Leitsatz
Vermittelt eine Schulungsveranstaltung des Dienstherrn nach ihrem Schwerpunkt Kenntnisse, die für die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Aufgaben der Beschäftigten erforderlich sind, zugleich aber darüber hinaus zu deren beruflicher Fortbildung beitragen, stellt sie keine Maßnahme der Berufsbildung im Sinne von § 86 Abs. 1 Nr. 6, § 87 Abs. 1 Nr. 17 HmbPersVG dar.
Gesetze: HmbPersVG § 86 Abs. 1 Nr. 6; HmbPersVG § 87 Abs. 1 Nr. 17
Instanzenzug: VG Hamburg VG 2 VG FL 4/2000 vom OVG Hamburg OVG 8 Bf 373/00 .PVL vom
Gründe
I.
Das Universitätskrankenhaus Eppendorf ließ am Abteilungsleiter in arbeitsrechtlichen Fragen unterweisen. Der antragstellende Personalrat hielt die Veranstaltung für eine nach § 86 Abs. 1 Nr. 6 und § 87 Abs. 1 Nr. 17 HmbPersVG mitbestimmungspflichtige Maßnahme. Dem trat der Rechtsvorgänger des Beteiligten entgegen.
Der Antragsteller hat im Beschlussverfahren die Feststellung begehrt, dass die Fortbildungsveranstaltung am und die Auswahl der Teilnehmer der Mitbestimmung des Antragstellers unterlagen und rechtswidrig waren, solange der Antragsteller keine Zustimmung erteilt hatte, keine Einigung im Schlichtungsverfahren erzielt worden oder kein ersetzender Beschluss der Einigungsstelle ergangen war. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt, weil die Veranstaltung am nicht die berufliche Fort- und Weiterbildung, sondern konkrete Anweisungen und Ratschläge zur Amtsführung der Unterwiesenen zum Gegenstand gehabt habe.
Das Oberverwaltungsgericht hat der Beschwerde des Antragstellers entsprochen und zur Begründung ausgeführt: Der vom Beteiligten herangezogene Aspekt der Gegnerfreiheit trage nicht zur Entscheidung der Frage bei, ob die umstrittene Veranstaltung der Fortbildung der Mitarbeiter oder deren fachlicher Unterrichtung zur Erfüllung ihrer Aufgaben gedient habe. Die arbeitsrechtliche Unterweisung habe den Teilnehmern nicht lediglich zwingend notwendige juristische Zusatzkenntnisse, sondern weitergehend solche verschafft, die geeignet seien, ihr berufliches Fortkommen zu erleichtern. Dafür spreche auch, dass an der Veranstaltung nicht ein nach bestimmten Kriterien festgelegter Personenkreis teilgenommen habe, sondern eine Auswahl unter den Bediensteten stattgefunden habe.
Der Beteiligte erstrebt mit der Rechtsbeschwerde die Zurückweisung der Beschwerde des Antragstellers gegen den erstinstanzlichen Beschluss und trägt zur Begründung im Wesentlichen vor, Gegenstand der Veranstaltung sei allein die Beseitigung etwaiger Defizite der Unterwiesenen in der Kenntnis des Arbeitsrechts gewesen, die diese als Vorgesetzte bei der Wahrnehmung von Arbeitgeberfunktionen haben müssten; eine solche Unterweisung stelle keine berufliche Fort- und Weiterbildung dar.
Der Antragsteller tritt der Rechtsbeschwerde entgegen.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Der angefochtene Beschluss beruht auf der unrichtigen Anwendung von Normen des Personalvertretungsrechts (§ 100 Abs. 2 des Hamburgischen Personalvertretungsgesetzes - HmbPersVG - vom , HmbGVBl S. 17, in der Fassung des Gesetzes vom , HmbGVBl S. 75, i.V.m. § 93 Abs. 1 ArbGG). Veranstaltungen, die der am abgehaltenen entsprechen, unterliegen nicht der Mitbestimmung des Antragstellers. Das Verwaltungsgericht hat daher den Antrag zu Recht abgelehnt. Die Beschwerde des Antragstellers ist zurückzuweisen.
1. Der Antragsteller begehrt erkennbar eine über den Anlassfall hinausreichende Klärung seiner Mitbestimmungsbefugnisse, an der er auch im Hinblick auf künftige vergleichbare Veranstaltungen ein berechtigtes Interesse hat (zur Antragstellung bei Erledigung der umstrittenen Maßnahme vgl. BVerwG 6 P 3.92 - BVerwGE 92, 295). Gegenstand des Verfahrens ist nach dem Antragsschriftsatz vom demgemäß die Frage, ob die Unterrichtung von Führungskräften über "das richtige Vorgehen bei Fehlverhalten von Mitarbeitern, insbesondere die ordnungsgemäße Erteilung von Abmahnungen sowie darüber hinausgehende Fragen des allgemeinen Arbeitsrechts" durch den Dienstherrn zur Berufsbildung i.S. von § 86 Abs. 1 Nr. 6 und § 87 Abs. 1 Nr. 17 HmbPersVG gehört.
2. Nach § 86 Abs. 1 Nr. 6 HmbPersVG hat der Personalrat mitzubestimmen bei der Durchführung der Berufsbildung (Berufsausbildung, berufliche Fort- und Weiterbildung sowie berufliche Umschulung) mit Ausnahme der Gestaltung von Lehrveranstaltungen und der Auswahl von Lehrpersonen. Die Auswahl von Angehörigen des öffentlichen Dienstes für Maßnahmen der Berufsbildung i.S. des § 86 Abs. 1 Nr. 6 HmbPersVG unterliegt gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 17 HmbPersVG der Mitbestimmung des Personalrats.
a) Die - hier allein in Betracht zu ziehende - berufliche Fort- und Weiterbildung bedarf der Abgrenzung gegenüber - nicht mitbestimmungspflichtigen - Unterweisungen der Bediensteten durch den Dienstherrn, die sie in die Lage versetzen, ihre Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen.
Der beschließende Senat hat zum Begriff der Fortbildung i.S. von § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 BPersVG im BVerwG 6 P 7.90 - (Buchholz 250 § 76 BPersVG Nr. 23 = PersV 1992, 385) ausgeführt, die Fortbildung betreffe alle Maßnahmen, die an den vorhandenen Wissensgrundstock anknüpfen, fachliche und berufliche Kenntnisse vertiefen und aktualisieren und die ein Mehr an Kenntnissen vermitteln, als für den Eintritt in die Laufbahn bzw. für die Befähigung zur Ausübung der dem Beschäftigten übertragenen Arbeit erforderlich ist. Wesentlich ist, dass über die bloße Erhaltung und Vertiefung des bereits vorhandenen Wissens hinaus neue Kenntnisse erworben werden, die sich innerhalb des beruflichen Spektrums halten, aber über den Mindeststandard hinausgehen. Die Fortbildung soll also dem Teilnehmer ermöglichen, sich Kenntnisse und Fertigkeiten zu erwerben, die über die bloße fehlerfreie und ordnungsgemäße Wahrnehmung seiner jetzigen Aufgaben hinausgehen und ihm eine zusätzliche Qualifikation vermitteln. Durch das Mitbestimmungsrecht soll die Personalvertretung insbesondere auch an der Festlegung des teilnahmeberechtigten Personenkreises beteiligt werden, da sich die bei Fortbildungsveranstaltungen erworbenen Kenntnisse günstig auf das berufliche Fortkommen der Beschäftigten auswirken können, mit anderen Worten das Interesse der Beschäftigten an einer möglichst gerechten Verteilung der Fortbildungschancen berührt wird.
Das Oberverwaltungsgericht hält es im Anschluss an diese Entscheidung für maßgeblich, ob die Maßnahme lediglich der fachlichen Unterrichtung zur Aufrechterhaltung des dienstlich erforderlichen Leistungsstandes und zur Anpassung der Fertigkeiten der Bediensteten an Neuerungen an ihrem Arbeitsplatz dient oder ob darüber hinaus Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden, die sich auf das berufliche Fortkommen der Beschäftigten auswirken können. Dieses Kriterium erweist sich bei Veranstaltungen wie derjenigen, die dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegt, als nicht hinreichend.
Die im Beschluss vom angesprochenen Grundsätze werden zwar in der Regel genügen, um - wie in dem der genannten Senatsentscheidung zugrunde liegenden Fall - Schulungen in der Beherrschung klar umrissener aufgabenbezogener Fertigkeiten von darüber hinausgehenden Fortbildungen abzugrenzen. Entscheidend ist danach, ob das in der Veranstaltung vermittelte Wissen über die aktuellen Anforderungen am Arbeitsplatz hinausweist (vgl. auch BVerwG, Beschlüsse vom - BVerwG 6 P 16.81 - Buchholz 238.31 § 79 PersVG BW Nr. 4 und vom - BVerwG 6 P 28.85 - Buchholz 251.6 § 75 NdsPersVG Nr. 3). Indes wird bei höherwertigen Tätigkeiten, namentlich bei der Wahrnehmung von Führungsaufgaben, die ein vergleichsweise breites Spektrum von Kenntnissen und Fähigkeiten voraussetzen, die erforderliche Abgrenzung häufig nicht allein anhand dieses Kriteriums möglich sein. Die Unterweisung beispielsweise in Verhandlungsstrategien kann und wird sowohl der Leistungssteigerung der Bediensteten dienen als auch ihnen eine zusätzliche Qualifikation vermitteln. Daher muss auf den Schwerpunkt der jeweiligen Veranstaltung abgestellt werden. Dieser ist anhand der Gesamtumstände des einzelnen Falls zu ermitteln.
b) Bei der Veranstaltung am und entsprechenden künftigen Unterweisungen handelt es sich nicht um Fortbildungsmaßnahmen i.S. von § 86 Abs. 1 Nr. 6 und § 87 Abs. 1 Nr. 17 HmbPersVG. Dies ergibt sich aus den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, namentlich dem Vorbringen der Beteiligten und der Aktenlage. Weiterer Sachaufklärung bedarf es nicht.
Die Veranstaltung hatte die Verhaltensweisen und Reaktionen von Vorgesetzten bei Fehlverhalten von Arbeitnehmern zum Gegenstand. Dabei wurden die Zuständigkeitsverteilung zwischen den Dienstvorgesetzten und der Personalabteilung und die arbeitsrechtlichen Voraussetzungen möglicher Sanktionen erörtert. Diesbezügliche Kenntnisse gehören zum "Handwerkszeug" derjenigen Beschäftigten, die - namentlich in einer Dienststelle von der Größe und Verzweigtheit wie dem Universitätskrankenhaus Eppendorf - als Vorgesetzte Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen. Da diese Kenntnisse nicht nur an dem konkreten Einsatzort der Teilnehmer von Nutzen sind, kann andererseits nicht in Abrede gestellt werden, dass die Veranstaltung auch zu deren Fortbildung beitrug.
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, weisen die Gesamtumstände, unter denen die Veranstaltung stattfand, jedoch darauf hin, dass es sich bei ihr und entsprechenden künftigen vornehmlich um die Unterweisung Beschäftigter in Bezug auf die ordnungsgemäße Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgaben handelt. Der Beteiligte hat bei der Anhörung durch das Oberverwaltungsgericht unwidersprochen dargelegt, dass die Abteilungsleiter angesichts der Umstrukturierungsmaßnahmen am Universitätskrankenhaus Eppendorf stärker als zuvor mit arbeitsrechtlichen Fragen beschäftigt würden und sich daraus die Notwendigkeit ergeben habe, die arbeitsrechtlichen Kenntnisse der Abteilungsleiter zu aktualisieren; bei anderer Gelegenheit seien die Stellvertreter der Abteilungsleiter entsprechend unterwiesen worden, und es sei geplant, die Unterweisung nach und nach für alle Führungskräfte durchzuführen. Der Anlass und die Zielsetzung sowie der umfassend geplante Teilnehmerkreis weisen die Veranstaltungen nach Art der am durchgeführten als dienstliche Unterweisung aus. Sie sind aus der nachvollziehbaren Sicht des Dienstherrn erforderlich, um die ordnungsgemäße Erfüllung der Vorgesetztenaufgaben sicherzustellen. In diesem Sinne versteht der Senat auch das - unter dem Aspekt der "Gegnerfreiheit" eingeführte und insoweit missverständliche - Vorbringen des Beteiligten, es sei um die Unterrichtung von Beschäftigten mit Führungsaufgaben in der Ausübung der "Gläubigerstellung des Arbeitgebers" gegangen und deshalb komme eine Mitbestimmung des Antragstellers nicht in Betracht.
Demgegenüber fehlen die Merkmale, die für Fortbildungsmaßnahmen des Dienstherrn typisch sind und an die die Mitbestimmungstatbestände ihrem Zweck nach anknüpfen. Die Beschäftigten können üblicherweise selbst entscheiden, ob sie an vom Dienstherrn angebotenen Veranstaltungen der beruflichen Fortbildung teilnehmen, gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt. Dem entspricht, dass die Teilnahme in der Regel von einer - nicht notwendig unmittelbar durch dienstliche Belange bestimmten - Auswahlentscheidung abhängt (vgl. BVerwG 6 P 7.93 - Buchholz 251.2 § 85 BlnPersVG Nr. 7).
Die Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts dazu, dass die Vermittlung arbeitsrechtlicher Kenntnisse an die Teilnehmer der umstrittenen Veranstaltung objektiv nicht erforderlich gewesen sein könne und der Beteiligte den Kreis der Teilnehmer nicht nach hinreichend bestimmten Kriterien festgelegt habe, sind auf seinen Rechtsstandpunkt zurückzuführen und stellen eine Interpretation der von ihm festgestellten Tatsachen dar. Ihnen kommt jedoch für die Frage, wo der Schwerpunkt der Unterrichtsmaßnahme des Dienstherrn liegt, keine entscheidende Bedeutung zu. Dieser liegt vielmehr nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts bei der Vermittlung aufgabenbezogener Kenntnisse.
3. Der Gegenstandswert beläuft sich auf den Auffangwert gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO. Der Antrag der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers, den Gegenstandswert auf 8 000 € festzusetzen, bleibt ohne Erfolg, weil die Sache in keiner Hinsicht von anderen Beschlussverfahren abweicht, für die der Senat den Auffangwert grundsätzlich für angemessen erachtet. Der Umstand, dass das geltend gemachte Mitbestimmungsrecht auf zwei Rechtsgrundlagen gestützt ist, rechtfertigt eine Verdoppelung des Gegenstandswerts nicht.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
EAAAC-13126