BVerwG Beschluss v. - 8 B 178.02

Leitsatz

Der Erbe eines vor 1990 verstorbenen Bodenreformeigentümers kann nicht die Rückübertragung von Grundstücken verlangen, die dem Bodenreformeigentümer durch eine in einem Rehabilitierungsverfahren aufgehobene Entscheidung entzogen worden sind.

Gesetze: VermG § 1 Abs. 7; VermG § 2 Abs. 1 Satz 1; EGBGB Art. 233 § 11 ff.

Instanzenzug: VG Weimar VG 8 K 1708/00 We. vom

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, vgl. 1.). Ein Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) wird nicht prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, vgl. 2.).

1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.

Die Beschwerde hält sinngemäß für grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage,

ob der Erbe eines vor 1990 verstorbenen Bodenreformeigentümers die Rückübertragung von Grundstücken verlangen kann, die von einer schädigenden Maßnahme - insbesondere von einer im Rehabilitierungsverfahren aufgehobenen Maßnahme - betroffen sind.

Diese Frage lässt sich aufgrund der vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verneinen, ohne dass es hierzu der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf:

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG sind Berechtigte im Sinne dieses Gesetzes und damit mögliche Inhaber eines Restitutionsanspruchs (§ 3 Abs. 1 VermG) Personen, deren Vermögenswerte Maßnahmen nach § 1 VermG ausgesetzt waren, "sowie ihre Rechtsnachfolger". Da der Kläger Vermögensverluste geltend macht, von denen nicht er selbst, sondern sein 1980 verstorbener Vater betroffen war, kann er nur als dessen Rechtsnachfolger restitutionsberechtigt sein. Eine solche von dem Vater abgeleitete Berechtigung steht ihm jedoch nicht zu; denn er ist hinsichtlich der umstrittenen Bodenreformgrundstücke nicht dessen Rechtsnachfolger im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. VermG (stRspr vgl. u.a. BVerwG 7 C 43.95 - Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 23 S. 30).

Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in dem genannten Urteil wie folgt begründet:

"Mit dem in § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG verwendeten Begriff des 'Rechtsnachfolgers' sind Nachfolgetatbestände angesprochen, die bis zum Inkrafttreten des VermG am eingetreten sind, namentlich die Rechtsnachfolge im Wege des Erbgangs. War der Geschädigte am bereits verstorben, so lässt das VermG den Anspruch auf Rückübertragung des entzogenen Vermögenswerts grundsätzlich statt in der Person des Geschädigten in der Person seines Erben entstehen. Damit trägt es dem Umstand Rechnung, daß der Vermögenswert, wenn er nicht dem Geschädigten durch Unrechtsmaßnahmen i.S. des § 1 VermG entzogen worden wäre, mit dem Erbfall ebenso wie die übrigen zum Nachlaß gehörigen Gegenstände auf den gesetzlich oder testamentarisch bestimmten Erben übergegangen wäre (vgl. § 1922 BGB, § 363 Abs. 1, § 399 Abs. 1 DDR-ZGB). Wegen dieses hypothetischen Vermögensübergangs setzt sich auch die Unrechtslage, die durch den Vermögensentzug geschaffen worden und nach dem VermG wiedergutzumachen ist, in der Person des Erben fort, der darum vom Gesetzgeber ebenfalls für anspruchsberechtigt erklärt worden ist.

Im Gegensatz zu einem sonstigen trat der Erbe eines Neubauern nicht als dessen Rechtsnachfolger in das Eigentum an den zu der Bodenreformwirtschaft gehörenden Grundstücken ein. Zwar konnte er das Bodenreformland unter bestimmten Voraussetzungen als neuer Eigentümer erwerben. Jedoch vollzog sich der Eigentumserwerb nicht nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts. Diese Bestimmungen wurden vielmehr durch die Bestimmungen der Besitzwechselverordnungen überlagert, so daß das Bodenreformland nicht in den allgemeinen Nachlaß fiel (vgl. BVerfG, VIZ 1996, 81). Grund hierfür war der Charakter des Bodenreformeigentums als 'Arbeitseigentum'".

Aus der Entscheidung des (BGHZ 140, 223) ergibt sich nichts anderes. Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs stimmt im Ergebnis mit der dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts überein. Das Bundesverwaltungsgericht hat deshalb in Kenntnis dieser Entscheidung und in Auseinandersetzung mit ihr an seiner bisherigen Rechtsprechung für die hier in Rede stehenden Fälle festgehalten.

Der Bundesgerichtshof nimmt zwar an, mit dem Tod eines Begünstigten aus der Bodenreform seien seine Erben Eigentümer der dem Begünstigten aus der Bodenreform zugewiesenen Grundstücke geworden, hebt aber andererseits ebenfalls hervor, das kraft erbrechtlicher Nachfolge erworbene Eigentum habe öffentlich-rechtlichen Bindungen unterlegen. Die Rechtsstellung der Erben habe sich tatsächlich in der Aussicht eines von ihnen erschöpft, das Eigentum an den Bodenreformgrundstücken durch einen Verwaltungsakt übertragen zu erhalten oder aufgrund eines solchen Verwaltungsakts behalten zu können.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs betrifft zudem nur die Frage, wie sich das Gesetz über die Rechte der Eigentümer von Grundstücken aus der Bodenreform vom (GBl I S. 134) und die hieran anknüpfenden Vorschriften über die Abwicklung der Bodenreform in Art. 233 §§ 11 ff. EGBGB auf die Rechtsstellung eines Erben ausgewirkt haben, wenn der Erblasser und frühere Eigentümer des ehemaligen Bodenreformgrundstücks bei In-Kraft-Treten des Gesetzes vom bereits verstorben, aber noch im Grundbuch eingetragen war (vgl. BVerwG 7 B 85.01 - nicht veröffentlicht).

Nichts anderes gilt, wenn ein vor 1990 verstorbener Bodenreformeigentümer rehabilitiert worden ist. Aus der Rehabilitierungsentscheidung ergibt sich in diesen Fällen, dass der Verstorbene eine Person ist, deren Vermögenswerte von einer Maßnahme gemäß § 1 VermG betroffen sind (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. VermG). Die Rehabilitierungsentscheidung sagt aber nichts darüber aus, wer Rechtsnachfolger (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. VermG) dieser Person ist. Dies bestimmt sich vielmehr nach dem oben Ausgeführten. Somit kann der Erbe eines vor 1990 verstorbenen Bodenreformeigentümers die Rückübertragung von Grundstücken auch dann nicht verlangen, wenn diese von einer im Rehabilitierungsverfahren aufgehobenen Maßnahme betroffen sind.

2. Ein Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) wird nicht prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

Eine Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) setzt die Darlegung voraus, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur Verfügung gestanden hätten, welches Ergebnis diese Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte, inwiefern das verwaltungsgerichtliche Urteil unter Zugrundelegung der materiellrechtlichen Auffassung des Gerichts auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann und dass die Nichterhebung der Beweise vor dem Tatsachengericht rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unterbliebene Beweisaufnahme dem Gericht hätte aufdrängen müssen. Die Beschwerde nennt schon keine Tatsachen, die auf der Grundlage der materiellrechtlichen Auffassungen des Verwaltungsgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären. Das Verwaltungsgericht ist der materiellrechtlichen Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts zur Vererblichkeit von Bodenreformland gefolgt. Deshalb musste es nicht ermitteln, ob Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass Bodenreformgrundstücke in der DDR auch ohne staatlichen Akt vererbbar gewesen sind. Im Übrigen würde die Richtigkeit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht in Frage gestellt, wenn sich herausstellen würde, dass - wie die Beschwerde meint - in Einzelfällen DDR-Behörden oder nach 1990 Grundbuchämter in Verkennung der Rechtslage anders gehandelt haben sollten.

Gegen welche verfahrensrechtlichen Bestimmungen das Verwaltungsgericht dadurch verstoßen haben soll, dass es das Verfahren nicht ausgesetzt hat, wird von der Beschwerde nicht dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus den §§ 13 und 14 GKG.

Fundstelle(n):
GAAAC-13348