BVerwG Urteil v. - 7 C 25.04

Leitsatz

Die Vorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG, nach der die Genehmigung erlischt, wenn eine Anlage während eines Zeitraums von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben worden ist, ist auf eine genehmigungsersetzende Anzeige gemäß § 67 a BlmSchG entsprechend anwendbar.

Maßgebend für den Beginn der Frist des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG ist der Zeitpunkt, zu dem der Betrieb tatsächlich eingestellt worden ist. Bei der Feststellung dieses Zeitpunkts kommt einer entsprechenden Erklärung des Betreibers Indizwirkung zu.

Eine Fristverlängerung, die zwar keinen kalendermäßig bestimmten Endzeitpunkt festlegt, deren Regelungsgehalt aber nach dem Empfängerhorizont und den Begleitumständen erkennbar ist, ist nicht wegen eines schwerwiegenden und offensichtlichen Fehlers nichtig.

Gesetze: BlmSchG § 16 Abs. 1 Satz 1; BlmSchG § 18 Abs. 1 Nr. 2; BlmSchG § 18 Abs. 3; BlmSchG § 67 a Abs. 1; VwVfG § 31 Abs. 1; VwVfG § 37 Abs. 1; VwVfG § 44 Abs. 1

Instanzenzug: VG Magdeburg VG 1 A 414/00 MD vom OVG Magdeburg OVG 2 L 5/03 vom

Gründe

Die Klägerin beansprucht eine immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung für eine Schweinemastanlage in K. Eine ihrer Rechtsvorgängerinnen, die LPG Schweineproduktion G., zeigte den Betrieb Ende 1990 der Staatlichen Umweltinspektion Magdeburg an und bezifferte die Tierproduktion mit 34 000 Mastläufern. Nach Auftreten der Aujetzkyschen Krankheit entfernte die Rechtsnachfolgerin der LPG, die Schweinemast G. G. GmbH, sämtliche Schweine aus der Anlage. Nach Angaben des Geschäftsführers der GmbH vom stand die Anlage seit Ende Mai 1994 leer und ruhte der Betrieb zum Zweck der Sanierung. Nach einer Bestätigung des Amtstierarztes vom war die Ausstallung am beendet.

Mit Schreiben vom wies das Staatliche Amt für Umweltschutz (STAU) den Geschäftsführer der GmbH darauf hin, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wegen Nichtbetreibens der Anlage am erloschen sei; die Anlage könne Bestandsschutz erhalten, wenn bis zum Schweine eingestallt würden, was dem STAU unverzüglich mitzuteilen sei. Die Klägerin, die die Anlage im Frühjahr 1997 erworben hatte, beantragte mit Schreiben vom beim STAU eine Fristverlängerung bis Oktober 1997. Mit Schreiben vom stimmte das STAU aufgrund einer Abstimmung mit dem Regierungspräsidium Magdeburg einer späteren Einstallung von Schweinen unter der Bedingung zu, dass die Klägerin beim Regierungspräsidium unverzüglich eine Änderungsgenehmigung zur Sanierung der Anlage beantrage. Die Klägerin teilte dem STAU im Juli 1997 mit, dass sie zur Wahrung des Bestandsschutzes 200 bis 300 Mastläufer eingestallt habe. Nach einem Vorgespräch beim Regierungspräsidium Ende 1997 reichte sie den Antrag auf Änderungsgenehmigung im September 1998 ein. Danach sollten ein Teil der Schweineställe stillgelegt, der Tierbesatz von 1 394 auf 1 093 Großvieheinheiten gesenkt, die Haltungs-, Fütterungs- und Lüftungsanlagen modernisiert sowie zwei zusätzliche Güllebehälter errichtet werden.

Nach Durchführung eines umfangreichen Beteiligungsverfahrens lehnte das Regierungspräsidium den Antrag ab, weil die Anlage mehr als drei Jahre nicht betrieben worden und infolgedessen die Betriebsgenehmigung erloschen sei. Davon abgesehen könne die Äderungsgenehmigung auch deshalb nicht erteilt werden, weil die Anlage mit 3 392 Sauenplätzen angesichts ihrer geringen Entfernung zur Wohnbebauung unzumutbare Geruchsimmissionen verursache. Zur Begründung ihrer nach erfolglosem Widerspruch erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen: Die beantragte Genehmigung sei zu erteilen, weil sie den Betrieb vor Ablauf der Dreijahresfrist am durch Umbaumaßnahmen wieder aufgenommen habe, die Frist mit dem Schreiben des STAU vom wirksam verlängert und dessen Bedingung, unverzüglich die Antragsunterlagen einzureichen, erfüllt worden sei. Materiell sei die geänderte Anlage genehmigungsfähig, da die von ihr ausgehenden Geruchsimmissionen zumutbar seien.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Betriebsgenehmigung für die angezeigte Altanlage wegen mehr als dreijährigen Nichtbetreibens erloschen sei. Die Frist habe bereits am zu laufen begonnen; nach der hierfür maßgeblichen Erklärung des Geschäftsführers der GmbH vom habe der Betrieb nämlich seit Mai 1994 geruht. Eine Fristverlängerung sei nicht möglich gewesen, da der entsprechende Antrag erst nach Fristablauf gestellt worden sei.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen: Die Klägerin könne die beantragte Änderungsgenehmigung nicht beanspruchen, weil ihre Anlage länger als drei Jahre nicht betrieben worden und deshalb der Bestandsschutz erloschen sei mit der Folge, dass eine neue Errichtungsgenehmigung zu beantragen sei. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG, der auf die anzeigepflichtige Altanlage der Klägerin entsprechend anzuwenden sei, seien erfüllt. Für den Fristbeginn sei allein die tatsächliche Beendigung der genehmigten oder angezeigten Tätigkeit maßgebend. Der spätestens am beendete Betrieb sei bis zum nicht wieder aufgenommen worden. Die Dreijahresfrist werde nur dann unterbrochen, wenn der wieder aufgenommene Betrieb durch die Genehmigung oder die genehmigungsersetzende Anzeige gedeckt sei. Die nach dem Klagevorbringen im Juli 1997 zur Wahrung des Bestandsschutzes vorgenommene Einstallung von 200 bis 300 Mastläufern sei ein "Scheinbetrieb" gewesen, durch den die bis 1994 betriebene Schweinezucht mit einem Bestand von mehreren Tausend Tieren nicht fortgesetzt worden sei; ebenso wenig seien die ab Juli 1997 durchgeführten Baumaßnahmen als Wiederaufnahme des Betriebs anzusehen. Mit dem Schreiben des STAU vom sei die Frist schon deshalb nicht wirksam verlängert worden, weil keine neue Frist bestimmt worden sei. Eine solche Fristsetzung ergebe sich auch nicht im Zusammenhang mit dem von der Klägerin gestellten Verlängerungsantrag, da das Amt auf diesen Antrag nicht Bezug genommen habe. Mangels Fristsetzung sei das Schreiben jedenfalls gemäß § 37 Abs. 1 VwVfG LSA nicht hinreichend bestimmt und damit nichtig, weil es an einem schweren und offensichtlichen Fehler leide (§ 44 Abs. 1 VwVfG LSA). Angesichts dessen könne dahingestellt bleiben, ob die Nichtigkeit auch aus der fehlenden Zuständigkeit des STAU für Fristverlängerungen oder aus einer möglicherweise verspäteten Antragstellung der Klägerin folge.

Gegen das Urteil hat die Klägerin die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Zur Begründung führt sie aus: Das Urteil verletze § 18 BlmSchG. Der Wille der Klägerin sei bereits Anfang Juli 1997 auf die Wiederinbetriebnahme der Anlage gerichtet gewesen. Dem hätten die Einstallung der Schweine und der Beginn der Umbaumaßnahme gedient. Die Unterbrechung der Dreijahresfrist setze nicht voraus, dass der Betrieb in seinem früheren Umfang wieder aufgenommen werde. Ebenso wie die Frist erst bei Einstellung des gesamten Betriebs in Lauf gesetzt werde, müsse - spiegelbildlich - eine sukzessive Wiederaufnahme des Betriebs für die Fristunterbrechung ausreichen. Das Oberverwaltungsgericht habe auch § 44 Abs. 1 VwVfG LSA verkannt. Die im Schreiben des STAU vom gesetzte Frist sei durch die Bedingung einer unverzüglichen Antragstellung bestimmbar gewesen. Jedenfalls könne ein Fehler bei der Fristverlängerung nicht als derart schwerwiegend bewertet werden, dass deren Nichtigkeit anzunehmen sei. Die Bedingung habe eine dauerhafte Ungewissheit über die Genehmigungsfähigkeit der Anlage ausgeschlossen. Die vermeintliche Unbestimmtheit der Regelung habe das Oberverwaltungsgericht zu Unrecht als besonders schwer und offensichtlich angesehen. Die sachliche Unzuständigkeit des STAU begründe nicht die Nichtigkeit der Regelung, weil sie für die Klägerin nicht offenkundig gewesen sei.

Der Beklagte tritt der Revision entgegen: Maßgebend für den Beginn der Dreijahresfrist sei die Erklärung des früheren Betreibers vom , wonach der Betrieb ab Mai 1994 ruhen solle. Werde demgegenüber mit dem Oberverwaltungsgericht auf die tatsächliche Betriebseinstellung abgestellt, fehle es an einer Wiederaufnahme des Betriebs vor Ablauf der Dreijahresfrist, weil die vorbereitenden Tätigkeiten als Scheinbetrieb zu werten seien. Dafür spreche objektiv die geringe Anzahl der im Juli 1997 eingestallten Tiere. Der von der Klägerin aus der Voraussetzung des Fristbeginns gezogene Umkehrschluss sei schon deshalb nicht tragfähig, weil ein Stufenplan zur Wiederinbetriebnahme nicht erkennbar gewesen sei. Die Frist sei nicht wirksam verlängert worden; denn entweder sei die Genehmigung bereits vor dem Verlängerungsantrag, nämlich am , erloschen gewesen, oder das Schreiben vom habe keine Frist bestimmt. Sehe man das anders, sei jedenfalls die Bedingung, unverzüglich die Genehmigungsanlagen einzureichen, nicht erfüllt.

II.

Die Revision der Klägerin hat mit dem Ergebnis Erfolg, dass das angegriffene Urteil aufzuheben und die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. Das Oberverwaltungsgericht ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin die beanspruchte Änderungsgenehmigung nur erteilt werden kann, wenn die kraft Überleitungsanzeige erlangte Rechtsposition hinsichtlich ihrer Altanlage noch besteht (1). Bundesrechtswidrig ist aber die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass diese Rechtsposition erloschen ist (2). Ob die Änderungsgenehmigung zu erteilen ist, kann der Senat mangels entsprechender tatsächlicher Feststellungen nicht beurteilen; das zwingt zur Zurückverweisung der Sache (3).

1. Zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht erkannt, dass der Anspruch auf Änderungsgenehmigung (§ 16 Abs. 1 Satz 1 BlmSchG) eine vorhandene Genehmigung voraussetzt; denn Bezugspunkt für die Frage, ob etwas zu ändern ist, ist die genehmigungsbedürftige Anlage in ihrer genehmigten Gestalt.

Da die Anlage der Klägerin bereits vor dem im Beitrittsgebiet errichtet worden ist, trat an die Stelle des formellen Erfordernisses einer Genehmigung die Anzeige bei der zuständigen Behörde (§ 67 a Abs. 1 BlmSchG). Diese Übergangsregelung dient dem Zweck, den Weiterbetrieb bestehender Anlagen ohne ein nachträgliches Genehmigungsverfahren zu ermöglichen sowie deren Erfassung und Überwachung sicherzustellen, um sie nach und nach an das Anforderungsniveau des Bundes-Immissionsschutzgesetzes heranzuführen ( BVerwG 7 B 117.04 - Buchholz 406.25 § 67 a BlmSchG Nr. 1). Die durch die Anzeige vermittelte, auf Gründen des Vertrauensschutzes beruhende Rechtsposition des Betreibers geht allerdings über diejenige des Inhabers einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht hinaus; sie gewährt im Gegenteil ein geringeres Maß an Bestandsschutz ( BVerwG 7 C 68.82 - Buchholz 406.25 § 67 BlmSchG Nr. 6 S. 1 <4>). Infolgedessen ist die Vorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG, nach der die Genehmigung erlischt, wenn eine Anlage während eines Zeitraums von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben worden ist, auf die genehmigungsersetzende Anzeige entsprechend anwendbar. Durch das Erlöschen der Genehmigung nach mehr als dreijähriger Stilllegung der Anlage soll zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft verhindert werden, dass mit der Wiederinbetriebnahme zu einem Zeitpunkt begonnen wird, in dem sich die tatsächlichen Verhältnisse, die der Genehmigung zugrunde lagen, möglicherweise wesentlich verändert haben (BTDrucks 7/179 S. 37 zu § 17). Dieser Schutzzweck gilt uneingeschränkt auch für die zwar formell nur anzeigepflichtigen, aber materiell genehmigungsbedüftigen Altanlagen i.S.d. § 67 a Abs. 1 BlmSchG (vgl. BVerwG 7 B 101.88 - Buchholz 406.25 § 67 BlmSchG Nr. 7 S. 1 <3>). Wurde eine angezeigte Anlage länger als drei Jahre nicht betrieben, bedarf eine Wiederinbetriebnahme deshalb der Genehmigung gemäß § 4 Abs. 1 BlmSchG.

2. Das Oberverwaltungsgericht durfte nicht davon ausgehen, dass die genehmigungsersetzende Funktion der Anzeige erloschen ist. Zwar hält seine Auffassung, dass die Anlage der Klägerin mehr als drei Jahre lang nicht betrieben worden ist, der Revision stand (a). Bundesrecht verletzt aber die Annahme, dass die Erlöschensfrist nicht wirksam verlängert worden ist (b). Die der Fristverlängerung beigefügte Bedingung hat die Klägerin erfüllt (c).

a) Das Oberverwaltungsgericht hat für den Beginn der Frist des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG auf den Zeitpunkt abgestellt, zu dem der Betrieb tatsächlich eingestellt worden ist. Diese Betrachtungsweise entspricht dem Schutzzweck der Vorschrift, die die Allgemeinheit und die Nachbarschaft vor Emissionen zu bewahren sucht, die den gewandelten Verhältnissen nicht mehr entsprechen. Maßgeblich ist hiernach zuvörderst die tatsächliche Emissionslage. Zwar wohnt der Betriebseinstellung regelmäßig auch ein voluntatives Element inne. Der Wille, den Betrieb einzustellen, reicht jedoch für den in Rede stehenden Erlöschenstatbestand nicht aus. Dieser setzt mit dem Tatbestandsmerkmal des Nichtbetreibens keine entsprechende Erklärung, sondern den tatsächlichen Vorgang der Betriebseinstellung voraus. Eine andere Frage ist es, anhand welcher Tatsachen die Betriebseinstellung festgestellt wird. Hierfür kann neben objektiven Umständen auch eine subjektive Erklärung des Betreibers Indizwirkung haben. Auf welchen Grund die Überzeugung des Gerichts gestützt wird, ist Gegenstand der Sachverhalts- und Beweiswürdigung.

Die Sachverhaltswürdigung des Oberverwaltungsgerichts, wonach die mit Schreiben vom wiederholte Erklärung des früheren Anlagenbetreibers vom für den Fristbeginn unerheblich ist, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Erklärung, dass die Anlage seit Ende Mai 1994 leer gestanden und der Betrieb geruht habe, konnte das Oberverwaltungsgericht nicht mit der erforderlichen Klarheit entnehmen, ob damit die Einstellung von Maßnahmen der Schweinezucht oder der Verkaufstätigkeit oder der Beginn oder das Ende der Ausstallung der Schweine gemeint war; aus demselben Grund hat es die Erklärung nicht als Verzicht auf den künftigen Betrieb verstanden. Diese Würdigung hält sich im Rahmen der allgemeinen Auslegungsgrundsätze. Unbedenklich ist auch die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass die Anlage seit dem nicht mehr betrieben wurde. Das Oberverwaltungsgericht hat sich hierbei auf die Bestätigung des Amtstierarztes gestützt, aus der hervorgeht, dass die Ausstallung der Schweine an diesem Tag beendet war und anschließend Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen durchgeführt wurden. Das ist ein eindeutiges Merkmal für die Einstellung des genehmigten Betriebs. Das Oberverwaltungsgericht ist zwar davon ausgegangen, dass der genannte Zeitpunkt der späteste sei, ohne den Tag der Betriebseinstellung genauer festzustellen. Mangels tatsächlicher Anhaltspunkte dafür, dass der Betrieb bereits vor diesem Zeitpunkt eingestellt wurde, ist der aber zugleich als der früheste Zeitpunkt für die Betriebseinstellung anzunehmen. Eine Anlage wird i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG erst dann nicht mehr betrieben, wenn im Rahmen der Genehmigung keinerlei Betriebshandlungen mehr vorgenommen werden, der Betrieb also vollständig eingestellt wird. Bei einer Schweinemastanlage, deren Betrieb der Anlagenbetreiber ordnungsgemäß einstellt, ist nach der Lebenserfahrung anzunehmen, dass solche Betriebshandlungen regelmäßig bis zur Ausstallung der letzten Schweine stattfinden.

Ebenso wenig verstößt gegen Bundesrecht, dass das Oberverwaltungsgericht eine Wiederaufnahme des Betriebs weder in den nach der Einstellung durchgeführten Sanierungsmaßnahmen noch in der Einstallung von 200 bis 300 Mastläufern erblickt hat. Die Anlagensanierung ist nicht Gegenstand, sondern Mittel zum Zweck eines der Genehmigung entsprechenden Betriebs. Sie kann deshalb nicht die Wiederaufnahme eines eingestellten Betriebs im Rahmen der Genehmigung begründen. Demgegenüber kann in einer gestuften Einstallung von Schweinen in eine Schweinemastanlage eine Wiederaufnahme des eingestellten Betriebs zu sehen sein, wenn diese Maßnahme dem Zweck dient, von der Genehmigung zumindest teilweise wieder Gebrauch zu machen. An dieser Voraussetzung fehlt es, wenn mit der Einstallung von Schweinen lediglich das Erlöschen der Genehmigung verhindert werden soll. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat die Klägerin im Juli 1997 nicht den Mastbetrieb wieder aufgenommen, sondern die im Vergleich zu dem genehmigten Betrieb geringe Zahl von Mastläufern ausschließlich zu dem Zweck eingestallt, den Bestandsschutz zu wahren. Gegen die Würdigung der Vorinstanz, dass mit dieser Maßnahme nur ein "Scheinbetrieb" aufgenommen und nicht von der Genehmigung Gebrauch gemacht wurde, ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Die Richtigkeit dieser Würdigung drängt sich umso mehr auf, als die Klägerin noch in ihrem Schreiben vom die Auffassung vertreten hatte, dass die Einstallung von Schweinen nicht vor dem Abschluss der Sanierungsmaßnahmen erfolgen solle, der nach eigenen Angaben frühestens ab Oktober 1997 zu erwarten war.

b) Nach § 18 Abs. 3 BlmSchG kann die Genehmigungsbehörde auf Antrag die Frist des Absatzes 1 Nr. 2 aus wichtigem Grund verlängern, wenn hierdurch der Zweck des Gesetzes nicht gefährdet wird. Die Klägerin hat mit Schreiben vom , das am folgenden Tag beim STAU eingegangen ist, um Verlängerung des Bestandsschutzes gebeten. Da der Verlängerungsantrag vor Ablauf der Frist gestellt wurde, kommt es nicht auf die in der Literatur umstrittene, aus Gründen der Rechtsklarheit richtigerweise zu verneinende Frage an, ob eine Fristverlängerung auch rückwirkend möglich wäre (abl. Scheuing, in: GK-BlmSchG, § 18 Rn. 77; Jarass, BlmSchG, 6. Aufl. 2005, § 18 Rn. 13; Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht I, § 18 BlmSchG Rn. 34; Feldhaus/Scheidler, Bundesimmissionsschutzrecht, § 18 BlmSchG Rn. 29; a.A. Ule/Laubinger, BlmSchG, § 18 Anm. F 10; Schmatz/Nöthlichs, Immissionsschutz, § 18 BlmSchG Anm. 2). Übereinstimmung besteht demgegenüber darin, dass auf den vor Fristablauf gestellten Antrag eine Frist auch noch nach Fristablauf verlängert werden kann (Scheuing, a.a.O., Rn. 78; Hansmann, a.a.O.; Scheidler, a.a.O.; Schmatz/Nöthlichs, a.a.O.). Dem Antragsteller dürfen keine Verzögerungen zur Last gelegt werden, die ihre Ursache im Verantwortungsbereich der Behörde haben und seiner Einflussnahme entzogen sind.

Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, dass das Schreiben des STAU vom den gesetzlichen Voraussetzungen einer Fristverlängerung nicht in jeder Hinsicht entspricht. Zutreffend ist seine Ansicht, dass dieses Schreiben als Verwaltungsakt anzusehen ist und deshalb den Bestimmtheitserfordernissen des § 37 Abs. 1 VwVfG LSA genügen muss. Das auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtete Schreiben ist eine behördliche Maßnahme zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Es erfüllt damit alle Merkmale eines Verwaltungsakts (§ 35 Satz 1 VwVfG LSA). Das STAU hat in diesem Schreiben erklärt, mit den geplanten Umbaumaßnahmen verzögere sich zwar die Einstallung von Schweinen, die nach § 18 BlmSchG bis Mitte Juli 1997 hätte erfolgen müssen. Aufgrund einer Abstimmung mit dem Regierungspräsidium Magdeburg, Dezernat Immissionsschutz und Dezernat Veterinärhygiene, werde aber einer späteren Einstallung von Schweinen bei Einhaltung der Bedingung zugestimmt, dass die Klägerin unverzüglich einen Antrag auf Änderungsgenehmigung einreiche. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Folgerung des Oberverwaltungsgerichts, dass das Schreiben den gesetzlichen Anforderungen an eine Fristbestimmung durch Verwaltungsakt nicht genügt. Danach muss eine Fristbestimmung regelmäßig unter Angabe eines kalendermäßig festgelegten Zeitraums oder Datums einen Endzeitpunkt setzen (vgl. Beschluss vorn - BVerwG 1 B 28.87 - Buchholz 451.41 § 8 GastG Nr. 1). Das ergibt sich aus § 31 Abs. 1 VwVfG LSA i.V.m. den Auslegungsvorschriften der §§ 187 ff. BGB. Hiervon abweichende Sondervorschriften über die Fristbestimmung enthält § 18 Abs. 3 BlmSchG nicht.

Revisionsrechtlich zu beanstanden ist jedoch die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass die ausgesprochene Fristverlängerung mangels hinreichender Bestimmtheit die Nichtigkeit des Verwaltungsakts (§ 44 VwVfG LSA) zur Folge habe. Der fristverlängernde Verwaltungsakt ist nicht aus den in § 44 Abs. 2 VwVfG LSA ausdrücklich aufgeführten Gründen nichtig. Seine Nichtigkeit kann daher nur auf § 44 Abs. 1 VwVfG LSA beruhen. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Das Vorliegen dieser Tatbestandsmerkmale hat das Oberverwaltungsgericht damit begründet, die Verlängerung einer Frist setze bereits begrifflich eine neue Fristsetzung voraus, weshalb für die Klägerin ohne weiteres ersichtlich gewesen sei, dass ihr durch eine bloße Zustimmung zu einer späteren Einstallung überhaupt keine neue Frist gesetzt worden sei. Diese Auffassung verletzt § 44 Abs. 1 VwVfG LSA, der gemäß § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO revisibel ist. Da das Schreiben des STAU erkennen lässt, dass das Erlöschen der Frist wegen dreijährigen Nichtbetreibens der Anlage nicht eintreten sollte, falls die Klägerin unverzüglich eine Änderungsgenehmigung beantragte, leidet es nicht offensichtlich an einem besonders schwerwiegenden Fehler.

Soweit das Oberverwaltungsgericht aus der mangelhaften Fristsetzung auf die Nichtigkeit des Verwaltungsakts schließt, setzt es die aus dem Verstoß gegen § 31 Abs. 1 VwVfG LSA folgende Rechtswidrigkeit mit der Nichtigkeit gleich. Das ist schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil die Unvereinbarkeit der Fristsetzung mit dieser Vorschrift nicht als besonders schwerwiegender Fehler i.S.d. § 44 Abs. 1 VwVfG LSA angesehen werden kann. Schon nach Ansicht des Reichsgerichts (RGZ 115, 195 <196 f.>) lässt sich den Auslegungsvorschriften der §§ 187 ff. BGB nicht entnehmen, dass generell nur solche Fristen wirksam sind, die durch die dort genannten Kriterien zeitlich begrenzt sind. Wenn gesetzlich nichts anderes vorgeschrieben ist, kann eine Frist auch durch einen nicht kalendermäßig festgelegten Zeitraum oder Zeitpunkt bestimmt werden. Aus der Rechtswidrigkeit der Fristbestimmung folgt auch nicht ohne weiteres, dass der Verwaltungsakt nichtig ist, weil sein Regelungsgehalt deshalb unverständlich oder undurchführbar wäre. Verständlich und durchführbar kann auch eine Fristbestimmung sein, die an einen bestimmbaren Rechtsbegriff oder an ein bestimmtes Ereignis anknüpft. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.

Mit dem Schreiben des STAU vom wurde die Frist des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG in einer Weise verlängert, die nach Inhalt und Zweck des Schreibens sowie den erkennbaren Begleitumständen aus der Sicht des Empfängers objektiv als Fristverlängerung verstanden werden musste. Das Schreiben stand in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Schreiben des STAU vom , das - wiewohl nicht in jeder Hinsicht widerspruchsfrei - auf das bevorstehende Erlöschen der Genehmigung sowie auf die Möglichkeit einer Erhaltung des Bestandsschutzes hingewiesen hatte. Dem Fristverlängerungsantrag der Klägerin vom ist zu entnehmen, dass die Frage der Erhaltung des Bestandsschutzes Gegenstand zweier Besprechungen mit dem STAU war, in denen es einerseits um die Sanierung der Anlage und andererseits darum ging, das Erlöschen der Genehmigung wegen der durch die Sanierungsmaßnahmen ausgeschlossenen sofortigen Wiederaufnahme des Betriebs zu vermeiden. Mit seinem Hinweis auf die sanierungsbedingte Verzögerung der Einstallung von Schweinen, die nach § 18 BlmSchG bis Mitte Juli hätte erfolgen müssen, machte das STAU hinreichend deutlich, dass Gegenstand des Schreibens die Verlängerung der nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG abgelaufenen Frist war. Seine Zustimmung zu einer späteren, erst nach Mitte Juli vorzunehmenden Einstallung von Schweinen unter der Bedingung der unverzüglichen Einreichung eines Antrags auf Änderungsgenehmigung konnte die Klägerin unter diesen Umständen nur dahin verstehen, dass damit die gesetzliche Frist des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG verlängert werden sollte.

Ebenso bestimmbar war der Zeitraum der Fristverlängerung. Bleibt man nicht beim Wortlaut stehen und berücksichtigt den wirklichen Willen des STAU sowie den dem Schreiben vom vorangegangenen Schriftwechsel der Beteiligten, besteht kein vernünftiger Zweifel daran, dass die Frist für den Fall eines Antrags auf Änderungsgenehmigung bis zum Abschluss der notwendigen Anlagensanierung verlängert werden sollte. Die Nichtigkeit ergibt sich auch nicht aus der Unzuständigkeit des STAU zur Fristverlängerung; denn dieser Mangel war für die nicht anwaltlich vertretene Klägerin angesichts des gesamten Geschehensablaufs jedenfalls nicht offensichtlich. Ob die Fristverlängerung rechtmäßig war, ist für die Frage des Erlöschens der Frist unerheblich, da der Verwaltungsakt nicht aufgehoben worden ist.

c) Die Klägerin hat die ihr gestellte Bedingung erfüllt. Sie hat den Antrag auf Erteilung einer Änderungsgenehmigung unverzüglich beim Regierungspräsidium eingereicht. Die gegenteilige Auffassung des Beklagten überspannt die Anforderungen an die Unverzüglichkeit der Einreichung eines solchen Antrags. Da das Oberverwaltungsgericht offen gelassen hat, ob die Klägerin die Genehmigungsunterlagen unverzüglich eingereicht hat, kann der Senat die Einhaltung der Bedingung im Schreiben des STAU vom anhand der festgestellten Tatsachen und des Inhalts der zugehörigen Verwaltungsvorgänge selbst beurteilen.

Die Klägerin hatte mit der Antragstellung die auch für solche Zwecke unter Beteiligung des Landes gegründete gemeinnützige Landgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH beauftragt. Deren Vertreter legte den Entwurf des Antrags auf Änderungsgenehmigung mit Schreiben vom dem Regierungspräsidium mit der Bitte vor, ihn über notwendige Änderungen und Ergänzungen des Antrags zu unterrichten. Das Regierungspräsidium gab mit Schreiben an die Landgesellschaft vom entsprechende Hinweise und machte Änderungsvorschläge. Die endgültige Fassung des umfangreichen Antrags wurde im September 1998 vorgelegt, was das Regierungspräsidium mit Schreiben vom unter Hinweis auf seine dreimonatige Entscheidungsfrist bestätigte (§ 16 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 BlmSchG). Ende Oktober 1998 gab das Regierungspräsidium der Klägerin auf, eine gutachtliche Ausbreitungsrechung nach Maßgabe der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) erstellen zu lassen; diese wurde dem Regierungspräsidium Mitte Dezember 1998 vorgelegt. Anschließend leitete das Regierungspräsidium das Verfahren der Behördenbeteiligung ein. Ende Dezember 1999 bat es die Klägerin, die Antragsunterlagen zu vervollständigen.

Angesichts dieses Verfahrensablaufs muss bei Berücksichtigung aller Umstände davon ausgegangen werden, dass der Antrag auf Änderungsgenehmigung ohne schuldhaftes Zögern eingereicht wurde. Der Antrag, dessen Inhalt und Umfang die Komplexität der Materie erkennen lässt, wurde im Auftrag der Klägerin von einer fachkundigen Einrichtung gestellt. Zwar kann nicht angenommen werden, dass bereits die Antragstellung im Einvernehmen mit dem Regierungspräsidium erfolgte. Das Regierungspräsidium gab aber bis zum Erlass seiner Entscheidung weder gegenüber der Landgesellschaft noch gegenüber der Klägerin zu erkennen, dass es die Antragstellung nicht für unverzüglich hielt. Es hat vielmehr durch die in zeitlicher Hinsicht vorbehaltlose Entgegennahme des Antrags, seine Hinweise auf erforderliche Nachbesserungen und die Aufforderung zur Vorlage eines Gutachtens zu den Geruchsimmissionen bei der Klägerin objektiv den Eindruck erweckt, dass der Antrag jedenfalls nicht schuldhaft verspätet eingereicht wurde. Von dem damit zugunsten der Klägerin gesetzten Vertrauenstatbestand durfte sich der Beklagte nachträglich nicht einseitig lösen. Davon abgesehen lässt die mehr als 16monatige Bearbeitung des Antrags durch das Regierungspräsidium erkennen, dass bei realistischer Einschätzung mit einer Antragstellung vor Ablauf eines Jahres nach den hier gegebenen Umständen nicht zu rechnen war. Der erstmals im Widerspruchsbescheid erhobene Vorwurf, die Klägerin habe ihren Antrag auf Änderungsgenehmigung nicht unverzüglich vorgelegt, ist deshalb unberechtigt.

3. Das Oberverwaltungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - weder nachgeprüft noch tatsächliche Feststellungen dazu getroffen, ob die Klägerin die beantragte Änderungsgenehmigung beanspruchen kann. Der Senat kann infolgedessen nicht beurteilen, ob sich das angegriffene Urteil als richtig erweist, weil die zur Genehmigung gestellte Änderung der Anlage materiell nicht genehmigungsfähig ist (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Sache muss deshalb zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen werden.

Fundstelle(n):
NJW 2006 S. 1017 Nr. 14
PAAAC-13290