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BSG Urteil v. - B 5 RJ 18/01 R

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: SGB VI § 43 Abs 2; SGG § 103

Instanzenzug: SG Mannheim vom

Gründe

I

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU).

Der im Jahre 1956 geborene Kläger hatte in der Zeit vom bis eine Lehre zum Maschinenschlosser durchlaufen, die schriftliche Facharbeiterprüfung jedoch nicht bestanden. Anschließend war er im Ausbildungsbetrieb bis als Fräser und Bohrwerksdreher beschäftigt und als Facharbeiter bezahlt worden. Ab wechselte er zur Firma A . Er wurde dort im Bereich des Bauhofes als "Lager- und Materialverwalter" eingesetzt. Vom bis war er arbeitsunfähig und hatte nach Ende der Lohnfortzahlung bis zur Aussteuerung Krankengeld erhalten. Seitdem bezieht er Leistungen der Arbeitslosenversicherung.

Den Antrag des Klägers vom auf Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit lehnte die Beklagte mit Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom mit der Begründung ab, die bisherige Berufstätigkeit sei zwar der Gruppe der Facharbeiter zuzuordnen, die festgestellten Gesundheitsstörungen (chronisches HWS-Syndrom mit rezidivierenden Nervenwurzelreizerscheinungen in HWS und BWS bei radiologisch nachgewiesenen Protrusionen C 3 bis C 6, funktionell ausreichend kompensiert; BWS-Syndrom mit rezidivierenden Blockierungen und reaktiver Muskelverspannung; rezidivierende vasomotorische Kopfschmerzen, psychogenes Fehlverhalten ohne Krankheitswert) führten zwar zu Einschränkungen des Leistungsvermögens (nur leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Zeitdruck, überwiegend einseitige Körperhaltung, häufiges Bücken, Belastung durch Kälte, Hitze, Zugluft und Nässe), hinderten den Kläger aber nicht, vollschichtig im bisherigen Beruf als Leitungsbauer weiterzuarbeiten. Grundlage für diese Beurteilung war vor allem das sozialmedizinische Gutachten Dr. E vom unter Auswertung der Befundberichte der behandelnden Ärzte und Krankenhäuser sowie vor allem eines neurologisch-psychiatrischen Zusatzgutachtens von Prof. Dr. med. F .

Das vom Kläger angerufene Sozialgericht (SG) Mannheim hat weitere Befund- und Behandlungsberichte sowie schriftliche Aussagen der behandelnden Ärzte angefordert. Als gerichtlich bestellte Sachverständige haben nach einer Untersuchung des Klägers zum einen Prof. Dr. S als Nebengutachter das psychosomatisch-psychotherapeutische Gutachten vom und zum anderen Dr. P als Hauptgutachter das fachorthopädische Gutachten vom erstattet. Beide Gutachter haben nahezu dieselben Diagnosen wie die im Verwaltungsverfahren gehörten Sachverständigen gestellt. Dr. P präzisierte jedoch die Höchstgrenzen der zu hebenden und zu tragenden Lasten.

Mit Urteil vom hat das SG Mannheim "dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit bewilligt" und im Übrigen die Klage abgewiesen: Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit, der Facharbeiterqualität zukomme, könne der Kläger im Anschluss an die eingeholten Gutachten ebenso wenig vollschichtig ausüben wie den Beruf eines Maschinenschlossers oder Industriemechanikers. Die von der Beklagten benannten Verweisungstätigkeiten (Lager- bzw Materialverwalter, Kontrolleur in der Produktion) seien nach den eingeholten Arbeitgeberauskünften für betriebsfremde Bewerber nicht zugänglich.

Gegen das Urteil hat nur die Beklagte Berufung eingelegt. Nach weiterer Beweiserhebung (Einholung ergänzender Arbeitgeberauskünfte vom und , eines fachorthopädischen Gutachtens von Prof. Dr. J vom , eines auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstatteten nervenfachärztlichen Gutachtens von G. B vom sowie Beiziehung weiterer ärztlicher Unterlagen) hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom das Urteil des SG aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen: Dem Kläger stehe kein Berufsschutz als Maschinenschlosser zu, weil er einerseits die schriftliche Facharbeiterprüfung nicht mit Erfolg abgelegt habe und sich andererseits mit der Aufnahme der Tätigkeit als Lager- und Materialverwalter bei der Firma A am von diesem Beruf aus freien Stücken gelöst habe. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit sei allenfalls dem Leitberuf des angelernten Arbeiters im oberen Bereich zuzuordnen. Dies folge aus der Arbeitgeberauskunft, wonach lediglich eine Einarbeitungszeit von 6 Monaten erforderlich sei. Dem stehe auch nicht die tarifliche Einstufung durch den Arbeitgeber in die Facharbeiterlohngruppe 8 entgegen, denn diese beruhe auf betriebsfremden Erwägungen; nach der Auskunft seien für die Eingruppierung auch Arbeitskräftemangel und Bewährungsaufstieg sowie Mehrarbeit maßgebend gewesen. Keine andere Beurteilung rechtfertige der Aufstieg in die Lohngruppe 9 wegen der Stellung eines Kolonnenführers. Auch dieser Aufstieg habe nach der Arbeitgeberauskunft nicht nur auf der Funktion, sondern ebenso auf Arbeitskräftemangel, Bewährungsaufstieg (langjährige Berufserfahrung) und Mehrarbeit beruht. Der Kläger sei zunächst stellvertretender Kolonnenführer einer Gruppe von 3 bis 4 Mann angelernter Kräfte gewesen. Er habe sich deshalb nur durch eine etwas herausgehobene Stellung innerhalb einer kleinen Arbeitsgruppe Angelernter ausgezeichnet und es fehle an jeglichem Nachweis für die Führung von Facharbeitern. Als Angelernter im oberen Bereich könne er zumutbar auf die von der Beklagten benannte Tätigkeit eines Lager- und Materialverwalters in einem anderen Unternehmen verwiesen werden. Insoweit werde auf die von der Beklagten vorgelegte Auskunft des Landesarbeitsamtes Baden-Württemberg aus dem Jahre 1987 Bezug genommen, wonach diese Tätigkeit nur eine Einarbeitungszeit von ein bis sechs Monaten erfordere und es sich um eine leichte bis mittelschwere Arbeit in wechselnder Körperhaltung in geschlossenen, geheizten Räumen handle. Die Tätigkeit könne zB im Ersatzteillager eines Betriebes des Kfz-Gewerbes ausgeübt werden, wie aus der von der Beklagten vorgelegten Auskunft des Verbandes des Kraftfahrzeuggewerbes Baden-Württemberg e.V. vom hervorgehe.

Selbst wenn der Kläger unter Zugrundelegung seiner Angaben in der mündlichen Verhandlung vom entgegen den Auskünften seines letzten Arbeitgebers weiterhin Tätigkeiten als Maschinenschlosser verrichtet und damit keine Lösung vom Ausbildungsberuf stattgefunden hätte, er also als Facharbeiter einzustufen wäre, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Er sei dann auf den Leitberuf des Angelernten verweisbar. "Um eine solche zumutbare Verweisungstätigkeit handelt es sich bei der von der Beklagten benannten eines Material- und Lagerverwalters, da diese eine echte betriebliche Ausbildung von wenigstens drei Monaten erfordert (BSGE 42, 243)".

Diese Tätigkeit könne der Kläger mit dem vorhandenen Restleistungsvermögen (für körperlich leichte vollschichtige Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne Heben und Tragen von Lasten über 15 kg, ohne Überkopfarbeiten, Zwangshaltung sowie Kälte-, Zugluft- und Nässeexposition) im Anschluss an die gehörten gerichtlichen Sachverständigen sowie die schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte verrichten. Der Kläger leide zur Überzeugung des Senats an einer sekundären Fibromyalgie. Diese Diagnose sei anlässlich der Untersuchung am in der Rheumaambulanz der Universitätskliniken Heidelberg (Privat-Dozent Dr. H ) anhand der in der Fachliteratur beschriebenen Kriterien gesichert worden. Die Erkrankung "begründet für sich allein zwar eine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens, sodass schwere Arbeiten oder Arbeiten in Zwangshaltung nicht mehr zumutbar sind. Eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten ohne Arbeiten unter Zeitdruck bleibt jedoch erhalten". Der Senat berufe sich insoweit auf die Ausführungen von Rohe/Rompe, Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung, VDR, 5. Auflage 1995, S 182. Dies gelte umso mehr, als Prof. Dr. J den Verdacht auf generalisierte Fibromyalgie bei seiner Leistungsbeurteilung berücksichtigt habe und auch in Kenntnis dessen nicht zu einer Einschränkung der vollschichtigen Leistungsfähigkeit gelangt sei. Eine - vom Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung beantragte - Einholung eines Gutachtens bei Dr. W von Amts wegen sei daher nicht erforderlich. Der Antrag des Klägers, hilfsweise nach § 109 SGG Dr. W zum Sachverständigen zu bestellen, sei verspätet.

Die - vom Senat zugelassene - Revision stützt der Kläger zunächst auf mangelhafte tatsächliche Feststellungen des LSG unter Verletzung der Amtsermittlungspflicht. Das LSG hätte den Unstimmigkeiten in den Arbeitgeberauskünften zur Qualität des bisherigen Berufes und seinem Vortrag im Termin zur mündlichen Verhandlung, er habe höherwertige Schlosser- und Technikerarbeiten ausgeführt und ihm seien auch Facharbeiter unterstellt gewesen, weiter nachgehen müssen. Insbesondere sei die Vermutung des LSG, ihm seien nur Angelernte unterstellt gewesen, weder durch die Arbeitgeberauskünfte noch durch eigene Feststellungen des LSG gedeckt.

Die Leistungsfähigkeit in medizinischer Hinsicht sei vor allem mit Blick auf die Fibromyalgie nicht ausreichend aufgeklärt. Weitere Ermittlungen durch Anhörung eines mit dem Krankheitsbild vertrauten Sachverständigen hätten uU ergeben, dass kein vollschichtiges Leistungsvermögen mehr bestehe. Das Gutachten von Prof. Dr. J sei insoweit ergänzungsbedürftig, denn es fehle eine eigenständige fachliche Einschätzung der Auswirkungen dieser Erkrankung. Der Sachverständige zitiere lediglich pauschal eine Literaturmeinung. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte sich deshalb aufdrängen müssen, und dem im Termin zur mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag hätte stattgegeben werden müssen. Die Begründung des LSG für die Ablehnung sei unzureichend, denn die Bezugnahme auf das Zitat aus dem Standardwerk des VDR "Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung", das möglicherweise nicht mehr auf dem neuesten Stand sei, erlaube nicht die generelle Aussage, dass bei den Erkrankten eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten grundsätzlich erhalten bleibe. Auch die Bezugnahme auf das Gutachten von Prof. Dr. J , der nur von einem Verdacht ausgegangen sei, führe wegen der geschilderten Mängel nicht weiter.

Weiter rügt der Kläger die fehlerhafte Anwendung des Mehrstufenschemas des Bundessozialgerichts (BSG) und damit eine Verletzung des § 43 Abs 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) aF. Das LSG habe verkannt, dass die bisherige Tätigkeit von der Firma A von Anfang an in die Facharbeiter-Lohngruppe 8 des MTV eingruppiert worden sei. Soweit angeblich qualitätsfremde Merkmale für die tarifliche Eingruppierung durch den Arbeitgeber maßgeblich gewesen seien, beziehe sich die Auskunft der Firma A - wenn überhaupt - auf die Höherstufung in die Lohngruppe 9. Im Übrigen habe das LSG die Rechtsprechung des BSG nicht beachtet, wonach allein die tarifvertragliche Eingruppierung den Facharbeiterstatus begründet. Ausgehend vom tatsächlichen Tätigkeitsbild hätte das LSG unter Berücksichtigung der Lohngruppenbeschreibung des einschlägigen Tarifvertrages den Facharbeiterstatus feststellen müssen. Die Verweisung auf die Tätigkeit eines Material- und Lagerverwalters auf der Ebene der Anlernberufe, für den Fall dass ein Berufsschutz bestehen sollte, sei unschlüssig. Es stehe nach der in Bezug genommenen Auskunft des Arbeitsamtes, wo von einer Einarbeitungszeit von 1 bis 6 Monaten die Rede sei, keinesfalls fest, dass die Tätigkeit eine "echte betriebliche Ausbildung von wenigstens drei Monaten" erfordere.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Die bisherigen Feststellungen des LSG lassen keine abschließende Entscheidung darüber zu, ob der Kläger berufsunfähig ist oder nicht. Zu Recht rügt der Kläger, dass es das LSG unter Verletzung von Verfahrens- und materiellem Recht (1) unterlassen hat, notwendige weitere Feststellungen zum bisherigen Beruf (2), zu den zumutbaren Verweisungstätigkeiten (3) und zum Restleistungsvermögen (4) zu treffen.

1. Berufsunfähig sind nach § 43 Abs 2 SGB VI (in der bis zum gültigen Fassung) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und den besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Nach den Übergangsvorschriften des § 300 Abs 2 und § 302b Abs 1 SGB VI, letztere neugefasst durch Gesetz vom (BGBl I 1827), ist diese Vorschrift für einen am bestehenden Anspruch auf Rente wegen BU weiterhin maßgebend (vgl auch - SozR 3-2600 § 300 Nr 14 mwN). Ein danach entstehender Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei BU richtet sich nach § 240 SGB VI, neugefasst durch Gesetz vom , dessen Definition der BU im Vergleich zu der bis zum geltenden Definition nur geringfügig verändert ist, sodass auch insoweit die bisherige Rechtsprechung des BSG herangezogen werden kann.

Ausgangspunkt bei der Prüfung der BU ist der bisherige Beruf des Versicherten. Darunter ist im Allgemeinen diejenige der Versicherungspflicht unterliegende Tätigkeit zu verstehen, die zuletzt auf Dauer, dh mit dem Ziel verrichtet wurde, sie bis zum Eintritt der gesundheitlichen Unfähigkeit oder bis zum Erreichen der Altersgrenze auszuüben; in der Regel ist das die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls wenn sie die qualitativ höchste ist (vgl 8/5a RKn 9/86 - SozR 2200 § 1246 Nr 158, vom - 13 RJ 35/96 - SozR 3-2200 § 1246 Nr 55 und vom - B 5 RJ 34/97 R - SozR 3-2200 § 1246 Nr 61 mwN).

Kann der bisherige Beruf nicht mehr ausgeübt werden, hängt der Rentenanspruch davon ab, ob es zumindest eine Tätigkeit gibt, die sozial zumutbar ist und gesundheitlich wie fachlich noch bewältigt werden kann. Dabei richtet sich die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) mit Unterscheidung in einen oberen und unteren Bereich, und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl zB - SozR 3-2200 § 1246 Nr 55 und vom - B 5 RJ 34/97 R - SozR 3-2200 § 1246 Nr 61, jeweils mwN). Im Rahmen der sozialen Zumutbarkeit kann auf eine Tätigkeit der jeweils nächstniedrigeren Gruppe verwiesen werden. Für die Verweisbarkeit eines angelernten Arbeiters ist es von Bedeutung, ob er dem oberen oder dem unteren Bereich dieser Gruppe angehört (vgl eingehend dazu - SozR 3-2200 § 1246 Nr 45 mwN). Während den Angehörigen des unteren Bereiches grundsätzlich alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts sozial zuzumuten sind, müssen sich Verweisungstätigkeiten für die Angehörigen des oberen Bereichs durch Qualitätsmerkmale auszeichnen, zB das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse. Aus der eingeschränkten Verweisbarkeit folgt, dass mindestens eine zumutbar in Betracht kommende Tätigkeit konkret zu bezeichnen ist (vgl mwN - SozR 3-2200 § 1246 Nr 45).

Die nach diesem Schema vorzunehmende Einordnung sowohl des bisherigen Berufs als auch der zumutbaren Verweisungstätigkeiten (vgl Senatsurteil vom - 5 RJ 34/90 - SozR 3-2200 § 1246 Nr 17) erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten oder der erforderlichen förmlichen Ausbildung. Entscheidend ist die Qualität der verrichteten oder zu verrichtenden Arbeit, dh der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl - SozR 3-2200 § 1246 Nr 27, vom - 5 RJ 24/94 - veröffentlicht in JURIS und vom - 13 RJ 5/96 - SozR 3-2600 § 43 Nr 15 und vom - B 13 RJ 23/00 R - SozR 3-2600 § 43 Nr 25 mwN).

Für die Ermittlung der Wertigkeit des bisherigen Berufs aber auch der Verweisungstätigkeit haben tarifliche Regelungen unter zwei Gesichtspunkten Bedeutung: Zum einen wird eine - "tarifliche" - Eingruppierung des Versicherten in eine Tarifgruppe des jeweils geltenden Tarifvertrages durch den Arbeitgeber als widerlegbarer Hinweis dafür gewertet, dass die vom Versicherten ausgeübte Tätigkeit in ihrer Wertigkeit der Berufs- und Tarifgruppe entspricht, nach der er bezahlt wird (vgl 13/5 RJ 69/90 - SozR 3-2200 § 1246 Nr 14 und vom - 13/5 RJ 22/90 - SozR 3-2200 § 1246 Nr 22). Zum anderen wird davon ausgegangen, dass die abstrakte - "tarifvertragliche" - Einstufung der einzelnen, in der Tarifgruppe genannten Tätigkeiten in der Regel auf deren Qualität beruht (vgl zB 4a RJ 51/84 - BSGE 59, 201 = SozR 2200 § 1246 Nr 132, und Senatsurteil vom - 5 RJ 82/89 - BSGE 68, 277 = SozR 3-2200 § 1246 Nr 13).

Es ist demzufolge zunächst der zeitlich und örtlich einschlägige Tarifvertrag zu ermitteln, wobei für die Feststellung der Wertigkeit des bisherigen Berufs die Fassung des Tarifvertrags maßgebend ist, die im Zeitpunkt der Beendigung der versicherungspflichtigen Beschäftigung gegolten hat (vgl zB 13/5 RJ 22/90 - SozR 3-2200 § 1246 Nr 22 und vom - 13 RJ 35/96 - SozR 3-2200 § 1246 Nr 55). Der Tarifvertrag ist sodann daraufhin zu überprüfen, ob die Lohngruppen allgemein nach Qualitätsstufen geordnet sind und ob der zu prüfende Beruf darin als solcher eingestuft ist, oder ob der Tarifvertrag insoweit lediglich allgemeine Merkmale enthält, anhand deren der jeweilige Arbeitgeber eine Eingruppierung der betreffenden Tätigkeit vorzunehmen hat (vgl zB 13/5 RJ 14/90 - BSGE 70, 56 = SozR 3-2200 § 1246 Nr 21 und vom - 13 RJ 35/96 - SozR 3-2200 § 1246 Nr 55). Auf der Suche nach der für die Wertigkeit des bisherigen Berufs relevanten Lohngruppe sind alle Merkmale auszuscheiden, die im Wesentlichen auf qualitätsfremden Gesichtspunkten beruhen (vgl zB 5b RJ 114/82 - BSGE 56, 72 = SozR 2200 § 1246 Nr 111 und vom - 13/5 RJ 22/90 - SozR 3-2200 § 1246 Nr 22). Analog gilt dies für die tarifliche Einstufung durch den Arbeitgeber. Sie kann für die Wertigkeit des bisherigen Berufs nicht herangezogen werden, wenn feststeht, dass die tarifliche Einstufung dem qualitativen Wert nicht entspricht. Dies ist dann anzunehmen, wenn die Einstufung im Wesentlichen auf die mit der Tätigkeit verbundenen Nachteile und Erschwernisse (zB Akkord-, Nacht-, Schmutzarbeit uä) oder auf sozialen Gründen wegen der in der Person des Versicherten liegenden Umstände beruht - zB "Bewährungsaufstieg" (vgl 5b RJ 16/81 - SozR 2200 § 1246 Nr 101, vom - 13/5 RJ 69/90 - SozR 3-2200 § 1246 Nr 14, vom - 5b RJ 88/84 - BSGE 58, 239 = SozR 2200 § 1246 Nr 129, vom - 5 RJ 82/89 - BSGE 68, 277 = SozR 3-2200 § 1246 Nr 13 und vom - B 8 KN 14/00 R - SozR 3-2600 § 43 Nr 26).

2. Diese Grundsätze hat das LSG unter Verletzung von Verfahrensrecht bei der Feststellung der Wertigkeit des bisherigen Berufs unbeachtet gelassen.

a) Die einzelnen vom Kläger bei der Firma A verrichteten Tätigkeiten als "Lager- und Materialverwalter" - also die Basis für die Ermittlung der Qualität des bisherigen Berufs - sind vom LSG nicht festgestellt. Eine nichtssagende Gruppenbezeichnung kann dies nicht ersetzen. Zu Recht rügt der Kläger eine Verletzung des § 103 SGG.

Das LSG geht selbst davon aus, dass der Kläger Facharbeiterstatus genießt, falls sein Vortrag in der mündlichen Verhandlung zutreffen sollte, er habe bei der Firma A weiter die Arbeiten eines (Maschinen-)Schlossers verrichtet. Zum Tätigkeitsbild liegen bereits weitgehend gleich lautende Auskünfte der Firma A gegenüber der Beklagten vom und gegenüber dem vor, auf die das LSG nicht weiter eingegangen ist. Es ist nicht auszuschließen, dass weitere Ermittlungen ergeben, dass die dort beschriebenen Arbeiten qualifizierte Kenntnisse und Fähigkeiten als Schlosser voraussetzen und wegen des hohen Materialwertes, der Bedeutung der Arbeiten für das Betriebsergebnis in der Sparte Hochspannungsleitungsbau sowie der augenfälligen Sicherheitsrelevanz typische Facharbeitertätigkeiten gewesen sind (erwähnt sind unter anderem: Richten und Komplettieren von Werkzeugeinheiten, Zusammenstellen von Rollenleinen und Verschiebenetzen, Umbauen von Gehängen <Laufrädern>, Seilkontrolle). Damit würde übereinstimmen, dass die Firma A in ihrer Auskunft vom die Frage zu Nr 4 (Handelte es sich um eine Facharbeitertätigkeit, die üblicherweise nur von Facharbeitern mit mehr als zweijähriger Ausbildung und entsprechendem Gesellenbrief ausgeübt werden kann? Welche Ausbildung haben diese Facharbeiter normalerweise?) mit "ja" beantwortet hat und als typischen Ausbildungsgang den Schlosser und Seiler benannt hat. Auch die ergänzende Frage zu Nr 5 (Wurde der Kläger mit allen Arbeiten betraut, die sonst ein gelernter Facharbeiter mit Gesellenbrief ausübt oder wurde er nur in Teilbereichen eingesetzt?) hat die Firma A mit "ja" beantwortet.

Das LSG hat hingegen unter Verletzung seiner Amtsermittlungspflicht allein auf die Antwort auf die Frage zu Nr 3 (Wie lange dauert nach Ihrer Einschätzung die Einarbeitung bzw Anlernzeit für eine ungelernte Kraft ohne Vorkenntnisse, bis sie die vom Kläger verrichtete Arbeit als Lager- und Materialverwalter vollwertig hätte verrichten können?) abgestellt. Zu Recht rügt der Kläger, dass die Antwort allein nicht ausreicht, um die Tätigkeit des Klägers dem Leitberuf eines angelernten Arbeiters zuzuordnen. Denn die Firma A hatte im Telegrammstil wie folgt geantwortet: "Einarbeitungszeit: mindestens etwa 6 Monate bis zu einem Jahr. Begründung: Kenntnisse unserer Baustellen sind erforderlich; Vielseitigkeit (Gründungs-, Maststell- und Seilzugarbeiten)". Im Kontext zur gestellten Frage in der Formulierung des LSG mit ihrer Zweiteilung in "Einarbeitung" einerseits und "Anlernzeit für eine ungelernte Kraft ohne Vorkenntnisse" andererseits (durch das "bzw") könnte sich die Antwort allein auf die erforderliche Einarbeitungszeit - und zwar (ungeschrieben) eines Facharbeiters - beziehen. Der zweite Teil der Frage - Anlernzeit für eine ungelernte Kraft - wäre dann, nachdem sich die Firma A auf das Stichwort Einarbeitungszeit festgelegt hatte, wegen Irrelevanz unbeantwortet geblieben. Diese Deutung von Frage (nur so stimmt der Plural) und Antwort würde die in der Antwort zusätzlich erwähnten Qualitätskriterien, die mit der bereits erwähnten Tätigkeitsbeschreibung harmonieren, erklären und vor allem in keinem Widerspruch zu den Antworten auf die folgenden Fragen zu Nr 4 und Nr 5 stehen. Schließlich bestünde auch keine Diskrepanz zur ersten Auskunft der Firma A vom gegenüber der Beklagten. Zu Punkt 4 hatte damals die Firma A die Frage nach der Einarbeitungszeit für einen Berufsfremden mit 2 bis 3 Jahren beantwortet. Auf eine Diskrepanz zwischen der Auskunft vom und der Auskunft vom hatte im Übrigen auch die Beklagte bereits mit Schriftsatz vom hingewiesen. Spätestens nach dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung hätte deshalb das LSG diesen sich aufdrängenden Zweifeln nachgehen müssen.

Dem konnte es sich nicht mit Blick auf die tragende Hilfsbegründung im Urteil entziehen, bei unterstellter Facharbeiterqualifikation könne dem Kläger eine zumutbare Verweisungstätigkeit benannt werden. Denn auch hierfür reichen die tatsächlichen Feststellungen des LSG, wie folgend unter 3b) ausgeführt, nicht aus.

b) Da die Einzelheiten der Tätigkeit des Klägers verfahrensfehlerhaft nicht festgestellt sind, hat das LSG auch nicht geprüft, ob die Tätigkeit bereits durch den maßgeblichen Lohn-Tarifvertrag erfasst wird und unter die Facharbeiterlohngruppe 8 fällt (tarifvertragliche Eingruppierung). Bei den Akten findet sich lediglich der Lohnrahmen-Tarifvertrag II für Arbeiter in der Metallindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden, Stand Juni 1992, ohne Lohngruppenbeschreibung. Wäre die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit danach unter Facharbeiterlohngruppe 8 einzuordnen, wäre der Kläger im Mehrstufenschema des BSG der Gruppe mit dem Leitberuf eines Facharbeiters in der Regel zuzuordnen.

c) Nur wenn die Tätigkeit des Klägers nicht bereits tarifvertraglich oder der Qualität der Arbeit nach eine Facharbeitertätigkeit wäre und sich nach den Ermittlungen herausstellen sollte, dass es sich nur um eine Anlerntätigkeit handelt, kommt es noch darauf an, ob die tarifliche Eingruppierung durch den Arbeitgeber in die Facharbeiterlohngruppen 8 und 9 einer Überprüfung standhält. Denn diese Eingruppierung kann widerlegt werden, vor allem wenn qualitätsfremde Merkmale ausschlaggebend waren. Insoweit beruht das Urteil des LSG aber auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung. Bereits die Fragestellung des LSG an die Firma A zu Nr 8 des Schreibens vom (War für die tarifliche Einstufung in den jeweiligen Zeiträumen allein die Qualifikation des Klägers für die entsprechenden Arbeiten maßgebend oder spielten hierfür auch andere Gesichtspunkte eine Rolle, zB besonders belastende Arbeitsbedingungen, Arbeitskräftemangel, Bewährungsaufstieg, lange Betriebszugehörigkeit und anderes?), die sich als Rechtsauffassung des LSG sinngemäß in den Urteilsgründen widerspiegelt, stimmt nicht mit der oben angeführten Rechtsprechung des BSG überein. Danach muss die (überhöhte) tarifliche Einstufung wesentlich auf qualitätsfremden Gesichtspunkten beruhen, um sie für den Berufsschutz außer Acht zu lassen. Bei der Rechtsanwendung hat also eine nachvollziehbare Abwägung der für und gegen eine zu hohe tarifliche Einstufung sprechenden Gründe stattzufinden. Entsprechende Ausführungen enthält das Urteil des LSG nicht, obwohl sie wegen der sonstigen Angaben in der Arbeitgeberauskunft zur Qualität der verrichteten Arbeit erforderlich gewesen wären. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Antwort der Firma A allenfalls im Punkt "Arbeitskräftemangel" ein Negativkriterium für eine zu hohe tarifliche Eingruppierung aufführen könnte. Der Senat lässt dies ausdrücklich offen. Jedenfalls sind die weiter von der Firma A genannten Gründe, Bewährungsaufstieg - hier mit der Klammererläuterung langjährige Berufserfahrung - und Vorgesetztenfunktion eindeutig Positivmerkmale. Soweit in den genannten Urteilen ein "Bewährungsaufstieg" (meist in Anführungszeichen gesetzt, zur Kennzeichnung eines Euphemismus) als Negativkriterium angeführt ist, ist damit der Aufstieg infolge bloßen Zeitablaufs gemeint und nicht infolge des Gewinns an Berufserfahrung. Im Übrigen dürfte es auf diesen Aspekt nicht ankommen, denn der Kläger war von Anfang an in die Facharbeiterlohngruppe 8 eingestuft worden. Auch die unter Nr 9 der Arbeitgeberauskunft für die Höhergruppierung in die Lohngruppe 9 genannte "Mehrarbeit" ist im Gegensatz zur Meinung des LSG ein Positivkriterium. Zu unterscheiden ist davon das von der Rechtsprechung anerkannte Negativkriterium "Akkordarbeit". Mit dem positiv besetzten Begriff "Mehrarbeit" - hier infolge der Übernahme der qualitativ höherwertigen Funktion als Kolonnenführer - hat dies nichts zu tun.

d) Zutreffend geht das LSG davon aus, dass der Kläger, sollte er ursprünglich zu hoch in die Lohngruppe 8 tariflich eingestuft worden sein, als Angelernter dennoch Facharbeiterstatus haben könnte, wenn ihm nach Übernahme der Kolonnenführertätigkeit mit Höherstufung in die Gruppe 9 die Leitungs- und Aufsichtsfunktion über eine "größere Gruppe" von Angelernten übertragen worden wäre oder ihm auch Facharbeiter unterstanden hätten ( 13/5 RJ 4/90 - SozR 3-2200 § 1246 Nr 12). Letzteres hat das LSG - allerdings ausgehend von der mit einer zutreffenden Revisionsrüge angegriffenen Feststellung, der Kläger und folglich seine Untergebenen hätten nur Tätigkeiten auf dem Niveau von Angelernten verrichtet - verneint. Das LSG wird also auch insoweit, falls es noch darauf ankommen sollte, weiter zu ermitteln haben.

3. Ausgehend von einem Berufsschutz des Klägers als Facharbeiter sind die tatsächlichen Feststellungen des LSG hinsichtlich der sozial zumutbaren Verweisungstätigkeiten unzureichend.

a) Falls die weiteren Ermittlungen des LSG wieder zum Ergebnis führen sollten, der bisherige Beruf des Klägers zähle zur Gruppe der Angelernten im oberen Bereich, ist die Verweisung auf die Tätigkeit eines Lager- und Materialverwalters bzw Magaziners entsprechend der Auskunft des Arbeitsamtes aus dem Jahre 1987 wegen der erforderlichen Einarbeitungszeit "von 1 bis 6 Monaten" und der dadurch gekennzeichneten herausgehobenen Stellung im Vergleich zu den ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nach der oben angeführten Rechtsprechung des BSG im Prinzip nicht zu beanstanden. Da ohnehin nochmals die Tatsacheninstanz eröffnet wird, sollte aber, falls es darauf noch ankommen sollte, eine Aktualisierung der Auskunft aus dem Jahre 1987 herbeigeführt werden. Bereits damals hat das Arbeitsamt ausgeführt, dass die Bestands- und Lagerkontrolle zunehmend von der EDV gestützt wird, also auch insoweit Kenntnisse bzw die Fähigkeit, sich solche Kenntnisse anzueignen, vorausgesetzt werden. Deshalb enthält das physische Anforderungsprofil (neben körperlich leichter bis mittelschwerer Arbeit in geschlossenen, geheizten Räumen, im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen) auch die Einschränkung, dass Arbeit an Bildschirmen möglich sein muss, häufig ganztägig unter Kunstlicht. Im Übrigen wurde in der Auskunft die Einarbeitungszeit von kaufmännisch oder (wie der Kläger) gewerblich Vorgebildeten von der Größe des Lagers bzw dem Umfang des Sortiments und von den branchenbezogenen Vorkenntnissen des Einzuarbeitenden abhängig gemacht.

b) Soweit das LSG den Kläger in der - tragenden - Hilfsbegründung unter der Annahme, er zähle zur Gruppe der Facharbeiter, ebenfalls auf die Tätigkeit eines Material- und Lagerverwalters verwiesen hat, sind hierzu die tatsächlichen Feststellungen des LSG unter Beachtung der Anforderungen der Rechtsprechung des BSG an die Qualität der zu benennenden Verweisungstätigkeit auf der Anlernebene unzureichend. Die zitierte Entscheidung des Senats vom - 5 RJ 98/76 - BSGE 43, 243 = SozR 2200 § 1246 Nr 16 beschränkt die Verweisungsmöglichkeit eines Facharbeiters auf die Anlernebene, also Berufe, die eine "echte betriebliche Ausbildung, die eindeutig über eine bloße Einweisung und Einarbeitung hinausgeht, voraussetzen. Gleich zu behandeln sind in dieser Gruppe diejenigen Versicherten, die einen wegen seiner Qualität tariflich etwa gleich hoch eingestuften Beruf ausüben, ohne dass es darauf ankäme, ob hierfür überhaupt eine Ausbildung gefordert wird". Der Auskunft des Arbeitsamtes aus dem Jahre 1987 ist jedenfalls eine solche tarifvertragliche Gleichstellung oder eine betriebliche Ausbildungszeit von wenigstens drei Monaten nicht zu entnehmen, zumal die Auskunft alle Branchen umfasst und die Spanne der genannten Einarbeitungszeiten von einem bis zu sechs Monaten reicht. Sollte speziell auf die Auskunft des Verbandes des Kraftfahrzeuggewerbes Baden-Württemberg e.V. vom zu einer Lagertätigkeit im Kfz-Gewerbe Bezug genommen worden sein, ist die Formulierung des LSG, es sei eine "betriebliche Ausbildung von wenigstens drei Monaten" erforderlich, mit dem Inhalt dieser Auskunft nicht in Übereinstimmung zu bringen. Im damaligen Verfahren wurde der Verband mit Blick auf die Rechtsprechung des BSG (vgl - BSGE 44, 288 = SozR 2200 § 1246 Nr 23 und vom - 5b RJ 20/86 - SozR 2200 § 1246 Nr 147) gefragt, ob eine Einweisungs- und Einarbeitungszeit von nicht mehr als drei Monaten erforderlich sei, um den Kläger im Verweisungsberuf einzusetzen. Denn nach den genannten Urteilen ist eine Verweisung auf eine Tätigkeit, die eine Einweisungs- und Einarbeitungszeit von mehr als drei Monaten erfordert, grundsätzlich erst möglich, wenn die Einweisung und Einarbeitung abgeschlossen ist. Der Inhalt der Auskunft ist indes nicht ohne weitere Ermittlungen auf den Fall es Klägers übertragbar. Insoweit sind die tatsächlichen Feststellungen des LSG unzureichend. Nach der beigezogenen damaligen Streitakte (L 1 J 982/93) war der Versicherte Kfz-Mechaniker mit erfolgreich abgeschlossener Lehre und fast 15 Jahren Berufspraxis. In seinem Fall war die Verweisung ausgehend vom Berufsschutz als Facharbeiter unter Beachtung der Rechtsprechung des BSG zumutbar, weil er nach der Verbandsauskunft wegen der Vorkenntnisse nach einer Einarbeitungszeit von unter drei Monaten die tariflich auf der Stufe der angelernten Arbeiter bezahlte Verweisungstätigkeit (Bestellen und Ausgabe von Ersatzteilen) ergreifen konnte. Im Übrigen stellte der Verband aber unter Nr 4 der Auskunft klar, dass ein Arbeitnehmer, der im Gegensatz zum damaligen Kläger über keine branchenspezifischen Vorkenntnisse verfügt, dafür in aller Regel eine Einarbeitungszeit von mindestens sechs Monaten benötigt. Dem hätte das LSG nachgehen müssen, denn die von der Rechtsprechung genannten Kriterien für die Verweisung auf eine Anlerntätigkeit wären dann "in aller Regel" ebenfalls nicht erfüllt. Keinesfalls versteht es sich von selbst, dass der Kläger auf Grund der zuletzt ausgeübten, relativ unpräzise bezeichneten Tätigkeit als "Lager- und Materialverwalter" automatisch über die entsprechenden Vorkenntnisse für eine kurzfristige Aufnahme der benannten Verweisungstätigkeit verfügte.

4. Die bisherigen Feststellungen des LSG zum bestehenden qualitativen und quantitativen Leistungsvermögen im Hinblick auf die nach dem Mehrstufenschema des BSG zumutbaren und zu benennenden Verweisungstätigkeiten sind in verfahrensfehlerhafter Weise zu Stande gekommen. Auch insoweit ist die auf § 103 SGG gestützte Verfahrensrüge des Klägers begründet.

a) Nach Auffassung des LSG steht das von ihm vor allem auf der Grundlage des Gutachtens von Prof. Dr. med. J vom festgestellte Restleistungsvermögen des Klägers (vollschichtig körperlich leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne Heben und Tragen von Lasten über 15 kg, ohne Überkopfarbeiten, Zwangshaltung sowie ohne Kälte-, Zugluft- und Nässeexposition) zwar der Weiterführung der Tätigkeit im bisherigen Beruf - unabhängig von dessen qualitativer Bewertung - entgegen, hindere den Kläger jedoch nicht, die benannte Tätigkeit eines Lager- und Materialverwalters in einem anderen Unternehmen ohne zeitliche Begrenzung zu ergreifen. Da nur der Anspruch auf Rente wegen BU streitig ist, erübrigt sich eine weitere medizinische Aufklärung, falls sich nach den ohnehin vorzunehmenden Ermittlungen zum bisherigen Beruf und zu den zumutbaren Verweisungstätigkeiten herausstellen sollte, dass der Kläger Berufsschutz genießt, im berufsnahen Bereich mit einer Einarbeitungszeit von bis zu drei Monaten wegen der bereits festgestellten Leistungseinschränkungen keine zumutbaren Verweisungstätigkeiten benannt werden können, weil diese zu schwer sind oder hier der Arbeitsmarkt verschlossen ist - insoweit wird auf die Ermittlungen des SG hingewiesen -, bzw andere in Betracht kommende Tätigkeiten auf der Ebene mit dem Leitbild eines Angelernten eine Einarbeitungs- bzw Einweisungszeit von mehr als drei Monaten erfordern.

b) Es ist nicht auszuschließen, dass die weitere medizinische Sachaufklärung bisher nicht festgestellte Einschränkungen insbesondere im Hinblick auf die zumutbare tägliche Arbeitszeit, die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit sowie die speziellen Anforderungen an die zu benennenden Verweisungstätigkeiten ergibt.

Das LSG hätte sich ausgehend von seinen bisherigen Feststellungen gedrängt fühlen müssen, dem im Termin zur mündlichen Verhandlung am sinngemäß (bei Berücksichtigung der Ausführungen im Schriftsatz vom ) gestellten Beweisantrag, ein weiteres Gutachten von einem im Bereich der Fibromyalgie erfahrenen Sachverständigen einzuholen, stattzugeben. Wenigstens hätten aber die offensichtlichen Unstimmigkeiten und Mängel der bisherigen Begutachtung abgeklärt werden müssen. Die für die Ablehnung des Antrags im Urteil angeführten Gründe sind unzureichend.

Es mag noch vertretbar sein, wenn das LSG im Anschluss an den Bericht Privat-Dozent Dr. H vom auf Grund der Untersuchung am unter Übernahme der von Reimers (Gutachterliche Bewertung der Fibromyalgie, in: Suchenwirth/Ritter/Widder, Neurologische Begutachtung bei inadäquaten Befunden, S 26) genannten Kriterien die Überzeugung gewonnen hat, dass beim Kläger eine "sekundäre" Fibromyalgie vorliegt. In Kenntnis desselben Berichts sowie unter ausdrücklicher Berücksichtigung der weiteren Vorbefunde mit zahlreichen Hinweisen auf eine seit 1987 bestehende Schmerzsymptomatik und das Vorliegen eines generalisierten Fibromyalgiesyndroms (zB Befundbericht des Rheumatologen Prof. Dr. E vom , des Internisten und Rheumatologen Dr. M vom , des Internisten und Röntgenologen Dr. B vom ) hatte dagegen der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. med. J , ein Orthopäde, zu Nr 5 der im Gutachten vom gestellten Diagnosen nur den Verdacht auf ein "generalisiertes" Fibromyalgie-Syndrom geäußert.

Dem LSG kann nicht gefolgt werden, wenn es hinsichtlich dieser Erkrankung im Anschluss an die Ausführungen von Rohe/Rompe (Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung, VDR, 5. Auflage 1995, S 182) selbst feststellt, dass eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten ohne Arbeiten unter Zeitdruck erhalten bleibe und deshalb die beantragte Begutachtung entbehrlich sei. Denn das vollständige Zitat lautet: "Bei Patienten mit gesicherter Fibromyalgie und erheblichem Leidensdruck ist die Leistungsfähigkeit wegen der ungünstigen Prognose oft auf Dauer beeinträchtigt. Schwere Arbeiten oder Arbeiten in Zwangshaltung sind bei gesicherter Diagnose dieser Erkrankung nicht mehr zumutbar. Ebenfalls sollten monotone Arbeitsabläufe, Akkordarbeit, Gruppenakkord, Fließbandarbeit und besonderer Stress vermieden werden. Eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten ohne die oben genannten Merkmale bleibt jedoch in aller Regel erhalten." Die Autoren machen also nur einen Beurteilungsvorschlag, vorbehaltlich der Beurteilung im Einzelfall durch den bestellten Sachverständigen, die bei langjährigen und atypischen Verläufen, vor allem bei der hier vorliegenden Kombination mit den von Prof. Dr. J gestellten Diagnosen auf orthopädischem Fachgebiet, unumgänglich ist. Dies kann auch nicht durch die Bezugnahme auf die von Prof. Dr. J im Gutachten vom vorgenommene Gesamtleistungsbeurteilung (S 36 des Gutachtens) ersetzt werden. Denn auch dieses Gutachten weist Mängel auf, weil Prof. Dr. J erkennbar eine eigenständige Beurteilung der durch seine Verdachtsdiagnose "generalisiertes Fibromyalgiesyndrom" bewirkten Leistungseinschränkungen vermeidet. Er beschreibt zunächst das Krankheitsbild des Fibromyalgiesyndroms anhand der Ausführungen von Prof. Dr. R in Rompe/Erlenkämper ("Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane", 3. Auflage) und bezieht sich dann - ausdrücklich mit einem Zitat in Anführungszeichen - auf den Beurteilungsvorschlag Prof. Dr. R aaO, der, da wahrscheinlich aus der gleichen Feder stammend, identisch ist mit dem im vom VDR herausgegebenen Werk. Auf diesen Umstand hat der Kläger zutreffend bereits vor der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom hingewiesen. Wenigstens hätte deshalb das LSG mit dem gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. J (ggf ergänzend dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie G. B , der in seinem Gutachten ausdrücklich seine Leistungsbeurteilung "aus rein nervenärztlicher Sicht" abgegeben hat) abklären müssen, ob er eine eigenständige Leistungsbeurteilung des Krankheitsbildes Fibromyalgie vorgenommen hat oder vornimmt und diese vor allem in eigener Kompetenz verantwortet (vgl - veröffentlicht in JURIS). Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass der ggf zu bestellende Sachverständige "fachübergreifende" Erfahrungen hinsichtlich der Diagnostik und der Beurteilung des Krankheitsbildes der Fibromyalgie besitzen muss, unabhängig davon, ob er von Haus aus als Internist, Rheumatologe, Orthopäde, Neurologe oder Psychiater tätig ist (vgl mit weiteren umfassenden Nachweisen aus der Fachliteratur Breckner/Herbold/Nauerz/Rudelitz/ Schwander, MedSach 98, 2002, 22; Hausotter, MedSach 96, 2000, 132; Schneider/ Henningsen/Rüge, Sozialmedizinische Begutachtung in Psychosomatik und Psychotherapie, 2001, 103 f).

Da das BSG die unter mehrfachem Aspekt noch erforderliche Sachaufklärung nicht selbst vornehmen kann, ist der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten, an das LSG zurückzuverweisen.

Fundstelle(n):
YAAAC-13864