen aufgebaut wird (§ 9 SGB XI), nachdem die Pflegeversicherung durch das PflegeVG vom (BGBl I S 1014) ab 1995 eingeführt worden war. Als Aufbauhilfe hatte der Bund nach Art 104a Abs 4 GG iVm Art 52 PflegeVG für den Zeitraum von acht Jahren ab 1995 den neuen Ländern umfangreiche Finanzhilfen zur Verfügung gestellt, die für Neubauten und Sanierungsmaßnahmen, die ab begonnen wurden, als Zuschüsse in Höhe von bis zu 80 % der Baukosten verwendet werden durften (Programm "Sonderförderung Ost"). Es war sachgerecht, die Errichtung von Neubauten und Sanierungsmaßnahmen bevorzugt zu fördern (§ 8 Abs 1 PflegeV-AG) und die vorhandenen Mittel in erster Linie für diese Projekte einzusetzen, wobei sich der Stichtag (§ 8 Abs 3 PflegeV-AG) folgerichtig am Inkrafttreten des PflegeVG und an der Verwendungsmöglichkeit der Mittel aus dem Programm "Sonderförderung Ost" orientiert. Die in Sachsen-Anhalt vor dem Stichtag vorhandenen oder weitgehend fertig gestellten Einrichtungen bedurften der Anschubfinanzierung nicht mehr, weil sie bereits auf andere Weise finanziert worden waren (Eigenmittel der Träger, Kredite, Zuschüsse des Landes nach dem sog alten Programm). Für die Sicherung dieser Einrichtungen war die Möglichkeit der Schuldendiensthilfe (§ 8 Abs 3 PflegeV-AG) vorgesehen.

Die Klägerin kann sich somit nicht auf einen Förderungsanspruch nach § 8 Abs 1 PflegeV-AG, sondern nur - entsprechend ihrem Hilfsvorbringen - auf einen Anspruch auf Schuldendiensthilfe nach § 8 Abs 3 PflegeV-AG stützen, wonach das Land Sachsen-Anhalt die Erfüllung von Verbindlichkeiten fördern kann, die zu Herstellungszwecken eingegangen wurden. Dieser Anspruch steht im vorliegenden Fall nicht unter dem Vorbehalt, dass für die Zuschüsse Mittel im Haushalt zur Verfügung gestellt worden sind, wie es für alle in § 8 PflegeV-AG vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten grundsätzlich vorgeschrieben ist (§ 7 Abs 2 PflegeV-AG), und dem Beklagten steht bei der erneuten Entscheidung über den Förderungsantrag vom hinsichtlich des Grundes des Anspruchs auch kein Ermessensspielraum zu ("Ermessensreduzierung auf Null"); denn die Gewährung der Schuldendiensthilfe ist hier verfassungsrechtlich geboten. Auch das Fehlen von Förderrichtlinien steht daher dem Anspruch nicht entgegen. Voraussetzung ist allerdings, dass auch ab 2006 eine Förderung von Pflegeeinrichtungen in Sachsen-Anhalt überhaupt noch stattfindet.

Der Anspruch auf Förderung unabhängig vom Haushaltsplan und von Ermessensgesichtspunkten ergibt sich aus dem verfassungsrechtlichen Gebot, bei der Gewährung von Fördermitteln eine Verzerrung des Wettbewerbs zwischen den Anbietern, soweit es geht, zu vermeiden (Art 3, 12 GG), wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom - B 3 P 9/00 R -, BSGE 88, 215, 222 = SozR 3-3300 § 9 Nr 1). Die Förderung der verschiedenen untereinander konkurrierenden Pflegeeinrichtungen muss so erfolgen, dass sie wettbewerbsneutral ist, damit der vom Bundesgesetzgeber gewünschte Leistungswettbewerb unter den Leistungserbringern nicht beeinträchtigt wird. Zum Erreichen einer ausreichenden Pflegestruktur in unterversorgten Gebieten darf ein Land zwar gezielt Fördermittel einsetzen; dies darf aber nicht zu einem dauerhaften Wettbewerbsnachteil für konkurrierende Pflegeeinrichtungen führen. Durch die Vollförderung von Pflegeeinrichtungen nach dem , bei der Träger von Pflegeeinrichtungen praktisch weder Eigenmittel aufbringen noch Darlehensverbindlichkeiten eingehen mussten, ist das Ziel einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit Pflegeheimplätzen zwar anscheinend erreicht worden; dies hat aber gleichzeitig zu einer dauerhaften Benachteiligung der Klägerin geführt, die bei der Errichtung und dem Betrieb ihrer Einrichtung Eigen- und Fremdkapital aufbieten musste. Sie musste den Heimbewohnern Investitionskostenbeiträge in erheblicher Höhe auferlegen, um wirtschaftlich arbeiten zu können, während die in aller Regel zu 100 % geförderten Konkurrenten den Heimbewohnern solche Beiträge nicht auferlegen mussten. Diese aus der Erhöhung des Gesamtheimentgelts (§ 87a Abs 1 SGB XI) resultierende Verschlechterung der Marktchancen der Klägerin war nicht kompensierbar, weil ein Verzicht auf die Investitionskostenumlage nur unter Absenkung des Pflegestandards (zB Einsparung an Personal, Abgabe einfacherer Verpflegung) oder Hinnahme von betriebswirtschaftlichen Verlusten vorstellbar gewesen wäre, was verständlicherweise nicht in Betracht kommen konnte. Der Wettbewerbsnachteil für die Klägerin war somit unmittelbare Folge der staatlichen Förderung der später errichteten Heime, bei denen regelmäßig 100 % der Investitionskosten übernommen wurden. Wären die Hilfen nicht als verlorene Zuschüsse, sondern als Kredite oder rückzahlbare Zuschüsse gezahlt worden, wäre es zu der Wettbewerbsverzerrung jedenfalls in diesem Maße nicht gekommen. Wenn die Herstellung einer bedarfsgerechten Infrastruktur an Pflegeheimen in Sachsen-Anhalt nicht anders als geschehen zu erreichen gewesen wäre, bestünde umso mehr Grund, den dadurch eintretenden Wettbewerbsnachteil für die bestehenden Einrichtungen auszugleichen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist es nicht erheblich, ob und wodurch es der Klägerin gelungen ist, den Wettbewerbsnachteil in der Vergangenheit auszugleichen, soweit dies nicht aus Landesmitteln - etwa in Form der Sozialhilfe - geschehen ist. Der Anspruch auf Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen besteht ohne Rücksicht darauf, ob es durch Einsatz von Kapitalreserven oder sonstiger Mittel gelingt, die Existenz des Betriebes aufrecht zu erhalten. Insbesondere ist es nicht erforderlich, dass die Wettbewerbsverzerrung bereits ein existenzgefährdendes Ausmaß angenommen hat. Es reicht aus, dass die Gewinnchancen eines Wettbewerbers durch die Förderung von Mitbewerbern deutlich eingeschränkt worden sind. Der Anspruch auf Schuldendiensthilfe nach § 8 Abs 3 PflegeV-AG beschränkt sich daher nicht auf "besondere Härtefälle", wie der Beklagte meint (so auch zB die Erläuterungen zum Titel "Schuldendiensthilfe an Kommunen und Sonstige" im Haushaltsplan des Jahres 1996: "Das Land hat vor Inkrafttreten des Art. 52 PflegeVG bereits 50 Objekte mit 40 v.H. gefördert. Der Eigenanteil der Träger betrug 20 v.H. Die restlichen 40 v.H. wurden auf dem Kapitalmarkt <insgesamt ca. 200 Mio. DM> aufgenommen. Die Bedienung des Kapitaldienstes konnte bisher über den Pflegesatz abgegolten werden. Nach § 82 Abs. 2 SGB XI dürfen diese Aufwendungen nicht in der Pflegevergütung berücksichtigt werden. Sie können lediglich nach § 82 Abs 3 SGB XI den Pflegebedürftigen gesondert berechnet werden. Dies bedeutet für Einrichtungen, die vor dem durch das Land gefördert wurden, einen Wettbewerbsnachteil und für die Pflegebedürftigen eine zusätzliche finanzielle Belastung, so dass die Inanspruchnahme der Sozialhilfe nicht ausgeschlossen werden kann. Daher soll in besonderen Härtefällen der Kapitaldienst durch das Land bedient oder abgelöst werden.").

Das LSG und der Beklagte stehen zu Unrecht auf dem Standpunkt, der Förderungsantrag vom sei durch die ablehnende Verwaltungsentscheidung vom "verbraucht" gewesen, so dass es für eine etwaige Förderung ab 1998 eines neuen Antrages bedurft hätte. Ein Leistungsantrag bleibt prinzipiell solange aktuell, bis über ihn bestands- oder rechtskräftig entschieden worden ist. Deshalb ist bei Anfechtungs- und Leistungsklagen sowie bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen grundsätzlich auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen, es sei denn, die materielle Rechtslage zu dem erhobenen Anspruch gebietet die Beurteilung nach einem anderen Zeitpunkt (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 54 RdNr 34 mwN). Der Antrag ist auch nicht wegen Zeitablaufs gegenstandslos geworden. Da im vorliegenden Fall nicht nur eine von der Haushaltslage abhängige Förderung für einen bestimmten Zeitraum, sondern eine zeitlich nicht begrenzte, auch auf Verfassungsrecht (Art 3, 12 GG: Förderung zum Ausgleich eines Wettbewerbsnachteils) gegründete Förderung im Raum steht und der Anspruch auf Wahrung wettbewerbsneutraler Förderungsbedingungen stets in die Zukunft gerichtet ist, darf nicht auf den Zeitpunkt der Ablehnung des Leistungsantrages abgestellt werden, sondern auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, dh bei Wiederholung des Berufungsverfahrens auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG.

Zu diesem Zeitpunkt muss der begehrte Förderungsanspruch als (nur) in die Zukunft gerichteter Anspruch noch bestehen. Das ist nicht der Fall, wenn - wie der Beklagte im Revisionsverfahren geltend gemacht hat - das Land Sachsen-Anhalt die Förderung von Pflegeeinrichtungen nach dem PflegeV-AG ab 2006 ganz eingestellt hat. Zu einer Aufrechterhaltung der Förderung wäre er verfassungsrechtlich nicht in dem Sinne verpflichtet, dass ein Anspruch der einzelnen Bürger darauf bestehen könnte (vgl BVerfG NVwZ 2002, 198). Neues Vorbringen zu einer erst während des Revisionsverfahrens eingetretenen, für den Anspruch wesentlichen Änderung der Rechtslage ist vom Revisionsgericht bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen (BSGE 43, 1, 5 = SozR 2200 § 690 Nr 4; BSG SozR 2200 § 355 Nr 1). Das gilt auch für eine Änderung der landesrechtlichen Vorschriften über die Förderung von Pflegeeinrichtungen. Da der Inhalt der behaupteten Neuregelung dem Revisionsgericht nicht bekannt ist, von der Klägerin auch nicht bestätigt worden ist, kann eine abschließende Sachentscheidung nicht getroffen werden.

Sollte das Vorbringen des Beklagten zutreffen, was das LSG zu ermitteln haben wird, müsste die Klage abgewiesen werden, solange nur ein Förderungsanspruch nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Streitgegenstand ist. Soweit die Klage auf Ausgleich der durch eine wettbewerbsverzerrende Förderung eingetretenen Nachteile gerichtet wird, kommen Schadensersatz- oder Folgenbeseitigungsansprüche in Betracht. Solche Ansprüche hat die Klägerin bislang nicht erhoben. Ihrem Begehren, für die Zukunft unter Berücksichtigung der Chancengleichheit im Wettbewerb gefördert zu werden, hat das beklagte Land im Rahmen des ihm hinsichtlich der Art und Weise der Förderung und deren Modalitäten zuzubilligenden Ermessensspielraums Rechnung zu tragen, soweit eine staatliche Förderung überhaupt noch erfolgt.

Sollte dies der Fall sein, dürfte der Beklagte bei der Neubescheidung des Förderantrages nicht nachteilig berücksichtigen, dass die Klägerin in der früheren Finanzkonzeption auf eine Finanzhilfe verzichtet hat, weil diese Planung durch die Einführung der Pflegeversicherung und der damit neu geschaffenen Fördermöglichkeiten überholt ist. Der Beklagte dürfte der Klägerin auch nicht entgegenhalten, eine Förderung sei wegen ihrer derzeitigen Auslastung nicht erforderlich, schon weil es nicht um einen Schadensersatzanspruch geht, sondern um den Ausgleich eines Wettbewerbsnachteils, der durch eine den Grundsatz der Wettbewerbsneutralität verletzende Förderung der Konkurrenten entstanden ist und die Gewinnchancen der Klägerin beeinträchtigen kann. Außerdem dürfte ein Anspruch der Heimbewohner auf Sozialhilfe hinsichtlich des ihnen von der Klägerin gemäß § 82 Abs 4 SGB XI in Rechnung gestellten Investitionskostenanteils nicht angerechnet werden. Dieser Anspruch bedeutet gerade keine Objektförderung, sondern stellt eine individuell auf den Heimbewohner bezogene subsidiäre Sozialleistung an denjenigen dar, dem trotz Pflegeversicherungsleistungen aus seinem Einkommen und Vermögen nicht genügend Mittel übrig bleiben, um das Gesamtheimentgelt zu tragen. Eine Objektförderung der Klägerin würde sich nur entlastend auf die Sozialhilfeleistungen an die Heimbewohner auswirken, indem der Investitionskostenanteil bei den Heimkosten sinkt.

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
RAAAC-15456