Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: AEVO § 9 Nr 2; ArGV § 9 Nr 3a
Instanzenzug: Bayerisches LSG L 11 AL 397/98 vom
Gründe
I
Die Kläger sind Arbeitnehmer des türkischen Unternehmens B. Ltd. Sti (B. Ltd), das im grenzüberschreitenden Verkehr zwischen Deutschland und der Türkei tätig ist. Bei dem türkischen Unternehmen handelt es sich um einen Zweigbetrieb der B. GmbH mit Sitz in Stuttgart. Die Kläger sind türkische Staatsangehörige mit Wohnsitz in der Türkei. Auf Grund ihrer Beschäftigung wurden für die Kläger Sozialversicherungsbeiträge in der Türkei abgeführt. Für ihre Tätigkeit waren ihnen jeweils Arbeitserlaubnisse im grenzüberschreitenden Verkehr erteilt worden. Eine Verlängerung der Arbeitserlaubnisse über den hinaus lehnte die Beklagte ab (Bescheide vom ; Widerspruchsbescheide vom ). Lediglich für diejenigen Fahrer, die sich gerade auf Tour befanden, wurden kurzfristige Verlängerungen erteilt (Bescheide vom 4. und ).
Das Sozialgericht (SG) Nürnberg hat mit Urteilen vom festgestellt, dass die Kläger keiner Arbeitserlaubnisse bedurften, weil sie im grenzüberschreitenden Verkehr in Deutschland auf LKW der B. GmbH eingesetzt seien.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufungssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit dem Urteil vom hat das LSG die Berufungen der Beklagten verworfen, soweit sie die Vergangenheit betreffen und zurückgewiesen, soweit sie die Zukunft betreffen. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, der Streit um eine entsprechende Feststellung der Arbeitserlaubnisfreiheit für Zeiträume, die zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Vergangenheit gelegen hätten, seien nicht berufungsfähig. Die Berufung sei insoweit mangels Beschwer zu verwerfen. Im Übrigen sei die Berufung nicht begründet. Die Kläger könnten sich als türkische Arbeitnehmer auf die zwischenstaatlichen Vereinbarungen berufen, die die Europäische Gemeinschaft mit der Türkei abgeschlossen habe. Diese Vereinbarungen konservierten den Rechtszustand, der zu Beginn der Beschäftigung der Kläger in Deutschland bestanden habe. Die Stillhalteklausel des Art 13 des Beschlusses Nr 1/80 des Assoziationsrates über die Entwicklung der Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vom (ARB Nr 1/80) erfasse auch die streitrelevante Beschäftigung der türkischen Fahrer auf den deutschen Teilstrecken seiner grenzüberschreitenden Tätigkeit. Durch die Neuregelung des Arbeitserlaubnisrechts ab sei eine wesentliche Beschränkung des Zugangs von ausländischen LKW-Fahrern zum deutschen Arbeitsmarkt ab eingetreten. Diese generelle Einschränkung verstoße gegen das Assoziationsrecht und sei deshalb unbeachtlich. Dahingestellt bleibe, ob, wie die Beklagte geltend mache, die Kläger und ihre Arbeitgeberin oder deren deutsche Auftraggeber gegen das deutsche Güterkraftverkehrsrecht verstießen. Etwaige derartige Verstöße zu ahnden oder zu unterbinden sei den für das Güterkraftverkehrsrecht zuständigen Behörden und Gerichten aufgegeben und vorbehalten. Eine unzulässige Arbeitnehmerüberlassung liege nicht vor. Die Arbeitgeberin der Kläger erbringe die von ihr der deutschen Auftraggeberin geschuldeten Leistung, die LKW an die vereinbarten Ziele zu fahren.
Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Der Senat hat dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit Beschluss vom Fragen zur Auslegung des Art 13 ARB Nr 1/80 und des Art 41 des Zusatzprotokolls vom zu dem Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vorgelegt. Nach dem sowie C-369/01) ist das Verfahren fortgeführt worden.
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 9 Nr 2 Arbeitserlaubnisverordnung (AEVO) bzw des § 9 Nr 3a Arbeitsgenehmigungsverordnung (ArGV). In den vorgenommenen Änderungen des Arbeitsgenehmigungsrechts liege keine neue Beschränkung für die Dienstleistungserbringung durch Unternehmen mit Sitz in der Türkei. Die Änderung des Arbeitsgenehmigungsrechts stellten lediglich eine Anpassung an die ohnehin geltenden Regelungen des Verkehrsrechts dar. Der grenzüberschreitende Straßenverkehr sei generell nicht uneingeschränkt möglich. Er hänge vielmehr von den bestehenden Transportgenehmigungen ab, wonach nur im Staat der Niederlassung des Unternehmens zugelassene Fahrzeuge eingesetzt würden. Die Änderung des Arbeitsgenehmigungsrechts verfolge lediglich eine Anpassung des Arbeitsgenehmigungsrechts an andere Rechtsbereiche (Verkehrsrecht) und damit die Wahrung der Rechtseinheit. Durch die Änderung der Arbeitsgenehmigungsverordnung sei kein neuer Regelungsinhalt geschaffen worden, sondern lediglich die Gesetzessystematik und die Regelungstechnik geändert worden. Neben den verkehrsrechtlichen Ausführungen sei auch eine Überlassung der Lastkraftwagen durch ein deutschen Unternehmen an einen türkischen Arbeitgeber im Wege der Vermietung unzulässig, weil eine Verlegung des Fahrzeuges durch ein deutsches Unternehmen ins Ausland ohne Wechsel des Kennzeichens gegen § 27 Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) verstoße. Die "Fahrzeug-Vermietung" stelle in Verbindung mit der Beschäftigung von türkischen Arbeitnehmern Arbeitnehmerüberlassung dar. Bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zusatzabkommens im Jahr 1971 sei diese Dienstleistung grenzüberschreitend nicht zulässig gewesen. Damit könne weder von einer rechtmäßig erbrachten Dienstleistung noch von einer ordnungsgemäßen Beschäftigung die Rede sein.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Sozialgerichts Nürnberg vom - S 5 AL 694/97 -, - S 5 AL 702/97 -, - S 5 AL 704/97 - und - S 5 AL 712/97 - sowie das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom - L 11 AL 397/98 - aufzuheben, soweit die Berufung zurückgewiesen worden ist, und die Klagen abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Kläger künftig berechtigt sind, als von der B. Ltd. Sti, M. /Türkei, beschäftigte Kraftfahrer auf in Deutschland zugelassenen Lastkraftwagen des Güterkraftverkehrsunternehmens B. GmbH, Stuttgart, im grenzüberschreitenden Güterverkehr in Deutschland ohne Arbeitsgenehmigung tätig zu werden.
Sie sind der Auffassung, dass nach dem und C-369/01 - allein fraglich sei, ob die Regelung des § 9 Nr 2 AEVO, wonach die Tätigkeit in der Türkei angestellten Kraftfahrern im grenzüberschreitenden Güterverkehr nur noch dann arbeitserlaubnisfrei sei, wenn das Fahrzeug im Sitzstaat des Arbeitgebers zugelassen sei, die Situation türkischer Fahrer gegenüber jener Situation erschwere, die sich aus den in Deutschland für sie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zusatzprotokolls geltenden Vorschriften ergebe. Zum sei die Tätigkeit der türkischen Kraftfahrer arbeitserlaubnisfrei gewesen. Die nachfolgenden Änderungen der AEVO stellten fraglos eine Verschlechterung der Rechtsposition der türkischen Arbeitnehmer sowie der türkischen Unternehmer dar. Wenn die Beklagte behaupte, es sei keine neue Einschränkung, die ursprünglich genehmigungsfreie Tätigkeit der türkischen Kraftfahrer von der Benutzung von im Sitzstaat des Arbeitgebers zugelassenen Fahrzeugen abhängig zu machen, sei dies vorliegend nicht relevant. Zum einen seien die Fahrzeuge im Inland zugelassen, sodass der Unternehmer in Deutschland eine Genehmigung nach dem Güterkraftverkehrsgesetz benötige. Zum anderen seien Unternehmer mit Sitz im Ausland gerade nach dem Güterkraftverkehrsgesetz von der Erlaubnispflicht befreit, sofern überstaatliche Erlaubnisse vorlägen. Es liege auch keine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung vor.
II
Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung begründet. Der Senat kann auf Grund der vom LSG getroffenen Feststellungen nicht abschließend entscheiden.
1. Die Kläger begehren die Feststellung, dass sie künftig berechtigt sind, als Beschäftigte der türkischen B. Ltd auf in Deutschland zugelassenen LKW eines bestimmten deutschen Güterkraftverkehrsunternehmers - nämlich der B. GmbH - im grenzüberschreitenden Güterverkehr arbeitsgenehmigungsfrei tätig werden zu können. Die Feststellungsklagen sind zulässig (vgl BSGE 74, 90, 91 f = SozR 3-4210 § 9 Nr 1). Etwaigen Bedenken hinsichtlich des Feststellungsinteresses angesichts der weiteren Fassung der Feststellungsanträge in den Vorinstanzen haben die Kläger dadurch Rechnung getragen, dass sie ihr Feststellungsbegehren auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit beschränkt haben. Insoweit handelt es sich nicht um eine im Revisionsverfahren nach § 168 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz unzulässige Klageänderung, sondern um eine Klarstellung dessen, was die Kläger bereits in den Vorinstanzen begehrt haben (s dazu BSG SozR 3-1500 § 55 Nr 34; vgl auch BSGE 88, 231, 233 = SozR 3-4210 § 9 Nr 2).
2. Die Begründetheit des Feststellungsbegehrens der Kläger hängt davon ab, ob hinsichtlich der beabsichtigten Beschäftigung Arbeitsgenehmigungsfreiheit besteht. Nach dem anzuwendenden deutschen Recht sind die Kläger als Arbeitnehmer eines türkischen Arbeitgebers nicht berechtigt, im grenzüberschreitenden Güterverkehr auf in Deutschland zugelassenen Fahrzeugen in Deutschland arbeitsgenehmigungsfrei tätig zu werden. Die von den Klägern begehrte Arbeitsgenehmigungsfreiheit folgt jedoch aus einer Anwendung des Art 41 Abs 1 des Zusatzprotokolls vom (ABl 1972 L 293 S 1; BGBl II 1972 S 385).
a) Abzustellen ist jeweils auf die Rechtslage, die das im Streit befindliche Rechtsverhältnis erfasst (BSGE 2, 188, 192; 3, 95, 103; 74, 90, 92 = SozR 3-4210 § 9 Nr 1), also die derzeit geltenden Bestimmungen. Nach § 9 Nr 3a ArGV - erlassen auf Grund des § 288 Abs 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - bedarf keiner Arbeitsgenehmigung das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Güterverkehr bei Arbeitgebern mit Sitz im Ausland, wenn das Fahrzeug im Sitzstaat des Arbeitgebers zugelassen ist. Nach den Ausführungen im Urteil des LSG sind die Kläger bei der Baqir Ltd, einem türkischen Unternehmen, angestellt. Zu Gunsten der Kläger kommt deshalb in Betracht, dass sie derzeit bzw in Zukunft als Fernfahrer für einen Arbeitgeber mit Sitz im Ausland tätig werden wollen. Es fehlt aber jedenfalls an der für die Arbeitserlaubnisfreiheit gemäß § 9 Nr 3a ArGV weiter erforderlichen Voraussetzung der Zulassung des jeweiligen Fahrzeugs im Sitzstaat des Arbeitgebers; denn die von den Klägern gelenkten bzw in Zukunft zu lenkenden Fahrzeuge sind in Deutschland, nicht in der Türkei zugelassen.
b) Die Kläger können sich nicht darauf berufen, die Änderung der Arbeitserlaubnisverordnung (ArbErlaubV) vom sei eine nach Art 13 ARB 1/80 unzulässige neue Beschränkung des Zugangs zum Arbeitsmarkt. Diese Vorschrift ist nicht auf Arbeitnehmer anzuwenden, die bei einem Unternehmen mit Sitz in der Türkei beschäftigt sind, von diesem entlohnt werden und nur wegen ihrer Tätigkeit als Kraftfahrer im grenzüberschreitenden Güterverkehr immer wieder kurzfristig in Deutschland arbeiten, wie der EuGH in dem auf Vorabentscheidungsersuchen des Bundessozialgerichts ergangenen Urteil vom C-317/01 und C-369/01 entschieden hat (aaO RdNr 87 bis 91). Die Situation der Kläger bei der im Feststellungsantrag umschriebenen Tätigkeit entspricht der vom EuGH zu Grunde gelegten Situation.
c) Die Kläger können sich jedoch darauf berufen, dass die bereits genannte Änderung der ArbErlaubV zum zu einer unzulässigen Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs iS des Art 41 Abs 1 des Zusatzprotokolls vom (ABl 1972 L 293 S 1; BGBl II 1972 S 385) geführt hat. In dieser Vorschrift verpflichten sich die Vertragsparteien, untereinander keine neuen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs einzuführen. Der Dienstleistungsverkehr in diesem Sinne umfasst auch den Einsatz von Arbeitskräften des Dienstleisters ( RdNr 111). Auf die Inanspruchnahme dieser Bestimmung können sich nicht nur das Unternehmen in der Türkei, das rechtmäßig Dienstleistungen in einem Mitgliedstaat erbringt, sondern auch türkische Fernfahrer, die von einem derartigen Unternehmen mit Sitz in der Türkei beschäftigt werden, berufen (EuGH aaO RdNr 105 und 106).
d) Der EuGH hat unter Hinweis auf seine Rechtsprechung zur Dienstleistungsfreiheit nach Art 59 EG-Vertrag (Art 49 EG-Vertrag neu) dargelegt, dass eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs iS von Art 41 Abs 1 Zusatzprotokoll darin liegt, dass eine nationale Regelung die Erbringung von Dienstleistungen durch ein in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenes Unternehmen im Inland von der behördlichen Erlaubnis wie einer Arbeitserlaubnis abhängig macht ( RdNr 111). Im Hinblick darauf ist es nicht zweifelhaft, dass es sich bei der Einführung einer Arbeitserlaubnispflicht für den grenzüberschreitenden Verkehr bei Zulassung des Fahrzeuges im Inland um eine Einschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs handelt (vgl EuGH aaO RdNr 112 bis 115).
Es handelt sich auch gegenüber dem Rechtszustand beim Inkrafttreten des Zusatzprotokolls am um eine neue Beschränkung des Dienstleistungsverkehrs.
Im Jahre 1973 war das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Güterverkehr allgemein und ohne weitere ausdrückliche Einschränkung arbeitserlaubnisfrei (§ 9 Nr 2 ArbErlaubV idF vom , BGBl I 152). Mit der durch Verordnung vom (BGBl I 1527) für die Zeit ab September 1993 vorgenommenen Änderung des § 9 Nr 2 ArbErlaubV (Einfügung der Worte "bei Arbeitgebern mit Sitz im Ausland") war eine Verschlechterung der Position in der Türkei beschäftigter Arbeitnehmer noch nicht verbunden. Die später in Kraft gesetzten Regelungen des § 9 Nr 2 ArbErlaubV in der ab geltenden Fassung (Verordnung vom , BGBl I 1491) sowie des § 9 Nr 3a ArGV, die Arbeitsgenehmigungsfreiheit nur noch für das fahrende Personal bei ausländischen Arbeitgebern vorsehen, "sofern das Fahrzeug im Sitzstaat des Arbeitgebers zugelassen ist", sind jedoch im Vergleich zu den davor geltenden Regelungen für die betroffenen türkischen Staatsangehörigen "weniger günstig".
e) Dem Einwand der Beklagten, in den Änderungen des Arbeitsgenehmigungsrechts für die Zeit ab Oktober 1996 liege keine neue Beschränkung, sondern lediglich eine Anpassung an die ohnehin geltenden Regelungen des Verkehrsrechts, ist nicht zu folgen. Dem hier zu beurteilenden Einsatz von in der Türkei in einem Beschäftigungsverhältnis stehenden Arbeitnehmern auf den LKW des deutschen Güterkraftverkehrsunternehmers, der Inhaber der Erlaubnis nach § 3 Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) vom (BGBl I 1485; bis zum : Genehmigung nach § 8 GüKG) ist, stehen ausdrückliche Vorschriften des GüKG nicht entgegen. Die Frage, ob der inländische Erlaubnisinhaber seine Pflichten nach dem GüKG oder den europarechtlichen Vorschriften für den Güterverkehr auf LKW (vgl etwa Art 15 EWGV 3820/85 vom , ABl L 370 S 1 und Art 13 und 14 EWGV 3821/85 vom , ABl L 370 S 8) beim Einsatz der Kläger als Kraftfahrer auf seinen LKW verletzt, weil etwa die Baqir Ltd als Arbeitgeberin Weisungsrechte gegenüber den Klägern hat und auch wahrnimmt, ist für diesen Rechtsstreit unerheblich. Etwaige Pflichtverstöße hätte die nach dem GüKG zuständige Behörde zu beurteilen und zu ahnden.
Bedenken der Beklagten, die Überlassung von LKW an ein türkisches Unternehmen verstoße gegen § 27 StVZO, gehen ins Leere, denn das Feststellungsbegehren der Kläger richtet sich nur auf den Einsatz von LKW eines deutschen Güterkraftverkehrsunternehmers.
3. Der Senat vermag auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG jedoch nicht zu entscheiden, ob sich die vorliegende Vertragsgestaltung und tatsächliche Handhabung als unzulässige Arbeitnehmerüberlassung darstellt. Diese Frage kann - anders als die erörterten güterkraftverkehrsrechtlichen Vorfragen - nicht unentschieden bleiben, weil sie unmittelbar die rechtliche Zulässigkeit der von den türkischen Arbeitnehmern im Inland ausgeübten Tätigkeiten betrifft und an diese anknüpft. Insoweit steht auch die in Art 41 Abs 1 des Zusatzprotokolls enthaltene Stillhalteklausel nicht entgegen, denn die grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung war jedenfalls auch zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zusatzprotokolls genehmigungspflichtig (vgl zur den Fragen der grenzüberschreitenden Arbeitnehmerüberlassung im Einzelnen Feuerborn in Schüren, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz <AÜG>, 2. Aufl 2003, Einleitung RdNr 572 ff). Im Übrigen schützt Art 41 Abs 1 des Zusatzprotokolls nur diejenigen Unternehmen in der Türkei, die rechtmäßig Dienstleistungen im Inland erbringen.
Da die Baqir Ltd nicht über eine Erlaubnis nach dem AÜG verfügt, ist die Beschäftigung der Arbeitnehmer im Inland nur dann rechtmäßig, wenn diese nicht als dem deutschen Unternehmen Baqir GmbH überlassene Arbeitnehmer tätig werden. Zwar hat das LSG ausgeführt, es liege keine unzulässige Arbeitnehmerüberlassung vor, ohne allerdings die nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitgerichts (BAG) erforderlichen Feststellungen zu treffen. Der Hinweis des LSG, § 9 Nr 3b ArGV spreche gegen eine unzulässige Arbeitnehmerüberlassung ist nicht zwingend; denn die Freistellung von der Arbeitsgenehmigungsfreiheit für bei ausländischen Arbeitgebern beschäftigte Fahrer im grenzüberschreitenden Linienverkehr mit Omnibussen lässt keine Schlussfolgerungen auf die tatsächliche Gestaltung im Einzelfall zu. Zwar ist es nach der Rechtsprechung des BAG nicht ausgeschlossen, dass das türkische Unternehmen für das deutsche Unternehmen im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrages tätig wird, denn auch im erlaubnispflichtigen Personen- und Güterverkehr ist nicht jeder drittbezogene Arbeitnehmereinsatz zugleich Arbeitnehmerüberlassung iS des AÜG ( = BB 2004, 669; vgl auch BAGE 94, 144 = AP Nr 8 zu § 14 AÜG). Jedoch rechtfertigt nicht allein die Erwägung, das türkische Unternehmen erbringe mit seinen Arbeitnehmern die von ihm der deutschen Auftraggeberin geschuldete Leistung, die Schlussfolgerung des LSG, hier liege ein Werkvertrag vor.
Ob Arbeitnehmerüberlassung vorliegt, beurteilt sich nach der Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher einerseits (Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen dem Entleiher und dem Arbeitnehmer anderseits (Leiharbeitsvertrag) sowie dem Fehlen arbeitsvertraglicher Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Entleiher. Hiervon ist die Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei Dritten auf Grund eines Werk- oder Dienstvertrages zu unterscheiden, die vorliegt, wenn der Unternehmer die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolges notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen organisiert und er dem Drittunternehmer für die Erfüllung der im Vertrag vorgesehenen Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werks verantwortlich bleibt. Im letztgenannten Fall unterliegen die Arbeitnehmer den Weisungen des Arbeitgebers, wobei ein Weisungsrecht des Dritten im Einzelfall, wie sich auch aus § 645 Abs 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch ergibt, unschädlich sein kann ( aaO). Maßgebend für die Abgrenzung zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Dienst- und Werkverträgen ist der tatsächliche Geschäftsinhalt des Vertragsverhältnisses (BAG aaO). Zu den maßgebenden vertraglichen Beziehungen und deren Handhabung hat das LSG jedoch keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Dies wird nachzuholen sein.
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstelle(n):
EAAAC-14753