Leitsatz
1. Die Kassenärztliche Vereinigung darf in ihrem Honorarverteilungsmaßstab auch ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung Fristen für die Vorlage der vertragsärztlichen Abrechnung eines Quartals setzen und als materielle Ausschlussfristen ausgestalten.
2. Ausgestaltung und Anwendung derartiger Ausschlussfristen müssen wegen der gravierenden Auswirkungen auf das Recht der Vertragsärzte auf Honorierung ihrer Leistungen dem Verhältnismäßigkeitsgebot hinreichend Rechnung tragen.
Gesetze: SGB V § 82 Abs 1; SGB V § 85 Abs 1; SGB V § 85 Abs 4 S 1; SGB V § 85 Abs 4 S 2; BMV-Ä § 18 Abs 1 Nr 1; EKV-Ä § 21 Abs 1 Nr 1; GG Art 12 Abs 1; GG Art 20 Abs 3
Instanzenzug: LSG Baden-Württemberg L 5 KA 2811/02 vom SG Stuttgart S 5 KA 4543/00 vom
Gründe
I
Die Beteiligten streiten über die Vergütung verspätet eingereichter Abrechnungsscheine.
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis von Ärzten für Laboratoriumsmedizin, die im Bezirk der früheren Kassenärztlichen Vereinigung Nord-Württemberg (KÄV NW), die zum in der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KÄV BW) aufgegangen ist, an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt. Die Klägerin reichte bei der Abrechnung für das Quartal I/2000 bei einer Gesamtfallzahl von 99.511 ca 5.200 Abrechnungsscheine aus dem Quartal IV/1999 ein. Die KÄV NW lehnte die Vergütung dieser Scheine mit der Begründung ab, der auf der Grundlage des § 5 des Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) festgesetzte Einsendetermin für Abrechnungsscheine aus dem Quartal IV/1999 sei nicht eingehalten worden (Bescheid vom , Widerspruchsbescheid vom ).
Die Klägerin hat mit ihrer Klage geltend gemacht, sie habe einen Anspruch auf Vergütung, da sie unverschuldet an der rechtzeitigen Einreichung der Abrechnungsscheine gehindert gewesen sei. In ca 1.500 Fällen habe die Leistungserbringung über das Ende des Vorquartals hinaus angedauert, bei ca 3.000 Scheinen habe die verspätete Einreichung auf einem Software-Fehler beruht und in ca 500 Fällen hätten die Versicherten ihre Krankenversichertenkarte den überweisenden Ärzten so spät vorgelegt, dass diese ihre Überweisungsscheine erst nach dem Einsendetermin ausgestellt und ihr - der Klägerin - zugeleitet hätten.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom ). Das Landessozialgericht (LSG) hat der Berufung der Klägerin insoweit stattgegeben, als die Leistungserbringung über das Ende des Vorquartals hinaus angedauert hatte (ca 1.500 Fälle); im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom ). Die Regelung des § 5 Abs 1 Satz 1 HVM sei als materielle Ausschlussfrist für verspätet eingereichte Abrechnungen zu verstehen. Als solche habe sie in § 85 Abs 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) eine hinreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlage und sei angesichts der Besonderheiten der Verteilung der Gesamtvergütung auch verhältnismäßig. Sie sei geeignet und erforderlich, um eine möglichst zügige Abrechnung eines Quartals zu erreichen, und belaste die Vertragsärzte nicht unzumutbar, zumal eine schnelle Honorarverteilung auch ihrem Interesse entspreche. Die KÄV NW habe die Vergütung der Abrechnungsscheine aus dem Quartal IV/1999, die wegen eines EDV-Fehlers der Abrechnung dieses Quartals nicht beigefügt gewesen seien, sowie derjenigen Abrechnungsscheine, die wegen verspätet ausgestellter Überweisungsscheine nicht rechtzeitig zur Abrechnung eingereicht worden seien, ablehnen dürfen. Die Ausnahmebestimmungen im HVM für die Nachreichung von Abrechnungsscheinen könnten bei Software-Fehlern der betroffenen Ärzte nicht zur Anwendung kommen. Im Ergebnis gelte für die wegen nachträglicher Zusendung von Überweisungsscheinen an die Klägerin zu spät abgerechneten Leistungen nichts anderes. Auch solche Abrechnungsscheine könnten nicht nachträglich vergütet werden, da sie den Vertragsärzten zum Einsendetermin hätten vorliegen können, wenn die gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen beachtet worden wären. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, sich entweder rechtzeitig einen Überweisungsschein für die vertragsärztliche Behandlung ausstellen zu lassen oder die Erbringung der Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung abzulehnen bzw gemäß § 18 Abs 1 Nr 1 des Bundesmantelvertrags-Ärzte (BMV-Ä), § 21 Abs 1 Nr 1 des Bundesmantelvertrags-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä; - jeweils Stand: , vgl DÄ 1999, A-797 und A-799) privat abzurechnen.
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision in erster Linie eine Verletzung von Art 12 Abs 1 und Art 20 Abs 3 Grundgesetz (GG). Unter Berücksichtigung der sich aus Art 12 Abs 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip im Sinne des Art 20 Abs 3 GG ergebenden Anforderungen an Regelungen, die eine Vergütung für erbrachte vertragsärztliche Leistungen ausschlössen, stehe § 5 HVM ihrem - der Klägerin - Vergütungsanspruch nicht entgegen. Denn die Vorschrift und ihre gesetzliche Grundlage im SGB V genügten nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die an eine materielle Ausschlussfrist (Präklusionsnorm) für den Vergütungsanspruch eines Vertragsarztes zu stellen seien. Im Übrigen hätte ihr - der Klägerin - auf Grund langjähriger anderweitiger Auslegung und Verwaltungspraxis, nach der mit der Honorarabrechnung des Folgequartals eingereichte Abrechnungsscheine aus dem Vorquartal stets vergütet worden seien, jedenfalls Vertrauensschutz hinsichtlich der Abrechnung der ca 3.500 Scheine aus dem Quartal IV/1999 gewährt werden müssen. Des Weiteren hätte die Beklagte ihr - der Klägerin - nach § 27 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch Wiedereinsetzung in die versäumte Abrechnungsfrist gewähren müssen. Zudem sei § 5 HVM als materielle Ausschlussfrist mit den Bundesmantelverträgen als höherrangigen Rechtsvorschriften insoweit unvereinbar, als ein Vergütungsausschluss auf Grund verspäteter Abrechnung für diejenigen Abrechnungsscheine angenommen werde, für die ihr - der Klägerin - von den einsendenden Ärzten nachträglich Untersuchungsaufträge gemäß Muster 10 der Vordruckvereinbarung erteilt worden seien. Schließlich beruhe das Berufungsurteil auf einem Verfahrensfehler, soweit ihr - der Klägerin - Vortrag zum Vertrauensschutz nicht berücksichtigt worden sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom insoweit aufzuheben, als ihre - der Klägerin - Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom zurückgewiesen worden ist, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom insgesamt aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, die als verspätet nicht vergüteten Abrechnungsscheine aus der Honorarabrechnung des Quartals I/2000 mit der Quartalsangabe IV/1999 zu vergüten,
hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, über ihre - der Klägerin - Honorarforderung für das Quartal I/2000 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Nach ihrer Auffassung enthält § 5 HVM eine rechtswirksame Ausschlussfrist. Zwar regele § 5 HVM seinem Wortlaut nach nicht die Rechtsfolge eines Abrechnungsausschlusses. Doch sei die Bestimmung insgesamt so eindeutig, dass die bei verspäteter Einreichung eintretende Rechtsfolge erkennbar sei. § 85 Abs 4 SGB V stelle eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Einführung von Abrechnungsausschlussfristen dar. Die Ausschlussfrist sei zur Erreichung des Ziels einer zeitgerechten Verteilung der Gesamtvergütung auch geeignet. Würde es in das Belieben der Praxis gestellt, wann sie welche Abrechnungsscheine vorlege, könnten angesichts der vielfältigen Auswirkungen der Scheinzahl sämtliche Steuerungsinstrumente der KÄV ausgehebelt werden. Die HVM-Regelung sei zur Vermeidung von Verwerfungen im quartalsbezogenen Abrechnungsgeschehen notwendig.
II
Die Revision der Klägerin hat ganz überwiegend Erfolg.
Die Entscheidung der KÄV NW, die wegen zunächst nicht vorliegender Überweisungen bzw wegen eines Softwarefehlers bei der Klägerin verspätet eingereichten Abrechnungsscheine aus dem Quartal IV/1999 von vornherein von der Abrechnung für das Quartal I/2000 auszuschließen, ist rechtswidrig. Soweit die Versäumung der Abrechnungsfrist darauf beruht, dass der Klägerin die Überweisungsscheine der behandelnden Ärzte erst nach dem für die Abrechnung des Quartals IV/1999 gesetzten Stichtag zugegangen sind, ist die Beklagte zur Bearbeitung dieser Abrechnungsscheine verpflichtet. Soweit der Versäumung des Abrechnungstermins ein Softwarefehler bei der Klägerin zugrunde liegt, muss die Beklagte über die Abrechnung der betroffenen Scheine aus dem Quartal IV/1999 - ggf nach Anpassung ihres HVM - neu entscheiden.
Nach der von der Beklagten vertretenen und vom Berufungsgericht geteilten Auffassung normiert § 5 Abs 1 Satz 1 HVM einen Abrechnungsausschluss für die von der Klägerin erst mit der Abrechnung für das Quartal I/2000 eingereichten Abrechnungsscheine des Quartals IV/1999. Zwar erscheint diese Auslegung der Satzungsvorschrift der Beklagten angesichts ihres Regelungsgehaltes nicht zwingend, zumal auch die Beklagte nach ihren eigenen Angaben zuvor von einem anderen Verständnis ausgegangen ist. Der Senat ist jedoch an die Auslegung durch das LSG gebunden, weil es sich um nicht revisibles Rechts handelt (§ 162 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) und sie nicht willkürlich, dh schlechthin nicht nachvollziehbar, sondern mit der gegebenen Begründung noch vertretbar ist (vgl zur revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht revisiblen Rechts s BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 44 S 358 f und BSG SozR 4-2500 § 112 Nr 3 RdNr 4 ff, mwN). In der vom LSG getroffenen Auslegung verstößt die Vorschrift des § 5 Abs 1 Satz 1 HVM aber gegen Bundesrecht und ist unwirksam. Auf sie kann daher die Nichtbearbeitung der im Quartal I/2000 eingereichten Abrechnungsscheine der Klägerin aus dem Quartal IV/1999, soweit dies im Revisionsverfahren noch umstritten ist, nicht gestützt werden.
Die für die Abrechnung im streitbefangenen Zeitraum maßgeblichen Vorschriften im HVM der KÄV NW lauten im Zusammenhang:
§ 5
(1) Um einen geordneten Abrechnungsverkehr zu gewährleisten, ist es notwendig, die Abrechnungen vollständig bis zu den Einsendeterminen einzureichen, die die KÄV NW rechtzeitig vor Ablauf des jeweiligen Kalendervierteljahres durch Rundschreiben bekannt gibt. Ausnahmen von der Einhaltung dieser Fristen können nur auf rechtzeitig vorher gestellten und begründeten Antrag gewährt werden.
(2) Soweit zum Zeitpunkt der Einreichung der Abrechnungen einzelne Abrechnungsscheine noch nicht vorliegen, sind sie nicht nachzureichen, sondern den Abrechnungsunterlagen des folgenden Kalendervierteljahres beizufügen. Diese Abrechnungsscheine werden mit den Vergütungen abgerechnet, die für das Kalendervierteljahr gelten, mit dem die Abrechnungsscheine nachgereicht wurden. Eine nachträgliche Berichtigung oder Ergänzung einer irrtümlich unvollständigen Abrechnung für eingereichte Behandlungsfälle ist nach Abgabe der Abrechnungsunterlagen unzulässig.
(3) Die vertraglichen Verjährungs- bzw Ausschlussfristen für die Abrechnung von Leistungen sind zu beachten. Damit die KÄV NW die Möglichkeit der noch fristgerechten Bearbeitung verspäteter Abrechnungen vor ihrer Verjährung bzw ihrem Ausschluss hat, endet die Möglichkeit der Abrechnung von Leistungen einschließlich Kostenersatz bei der KÄV NW zwei Monate vor der vertraglichen Verjährungs- bzw Ausschlussfrist. Soweit Verträge keine Verjährungs- bzw Ausschlussfristen enthalten, endet die Abrechnungsmöglichkeit bei der KÄV NW nach Ablauf des achten Kalendervierteljahres, das auf das Leistungsvierteljahr folgt.
§ 6
(1) Bei ungenügend begründetem Überschreiten der Abrechnungsfristen gemäß § 5 Abs 1 HVM wird ein Abzug von der Abrechnungssumme des Arztes vorgenommen. Der Abzug beträgt pro Kalendertag 0,5 % der rechnerisch-sachlich geprüften Abrechnungssumme, berechnet vom ersten Kalendertag nach Fristablauf bis zum Kalendertag, an dem die Abrechnungsunterlagen eingehen. Der Abzug beträgt insgesamt höchstens pro Abrechnungsquartal bei einer Verspätung innerhalb des ersten Monats, der auf das Abrechnungsquartal folgt, 2.000 DM, innerhalb des zweiten Monats 3.500 DM und bei einer Verspätung von mehr als zwei Monaten 5.000 DM. ...
(2) Abrechnungsunterlagen, die so spät eingehen, dass sie bei der laufenden Abrechnung keine Berücksichtigung mehr finden können, werden unbeschadet des Abzugs nach vorstehendem Abs 1 bis zum nächsten Abrechnungsvierteljahr zurückgestellt.
Soweit § 5 Abs 1 Satz 1 HVM in der Auslegung des LSG einen Abrechnungsausschluss auch für solche Abrechnungsscheine normiert, die deshalb von der Klägerin nicht bis zum Einsendetermin vorgelegt werden konnten, weil zu diesem Zeitpunkt der den Patienten behandelnde Arzt an die Klägerin noch keine Überweisung übermittelt hatte, verstößt die Satzungsregelung der Beklagten gegen höherrangige bundesrechtliche Bestimmungen der Bundesmantelverträge. Nach ihnen wird mit der Nachreichung der Krankenversichertenkarte durch die Versicherten an den behandelnden Arzt die zuvor als privatrechtlich zu bewertende Behandlung zur vertragsärztlichen Behandlung. Dies erstreckt sich auch auf vom behandelnden Arzt vorgenommene Überweisungen.
Nach § 18 Abs 1 Nr 1 BMV-Ä, § 21 Abs 1 Nr 1 EKV-Ä (jeweils Stand: - jetzt: § 18 Abs 8 Nr 1 BMV-Ä, § 21 Abs 8 Nr 1 EKV-Ä) hat der Vertragsarzt einen Vergütungsanspruch unmittelbar gegen den gesetzlich Versicherten nur dann, wenn dieser die Krankenversicherungskarte oder einen anderen gültigen Behandlungsausweis nicht spätestens 10 Tage nach der ersten Inanspruchnahme im Quartal vorlegt. Legt der Versicherte bis Quartalsende die Krankenversichertenkarte oder einen anderen gültigen Behandlungsausweis vor, hat der Vertragsarzt eine bereits vom Versicherten entrichtete Vergütung zurückzuerstatten (§ 18 Abs 2 BMV-Ä, § 21 Abs 2 EKV-Ä <jeweils Stand: - jetzt: § 18 Abs 9 BMV-Ä, § 21 Abs 9 EKV-Ä>). Wird die Krankenversichertenkarte diesen Bestimmungen entsprechend nachgereicht, hat die Vergütung des Vertragsarztes im Wege der Honorarverteilung über die KÄV zu erfolgen. Da die 10-Tage-Frist der § 18 Abs 1 Nr 1 BMV-Ä, § 21 Abs 1 Nr 1 EKV-Ä über das Quartalsende hinaus andauern kann, ist es möglich, dass bei einem Einsendetermin innerhalb der ersten acht Kalendertage eines Quartals <wie bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten für die Quartale I/2000 bis III/2000> die 10-Tage-Frist noch nicht abgelaufen ist. In diesem Fall folgt aus den Bundesmantelverträgen, dass Abrechnungsscheine, die noch innerhalb der 10-Tage-Frist ausgestellt worden sind, aber erst nach Ablauf des Einsendetermins eingereicht werden können, von der Vergütung nicht ausgeschlossen werden dürfen.
Für Überweisungen gilt, dass diese - von begründeten Ausnahmefällen abgesehen - nur vorgenommen werden dürfen, wenn dem überweisenden Vertragsarzt die Krankenversichertenkarte oder ein anderer gültiger Behandlungsausweis vorgelegen hat (§ 24 Abs 2 Satz 1 BMV-Ä, § 27 Abs 2 Satz 1 EKV-Ä). Danach ist vor Vorlage der Krankenversichertenkarte eine Überweisung zwar im Grundsatz ausgeschlossen, jedoch in "besonderen Ausnahmefällen" gestattet, etwa wenn die zu veranlassenden Maßnahmen dringend erforderlich sind (vgl die Erläuterungen zur Vordruckvereinbarung, Stand Januar 2000, DÄ 2000, A-640, zu Muster 6 und 10). In diesen Ausnahmefällen kann allerdings ein Überweisungsschein, der die Anforderungen der Vordruckvereinbarung erfüllt, mangels Krankenversichertenkarte nicht ausgestellt werden. Nach den Wertungen der § 18 Abs 1 Nr 1, Abs 2 BMV-Ä, § 21 Abs 1 Nr 1, Abs 2 EKV-Ä ist eine derartige Überweisung indessen nicht bereits endgültig außerhalb des vertragsärztlichen Vergütungssystems abzuwickeln. Vielmehr muss es dem überweisenden Vertragsarzt möglich sein, dem auftragnehmenden Vertragsarzt einen Überweisungsschein nach der Vordruckvereinbarung nachzureichen, sobald ihm der Versicherte seine Krankenversichertenkarte innerhalb der Fristen der § 18 Abs 1 Nr 1, Abs 2 BMV-Ä, § 21 Abs 1 Nr 1, Abs 2 EKV-Ä vorgelegt hat. Dies kann aus den oben genannten Gründen auch noch nach Quartalsende geschehen. Da es insoweit für die Fristwahrung auf die Vorlage der Krankenversichertenkarte beim überweisenden Vertragsarzt ankommt, wird der Überweisungsschein erst nach der erforderlichen Bearbeitungszeit beim überweisenden Arzt und damit regelmäßig erst nach Ablauf des Abrechnungseinsendetermins beim auftragnehmenden Vertragsarzt eintreffen.
Entgegen der Auffassung des LSG darf der die Überweisung annehmende Laborarzt in diesen Fällen keine privatärztliche Leistung gegenüber dem Patienten erbringen. Da typischerweise der Patient mit dem Laborarzt nicht persönlich in Kontakt tritt, könnte ein Behandlungsvertrag zwischen beiden nur zu Stande kommen, wenn der überweisende Arzt den Patienten insoweit vertritt (§ 164 Abs 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch <BGB>). Die erforderliche Vollmacht (§ 167 BGB) zum Abschluss eines privatärztlichen Behandlungsvertrages mit einem Laborarzt erteilt ein Patient jedoch gerade nicht, wenn er seinem behandelnden Arzt verspricht, die Versichertenkarte nachzureichen. Er bringt auf diese Weise vielmehr unmissverständlich zum Ausdruck, dass er eine Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung wünscht, und zwar sowohl durch den behandelnden Arzt als auch durch solche Ärzte, die der behandelnde Arzt zu Diagnosezwecken hinzuzieht. Deshalb kann ein die Überweisung erhaltender Vertragsarzt bis zum Ablauf der Fristen für die Nachreichung der Versichertenkarte nicht davon ausgehen, eine Überweisung privatärztlich bearbeiten zu dürfen, weil er typischerweise keinen Anspruch auf Vergütung gegen den Patienten erwirbt. Da die bundesmantelvertraglichen Vorschriften aber auch bei nachgereichten Überweisungen eine vertragsärztliche Gestaltung der Leistungs- wie der Vergütungsbeziehungen vorschreiben, ist eine HVM-Regelung unwirksam, die in solchen Fällen regelmäßig ausschließt, dass der die Überweisung empfangende Vertragsarzt einen Vergütungsanspruch geltend machen kann. Deshalb muss die Beklagte diejenigen Abrechnungsscheine der Klägerin mit der Quartalsangabe IV/1999, die diese wegen der zunächst fehlenden Überweisungen erst mit der Abrechnung des Quartals I/2000 vorgelegt hat, bearbeiten.
Soweit Abrechnungsscheine mit der Quartalsangabe IV/1999 wegen eines Softwarefehlers bei der Klägerin verspätet vorgelegt worden sind, steht § 5 Abs 1 Satz 1 HVM im Ergebnis der Bearbeitung ebenfalls nicht entgegen. Die Vorschrift ist in der vom LSG getroffenen Auslegung durch die Ermächtigungsgrundlage des § 85 Abs 4 Satz 1 und 2 SGB V nicht gedeckt und greift unverhältnismäßig in den grundrechtlich geschützten Vergütungsanspruch der Klägerin ein (zu den Voraussetzungen näher BVerfG <Kammer> SozR 4-2500 § 87 Nr 6 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 72 Nr 2 RdNr 129). Die Beklagte muss somit - ggf nach Änderung des HVM - neu über die Bearbeitung entscheiden.
Die KÄVen sind allerdings auf der Rechtsgrundlage des § 85 Abs 4 Satz 1 und 2 SGB V (in der hier maßgeblichen Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom , BGBl I 2266) befugt, in ihrem HVM Regelungen über die Modalitäten der Abrechnung durch die Vertragsärzte zu treffen. Sie dürfen in diesem Zusammenhang auch Abrechnungsfristen vorgeben und diese als Ausschlussfristen ausgestalten. Zwar dient der HVM grundsätzlich nur der Verteilung der Gesamtvergütung (BSGE 88, 20, 22 = SozR 3-2500 § 75 Nr 12 S 68). Doch dürfen in ihm auch Sachverhalte geregelt werden, die mit der Honorarverteilung im Zusammenhang stehen. Hierzu zählen insbesondere Bestimmungen über die Form und den Zeitpunkt der Vorlage der Abrechnungen (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 32 S 246; Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, K § 85 RdNr 161). Im HVM können insbesondere nicht nur die Fristen geregelt werden, die die Vertragsärzte bei der Abrechnung einhalten müssen, sondern auch die Folgen, die sich aus einem Fristversäumnis für die Abrechnungen ergeben. § 85 Abs 4 Satz 2 SGB V lässt daher auch eine Regelung im HVM zu, nach der Abrechnungsscheine von der Vergütung ausgeschlossen sind, die nicht innerhalb des festgesetzten Einsendetermins zur Abrechnung eingereicht werden.
Entgegen der Auffassung der Revision bedarf die Ausgestaltung von Abrechnungsfristen als materielle Ausschlussfristen in einem HVM keiner ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung. Die gesetzliche Ermächtigung für den Erlass des HVM in § 85 Abs 4 SGB V und der der KÄV damit eingeräumte Regelungsspielraum wird grundsätzlich dem Parlamentsvorbehalt und dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot gerecht (dazu BSG SozR 4-2500 § 72 Nr 2 RdNr 28, 29). Weitergehende Anforderungen ergeben sich auch nicht im Hinblick auf das Grundrecht aus Art 12 Abs 1 GG. Die Ausgestaltung einer Abrechnungsfrist als Ausschlussfrist stellt für sich genommen keinen derart schwerwiegenden Eingriff in die Berufsausübung dar, dass für ihn eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung erforderlich wäre.
Zweck der Honorarverteilung ist, dass nach jedem Quartal möglichst schnell und möglichst umfassend die für die Honorarverteilung zur Verfügung stehenden Beträge ausgekehrt werden (BSGE 89, 90, 95 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 8). Dies entspricht vor allem dem Interesse der Vertragsärzte. Denn diese sind - insbesondere wegen der zu bestreitenden Praxiskosten - auf eine möglichst kurze Zeitspanne zwischen Leistungserbringung und Leistungshonorierung angewiesen. Auch widerspräche die Zahlung lediglich von Abschlägen auf das voraussichtliche Honorar über einen längeren Zeitraum hinweg dem berechtigten Interesse der Ärzte an der Kalkulierbarkeit ihrer Einnahmen (BSGE 89, 62, 69 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 348; BSGE 89, 90, 95 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 8). Der Zeitpunkt, zu dem die KÄV nach Abschluss des jeweiligen Quartals die Abrechnung vorzunehmen und den Vertragsärzten ein Honorarbescheid zu erteilen hat, ist bundesrechtlich zwar nicht vorgegeben. Die KÄVen sind jedoch gehalten, die ihnen von den Krankenkassen gezahlte Gesamtvergütung (§ 85 Abs 1 SGB V) umgehend an die Vertragsärzte zu verteilen (§ 85 Abs 4 SGB V). Demgemäß sind die KÄVen verpflichtet, den Vertragsärzten alsbald nach Quartalsabschluss Honorarbescheide zu erteilen. Zahlreiche Bestimmungen sowohl der Bundesmantelverträge als auch des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen legen fest bzw setzen voraus, dass die vertragsärztlichen Leistungen in einem Kalendervierteljahr zusammengefasst vom Vertragsarzt abgerechnet und von der KÄV vergütet werden (BSGE 89, 62, 69 = SozR 3-2500 § 45 Nr 42 S 348 ff; BSGE 89, 90, 95 ff = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 8 ff, jeweils mwN).
Der Eigengesetzlichkeit eines auf das einzelne Quartal ausgerichteten Gesamtvergütungssystems entspricht es, Zahlungen möglichst aus der für das jeweilige Quartal zur Verfügung stehenden Gesamtvergütung vorzunehmen und Rückstellungen oder Nachvergütungen weitestgehend zu vermeiden. Die Bildung von Rückstellungen, dh der Einbehalt von Teilen der für ein Quartal entrichteten Gesamtvergütung, kann unerwünschte Auswirkungen auf die Finanzierbarkeit vertragsärztlicher Praxen und damit letztlich auf die Versorgung der Versicherten haben. Auch die berechtigten Belange der Krankenkassen können tangiert sein, wenn diese die Gesamtvergütung in gesetzeskonformer Höhe an die KÄV entrichten, die Vertragsärzte davon aber nur Teile erhalten, die eine angemessene Vergütung der von ihnen erbrachten Leistungen möglicherweise nicht gewährleisten (BSGE 89, 90, 97 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 10; BSGE 89, 62, 71 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 350; vgl Senatsurteil vom - B 6 KA 21/04 R <zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen> - zur Nachvergütung psychotherapeutischer Leistungen). Schließlich sind zahlreiche mengenbegrenzende Regelungen in Honorarverteilungsmaßstäben, wie etwa Fallzahlzuwachsbeschränkungen (s BSGE 92, 233 = SozR 4-2500 § 85 Nr 9) oder Individualbudgets (dazu BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 6), auf das einzelne Quartal bezogen. Die KÄV muss deshalb gewährleisten können, dass prinzipiell alle Leistungen eines Quartals rechtzeitig abgerechnet und von derartigen Steuerungsinstrumenten erfasst werden. Hierfür müssen Anreize zur Verlagerung von Abrechnungen in Folgequartale, etwa wenn die elektronische Erfassung der Abrechnungswerte einer Praxis einen starken und partiell unerwünschten Fallzahlzuwachs anzeigt, vermieden werden. Vor diesem Hintergrund ist es nicht nur gestattet, sondern sachlich geboten, Vorkehrungen dafür zu treffen, dass alle vertragsärztlichen Leistungen eines Quartals weitestgehend aus den für dieses Quartal von den Krankenkassen entrichteten Gesamtvergütungen honoriert werden.
Die Ausgestaltung von Abrechnungsfristen als materielle Ausschlussfristen ist zur Erreichung einer möglichst zügigen, zeitgerechten und vollständigen Verteilung der Gesamtvergütung grundsätzlich geeignet. Fristen für die Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen dienen umso mehr einer schnellen und umfassenden Honorarverteilung, je weniger Ausnahmen sie zulassen. Auf der anderen Seite können von Ausschlussfristen erhebliche Wirkungen für den Vergütungsanspruch des Vertragsarztes ausgehen. Das zeigt die Regelung des § 5 Abs 1 Satz 1 HVM in der Auslegung des Berufungsgerichts deutlich. Vertragsärzte, die auf Grund eines Versehens oder einer möglicherweise nicht sofort erkennbaren Störung im elektronischen Übermittlungssystem oder in der praxiseigenen Software einen größeren Teil ihrer Abrechnungen nicht zu dem von der KÄV gesetzten Termin innerhalb der ersten zwei Wochen des neuen Quartals vorlegen, laufen Gefahr, keinerlei Vergütung ihrer vertragsärztlichen Leistungen zu erhalten. Bei der Klägerin waren hier "lediglich" gut 5.000 (mit einem finanziellen Volumen von ca 100.000 DM) von knapp 100.000 Abrechnungsscheinen betroffen, also etwa 5 % der Abrechnungsfälle. Der Softwarefehler in der Praxis der Klägerin hätte aber ohne weiteres auch dazu führen können, dass 50 % der Abrechnungsfälle aus dem Quartal IV/1999 nicht in den ersten Tagen des Jahres 2000 vorgelegt worden wären. Die Klägerin hätte dann rechnerisch ca 1.000.000 DM Honorar verloren, obwohl sie im streitbefangenen Quartal die Praxiskosten in vollem Umfang zu tragen hatte. Solche Auswirkungen einer nicht weiter differenzierten und abgestuften Ausschlussfrist sind durch die Ermächtigungsgrundlage des § 85 Abs 4 SGB V nicht gedeckt und stellen zugleich eine unverhältnismäßige Einschränkung des durch Art 12 Abs 1 Satz 2 GG geschützten Rechts der Vertragsärzte auf eine Honorierung ihrer Leistungen dar (dazu näher BSG SozR 4-2500 § 72 Nr 2 RdNr 129). Das billigenswerte Ziel möglichst frühzeitiger, zu einem einheitlichen Zeitpunkt abgeschlossener Abrechnungen der vertragsärztlichen Leistungen rechtfertigt und fordert eine derart rigide und vor allem kurze Ausschlussfrist nicht.
Der HVM der KÄV NW lässt selbst erkennen, dass Ausnahmen von der Einhaltung des Einsendetermins zugelassen werden müssen und offenbar auch ohne gravierende Störung des vertragsärztlichen Vergütungssystems zugelassen werden können. Dafür spricht, dass die KÄV den Vertragsärzten die Möglichkeit einräumt, auf Antrag die Abrechnung zu einem späteren Zeitpunkt vorzulegen (§ 5 Abs 2). Auch ist bestimmt, dass Einzelabrechnungsscheine nachgereicht werden können, während sachgerechterweise die nachträgliche Korrektur von bereits vorgelegten Abrechnungsscheinen ausgeschlossen ist. Vor allem gestattet der HVM den Vertragsärzten die vollständige Vorlage einer Abrechnung erst im nachfolgenden Quartal und sanktioniert diese lediglich mit einem relativ geringfügigen Abschlag (§ 6 Abs 1). Soweit die Beklagte dazu erläutert hat, ein Arzt, der seine gesamte Abrechnung nicht zum Einsendetermin vorlege, müsse neben dem auf 5.000 DM begrenzten Abzugsbetrag den Verzicht auf Abschlagszahlungen im folgenden Quartal hinnehmen, führt das zu keiner anderen Bewertung. Die Wirkung des Wegfalls der monatlichen Abschlagszahlungen im Folgequartal bei Nichtvorlage der gesamten Abrechnung besteht in einem vorübergehendem Liquiditätsverlust, den eine Praxis jedenfalls dann bewältigen kann, wenn die Honorarzahlung als solche nach Quartalsabschluss nicht in Frage steht. Gegenüber einem völligen Ausfall der Vergütung für tatsächlich erbrachte Leistungen liegt darin ein weniger gravierender Eingriff. Auch der Verweis des § 5 Abs 3 HVM auf die gesamtvertraglich vereinbarten Ausschlussfristen im Verhältnis von KÄV und Krankenkassen, die mittelbar auf die Rechtsbeziehungen zwischen den Vertragsärzten und der vertragsärztlichen Vereinigung einwirken, sowie die endgültige Ausschlussfrist für die Vorlage von Abrechnungen erst acht Quartale nach Abschluss des Leistungsquartals zeigen, dass differenzierende Regelungen möglich sind.
Die KÄVen sind danach grundsätzlich berechtigt, die Nichteinhaltung von sachgerecht festgesetzten Vorlagefristen für die vertragsärztliche Abrechnung zu sanktionieren. Ihnen ist es im Hinblick auf das Ziel einer zeitnahen Abrechnung aller vertragsärztlichen Leistungen nicht verwehrt, durch Vorgabe von prozentualen Abzugsbeträgen von der anerkannten Honorarforderung des Vertragsarztes Vorkehrungen dafür zu treffen, dass tatsächlich alle Vertragsärzte sich bemühen, den gesetzten Termin einzuhalten, und Anreize vermieden werden, Abrechnungen bewusst in ein anderes Quartal als das der Leistungserbringung zu verlagern. Soweit die Beklagte hierzu im Revisionsverfahren eingewandt hat, einzelne Gerichte in ihrem Zuständigkeitsbereich hätten Regelungen über einen prozentualen Abschlag von dem vertragsärztlichen Honorar bei verspätet vorgelegter Abrechnung beanstandet, entspricht das im Grundsatz nicht der Rechtsauffassung des Senats, zumal das SGB V - zwar in anderem Zusammenhang, aber bei in mancher Hinsicht vergleichbarer Interessenlage - selbst prozentuale Abschläge vorsieht (s § 303 Abs 3 Satz 2 SGB V idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom , BGBl I 2190). In diesem Zusammenhang erscheint die Argumentation der Beklagten in sich widersprüchlich. Sie geht davon aus, prozentuale Abschläge bei verspäteter Abrechnung seien unverhältnismäßig, weil sie eine erhebliche Größenordnung erreichen könnten, vertritt aber andererseits die Rechtsauffassung, ein vollständiger Ausschluss eines großen Teils der Abrechnungen mit der Folge eines völligen Wegfalls eines Vergütungsanspruchs sei zulässig. Im Übrigen ist die KÄV berechtigt, hinsichtlich der Reaktion auf eine Versäumung des Einsendetermins danach zu differenzieren, ob ein Arzt einmalig, etwa infolge einer technischen Panne, verspätet abrechnet, oder regelmäßig den Termin schuldhaft versäumt. Letztgenanntes Verhalten stellt eine nicht ordnungsgemäße Erfüllung vertragsärztlicher Pflichten im Sinne des § 81 Abs 5 Satz 1 SGB V dar, das die KÄV darüber hinaus disziplinarisch ahnden kann.
Der vollständige und endgültige Vergütungsausschluss aller Abrechnungen, die ohne vorausgehenden Antrag auf Fristverlängerung nach dem Einsendetermin vorgelegt werden, belastet die Vertragsärzte jedoch unzumutbar. Geringfügige und nie vollständig vermeidbare Fehler der Ärzte, ihrer Mitarbeiter oder ihres EDV-Systems könnten bei Wirksamkeit solcher Regelungen wirtschaftliche Auswirkungen bis hin zur Existenzvernichtung haben. Vor allem die Kürze der Frist zwischen dem Quartalsende und dem Einsendetermin (regelmäßig der 8. oder 10. des Folgemonats) macht es nahezu unmöglich, etwa auf eine erkennbar unvollständige Datenübermittlung an die KÄV zu reagieren. Wenn die KÄV oder die Ärzte selbst den Fehler bemerken, ist die Frist zur Vorlage der Abrechnung regelmäßig bereits abgelaufen. Auch das - wie aufgezeigt - berechtigte Interesse der KÄV an einer möglichst umfassenden Abrechnung aller vertragsärztlichen Leistungen eines Quartals rechtfertigt einen derart weitgehenden Eingriff in die Rechtsposition der betroffenen Ärzte nicht.
Die auf Verpflichtung der Beklagten zur Bearbeitung dieser Scheine gerichtete weitergehende Revision der Klägerin ist indes nicht begründet. Die Nichtanwendbarkeit der Ausschlussfrist des § 5 Abs 1 Satz 1 HVM hat nicht zur Folge, dass der Rechtsstreit hinsichtlich der ca 3.000 Abrechnungsscheine aus dem Quartal IV/1999, die die Klägerin wegen eines Softwarefehlers erst im Folgequartal abgerechnet hat, spruchreif wäre; denn mit einer entsprechenden Verpflichtung der Beklagten würde ihr Gestaltungsspielraum in Bezug auf die Abrechnungsregelungen zu weitgehend eingeengt. Sie hat vielmehr die Möglichkeit, auch mit Wirkung für die streitbefangenen Quartale Regelungen zu schaffen, durch die die Interessen aller Vertragsärzte an einer zeitnahen und vollständigen Abrechnung gewahrt, aber auch die Belange des einzelnen Vertragsarztes insbesondere bei unverschuldeter oder allenfalls leicht fahrlässiger, einmaliger Versäumung des Einsendetermins berücksichtigt werden.
Der Senat darf der Entscheidung der Beklagten, ob sie in Kenntnis der Unwirksamkeit des als Ausschlussfrist verstandenen § 5 Abs 1 Satz 1 HVM die Fristenregelung in § 5 Abs 3 HVM modifizieren oder in anderer Weise reagieren will, nicht vorgreifen. Da die Beklagte allerdings nicht verpflichtet ist, ihren HVM rückwirkend den Vorgaben dieses Urteils anzupassen, die Klägerin aber einen Anspruch auf zeitnahe Entscheidung über ihre Abrechnung des Quartals IV/1999 hat, stellt der Senat klar, das die Beklagte zur Bearbeitung der betroffenen ca 3.000 Abrechnungen aus dem Quartal IV/1999 verpflichtet ist, soweit sie nicht innerhalb von sechs Monaten nach Zustellung dieses Urteils eine rückwirkende Neuregelung im HVM vorgenommen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff). Der Umstand, dass die Beklagte teilweise nicht unmittelbar zur Bearbeitung der Abrechnung, sondern nur zur Neubescheidung verpflichtet wird, stellt keine so gewichtige Abweichung zum Antrag der Klägerin im Revisionsverfahren dar, dass eine Kostenquotelung wegen eines teilweisen Unterliegens gerechtfertigt wäre.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
CAAAC-13961