Leitsatz
Gibt eine Frau ihren Arbeitsplatz auf, um zu ihrem zukünftigen Ehemann zu ziehen, tritt keine Sperrzeit ein, wenn die Eheschließung in absehbarer Zeit beabsichtigt ist und der Umzug zum Wohl ihres Kindes auf den Schuljahreswechsel vorgezogen wird.
Gesetze: SGB III § 144 Abs 1 Nr 1 F: ; SGB III § 121 Abs 4; GG Art 6 Abs 2 S 1
Instanzenzug: SG Dresden S 17 AL 996/02 vom LSG Chemnitz L 3 AL 126/03 vom
Gründe
I
Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Arbeitslosengeld (Alg) für die Dauer von sechs Wochen wegen des Eintritts einer Sperrzeit und die entsprechende Minderung der Anspruchsdauer.
Die 1960 geborene Klägerin ist die leibliche Mutter der am geborenen Tochter Anita. Die Ehe der Klägerin mit ihrem früheren Ehemann wurde am geschieden. Ab war die Klägerin als Gruppenleiterin in einer Werkstatt für Behinderte in Eschwege beschäftigt. Sie beendete das Arbeitsverhältnis durch einen auf ihren Wunsch geschlossenen Aufhebungsvertrag vom zum .
Die Klägerin meldete sich am 30. Juli mit Wirkung ab arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg. Zu den Gründen für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gab sie an, sie habe das Arbeitsverhältnis wegen eines Umzugs nach Dresden zwecks Eheschließung beendet. Möglichkeiten, das Beschäftigungsverhältnis erst zu einem späteren Zeitpunkt zu beenden, habe es nicht gegeben, da wegen des Schulwechsels ihrer Tochter zum der 31. Juli letztmöglicher Termin für die Beendigung gewesen sei. Sie habe sich seit September 2000 nachweislich um eine Arbeitsstelle in Dresden bemüht. Mit Schreiben vom übersandte die Klägerin der Beklagten eine "Eidesstattliche Erklärung", worin sie und ihr späterer Ehemann angaben, sie würden noch in diesem Jahr heiraten. Tatsächlich heiratete die Klägerin ihren jetzigen Ehemann am .
Mit Bescheid vom teilte die Beklagte der Klägerin mit, der Anspruch auf Alg ruhe für die Zeit vom 1. August bis wegen des Eintritts einer Sperrzeit. Die Sperrzeit mindere den Leistungsanspruch um 90 Tage. Mit einem weiteren Bescheid vom bewilligte die Beklagte der Klägerin Alg ab dem in Höhe von 505,19 DM wöchentlich für die Dauer von 270 Kalendertagen. Zur Begründung ihres Widerspruchs vertiefte die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen und wies ergänzend daraufhin, dass sie sich im Juni 2001 durch eine Mitarbeiterin des Arbeitsamtes Leinefelde habe beraten lassen. Diese habe ihr mitgeteilt, dass eine "Sperrzeit im Sinne des Arbeitsamts gegenstandslos" sei, nachdem ihr die beabsichtigte Eheschließung im Jahr 2001 mit dem damit verbundenen Ortswechsel und der Umschulung ihrer 13-jährigen Tochter sowie die Nachweise über Bewerbungen und Bemühungen bekannt gegeben worden seien. Die Arbeitsvermittlerin teilte hierzu schriftlich mit, sie habe zwar mit Sicherheit nicht gesagt, dass keine Sperrzeit eintrete, da hierüber das Arbeitsamt Dresden zu entscheiden habe, sie könne aber gesagt haben, dass nach ihrer Auffassung bei dem von der Beratenen geschilderten Sachverhalt keine Sperrzeit eintreten dürfte.
Mit Bescheid vom setzte die Beklagte die Sperrzeit wegen einer besonderen Härte auf sechs Wochen herab und bewilligte Alg ab für 318 Leistungstage. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom im Übrigen zurück.
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte mit Gerichtsbescheid vom verpflichtet, der Klägerin Alg für die Zeit vom 1. August bis zum zu zahlen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten mit Urteil vom zurückgewiesen. Das LSG hat ua ausgeführt: Zwar habe die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis in Eschwege gelöst, obwohl sie keine konkreten Aussichten auf einen Anschlussarbeitsplatz in Dresden gehabt habe. Der Klägerin habe jedoch für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ein wichtiger Grund zur Seite gestanden. Die Klägerin habe rechtzeitige Bemühungen um einen Anschlussarbeitsplatz nachgewiesen. Sie habe bereits im Juni 2001 beim Arbeitsamt Leinefelde das für die Vermittlung in Arbeit erforderliche Tätigkeitsprofil erstellen lassen, welches - zumindest nach ihrer glaubhaften Einlassung ihrer Auffassung nach - vom Arbeitsamt Leinefelde an die Arbeitsvermittlung in Dresden übermittelt worden sei. Zudem habe sie bereits seit September 2000 mehrere Bewerbungsversuche im Großraum Dresden unternommen. Selbst wenn man die Bemühungen der Klägerin nicht ausreichen lassen wolle, könne ihr dies wegen der Beratung durch das Wohnort-Arbeitsamt nicht vorgeworfen werden. Die Entfernung der bisherigen Arbeitsstelle zur gemeinsamen neuen Wohnung schließe die zumutbare Erreichbarkeit aus. Die Klägerin habe die bereits in Eschwege in Anfängen (an Wochenenden) begründete nichteheliche Lebensgemeinschaft aufrecht erhalten. Eine eheähnliche Lebensgemeinschaft nach den Kriterien des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des Bundessozialgerichts (BSG) - Hinweis auf BVerfGE 87, 234, 264 ff und BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 26 - habe vorgelegen. Hierfür reiche aus, dass dem dauerhaften Zusammenleben in der gleichen Wohnung eine Wochenendbeziehung vorausgegangen sei. Auch die Partner einer Ehe lebten mitunter nicht ständig in der gleichen Hauptwohnung zusammen. Zu Gunsten der Klägerin sei auch zu berücksichtigen, dass die Eheschließung im Jahre 2001 "planmäßig" erfolgt sei. Zwar habe die Beziehung zum Zeitpunkt der Beschäftigungsaufgabe und des Umzuges noch keine drei Jahre bestanden, jedoch sei die vom 7. Senat des BSG angenommene "Drei-Jahres-Grenze" (Hinweis auf BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 15) nicht im Sinne einer absoluten Mindestvoraussetzung zu verstehen. Hierbei könne der Umstand berücksichtigt werden, dass der Partner der Klägerin auch im Vorfeld des Umzugs bereit gewesen sei, sich an der Erziehung der Tochter zu beteiligen. Der Umzug habe auch der Entwicklung und Verfestigung einer Erziehungsgemeinschaft zwischen den Partnern und der leiblichen Tochter der Klägerin dienen sollen, die gerade in dem für die seelische Entwicklung der Tochter problematischen Lebensabschnitt der Pubertät besondere Bedeutung habe. Das BSG habe bereits entschieden (Hinweis auf BSGE 52, 276, 280 = SozR 4100 § 119 Nr 17), dass der Zuzug einer Mutter zum Vater eines gemeinsamen Kindes - bei Hinzutreten weiterer Gründe des Kindeswohls - einen wichtigen Grund darstellen könne. In Anbetracht der heute herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse und der Tatsache, dass Art 6 Abs 1 Grundgesetz (GG) in einem weiten Familienbegriff das Zusammenleben von Erwachsenen mit Kindern schütze, könne dabei nicht maßgeblich sein, ob das Kind das leibliche Kind beider Partner sei. Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses sei auch hinsichtlich des Auflösungszeitpunktes von einem wichtigen Grund gedeckt. Die Einschulung des Kindes mit Beginn des neuen Schuljahres in einem anderen Bundesland sei einer späteren Einschulung im Verlauf des Schuljahres vorzuziehen.
Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt und rügt eine Verletzung des § 144 Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - (SGB III). Sie ist der Auffassung, die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit lägen vor. Die Klägerin habe erst am um Vermittlung nachgesucht. Es müsse berücksichtigt werden, dass die Klägerin in die neuen Bundesländer umgezogen sei, in denen die berufliche Situation bekanntermaßen weit schwieriger sei. Für eine "Chance auf Vermittlung" hätte sie sich frühzeitig beraten lassen müssen. Auch könne ein wichtiger Grund nicht anerkannt werden. Die "Lebensgemeinschaft in Anfängen" als Rechtskonstrukt des LSG sei nach der Rechtsprechung des BSG jedenfalls nicht geschützt. Vor Begründung einer dauerhaften Wohngemeinschaft sei auch keine gemeinsame Wirtschaftsführung und damit keine Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft denkbar. Es liege auch nicht der Fall vor, dass die Klägerin eine Lebensgemeinschaft mit dem Vater ihres Kindes habe aufnehmen wollen. Ein Vertrauen in den Nichteintritt der Sperrzeit auf Grund der Beratung durch die Mitarbeiterin der Beklagten bestehe nicht. Im Übrigen könne die Klägerin auf Grund des Herstellungsanspruchs nicht so gestellt werden, als habe sie das Arbeitsverhältnis nicht gelöst, sich früher bei der Beklagten arbeitsuchend gemeldet und als sei die Eheschließung schon zum Zeitpunkt der Lösung des Arbeitsvertrages erfolgt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das LSG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass der Klägerin ein wichtiger Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses zugestanden hat und demzufolge die Rechtsfolgen einer Sperrzeit nicht eingetreten sind.
Gegenstand des Rechtsstreits ist nicht nur der Sperrzeitbescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom , sondern auch der Bewilligungsbescheid vom in der Gestalt des Änderungsbescheides vom (vgl BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 4). Die Beteiligten haben zwar auf Anregung des LSG in der mündlichen Verhandlung erklärt, der Änderungsbescheid sei Gegenstand des Verfahrens, jedoch haben weder das LSG noch das SG über den Bescheid vom entschieden. Der genannte Bescheid war ebenfalls zu ändern, da in ihm ein gegenüber der Verurteilung zur Zahlung von Alg ab abweichender Leistungsbeginn () ausgesprochen worden war. Im Übrigen war der Tenor des erstinstanzlichen Urteils insofern zu berichtigen, als dort eine Verurteilung zur Zahlung von Alg "bis zum " ausgesprochen worden war. Hierbei ist nicht berücksichtigt worden, dass die Beklagte bereits unter Zugrundelegung einer Sperrzeit von sechs Wochen der Klägerin Alg ab dem für 318 Leistungstage zuerkannt hatte.
Nach § 144 Abs 1 Nr 1 SGB III (idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes [AFRG] vom , BGBl I 594) tritt eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat. Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass die Klägerin das Beschäftigungsverhältnis dadurch gelöst hat, dass sie mit ihrem Arbeitgeber am einen Aufhebungsvertrag geschlossen hat.
Die Klägerin hat durch die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses ihre Arbeitslosigkeit auch zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Nach der Rechtsprechung des BSG führt der Arbeitnehmer mit einer Lösung des Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitslosigkeit jedenfalls grob fahrlässig herbei, wenn er nicht mindestens konkrete Aussichten auf einen Anschlussarbeitsplatz hat (BSGE 43, 269, 270 = SozR 4100 § 119 Nr 2; BSGE 52, 276, 281 = SozR 4100 § 119 Nr 17; BSG SozR 4100 § 119 Nr 28). Hingegen reichen bloße Hoffnungen und Erwartungen nicht aus. Demzufolge steht der vom LSG festgestellte Umstand, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages noch Bewerbungen im Raum Dresden "offen" waren, der Annahme von grober Fahrlässigkeit nicht entgegen.
Dem LSG ist im Ergebnis auch darin zuzustimmen, dass die Klägerin für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses einen wichtigen Grund hatte. Hierbei kommt es allerdings entgegen der Rechtsansicht des LSG nicht entscheidend auf den Umstand an, dass die Klägerin eine eheähnliche Lebensgemeinschaft hat fortsetzen wollen. Es kann ebenfalls dahinstehen, ob der Annahme des LSG, es habe bereits vor dem Umzug der Klägerin auch ohne dauerhaftes Zusammenleben eine eheähnliche Lebensgemeinschaft bestanden, nach den getroffenen Feststellungen gefolgt werden kann.
Denn es ist hier vorrangig zu prüfen, ob der Klägerin nicht schon im Hinblick auf die im Zeitpunkt der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses bestehende Absicht, ihren jetzigen Ehemann noch im Laufe des Jahres zu heiraten, ein wichtiger Grund zur Seite stand. Die Eheschließung und der Zuzug zum Ehegatten wird vom BSG in ständiger Rechtsprechung als wichtiger Grund anerkannt, wenn der Arbeitslose seine Arbeitsstelle von der gemeinsamen Wohnung aus nicht zumutbar erreichen kann (vgl BSGE 43, 269, 273 = SozR 4100 § 119 Nr 2; BSGE 64, 202, 204 = SozR 4100 § 119 Nr 34; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 14). Es unterliegt im Hinblick auf die Entfernung zwischen dem bisherigen Beschäftigungsort und der Wohnung keinem Zweifel, dass eine zumutbare Erreichbarkeit nicht gegeben ist. Hierbei ist nicht zu beanstanden, dass das LSG bei der Beurteilung dieser Frage § 121 Abs 4 SGB III entsprechend herangezogen hat.
Allerdings muss sich der wichtige Grund mit dem konkreten Zeitpunkt der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses decken (BSGE 52, 276, 277 = SozR 4100 § 119 Nr 17). Dies bedeutet grundsätzlich für den Zuzug zum Verlobten, dass die Aufgabe zum gewählten Zeitpunkt notwendig gewesen sein muss, um ab dem beabsichtigten Heiratstermin die eheliche Lebensgemeinschaft herzustellen (BSGE 64, 202, 204 = SozR 4100 § 119 Nr 34). Zwar muss die Ehe zum Zeitpunkt der Kündigung bzw des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages noch nicht geschlossen sein, jedoch muss der Arbeitslose zum Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses davon ausgehen können, die Eheschließung werde bis zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses erfolgen. Die Klägerin trägt selbst nicht vor, sie habe ursprünglich die Eheschließung mit ihrem jetzigen Mann bereits bis zum beabsichtigt. Vielmehr hatten sie und ihr Partner die Eheschließung, wie dann auch geschehen, für das zweite Halbjahr 2001 geplant.
Die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses ist gleichwohl - in Erweiterung der bisherigen Rechtsprechung zum Zeitpunkt des Zuzugs zum Ehegatten - auch zu dem von der Klägerin gewählten Zeitpunkt von einem wichtigen Grund gedeckt. Eine Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses bis zum Termin der Eheschließung war der Klägerin nicht zuzumuten. Denn der gewählte Zeitpunkt erklärt sich nach den Feststellungen des LSG damit, dass die Klägerin gemeinsam mit ihrer 13-jährigen Tochter, die zum Schuljahreswechsel umgeschult werden sollte, nach Dresden umgezogen ist und sie beabsichtigte, die Tochter gemeinsam mit ihrem jetzigen Ehemann zu betreuen und zu erziehen. Insoweit tritt das Interesse der Versichertengemeinschaft, für die Beschäftigungslosigkeit nur bei zeitgleicher Eheschließung einzutreten, aus Gründen des Kindeswohls zurück. Diese Wertung folgt aus Art 6 Abs 2 Satz 1 GG, denn dieses Grundrecht gewährleistet die Wahrnehmung der Elternverantwortung im Interesse des Kindeswohls (vgl BVerfGE 24, 119, 144; 51, 386, 398; 59, 360, 381). Der Senat geht deshalb davon aus, dass der zeitliche Zusammenhang zwischen der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses und der späteren Eheschließung aus besonderen Gründen im Interesse des Kindeswohls gewahrt ist. Das LSG hat im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen der Schulwechsel mit Beginn des neuen Schuljahres in einem anderen Bundesland einem späteren Wechsel im Verlauf des Schuljahres vorzuziehen war. Dem ist zuzustimmen. Auf die Frage, ob auch die beabsichtigte Herstellung oder Aufrecherhaltung einer Erziehungsgemeinschaft für sich allein einen wichtigen Grund dargestellt hätte, kommt es bei dieser Sachlage nicht an (ebenso offen gelassen in SozR 3-4300 § 144 Nr 10, S 27 mwN). Diese Frage ist durch die bisherige Rechtsprechung des BSG lediglich bei dem Zuzug zum leiblichen Elternteil bejaht worden (BSGE 52, 276, 280 = SozR 4100 § 119 Nr 17 - Zuzug zum Erzeuger des nichtehelichen Kindes bei Hinzutritt weiterer Gründe des Kindeswohls; s hierzu aber auch Voelzke im Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 12 RdZiff 365).
Der Senat folgt dem LSG auch darin, dass die Beklagte der Klägerin nicht entgegenhalten kann, sie könne sich nicht auf einen wichtigen Grund berufen, weil sie ihrerseits nicht die erforderlichen Anstrengungen zur Vermeidung des Eintritts von Arbeitslosigkeit unternommen habe. Der erkennende Senat hat zu einer Fallgestaltung, bei der sich der Arbeitslose auf den Zuzug zum eheähnlichen Partner als wichtigen Grund im Sinne der Sperrzeitregelung berufen hatte, entschieden, dass derjenige, der die Arbeitsvermittlung des Arbeitsamtes nicht rechtzeitig eingeschaltet oder sich nicht selbst um eine Neubeschäftigung bemüht hat, sich nicht auf einen wichtigen Grund berufen kann (BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 14). Der 7. Senat ist dieser Rechtsprechung für die Fälle der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses aus persönlichen Gründen gefolgt (BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 15; SozR 3-4300 § 144 Nr 12; vgl auch BSGE 91, 90 = SozR 4-4300 § 144 Nr 3).
Auf der Grundlage der vom LSG getroffenen Feststellungen ist es der Klägerin indes nicht verwehrt, sich für den Abschluss des Aufhebungsvertrages auf einen wichtigen Grund zu berufen, weil ihre Anstrengungen um einen Anschlussarbeitsplatz den zu stellenden Anforderungen genügen. Denn die Klägerin hat sich noch vor Abschluss des Aufhebungsvertrages im Juni 2001 an das Arbeitsamt gewandt, ein entsprechendes Tätigkeitsprofil erstellen lassen und um Vermittlung nachgesucht. Ob die Beklagte ihr auf das Ersuchen entsprechende Angebote unterbreitet hat und die ihr obliegenden Anstrengungen zur Vermittlung der Klägerin unternommen hat, liegt außerhalb des Verantwortungsbereichs der Klägerin. Zudem hat sie bereits seit September 2000 mehrere eigene Bewerbungsversuche im Großraum Dresden unternommen. Bei der Bewertung des Verhaltens der Klägerin geht der Senat davon aus, dass die Anforderungen an die Bemühungen, durch die nahtlose Erlangung eines Anschlussarbeitsplatzes die Arbeitslosigkeit zu vermeiden, nicht überspannt werden dürfen. Dies folgt aus dem Ziel der Sperrzeit und der daraus herzuleitenden Funktion des Merkmals "wichtiger Grund" im Rahmen des Sperrzeittatbestandes. Danach soll eine Sperrzeit nicht eintreten, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann (zu BT-Drucks V/4110 S 21; stRspr: BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 11, 15 und 16 jeweils mwN). Das Gewicht der Interessen des Arbeitslosen tritt umso mehr zurück, als er Bemühungen unterlässt, seine Interessen auch ohne den Eintritt von Arbeitslosigkeit zu verwirklichen. Dies erfordert lediglich, "naheliegende Möglichkeiten" der Beschäftigungssuche wahrzunehmen (so bereits BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 14; ähnlich BSGE 91, 90 = SozR 4-4300 § 144 Nr 3). Da die Klägerin die hiernach erforderlichen Anstrengungen unternommen hat, bedarf es keiner weiteren Entscheidung darüber, ob ihr angesichts der Beratung durch eine Mitarbeiterin des Arbeitsamtes ein Verschulden (zu dieser Anforderung BSGE 91, 90 = SozR 4-4300 § 144 Nr 3) vorzuwerfen wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstelle(n):
NWB-Eilnachricht Nr. 49/2005 S. 4116
CAAAC-14813