BSG Urteil v. - B 6 KA 29/01 R

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: SGB X § 32; SGB X § 33

Instanzenzug: SG Freiburg vom

Gründe

I

Die Beteiligten streiten über die Berechtigung zur Aufhebung von Honorarbescheiden.

Die Klägerin nimmt als Ärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Sie wendet sich gegen einen Bescheid der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV), mit dem diese die ursprünglichen Honorarbescheide für die Quartale I und II/1996 geändert und von ihr insgesamt 15.330,88 DM zurückgefordert hat.

Der Bewertungsausschuss hatte mit Beschluss vom (Beilage zu Nr 26 des Deutschen Ärzteblattes <DÄ> vom ) im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) für die Zeit vom 1. Januar bis Teilbudgets ua für Gesprächsleistungen, für den Ganzkörperstatus und die klinisch-neurologische Basisdiagnostik eingeführt, auf Grund derer Punktzahlanforderungen, die über den jeweiligen Budgets lagen, nicht mehr gesondert vergütet wurden. Die Beklagte legte in den Honorarbescheiden für die Quartale I/1996 (Bescheid vom ) und II/1996 (Bescheid vom ) die neu gefassten Bestimmungen des EBM-Ä zu Grunde. Neben der Rechtsbehelfsbelehrung enthielten die Bescheide für die Quartale I und II/1996 folgenden Vermerk:

"Wegen der umfangreichen EBM-Regelungen, deren Rechtswirksamkeit umstritten ist, und der regionalen Maßnahmen der KV Südbaden, die infolge der enormen und ungleichmäßig verteilten Mengenzunahmen in I/96 bzw II/96 erforderlich geworden sind, wird die gesamte Abrechnung unter Vorbehalt gestellt."

Nachdem das die durch den Beschluss des Bewertungsausschusses vom vorgenommene Teilbudgetierung, soweit sie rückwirkend auch die Quartale I und II/1996 erfassen sollte, als rechtswidrig beurteilt hatte, nahm die Beklagte eine Neuberechnung der Honorare für diese beiden Quartale vor. Sie teilte allen Vertragsärzten mit, die Vorgaben des BSG, das die rückwirkende Teilbudgetierung von Gesprächs- und Untersuchungsleistungen für ungültig erklärt habe, hätten sie gezwungen, mehr Punkte zu honorieren als zunächst zu Grunde gelegt. Das habe zu einem Rückgang der Punktwerte geführt. Auf der Grundlage dieser Punktwerte ergab sich für die Klägerin unter Berücksichtigung zwischenzeitlich erfolgter und nicht mehr umstrittener Nachvergütungen ein Honoraranspruch, der um 10.368,94 DM und 4.961,94 DM hinter dem ursprünglich bescheidmäßig zuerkannten Honorar zurückblieb. Diesen Betrag forderte die Beklagte zusammen mit der Neufestsetzung des vertragsärztlichen Honorars für die Quartale I und II/1996 zurück (Bescheid vom ). Den Widerspruch der Klägerin hiergegen wies sie zurück (Bescheid vom ).

Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Die Beklagte sei zwar grundsätzlich berechtigt, Honorarbescheide mit einem Widerrufsvorbehalt zu versehen. Die den ursprünglichen Honorarbescheiden für die Quartale I und II/1996 beigefügten Vermerke seien aber für zu unbestimmt gewesen, sodass auf sie Bescheidaufhebungen nicht gestützt werden könnten (Urteil vom ).

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Bei dem Widerrufsvorbehalt handele es sich um eine zulässige Nebenbestimmung. Dieser habe sicherstellen sollen, dass die rechtlichen Voraussetzungen der Abrechnungsbescheide erfüllt seien, dass nämlich nur das Honorar gezahlt werde, das dem Vertragsarzt zustehe. Mit dem Widerrufsvorbehalt habe die Beklagte den erheblichen Unklarheiten hinsichtlich der anzuwendenden Rechtsnormen Rechnung tragen wollen. Es könne offen bleiben, ob Honorarabrechnungen generell unter den Vorbehalt der Neuberechnung im Hinblick auf mögliche Rechtsänderungen gestellt werden könnten, denn in den streitbefangenen Quartalen I und II/1996 hätten mit anderen Abrechnungsquartalen nicht vergleichbare besondere Umstände vorgelegen. Nach Inkrafttreten des neuen EBM-Ä habe sich bald gezeigt, dass die angeforderten Punktzahlen so enorm angestiegen seien, dass Änderungen oder Ergänzungen dieser Fassung des EBM-Ä zur Stabilisierung des Punktwertes zwingend notwendig gewesen seien. Entgegen der Auffassung des SG sei an der hinreichenden Bestimmtheit des Vorbehalts jedenfalls in Verbindung mit den allen Vertragsärzten zugänglich gemachten Erläuterungen nicht zu zweifeln (Urteil vom ).

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, das Berufungsgericht habe das Bestimmtheitsgebot des § 33 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sowie das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot verletzt. Es bleibe unklar, mit welcher Rechtsfolge die betroffenen Vertragsärzte angesichts des von der Beklagten offen formulierten Vorbehalts hätten rechnen müssen. Die Formulierung "Vorbehalt" lasse nicht erkennen, ob überhaupt eine Nebenbestimmung gemäß § 32 SGB X erteilt worden oder ein bloßer rechtlicher Hinweis auf gesetzliche Beschränkungen gemeint gewesen sei. Selbst wenn man von einer verbindlichen Regelung ausgehe, bleibe nach dem Wortlaut deren vorläufiger oder abschließender Charakter unklar. Dass - wie das LSG meine - die Beklagte gezwungenermaßen die gesamte Abrechnung habe unter Vorbehalt stellen müssen, treffe nicht zu; denn sie habe bereits bei Erlass der Ausgangsbescheide gewusst, welche Regelungen des EBM-Ä im Einzelnen nachträglich evtl hätten geändert werden müssen und sei in der Lage gewesen, diese konkret zu bezeichnen. Nach den Gesamtumständen hätten betroffene Vertragsärzte durchaus auch mit Nachzahlungen rechnen können; die Beklagte habe im Widerspruchsbescheid selbst angegeben, dass dies für Vertragsärzte zutreffen könne, die ursprünglich in Folge der Budgetregelung die angeforderten Honorare nicht in vollem Umfang erhalten hätten; demnach hätten gerade Vertragsärzte, die wie sie (die Klägerin) schon zuvor auf Grund einer Berichtigung erhebliche Honorareinbußen hätten hinnehmen müssen, auch Nachzahlungen erwarten dürfen. Die Beklagte habe darüber hinaus gegen das Rückwirkungsverbot verstoßen. Der Senat habe in seinem Urteil vom (6 RKa 36/97) unmissverständlich die Unzulässigkeit einer rückwirkenden Reduzierung der Punktzahl bei der Leistungsbewertung betont. Ob nun der Abrechnungspunktwert durch die rückwirkende Einführung einer Punktzahlobergrenze entwertet oder ob der Punktwert für bestimmte Leistungen unmittelbar abgesenkt werde, sei ohne Belang. - Soweit sich die Beklagte auf die , ua) berufe, übersehe sie, dass der dort streitbefangen gewesene Vorbehalt einen wesentlich anderen Inhalt gehabt habe. Auf Grund der vorliegend verwendeten, nicht an ein konkretes Ereignis anknüpfenden Formulierung, dass die "Gesamtabrechnung unter Vorbehalt" gestellt werde, habe sie (die Klägerin) auch mit einer für sie günstigeren Gesamtabrechnung rechnen können. Nach der in den entschiedenen Fällen verwendeten Formulierung habe der Empfänger dagegen wissen müssen, dass der Honorarbescheid noch zu seinen Lasten geändert werden konnte. Im vorliegenden Fall fehle zudem jegliche Begrenzung in tatsächlicher oder zeitlicher Hinsicht.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie meint, dass die Klägerin dann, wenn sie eine Änderung der ursprünglichen Honorarbescheide zu ihren Ungunsten hätte vermeiden wollen, diese Bescheide hätte anfechten müssen. Die Erhebung des Einwandes der Unbestimmtheit erst zu einem Zeitpunkt, als sich das Risiko des Vorbehalts dahin verwirklicht habe, dass nicht eine Nachzahlung, sondern eine Rückforderung erfolgte, sei widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich. Das Rückforderungsvolumen betrage zudem nur ca 9,3 % der ursprünglich ausgeschütteten Summe. Im Hinblick auf die zwischenzeitlich ergangenen ua) genügten die ihren Honorarbescheiden für die Quartale I und II/1996 beigefügten Vorbehalte den Anforderungen, die an Vorläufigkeitserklärungen bei Honorarbescheiden zu stellen seien Die Bescheide wiesen ausdrücklich auf die Regelungen des EBM-Ä hin, deren Rechtswirksamkeit umstritten sei, sowie auf regionale Maßnahmen, die infolge der enormen Mengenzunahme erforderlich gewesen seien. Damit sei ein konkreter Anlass gegeben; von einem generellen Vorbehalt könne keine Rede sein. In den ersten beiden Quartalen des Jahres 1996 habe eine besondere Konstellation vorgelegen, die die weite Fassung des Vorbehalts gerechtfertigt habe. Allein die Vielzahl der Bekanntmachungen des Bewertungsausschusses in der Jahresmitte 1996 zu den Problemen des EBM-Ä 1996 habe jeder Kalkulierbarkeit dessen entgegengestanden, was der Vertragsarzt nach Abgabe der Abrechnung in DM erhalten würde. Deshalb habe auch keine Alternativberechnung erfolgen können; jedenfalls wäre eine solche nicht aussagekräftig gewesen. Im Interesse der Gesamtheit der abrechnenden Ärzte habe bewusst kein Vertrauen auf den Bestand der für die erste Quartale des Jahres 1996 erteilten Abrechnungsbescheide geschaffen werden sollen.

II

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Zutreffend hat das LSG entschieden, dass die Beklagte berechtigt war, die ursprünglichen Honorarbescheide für die Quartale I und II/1996 aufzuheben, das Honorar der Klägerin für diese beiden Quartale neu festzusetzen und die Überzahlung zurückzufordern.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Änderungs- und Rückforderungsbescheides sind die Regelungen des Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) und des Bundesmantelvertrag-Ärzte-/Ersatzkassen (EKV-Ä) über die Befugnis der KÄV zur Durchführung sachlich-rechnerischer Berichtigungen auch im Wege nachgehender Berichtigung (im BMV-Ä: § 45 Abs 2 Satz 1 der seit dem geltenden Fassung; im EKV-Ä § 34 Abs 4 Satz 1 und 2 der seit geltenden Fassung). Nach diesen im Wesentlichen gleich lautenden Vorschriften berichtigt die KÄV die Honorarforderung des Vertragsarztes bei sachlich-rechnerischer Unrichtigkeit. Für das sich hieraus ergebende Recht der KÄV zur nachträglichen Korrektur von Honorarbescheiden ist es ohne Bedeutung, ob die KÄV das Berichtigungsverfahren von Amts wegen oder auf Antrag einer Krankenkasse durchführt ( BSGE 89, 62, 66 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 345, und vom , BSGE 89, 90, 93 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3).

Die Bestimmungen über die Befugnis der KÄV, vertragsärztliche Honoraranforderungen und Honorarbescheide wegen sachlich-rechnerischer Fehler nachträglich zu korrigieren, verdrängen in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 SGB X. Sie stellen von den Vorschriften des SGB X abweichende Regelungen iS des § 37 Satz 1 des Ersten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB I) dar, die auf gesetzlicher Grundlage, nämlich auf Grund von Normen der Reichsversicherungsordnung und später des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) erlassen worden sind. Die Erwägungen, die für die grundsätzliche Nichtanwendung des § 45 SGB X auf die Korrektur von vertragsärztlichen Honorarbescheiden maßgeblich sind, hat der erkennende Senat mehrfach dargelegt (insbesondere BSGE 74, 44 = SozR 3-1300 § 45 Nr 21 und zuletzt Urteile vom , ua B 6 KA 16/00 R, BSGE 89, 62, 66 = SozR 3-2500 § 45 Nr 42 S 345, sowie vom - B 6 KA 3/01 R - BSGE 89, 90, 94 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3).

Vorrangiges Anwendungsfeld der Berichtigungsbefugnis der KÄV auf der Grundlage des § 45 Abs 2 Satz 1 BMV-Ä, § 34 Abs 4 Satz 1 und 2 EKV-Ä sind Fehler aus der Sphäre des Vertragsarztes. Eine Honorarberichtigung erfolgt, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Vertragsarzt die Gebührenordnung falsch angewandt hat und zB nicht berechtigt war, in einem Untersuchungsfall die Vergütung für bestimmte Leistungen mehrfach zu erhalten (vgl zuletzt Senatsurteil vom , BSGE 89, 90, 94 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3). Die Berichtigungsbefugnis der KÄV ist jedoch nicht auf derartige Konstellationen beschränkt. Die bundesmantelvertraglichen Vorschriften berechtigen die KÄV vielmehr generell zur Rücknahme unrichtiger rechtswidriger Honorarbescheide; die einzige tatbestandliche Voraussetzung für das Berichtigungsrecht der KÄV gemäß § 45 Abs 2 Satz 1 BMV-Ä, § 34 Abs 4 Satz 1 und 2 EKV-Ä ist schon nach dem Wortlaut der Vorschriften die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit des Honorarbescheides. Die Regelungen differenzieren nicht danach, in wessen Verantwortungsbereich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt. Ein Fehler der sachlich-rechnerischen Richtigkeit des Honorarbescheides und damit seine Unrichtigkeit iS der genannten Vorschriften ist daher auch gegeben, wenn diese auf Gründen beruht, die nicht dem Verantwortungsbereich des Vertragsarztes zuzurechnen sind (dazu im Einzelnen: Urteile vom - ua B 6 KA 16/00 R -, BSGE 89, 62, 66 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 345, sowie vom , BSGE 89, 90, 93 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3).

Die Einräumung dieser umfassenden Berichtigungsbefugnis der KÄV, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trägt, ist allerdings im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Das gilt sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in der Sphäre des Vertragsarztes finden, wie auch bei solchen, die auf Fehlern bei den generellen Grundlagen der Honorarverteilung, insbesondere der Unwirksamkeit der ihr zu Grunde liegenden Vorschriften beruhen. Wie der Senat in den bereits zitierten Urteilen vom und näher dargelegt hat, ergehen Honorarbescheide unter dem Vorbehalt späterer Überprüfung auf ihre Rechtmäßigkeit. Im vollen Umfang verbindlich werden sie erst, wenn die Honoraranforderung umfassend auf sachlich-rechnerische Richtigkeit und auch Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung (§ 106 SGB V) überprüft worden sind, oder wegen des Ablaufs der gesetzlichen bzw bundesmantelvertraglichen oder gesamtvertraglichen Fristen nicht mehr überprüft werden dürfen. Hat eine KÄV jedoch eine sachlich-rechnerische Richtigstellung durchgeführt und diese auf Rechtsbehelfe des Vertragsarztes hin ohne jegliche Einschränkung rückgängig gemacht, so ist ihre Berechtigung zur (nochmaligen) Richtigstellung gemäß § 45 Abs 2 Satz 1 BMV-Ä, § 34 Abs 4 Satz 1 und 2 EKV-Ä entfallen. Die für die Berichtigungsbefugnis notwendige, zunächst bestehende Vorläufigkeit des ursprünglichen Honorarbescheides wird durch die Abhilfebescheide jedenfalls im Verhältnis zur KÄV aufgehoben. Von diesem Zeitpunkt an kann ein Honorarbescheid wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurückgenommen werden (Senatsurteil vom - BSGE 89, 90, 98 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3).

Auch soweit die Unrichtigkeit eines Honorarbescheides auf Fehlern bei den generellen Grundlagen der Honorarverteilung beruht, muss dem Vertrauensschutz der betroffenen Vertragsärzte Rechnung getragen werden. Die Interessen des einzelnen Vertragsarztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der KÄV auf die Weitergabe nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertragsärzte andererseits müssen zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden (vgl näher ua B 6 KA 16/00 R -, BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352, und vom , BSGE 89, 90, 96 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3). Das schließt zunächst aus, dass die KÄV ohne konkreten Anlass generell Honorarbescheide unter einen pauschalen Berichtigungsvorbehalt für den Fall stellt, dass die insgesamt in einem Quartal zu honorierende Punktmenge sich gegenüber den Annahmen, die der ursprünglichen Honorarverteilung zu Grunde liegen, nachträglich zB infolge gerichtlicher Entscheidungen ändert. Ein solcher genereller Berichtigungsvorbehalt nähme dem Honorarbescheid nahezu vollständig den Regelungscharakter. Weiterhin ist die umfassende Berichtigungsbefugnis der KÄV insbesondere dann einzuschränken, wenn sie Honorarbescheide erlässt, obwohl ihr bekannt ist, dass gegen die Rechtmäßigkeit des angewandten Regelwerks über die Honorarverteilung Bedenken angemeldet worden sind. In einer solchen Situation ist die KÄV gehalten, den Vertragsärzten zusammen mit den Honorarbescheiden ausdrücklich deutlich zu machen, inwieweit diese Bescheide im Hinblick auf die bestehenden Unklarheiten über die generellen Grundlagen der Honorarverteilung als vorläufige Regelungen erlassen werden. Um einen sachgerechten Ausgleich der widerstreitenden Interessen zu erreichen, ist zunächst in formeller Hinsicht erforderlich, dass auf Grund entsprechender Hinweise der KÄV hinreichend deutlich ist oder sich zumindest aus den dem Vertragsarzt bekannten Gesamtumständen hinreichend deutlich ergibt, unter welchen Voraussetzungen und in welchem ungefähren Umfang die KÄV sich auf eine Vorläufigkeit des Bescheides berufen und diesen ggf nachträglich korrigieren können will. Weiterhin darf sich die Vorläufigkeit des Honorarbescheides ihrem Gegenstand nach nur auf begrenzte Teile des Honorarbescheides bzw - wirtschaftlich betrachtet - kleinere Anteile der Honorarforderung des Vertragsarztes beziehen. Ein Vorläufigkeitshinweis, der es ermöglichen würde, das vertragsärztliche Honorar für ein bestimmtes Quartal auf die Hälfte des Betrages zu reduzieren, der sich aus dem Honorarbescheid zunächst ergibt, nähme diesem Bescheid den Charakter als Regelung des Honoraranspruchs des Vertragsarztes für ein Kalendervierteljahr, weil dem Arzt in der Sache lediglich eine Abschlagszahlung zugebilligt würde (BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352).

Nach den aufgezeigten rechtlichen Maßstäben erweisen sich die angefochtenen Bescheide als rechtmäßig. Bei der Honorarverteilung für die beiden ersten Quartale des Jahres 1996 war die KÄV zunächst verpflichtet, den Beschluss des Bewertungsausschusses vom einschließlich der mit (Rück-)Wirkung zum erlassenen Änderungen des EBM-Ä (ua Einführung von Punktzahlobergrenzen für bestimmte Leistungsbereiche) anzuwenden. Das hatte zur Folge, dass in erheblichem Umfang insbesondere Beratungs-, Gesprächs- und Untersuchungsleistungen nicht gesondert zu vergüten waren, soweit die Vertragsärzte die Grenzbeträge der einzelnen Teilbudgets überschritten hatten. Nachdem das entschieden hatte, dass die rückwirkende Einführung der Teilbudgets mit höherrangigem Recht nicht in Einklang steht (BSGE 81, 86 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18), erwiesen sich die Rechtsgrundlagen der Honorarverteilung und damit die Honorarbescheide, die auf sie gestützt waren, als rechtswidrig. Die Beklagte ging deshalb zu Recht davon aus, dass zumindest die Vertragsärzte, deren Honorarbescheide für die Quartale I und II/1996 noch nicht bestandskräftig geworden waren, Anspruch auf Nachvergütung ihrer ursprünglichen nicht gesondert vergütungsfähigen Leistungen hatten. Die Beklagte musste deshalb in erheblichem Umfang Leistungen nachvergüten. Das wiederum hat in einem Gesamtvergütungssystem ohne Nachschussverpflichtung der Krankenkassen zur Konsequenz, dass die Punktwerte für die Mehrzahl der Leistungen bei zutreffender Anwendung der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung hinter den Werten zurückbleiben, die die Beklagte ihren ursprünglichen Honorarbescheiden ua gegenüber der Klägerin zu Grunde gelegt hatte. Die Beklagte war zur Korrektur dieser hinsichtlich der Punktwerthöhe unrichtigen Bescheide berechtigt, weil sie die ursprünglichen Honorarbescheide insoweit als vorläufige Regelung gekennzeichnet hatte. Der Erlass der ursprünglichen Honorarbescheide als (teilweise) vorläufige Regelungen hat den oben dargestellten Maßstäben in formeller und materieller Hinsicht entsprochen. Deshalb war die Beklagte berechtigt, sich auf die Vorläufigkeit zu berufen, die Bescheide zu korrigieren und das Honorar für die streitbefangenen Quartale in einer Höhe festzusetzen, bei der die Klägerin selbst nicht in Frage stellt, dass sie unter Anwendung der nunmehr als rechtmäßig erkannten normativen Grundlagen der Honorarverteilung zutreffend ist.

Der von der Beklagten den ursprünglichen Honorarbescheiden beigefügte Vorläufigkeitshinweis beschreibt seinen Gegenstand und seinen Umfang nicht so präzise, wie das die KÄV Berlin in ihren Honorarbescheiden für die Quartale I und II/1996 getan hatte, die Gegenstand der gewesen sind (- ua B 6 KA 16/00 R - BSGE 89, 62 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42). Vor allem ist der Vorläufigkeitshinweis der Beklagten jedenfalls seinem Wortlaut nach nicht auf die umstrittene Rechtmäßigkeit der rückwirkend eingeführten Teilbudgets im EBM-Ä beschränkt, und die Beklagte hatte - im Unterschied zu den Honorarbescheiden der KÄV Berlin - den ursprünglichen Honorarbescheiden keine Vergleichsberechnung beigefügt, der der Vertragsarzt hätte entnehmen können, in welchem Umfang sich sein Honoraranspruch im für ihn ungünstigsten Fall vermindern würde. Gleichwohl genügt der Vorläufigkeitshinweis der Beklagten noch den hier zu beachtenden Anforderungen und war geeignet, bei der Klägerin kein Vertrauen auf den Bestand der Honorarbescheide für die Quartale I und II/1996 entstehen zu lassen.

Die Klägerin hat dem den Honorarbescheiden für die Quartale I und II/1996 beigefügten Vorläufigkeitshinweis mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen können, unter welchen Voraussetzungen die KÄV sich auf die Vorläufigkeit des Bescheides würde berufen dürfen. Der Hinweis auf die "umfangreichen EBM-Regelungen, deren Rechtswidrigkeit umstritten ist" ist zwar relativ allgemein gehalten. In der konkreten Situation Mitte des Jahres 1996 konnte damit aber für jeden Vertragsarzt erkennbar nur die rückwirkend im EBM-Ä vorgenommene Budgetierung wichtiger Leistungsbereiche gemeint sein. In einem Beschluss des Bewertungsausschusses, der bereits am im offiziellen Publikationsorgan von Kassenärztlicher Bundesvereinigung und Bundesärztekammer, dem DÄ, veröffentlicht worden ist, war eine möglicherweise rückwirkend einzuführende Budgetierung ua von Gesprächsleistungen bei einem Anstieg des abgerechneten Punktzahlvolumens angekündigt worden (vgl dazu im Einzelnen BSGE 81, 86, 98 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 94). Die Auseinandersetzung über die Rechtmäßigkeit einer solchen Maßnahme ist schon vor ihrem Inkrafttreten am Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen im DÄ gewesen (vgl Maus, DÄ vom , A-1379, 1380; ders, DÄ vom , A-1594, 1596; Wittek, DÄ vom , A-1600). Der Vertragsarzt, dem im Juli 1996 ein Honorarbescheid für das Quartal I/1996 mit dem von der Beklagten verwendeten Hinweis zugegangen ist, konnte und musste deshalb erkennen, dass sich dieser Hinweis auf den Streit um die Rechtswidrigkeit der rückwirkenden Einführung der Teilbudgets und damit der rückwirkenden Beschränkung der Zahl der insgesamt zu honorierenden Punkte bezog. Soweit der Vorläufigkeitshinweis auch auf bestimmte "regionale Maßnahmen" der Beklagten zur Mengenbegrenzung Bezug nimmt, weist die Revision allerdings zutreffend darauf hin, es sei nicht hinreichend deutlich erkennbar, was genau der Gegenstand des Vorläufigkeitshinweises in dieser Hinsicht sein sollte. Dies hat sich hier jedoch nicht ausgewirkt. Selbst wenn der Hinweis insoweit zu unbestimmt gewesen sein sollte, hätte das nicht zur Konsequenz, dass er insgesamt, also auch in seinem zutreffenden und dem Vertragsarzt verständlichen Teil, ungeeignet gewesen wäre, ein Vertrauen der Klägerin auf den Bestand der Honorarbescheide insoweit auszuschließen. Die (unterstellt) teilweise Untauglichkeit des Hinweises lässt den hinreichend bestimmt und präzise gefassten anderen Teil in seinen Auswirkungen unberührt. Im Hinblick auf den rechtlich entscheidenden Ausgangspunkt des Vorläufigkeitshinweises, nämlich den Streit um die Rechtmäßigkeit der rückwirkenden Einführung von Teilbudgets und deren Auswirkungen auf die insgesamt zu honorierenden Punktzahlen, war das Vertrauen der Klägerin auf den dauerhaften Bestand der Honorarbescheide für die Quartale I und II/1996 erschüttert worden.

Auch dem Erfordernis, dass der Vorläufigkeitshinweis annähernd den Umfang erkennen lassen muss, in dem das Vertrauen des Vertragsarztes auf den Bestand des ihm erteilten Honorarbescheides von vornherein ausgeschlossen sein soll, wird in einer noch ausreichenden Weise Rechnung getragen, wobei die besonderen Umstände beim Erlass der Honorarbescheide für die beiden ersten Quartale des Jahres 1996 zu berücksichtigen sind. Mit den "umfangreichen EBM-Regelungen, deren Rechtswirksamkeit umstritten ist", kann - wie dargelegt - nur die Einführung der Teilbudgets generell sowie insbesondere deren rückwirkende Einführung durch Beschluss des Bewertungsausschusses vom gemeint gewesen sein. Ungeachtet der weiter gehenden Formulierung kann sich der Vorläufigkeitshinweis daher nur auf die Teile des Honorarbescheides beziehen, die in unmittelbaren Zusammenhang mit den Vorschriften über die Teilbudgets im EBM-Ä stehen. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass wegen der Unsicherheit, welche Auswirkungen eine Aufhebung der rückwirkenden Einführung der Teilbudgets für die ersten beiden Quartale des Jahres 1996 auf die Honorarverteilung insgesamt haben würde, die Quantifizierung des unter ausdrücklichen Vorbehalt gestellten Teils des vertragsärztlichen Honorars schwierig gewesen ist. Dass insoweit zumindest annähernde Berechnungen möglich gewesen wären, hat zwar die KÄV Berlin in den Verfahren deutlich gemacht, die Gegenstand der (aaO) gewesen sind. Selbst wenn jedoch die Beklagte in der Lage gewesen wäre, den Umfang der ausdrücklich bestimmten Vorläufigkeit der Honorarbescheide für die Quartale I und II/1996 näher zu präzisieren, als sie es getan hat, führt das nicht zur Rechtswidrigkeit der streitbefangenen Korrekturbescheide. Die Beklagte ist lediglich berechtigt, sich auf die den Honorarbescheiden beigefügten Vorläufigkeitshinweise in dem Umfang zu berufen, wie sich die Unrichtigkeit der Bescheide als eine Folge der Reduzierung der Auszahlungspunkte für die ersten beiden Quartale des Jahres 1996 darstellt. Deshalb ist die Korrekturbefugnis der Beklagten auf die Punktwertminderung beschränkt, die ihrerseits eine unmittelbare Folge ihrer Verpflichtung darstellt, die ursprünglich von den Teilbudgetregelungen erfassten "überschießenden" Punkte zu honorieren. Ob der Wortlaut des Vorläufigkeitshinweises der Beklagten weiter gehende Korrekturmöglichkeiten eröffnen würde bzw sollte, bedarf hier keiner Entscheidung. Sie hat sich darauf beschränkt, die aus dem dargestellten Grund erforderliche Korrektur der Auszahlungspunktwerte an die ursprünglich begünstigten Vertragsärzte weiter zu geben. Dass das Vertrauen der Klägerin auf den Bestand des Honorarbescheides durch den weitgefassten Vorläufigkeitshinweis möglicherweise noch stärker eingeschränkt gewesen ist, als dies rechtmäßig hätte geschehen können, führt nicht dazu, dass die Korrektur rechtswidrig ist, soweit die Beklagte sich diese in den ursprünglichen Honorarbescheiden in rechtmäßiger Weise vorbehalten hat.

Der Umfang der Vorläufigkeit der ursprünglichen Honorarbescheide hat der Klägerin im Übrigen kein unzumutbares wirtschaftliches Risiko aufgebürdet. Für das Quartal I/1996 war ihr ursprünglich ein Honorar von 78.046,42 DM zuerkannt worden. Nach der Korrektur beläuft sich das Honorar auf 67.677,48 DM, was einem Minus von etwa 13,3 % entspricht. Im Quartal II/1996 führten die Korrekturen zu einer Reduzierung von 86.608,55 DM auf 81.646,61 DM, was einem Minus von etwa 5,7 % entspricht. Vergleichbare Honorarminderungen hat der Senat in seinen Urteilen vom , soweit Verfahren aus dem Bezirk der KÄV Thüringen betroffen waren (ua B 6 KA 76/00 R), gebilligt. Auch die KÄV Thüringen hatte in den ursprünglichen Honorarbescheiden den Umfang der maximal zu erwartenden Honorarminderung gegenüber den Vertragsärzten nicht - wie die KÄV Berlin - exakt beziffert. Für eine davon abweichende Beurteilung liegen hier keine Gründe vor.

Die Beklagte hat kein Ermessen ausüben müssen, ob sie die ursprünglichen Bescheide unter Berufung auf deren teilweise Vorläufigkeit berichtigen will. Das hat der Senat bereits mit Urteilen vom entschieden (- ua B 6 KA 16/00 R - BSGE 89, 62, 75 = SozR 2500 § 85 Nr 42 S 355). Die Klägerin wendet sich dagegen nicht und stellt auch ihre auf § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X beruhende Verpflichtung nicht in Frage, das nach den - wie dargestellt - rechtmäßigen Korrekturbescheiden zu viel erhaltene Honorar zurückzuzahlen.

Soweit die Klägerin schließlich meint, auch die nachträgliche Punktwertabsenkung sei - ebenso wie die nachträglich eingeführte Begrenzung der Punktmenge durch Teilbudgetierungen - eine unzulässig rückwirkende Maßnahme gewesen, verkennt sie die Grundlagen des vertragsärztlichen Vergütungssystems. Wie der Senat bereits in seinem die rückwirkende Änderung des EBM-Ä 1996 betreffenden Urteil vom im Einzelnen dargelegt und in seinem Urteil vom erneut klargestellt hat, besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen der rückwirkend angeordneten Punktzahlbegrenzung im EBM-Ä einerseits und dem Umstand andererseits, dass der Wert eines jeden abgerechneten Punktes in Zeiten einer begrenzt zur Verfügung stehenden Gesamtvergütung erst nach Abschluss des betreffenden Quartals zu ermitteln ist, dh dann, wenn die Anzahl der von allen Vertragsärzten abgerechneten Punkte abschließend feststeht. Der EBM-Ä darf als normatives Regelungswerk die punktzahlmäßige Bewertung von Leistungen nicht nachträglich reduzieren, weil ihm eine Steuerungsfunktion innewohnt und auch für den Vertragsarzt bereits zu Beginn einer jeden Behandlung feststehen muss, welche Leistungen für ihn erbringbar und abrechenbar sind und wie diese bewertet werden; die Höhe des Punktwertes ist demgegenüber nach der gesetzlichen Konzeption vor dem Hintergrund der gesamtvertraglichen Strukturen und der innerärztlichen Honorarverteilung regelmäßig erst nach Vornahme von Rechenoperationen zu ermitteln und keine im Voraus festgelegte Größe, in die Vertrauen gesetzt werden könnte (vgl zum Ganzen BSGE 81, 86, 91 ff = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 86 ff und BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 31 S 238 f).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz in der bis zum geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl Senatsurteil vom - B 6 KA 12/01 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

Fundstelle(n):
QAAAC-14013