BSG Urteil v. - B 7 AL 4/03 R

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: SGG § 103

Instanzenzug: LSG Niedersachsen-Bremen vom SG Hildesheim vom

Gründe

I

Der Kläger begehrt höhere Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab .

Im Jahre 1955 geboren, ist er von Beruf Bautechniker und war in diesem Beruf zuletzt (nach vorheriger Arbeitslosigkeit mit Bezug von Arbeitslosengeld <Alg> bis und anschließendem Alhi-Bezug) im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) vom bis zum tätig; anschließend erhielt er Alg bis zum nach einem Bemessungsentgelt von DM 1.200,--/ Woche (insoweit in der Höhe des Bemessungsentgelts der vor der ABM bezogenen Alhi; dieses war höher als das Arbeitsentgelt während der ABM und beruhte ursprünglich auf einem 1997 geschlossenen, vom Gericht vorgeschlagenen außergerichtlichen Vergleich im Verfahren vor dem Sozialgericht <SG> Hildesheim, Az S 3 Ar 129/97 über die Höhe des Alg ab ; Rechtsgrundlage für die Bemessung war damals § 112 Abs 7 Arbeitsförderungsgesetz <AFG> unter Heranziehung der Gehaltsgruppe T 4 Rahmentarifvertrag Bau).

Im Mai 1999 wurde er arbeitsamtsärztlich untersucht; der Arbeits- und Sozialmediziner D äußerte den dringenden Verdacht auf eine schwere Persönlichkeitsstörung, der Kläger habe sich jedoch geweigert, eine nervenärztliche Zusatzbegutachtung vornehmen zu lassen. Die Arbeitsmarktintegration sei zwar schwierig; vom Grundsatz her bestehe dennoch Leistungsfähigkeit, Tätigkeiten mit intensiven Sozialkontakten sollten jedoch nicht zugemutet werden. Ab dem bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom Anschluss-Alhi nach einem Bemessungsentgelt von DM 920,-- wöchentlich (Eingruppierung als Bauzeichner mit einem Gehalt von DM 4.006,--/ Monat nach dem Rahmentarifvertrag für das Baugewerbe, Gehaltsgruppe T 2). Nach einer Erläuterung des Bescheides mit Schreiben der Beklagten vom sei die Neufestsetzung erforderlich gewesen, weil der Kläger nach einem arbeitsamtsärztlichen Gutachten die Beschäftigung nicht mehr ausüben könne, nach der die Leistung zuletzt bemessen worden sei. Der Widerspruchsbescheid vom brachte keine Abhilfe: Nur in einer Tätigkeit als Bauzeichner habe der Kläger die erforderliche, publikumsferne Ruhe. Einmalzahlungen (Weihnachts- oder Urlaubsgeld) seien bei der Berechnung der Alhi nicht zu berücksichtigen. Klage und Berufung blieben erfolglos (Gerichtsbescheid des SG Hildesheim vom ; Urteil des Landessozialgerichts <LSG> Niedersachsen-Bremen vom ).

Das SG hat sich auf die Ausführungen des Schreibens der Beklagten vom und des Widerspruchsbescheides bezogen. Nach dem arbeitsamtsärztlichen Gutachten, dessen Feststellungen in sich schlüssig und nachvollziehbar seien, rechtfertige sich die Einstufung des Klägers nach § 200 Abs 2 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Auf die gerichtliche Anfrage, ob er mit einer neurologisch-psychiatrischen bzw psychologischen Untersuchung einverstanden sei, habe der Kläger nicht geantwortet.

Das Berufungsurteil nimmt auf das SG-Urteil Bezug und führt aus, der Kläger könne keine Alhi nach einem höheren Bemessungsentgelt verlangen. Er habe sich auch im Berufungsverfahren geweigert, an der Aufklärung des medizinischen Sachverhalts mitzuwirken, und auch keine Anregungen unterbreitet, wie der Sachverhalt ansonsten aufgeklärt werden könnte; alternative Ermittlungsmöglichkeiten beständen nicht. Erst dann aber, wenn das sozialmedizinische Leistungsprofil aufgeklärt sei, könne seiner Anregung auf berufskundliche Feststellung nachgekommen werden. Nach Aktenlage komme eine höhere Einstufung ab als nach der "Gehaltsgruppe 4" (wohl gemeint: Gehaltsgruppe T 2) des Tarifvertrages für das Baugewerbe nicht in Betracht. Bis auf die ABM sei der Kläger als Bautechniker seit 1994 nicht mehr wettbewerbsfähig auf dem Arbeitsmarkt tätig gewesen. Dies sei ferner keine Arbeit, die ausschließlich im Innendienst ohne Publikumskontakt durchgeführt werde, und könne somit dem Kläger auch deshalb nicht mehr zugemutet werden. Soweit der Kläger rüge, dass ein tarifliches 13. Monatsgehalt in der Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden müsste, sei darauf hinzuweisen, dass für Ansprüche auf Alhi, die vor dem entstanden seien, einmalig gezahlte Arbeitsentgelte bei der Bemessung außer Betracht blieben. Vor dem Hintergrund des (SozR 3-2400 § 23a Nr 1) beständen keine durchgreifenden Einwände dagegen, dass vor dem Einmalzahlungen nur beim Alg, nicht aber bei der steuerfinanzierten Alhi Berücksichtigung fänden (Hinweis auf Bundessozialgericht <BSG> - B 11 AL 89/01 B).

Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Zu Unrecht hätten die Vorinstanzen seine Mitwirkungspflicht zur Aufklärung des Sachverhaltes angenommen. Vielmehr habe die Beklagte die objektive Beweislast dafür zu tragen, dass er nicht mehr im vorangegangenen Umfang leistungsfähig gewesen sei. Diesen Beweis sei die Beklagte schuldig geblieben. Im Übrigen sei bei der Berechnung seiner Alhi auch ein tarifliches 13. Monatsgehalt zu berücksichtigen; mit dem Vorlagebeschluss des SG Dortmund zum BVerfG sehe auch er einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen vom , den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom und den Bescheid der Beklagten vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab Arbeitslosenhilfe nach einem höheren Bemessungsentgelt zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie weist auf das - zur Nichtberücksichtigung von Einmalzahlungen bei der Alhi und fiktiver Einstufung hin. Anzufügen sei auch, dass nach früheren Rügen des Klägers die Höhe des Bemessungsentgelts durch Vergleich festgelegt worden sei.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).

II

Die Revision des Klägers ist iS der Zurückverweisung begründet. Beim gegenwärtigen Sachstand kann nicht entschieden werden, ob er Anspruch auf Gewährung einer höheren Anschluss-Alhi ab hat. Es fehlt an tatsächlichen Feststellungen, um die Höhe des Bemessungsentgelts überprüfen zu können.

1. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die Beklagte das Bemessungsentgelt in Anwendung des § 200 Abs 2 Satz 1 SGB III zu Unrecht auf DM 920,-- herabgesetzt hat und dem Kläger deswegen eine höhere Alhi zusteht.

Nach § 200 Abs 1 Satz 1 SGB III (idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom , BGBl I 594) ist Bemessungsentgelt für die Alhi das Bemessungsentgelt, nach dem das Alg zuletzt bemessen worden ist oder ohne die Vorschrift über die Verminderung des Bemessungsentgelts wegen tatsächlicher oder rechtlicher Bindung oder wegen Einschränkung des Leistungsvermögens bemessen worden wäre. Nach § 200 Abs 2 Satz 1 SGB III allerdings ist das Bemessungsentgelt hiervon abweichend zu bestimmen, solange der Arbeitslose aus Gründen, die in seiner Person liegen, nicht mehr das maßgebliche Bemessungsentgelt erzielen kann; dann ist Bemessungsentgelt das tarifliche Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung, auf die das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat; alle Umstände des Einzelfalles sind zu berücksichtigen (sog fiktive Bemessung).

Die Vorinstanzen sind der Einschätzung der Beklagten gefolgt, auf der Grundlage des arbeitsamtsärztlichen Gutachtens D und des Vermerks des Arbeitsberaters G seien die Voraussetzungen des § 200 Abs 2 Satz 1 SGB III gegeben: Der Kläger sei nicht (mehr) in der Lage, als Bautechniker (Gehaltsgruppe T 4 Rahmentarifvertrag Bau) tätig zu sein; vielmehr sei als Bemessungsentgelt kein höheres Arbeitsentgelt als das eines Bauzeichners (Gehaltsgruppe T 2) heranzuziehen. Dem kann in dieser Form nicht gefolgt werden.

(a) Zunächst ist, als Tatbestandsvoraussetzung des § 200 Abs 2 Satz 1 SGB III, zu prüfen, ob der Kläger aus Gründen, die in seiner Person liegen (aa), das iS der Vorschrift maßgebliche Bemessungsentgelt nicht mehr erzielen kann (bb).

(aa) Die Fähigkeit des Arbeitslosen, ein bestimmtes Entgelt nicht mehr zu erzielen, muss auf Gründen beruhen, die in seiner Person liegen.

Als einen solchen Grund hat das LSG ua die Zeit angesehen, die seit der letzten auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähigen Tätigkeit des Klägers als Bautechniker im Jahre 1994 verstrichen sei. Hierin ist jedoch kein Grund zu sehen, der in der Person des Arbeitslosen liegt. Vielmehr ist es Sinn des § 200 Abs 2 Satz 1 SGB III, bestimmte Gründe zu erfassen, die nicht bereits bei der turnusmäßigen Herabbemessung nach § 201 SGB III berücksichtigt werden. Diese aber soll gerade auch - pauschal - einem Verlust an beruflicher Qualifikation Rechnung tragen (BT-Drucks 13/2898 S 7 zur Vorgängervorschrift des § 136 Abs 2b AFG idF des Alhi-Reformgesetzes vom , BGBl I 878). Damit bleiben als persönliche Gründe vor allem Leistungseinschränkungen übrig (s SozR 3-4100 § 136 Nr 6 S 27 und vom , SozR 4100 § 136 Nr 7 S 31; Ebsen in: Gagel, SGB III, § 200, RdNr 34 f, Stand: 1999; Brandts in: Niesel, SGB III, 2. Aufl 2002, § 200 RdNr 11 f).

Insofern zu Recht hat das LSG auf die im arbeitsamtsärztlichen Gutachten betonte Einschränkung der Einsatzfähigkeit bei intensiven Sozialkontakten abgehoben. Es hat jedoch zu Unrecht ungeprüft gelassen, ob es sich hier um einen Befund handelt, der bereits im Zeitpunkt der Festsetzung des iS des § 200 Abs 2 Satz 1 SGB III maßgeblichen Bemessungsentgelts bestand, oder ob insoweit eine Änderung (Verschlechterung) gegenüber den damaligen Verhältnissen vorliegt; denn nur unter der letztgenannten Voraussetzung kann der Grund, der in der Person des Arbeitslosen liegt, dazu geführt haben, dass dieser "nicht mehr" das maßgebliche (zutreffende) Bemessungsentgelt nach § 200 Abs 1 SGB III erzielen kann. Im vorliegenden Fall entspricht dies nicht dem Arbeitsentgelt während der ABM (§ 133 Abs 1 SGB III). Maßgebender Zeitpunkt ist damit der des früheren Bezugs von Alg, aber nicht derjenige des Vergleichsabschlusses (im Jahre 1997), sondern der des Beginns der Alg-Zahlung (im Jahre 1995), deren Höhe hierdurch geregelt wurde. Denn ein nach § 112 Abs 7 AFG festgesetztes Bemessungsentgelt für das Alg änderte sich auch dann nur nach Maßgabe der allgemeinen Dynamisierung (§ 112a AFG), wenn während der Bezugsdauer sich die im Rahmen des § 112 Abs 7 AFG zu berücksichtigende Leistungsfähigkeit des Arbeitslosen verschlechtert hatte.

Wären dem Kläger (selbst wenn der Beklagten unbekannt) bereits 1995, im Zeitpunkt des Beginns der Alg-Zahlung, ebenso wie im Juli 1999 intensive Sozialkontakte nicht zumutbar gewesen, könnte es deshalb bereits an einer der Tatbestandsvoraussetzungen des § 200 Abs 2 Satz 1 SGB III fehlen: Das Bemessungsentgelt ergäbe sich dann aus § 200 Abs 1 SGB III.

(bb) Zu Unrecht ist das LSG ferner für seine Feststellung, dass der Kläger das maßgebliche Bemessungsentgelt nicht mehr erzielen könne, lediglich von der Tätigkeit ausgegangen, welche für die Bemessung des Alg ursprünglich maßgebend war. Dies war eine nach der Gehaltsgruppe T 4 vergütete Tätigkeit als Bautechniker. Diese Tätigkeit kann er nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben und damit hieraus auch nicht mehr DM 1.200,-- wöchentlich (das dem letzten Alg-Bezug zu Grunde liegende Bemessungsentgelt) verdienen.

Im vorliegenden Zusammenhang kann jedoch nicht allein auf eine bestimmte, frühere Tätigkeit (oder aber, wie hier, auf die Grundlage einer früheren Einstufung nach § 112 Abs 7 AFG) abgestellt werden. Zwar fehlt es an einer im Rahmen des § 200 Abs 2 Satz 1 SGB III erheblichen Änderung (s unter <aa>), wenn der Arbeitslose diese Tätigkeit noch ausüben könnte. Wenn er jedoch, wie das hier der Fall ist, dies nicht (mehr) kann, rechtfertigt dies noch nicht den Schluss, er könne das maßgebliche Bemessungsentgelt unter keinen Umständen erzielen.

Denn nach § 200 Abs 2 Satz 1 SGB III ist nur zu prüfen, ob der Arbeitslose das "maßgebliche Bemessungsentgelt" - also das sich aus der Anwendung des Abs 1 dieser Vorschrift ergebende Bemessungsentgelt - erzielen kann. Im vorliegenden Fall ist also entscheidend, ob der Kläger in der Lage gewesen wäre, im Zeitpunkt der Alhi-Bewilligung nach seinen beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten und seiner Leistungsfähigkeit noch (irgend) eine berufliche Tätigkeit auszuüben, in der er jenes Bemessungsentgelt hätte verdienen können (Senatsurteil vom , SozR 4100 § 136 Nr 7 S 32 f). Auch hierzu hat das LSG keine Feststellungen getroffen.

Es wird ferner Folgendes zu berücksichtigen haben: Nach der Rechtsprechung des BSG zur Vorläufervorschrift des § 200 Abs 2 Satz 1 SGB III, dem § 136 Abs 2 Satz 2 AFG ( SozR 3-4100 § 136 Nr 12 S 65 ff) kommt es insoweit nicht auf das Bemessungsentgelt an, nach dem das Alg zuletzt tatsächlich bemessen wurde, sondern auf das materiell-rechtlich zutreffende Bemessungsentgelt. Das LSG hat ungeprüft gelassen, nach welchem Bemessungsentgelt das dem Kläger ab gewährte Alg richtigerweise zu bemessen gewesen wäre. Dies bestimmt sich nicht (lediglich) an der Anwendung der bereits von der Beklagten berücksichtigten Besitzstandsklausel des § 133 Abs 1 SGB III (Bemessungsentgelt der vor Beginn der ABM bezogenen Alhi statt entsprechend dem ABM-Entgelt), sondern auch daran, ob bereits dieses Bemessungsentgelt richtig berechnet war. Insoweit braucht freilich nicht mehr überprüft zu werden, ob die Einstufung des Klägers nach § 112 Abs 7 AFG als Bautechniker (Gehaltsgruppe T 4) für das ihm ab Januar 1995 gewährte Alg zutraf. Denn diese Einstufung beruhte auf einem vom Gericht vorgeschlagenen außergerichtlichen Vergleich im Verfahren SG Hildesheim - S 3 Ar 129/97. Damit lag jedenfalls insoweit eine gesonderte Entscheidung über das Bemessungsentgelt vor, die eine eigenständige Bindungswirkung entfaltet (vgl BSG aaO S 67).

(b) Steht fest, dass der Arbeitslose iS des § 200 Abs 2 Satz 1 SGB III das maßgebliche Bemessungsentgelt nicht mehr erzielen kann, ist Bemessungsentgelt das tarifliche Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung, auf die das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen in erster Linie zu erstrecken hat. Die Beklagte sowie die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, dass insoweit keine Beschäftigung mit einem höheren Entgelt als dem eines Bauzeichners (Gehaltsgruppe T 2, im LSG-Urteil fälschlich als "T 4" bezeichnet) in Betracht kommt. Auch insoweit tragen die tatsächlichen Feststellungen des LSG dieses Ergebnis nicht.

Denn das LSG hat lediglich festgestellt, dass der Kläger nicht mehr als Bautechniker (eingestuft in Gehaltsgruppe T 4) tätig sein kann. Allein hieraus folgt jedoch nicht bereits denknotwendig, dass er kein höheres Entgelt als das eines Bauzeichners (Gehaltsgruppe T 2) erzielen kann. Denn höherwertige Tätigkeiten als nach der Gehaltsgruppe T 2 (zB solche der Gruppe T 3 oder aber Tätigkeiten nach anderen Tarifverträgen) sind gänzlich ungeprüft geblieben. Insbesondere hat das LSG auch nicht festgestellt, ob es nicht bereits innerhalb der Gehaltsgruppe T 4 in nennenswertem Umfang andere Tätigkeiten als die eines Bautechnikers gibt, die der Kläger ausführen könnte und die keine intensiven Sozialkontakte mit sich bringen.

Allgemein wird auch im Rahmen der Bestimmung "derjenigen Beschäftigung, auf die das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat" nach § 200 Abs 2 Satz 1 SGB III, ähnlich wie bei § 112 Abs 7 AFG, ein "Günstigkeitsprinzip" (s SozR 4100 § 112 Nr 42 S 200) anzuwenden sein, das auf das höchste vom Arbeitslosen unter Berücksichtigung seiner persönlichen Verhältnisse noch erzielbare tarifliche Arbeitsentgelt abstellt.

(c) Zur Nachholung der unter (a) und (b) vermissten tatsächlichen Feststellungen ist die Sache an das LSG zurückzuverweisen. Liegen die Voraussetzungen für die Anwendung des § 200 Abs 2 Satz 1 SGB III nicht vor, richtet sich die Höhe des Bemessungsentgelts nach § 200 Abs 1 SGB III. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, zu beurteilen, ob die fehlenden Tatsachen im Einzelnen auch ohne die vom Kläger verweigerte fachärztliche Begutachtung festgestellt werden können.

Auf die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen kommt es nicht mehr an.

(d) Bei seiner neuen Entscheidung wird das LSG ggf die im Rahmen des § 200 Abs 2 Satz 1 SGB III geltende Beweislast zu beachten haben (zur Beweislast bei der Sperrzeit vgl Senatsurteil vom , BSGE 71, 256, 260 ff = SozR 3-4100 § 119 Nr 7): Es wird auch zu prüfen haben, inwieweit eine Beweislastumkehr bei fehlender prozessualer Mitwirkung (zB Verweigerung einer ärztlichen Untersuchung durch den Kläger) in Betracht kommt (vgl BSGE 89, 243, 247 = SozR 3-4300 § 144 Nr 8).

2. Ein Anspruch auf höhere Alhi folgt jedenfalls nicht aus der Entscheidung des (BVerfGE 102, 127 = SozR 3-2400 § 23a Nr 1); diese äußert sich nur zur Berücksichtigung von Einmalzahlungen bei der Höhe des Alg. Der Gesetzgeber hat - bei seiner Umsetzung der genannten Entscheidung - die Alhi ausdrücklich von entsprechenden Änderungen zu Gunsten der Leistungsbezieher ausgenommen (§ 200 Abs 1, § 434c Abs 4 SGB III idF des Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetzes vom , BGBl I 1791). Dieses Ergebnis müsste auch dann gelten, wenn Einmalzahlungen in das nach § 200 Abs 2 Satz 1 SGB III zu ermittelnde tarifliche Arbeitsentgelt eingeflossen sind. Nach Auffassung des 11. Senats des BSG liegt hierin kein Verfassungsverstoß, insbesondere keine Verletzung des Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 Grundgesetz, s Urteil vom - B 11 AL 67/02 R -).

Das LSG wird auch über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
VAAAC-14247