Leitsatz
Wird eine militärische Dienststelle auf Grund eines Organisationsbefehls des Verteidigungsministeriums der höheren Dienststelle eines anderen Geschäftsbereichs unterstellt mit der Folge, dass die der Dienststelle angehörenden Mitglieder des Bezirkspersonalrates ihr Amt verlieren, so liegt in dieser organisatorischen Maßnahme keine nach § 47 Abs. 2 BPersVG zustimmungspflichtige Versetzung.
Gesetze: BPersVG § 47 Abs. 2; BPersVG § 54 Abs. 1
Instanzenzug: VG Köln VG 33 K 5424/02 .PVB vom OVG Münster OVG 1 A 4356/02 .PVB vom
Gründe
I.
Die Beschäftigten B und R sowie Hauptmann M waren als Angehörige des Fernmeldebereichs 70 Mitglieder des im Mai 2000 gewählten Antragstellers. Mit Organisationsbefehl vom ordnete das Bundesministerium der Verteidigung mit Wirkung vom die Unterstellung des Fernmeldebereichs 70 unter das Kommando Strategische Aufklärung an. Als Zweck der Maßnahme war angegeben: "Wechsel des Organisationsbereiches FMBer 70 von der Luftwaffe zur Streitkräftebasis im Rahmen der Einnahme Luftwaffenstruktur 5". Mit der Durchführung wurde das Luftwaffenführungskommando in Zusammenarbeit mit dem Streitkräfteunterstützungskommando beauftragt. In den Monatsgesprächen mit dem Beteiligten vom 10. April und machte der Antragsteller in Bezug auf seine dem Fernmeldebereich 70 angehörenden Mitglieder das Zustimmungsrecht gemäß § 47 Abs. 2 BPersVG geltend. Nach Einholung einer Stellungnahme des Bundesministeriums der Verteidigung verneinte der Beteiligte mit Schreiben vom das Zustimmungsrecht. Ein Einigungsgespräch blieb erfolglos.
Das vom Antragsteller angerufene Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass der Vollzug des durch den Organisationsbefehl vom angeordneten Unterstellungswechsels des Fernmeldebereichs 70 der Zustimmung des Antragstellers insoweit bedürfe, als er seine Mitglieder B, M und R erfasse, falls diese nicht selbst vorher zustimmten. Auf die Beschwerde des Beteiligten hat das Oberverwaltungsgericht den erstinstanzlichen Beschluss geändert und den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Wechsel in der Unterstellung des Fernmeldebereichs 70 vom Luftwaffenführungskommando zum Kommando Strategische Aufklärung enthalte keine Versetzung im Sinne von § 47 Abs. 2 BPersVG. Es handele sich um eine Organisationsmaßnahme, mit der keine personellen Einzelmaßnahmen verbunden seien. Zwar hätten dadurch die dem Fernmeldebereich 70 angehörenden Mitglieder des Antragstellers ihr Amt verloren. Diese Rechtsfolge sei jedoch kraft Gesetzes eingetreten, ohne dass es einer Regelung durch den Dienstherrn bedurft habe. Der Schutzzweck des § 47 Abs. 2 Satz 3 BPersVG sei in Fällen dieser Art nicht berührt. Er solle eine Beeinträchtigung der Personalratsarbeit vor allem durch das Herausgreifen unliebsam gewordener Personalratsmitglieder verhindern. Einen derartigen Charakter habe der Unterstellungswechsel offensichtlich nicht. Seine Zuordnung zum Anwendungsbereich von § 47 Abs. 2 BPersVG widerspräche der Intention des § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG, in derartigen Organisationsangelegenheiten dem Dienstherrn weitgehend freie Hand zu lassen. Dies gelte insbesondere mit Blick darauf, dass die Wahrnehmung der Zustimmungskompetenz nach § 47 Abs. 2 BPersVG durch den Personalrat gerichtlich nicht korrigierbar sei.
Der Antragsteller trägt zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde vor: Es sei höchstrichterlich entschieden, dass § 47 Abs. 2 BPersVG auf die Ausgliederung einer bisher unselbstständigen Abteilung aus der bisherigen Dienststelle unter Umwandlung in eine nun eigenständige Dienststelle anwendbar sei. Die Herausnahme von Teilen des nachgeordneten Bereichs aus dem Geschäftsbereich des Bezirkspersonalrates sei entsprechend zu behandeln. Auch in diesem Fall würden die betroffenen Personalratsmitglieder gegen ihren Willen durch einseitige Eingriffe der Verwaltung ihres Amtes enthoben.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Beschwerde des Beteiligten gegen den erstinstanzlichen Beschluss zurückzuweisen.
Der Beteiligte beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss ebenso wie der Vertreter des Bundesinteresses.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist nicht begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf der Nichtanwendung oder der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 ArbGG). Der Vollzug des Organisationsbefehls vom bedurfte hinsichtlich der Beschäftigten B und R sowie des Soldaten M nicht der Zustimmung des Antragstellers.
1. Nach § 47 Abs. 2 BPersVG dürfen Mitglieder des Personalrates gegen ihren Willen nur versetzt oder abgeordnet werden, wenn dies auch unter Berücksichtigung der Mitgliedschaft im Personalrat aus wichtigen dienstlichen Gründen unvermeidbar ist (Satz 1). Als Versetzung gilt auch die mit einem Wechsel des Dienstortes verbundene Umsetzung in derselben Dienststelle; das Einzugsgebiet im Sinne des Umzugskostenrechts gehört zum Dienstort (Satz 2). Die Versetzung oder Abordnung von Mitgliedern des Personalrates bedarf der Zustimmung des Personalrates (Satz 3). Wie sich aus Wortlaut, systematischem Zusammenhang, Entstehungsgeschichte und Zweck der Regelung ergibt, unterliegen nur gegen den Willen eines Personalratsmitglieds ausgesprochene Versetzungen und Abordnungen der Zustimmung des Personalrates (vgl. BVerwG 7 P 14.75 - Buchholz 238.3 A § 47 BPersVG Nr. 1).
2. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist hier allerdings eröffnet.
a) Die Zivilbeschäftigten B und R genossen als Mitglieder des Bezirkspersonalrates beim Luftwaffenführungskommando über § 54 Abs. 1 BPersVG den Versetzungs- und Abordnungsschutz nach § 47 Abs. 2 BPersVG. Als militärische Dienststelle der Bundeswehr gehört das Luftwaffenführungskommando zwar nicht zu den Verwaltungen des Bundes im Sinne von § 1 Satz 1 BPersVG. Insofern ordnet jedoch § 70 Abs. 1 des Soldatengesetzes - SG - in der Fassung der Bekanntmachung vom , BGBl I S. 232, die Anwendung des Bundespersonalvertretungsgesetzes an. Das Luftwaffenführungskommando zählt gemäß § 53 Abs. 2 des Soldatenbeteiligungsgesetzes - SBG - in der Fassung der Bekanntmachung vom , BGBl I S. 766, i.V.m. § 1 Nr. 12 der Verordnung vom , BGBl I S. 424, zuletzt geändert durch Verordnung vom , BGBl I S. 2289, zu denjenigen militärischen Dienststellen, bei denen auch für die Zivilbeschäftigten ein Bezirkspersonalrat gebildet wird (§ 70 Abs. 2 SG).
b) Nichts anderes gilt im Ergebnis für Hauptmann M als Soldatenvertreter im Bezirkspersonalrat. Aus dem Umstand, dass nach den genannten Bestimmungen beim Luftwaffenführungskommando auch die Soldaten des Geschäftsbereichs einen Bezirkspersonalrat wählen, folgt zugleich, dass es sich dabei generell um eine für Soldaten personalratsfähige Dienststelle nach § 49 Abs. 1 Satz 1 SBG handelt (vgl. BVerwG 6 P 2.01 - Buchholz 252 § 2 SBG Nr. 3 S. 20 f.). Für die Soldatenvertreter im Personalrat ordnet § 51 Abs. 3 Satz 1 SBG ausdrücklich die Anwendung von § 47 BPersVG an. Für diejenigen im Bezirkspersonalrat folgt dies aus § 48 Satz 1 SBG i.V.m. § 54 Abs. 1 BPersVG.
3. Der Vollzug des Organisationsbefehls vom , durch welchen die Unterstellung des Fernmeldebereichs 70 verändert wurde, war gegenüber B, R und M nicht als Versetzung oder vergleichbare Maßnahme nach § 47 Abs. 2 BPersVG zu werten.
a) Nach ihrem Wortlaut bezieht sich die Regelung in § 47 Abs. 2 BPersVG auf personelle Maßnahmen, also auf Maßnahmen, die an die betroffenen Personalratsmitglieder persönlich gerichtet sind. Die in § 47 Abs. 2 BPersVG verwandten Begriffe "Versetzung, Abordnung, Umsetzung" mögen offen sein für ein Verständnis, welches über die strengen dienstrechtlichen Definitionen hinausgeht (vgl. BVerwG 6 P 11.85 - Buchholz 250 § 47 BPersVG Nr. 6 S. 6; vgl. zur grundsätzlichen Geltung dienstrechtlicher Begriffsinhalte im Bereich der Mitbestimmung in Personalangelegenheiten: BVerwG 6 P 9.01 - Buchholz 251.7 § 72 NWPersVG Nr. 27 S. 18; BVerwG 6 P 11.01 - Buchholz 251.2 § 86 BlnPersVG Nr. 4 S. 2 f.). Organisatorische Maßnahmen der hier in Rede stehenden Art, durch welche die Gliederung der Dienststellenorganisation verändert wird, fallen jedenfalls auch bei weitestem Verständnis nicht darunter.
b) Dies bestätigt die Gesetzessystematik.
aa) Die Regelung in § 47 Abs. 2 BPersVG steht im Regelungszusammenhang mit § 47 Abs. 1 BPersVG, der Personalratsmitglieder vor außerordentlichen Kündigungen schützt und damit das Verbot ordentlicher Kündigungen von Personalratsmitgliedern in § 15 Abs. 2 KSchG ergänzt. § 47 Abs. 2 BPersVG komplettiert daher den Schutz des Personalratsmitglieds vor belastenden personellen Maßnahmen. Auch die in § 47 Abs. 3 BPersVG getroffene Sonderbestimmung für Auszubildende bestätigt, dass Regelungsgegenstand in § 47 BPersVG ausschließlich personelle Maßnahmen des zuständigen Dienststellenleiters sind.
bb) § 47 Abs. 2 BPersVG verwendet zur Beschreibung der zustimmungsbedürftigen Maßnahmen - einschließlich der Bezugnahme auf das Umzugskostenrecht bei Umsetzungen mit Dienstortwechsel - dieselbe Begrifflichkeit wie § 75 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 bzw. § 76 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 BPersVG. § 75 Abs. 1 und § 76 Abs. 1 BPersVG fassen die dort aufgeführten Mitbestimmungskataloge ausdrücklich unter den Begriff "Personalangelegenheiten" zusammen. Diese Maßnahmen stehen im Gegensatz zu den organisatorischen Angelegenheiten nach § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG. Den dort aufgezählten Maßnahmen - Auflösung, Einschränkung, Verlegung oder Zusammenlegung von Dienststellen - ist gemeinsam, dass sie auf eine Veränderung der Dienststellenorganisation angelegt sind. Der hier streitige Unterstellungswechsel ist zwar nicht ausdrücklich erwähnt, seinem Charakter nach aber durchaus vergleichbar.
cc) Als systematisches Argument für eine Einbeziehung organisatorischer Maßnahmen in den Anwendungsbereich des § 47 Abs. 2 BPersVG gibt § 54 Abs. 1 BPersVG nichts her. Die dort angeordnete entsprechende Anwendung des § 47 BPersVG besagt lediglich, dass auch die Mitglieder der Stufenvertretungen in den Genuss des Kündigungs-, Versetzungs- und Abordnungsschutzes nach dieser Vorschrift gelangen. Zu einer qualitativen Erweiterung über den Kreis der personellen Maßnahmen hinaus trifft § 54 Abs. 1 BPersVG keine Aussage.
c) Auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift liefert keinen Anhalt dafür, dass der Gesetzgeber in § 47 Abs. 2 BPersVG andere als an einzelne Personalratsmitglieder gerichtete Maßnahmen im Auge gehabt haben könnte. Weder bei der erstmaligen Formulierung des Versetzungs- und Abordnungsschutzes in § 59 Abs. 2 Satz 2 des Personalvertretungsgesetzes vom , BGBl I S. 477, noch bei der - in Bezug auf Umsetzungen mit Dienstortwechsel - erweiterten Fortschreibung dieses Schutzes in § 47 Abs. 2 BPersVG hat er zu erkennen gegeben, dass auch organisatorische Maßnahmen der hier in Rede stehenden Art vom Schutzbereich der Vorschrift erfasst sein sollten (vgl. BTDrucks 2/1189 S. 8 zu § 59 Abs. 2; 7/176 S. 30 § 46; 7/1339 S. 20 § 46; 7/1373 S. 5 zu § 46).
d) Der Schutzzweck der in § 47 Abs. 2 BPersVG getroffenen Regelung gebietet nicht die Einbeziehung der hier streitigen organisatorischen Maßnahme.
aa) § 47 Abs. 2 BPersVG soll die ungestörte Ausübung des Personalratsamts sicherstellen und den Mitgliedern des Personalrates die für ihre Arbeit notwendige Unabhängigkeit gegenüber dienstlichen Maßnahmen geben, welche sie dauernd oder vorübergehend an der Ausübung ihres Personalratsamts hindern können (vgl. BVerwG 6 P 38.83 - Buchholz 238.3 A § 47 BPersVG Nr. 5 S. 9). Der Schutzzweck geht dahin, jede nur mögliche Erschwerung der Ausübung des Personalratsamts auszuschließen, die letztlich eine Beeinträchtigung der unabhängigen Amtsführung bewirken kann (vgl. BVerwG 6 P 37.79 - Buchholz 238.3 A § 47 BPersVG Nr. 3 S. 4; BVerwG 6 P 34.79 - Buchholz 238.3 A § 47 BPersVG Nr. 4 S. 7; BVerwG 6 P 5.91 - Buchholz 250 § 47 BPersVG Nr. 7 S. 9).
Dass der amtierende Personalrat durch § 47 Abs. 2 BPersVG vor dauernden oder vorübergehenden Änderungen seiner Zusammensetzung geschützt wird, die der Dienstherr oder Arbeitgeber anderenfalls gegen den Willen der Personalratsmitglieder durchsetzen könnte, wurde in der vorbezeichneten Senatsrechtsprechung lediglich als mittelbare Folge des durch die Vorschrift begründeten Schutzes gewertet. Dagegen hat der Senat in seiner neueren Rechtsprechung zum Schutz der Personalratsmitglieder vor außerordentlichen Kündigungen nach § 47 Abs. 1 und § 108 Abs. 1 BPersVG betont, dass diese Vorschriften nicht nur dem Individualinteresse des betroffenen Arbeitnehmers dienen, sondern auch die ungestörte Amtsausübung der Personalvertretung sicherstellen sollen (vgl. BVerwG 6 P 2.97 - BVerwGE 106, 153, 157; BVerwG 6 P 5.97 - Buchholz 251.51 § 40 MVPersVG Nr. 1 S. 9; BVerwG 6 P 2.98 - Buchholz 250 § 108 BPersVG Nr. 3 S. 4; ebenso zu § 9 BPersVG: BVerwG 6 P 11.03 - PersR 2004, 60, 62; ebenso zu § 47 Abs. 1 BPersVG: - BAGE 76, 317, 321). Es könnte daher nahe liegen, die Funktionsfähigkeit der Personalvertretung in den Schutzzweck auch des Versetzungs- und Abordnungsschutzes nach § 47 Abs. 2 BPersVG einzubeziehen (so Altvater/Hamer/Ohnesorg/Peiseler, Bundespersonalvertretungsgesetz, 5. Aufl. 2004, § 47 Rn. 20 a und 21; ähnlich Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 10. Aufl. 2004, § 47 Rn. 35; Etzel, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 47 Rn. 131). Dies kann jedoch letztlich auf sich beruhen. Denn einerlei, ob § 47 Abs. 2 BPersVG allein dem Schutz der Personalratsmitglieder oder ob er daneben auch der Arbeitsfähigkeit der Personalvertretung dienen soll, gebietet die Vorschrift nicht die Einbeziehung der hier streitigen Organisationsmaßnahme.
bb) Allerdings hat der Vollzug des Organisationsbefehls vom dazu geführt, dass die dem Fernmeldebereich 70 angehörenden Mitglieder des Antragstellers ihr Amt gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5, § 54 Abs. 1 BPersVG verloren haben. Denn mit der Unterstellung ihrer Dienststelle unter das Kommando Strategische Aufklärung haben sie ihr aktives und damit zugleich ihr passives Wahlrecht zum Bezirkspersonalrat beim Luftwaffenführungskommando verloren (§ 14 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Satz 1 BPersVG). Zu diesem Zeitpunkt gehörten sie nämlich nicht mehr zum Geschäftsbereich des Luftwaffenführungskommandos (§ 53 Abs. 2 BPersVG). Denn das Kommando Strategische Aufklärung untersteht seinerseits dem Streitkräfteunterstützungskommando, welches über einen eigenen Bezirkspersonalrat verfügt (§ 53 Abs. 2 SBG i.V.m. § 1 Nr. 1 der Verordnung vom in der Fassung der Dritten Änderungsverordnung vom ).
cc) Trotz des beschriebenen Verlusts des Personalratsamts als Folge des Organisationsbefehls vom ist der Schutzzweck des § 47 Abs. 2 BPersVG nicht berührt.
Diese Vorschrift schützt vor Maßnahmen, die einzelne Personalratsmitglieder belastet. Ausgangspunkt ihrer Zielrichtung ist der natürliche Interessengegensatz zwischen Personalrat und Dienststellenleitung. Weil der Personalrat berechtigt ist, nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen die Zustimmung zu beteiligungspflichtigen Maßnahmen des Dienststellenleiters zu verweigern und damit deren Durchführung zu verhindern, besteht immer die Gefahr, dass sich seine Mitglieder beim Dienststellenleiter unbeliebt machen. Aus diesem Grund wird der Dienststellenleiter durch das Regelwerk in § 47 BPersVG und § 15 KSchG im Interesse einer ungestörten Ausübung des Personalratsamts und zur Wahrung der Unabhängigkeit des Personalratsmitglieds gehindert, gegen dessen Person einseitig im Wege der Kündigung, Versetzung (einschließlich bestimmter Umsetzungen) oder Abordnung vorzugehen. Solche personellen Maßnahmen gegen Personalratsmitglieder haben eine besondere "Färbung". Bei ihnen hegt der Gesetzgeber die generelle Besorgnis, dass sie nicht allein aus dienstlichen, dem Allgemeinwohl verpflichteten Gründen ergehen, sondern dass sie das Personalratsmitglied in Anknüpfung an die Wahrnehmung seines Mandats und damit aus unsachlichen Gründen treffen sollen oder doch können.
Eine derartige Zielrichtung fehlt organisatorischen Maßnahmen der hier in Rede stehenden Art. Die Unterstellung einer Dienststelle unter die höherrangige Dienststelle eines anderen Geschäftsbereichs erfolgt - ebenso wie die in § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG genannten organisatorischen Maßnahmen - ohne Ansehung der Person. Eine solche Maßnahme beruht auf organisationspolitischen Gründen. Mit der Amtsführung der von ihren Folgewirkungen betroffenen Personalratsmitglieder hat sie nichts zu tun. Von ihr sind die Beschäftigten der Dienststelle mit personalvertretungsrechtlichen Funktionen und diejenigen ohne derartige Funktionen in gleicher Weise betroffen.
e) Die Wirksamkeit organisatorischer Maßnahmen der hier in Rede stehenden Art von der Zustimmung des Personalrates nach § 47 Abs. 2 BPersVG abhängig zu machen, stünde im Widerspruch zu verfassungsrechtlichen und personalvertretungsrechtlichen Grundsätzen.
aa) § 47 Abs. 2 Satz 3 BPersVG verschafft dem Personalrat bei Versetzungen und Abordnungen von Personalratsmitgliedern im Sinne von § 47 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BPersVG ein absolutes Vetorecht. Seine fehlende oder verweigerte Zustimmung kann - anders als in den Fällen des § 47 Abs. 1 BPersVG - nicht durch das Verwaltungsgericht ersetzt werden (vgl. BVerwG 6 P 37.79 - a.a.O. S. 2; Beschluss vom a.a.O. S. 9; Fischer/Goeres, in: GKÖD Band V K § 47 Rn. 49; Altvater u.a., a.a.O. Rn. 20 d; Ilbertz/Widmaier, a.a.O. Rn. 44; Etzel, a.a.O. Rn. 135). Die noch im Entwurf eines Bundespersonalvertretungsgesetzes vom vorgesehene entsprechende Anwendung der Regelungen für die außerordentliche Kündigung ist im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens gestrichen worden (vgl. BTDrucks 7/176 S. 11 § 46, S. 30 zu § 46; 7/1339 S. 20 § 46). Diese starke Rechtsposition des Personalrates wird nicht nennenswert geschwächt, wenn man der Erwägung in der Kommentarliteratur folgt, bei rechtsmissbräuchlicher Zustimmungsverweigerung könne der Dienststellenleiter die Auflösung des Personalrates gemäß § 28 Abs. 1 BPersVG betreiben (vgl. Fischer/Goeres, a.a.O.; Etzel, a.a.O. Rn. 136; Ilbertz/Widmaier, a.a.O. Rn. 42), oder wenn man in einem derartigen Fall den Rechtsgedanken in § 162 Abs. 1 BGB für anwendbar hält.
bb) Würde dem Personalrat durch Anwendung von § 47 Abs. 2 BPersVG die Möglichkeit eröffnet, die Dienststellenorganisation betreffende Maßnahmen zu verhindern, stünde dies im Widerspruch zur Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers in § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG, der in solchen Fällen die Beteiligung der Personalvertretung auf ein Mitwirkungsrecht beschränkt hat, welches das Letztentscheidungsrecht der obersten Dienstbehörde - gegebenenfalls nach Stufenverfahren, aber ohne Einigungsstellenverfahren - unberührt lässt (§ 72 Abs. 4 Satz 2 BPersVG). Selbst dieses schwächere Beteiligungsrecht ist im Bereich militärischer Dienststellen bei entgegenstehenden militärischen Gründen ausgeschlossen (§ 70 Abs. 4 SG). Sofern der hier in Rede stehende Unterstellungswechsel nicht unter § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG fällt, kommt damit zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber solche Maßnahmen von der Beteiligung der Personalvertretung völlig freihalten wollte.
cc) Ein absolutes Vetorecht des Personalrates gegenüber organisatorischen Maßnahmen steht nicht nur im aufgezeigten Widerspruch zum einfachen Recht, sondern auch zum Verfassungsrecht. Organisatorische Maßnahmen der in § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG genannten oder vergleichbarer Art sind ohne Verletzung des demokratischen Prinzips der Mitbestimmung des Personalrates nur in der Weise zugänglich, dass auf der letzten Stufe die Entscheidung der Einigungsstelle den Charakter einer Empfehlung an die oberste Dienstbehörde hat (vgl. - BVerfGE 93, 37, 73). Zwar ist die in § 47 Abs. 2 BPersVG vorgeschriebene Zustimmung des Personalrates zu Versetzungen oder Abordnungen seiner Mitglieder nicht selbst Bestandteil seiner Mitbestimmung nach §§ 75 ff. BPersVG. Doch ist das dort normierte absolute Vetorecht des Personalrates unter dem Gesichtspunkt des demokratischen Prinzips im Ergebnis nur dann unbedenklich, wenn es auf den speziellen Schutz von Personen mit personalvertretungsrechtlichen Funktionen beschränkt bleibt. Dies ist nicht der Fall, wenn sich das Vetorecht des Personalrates in der Weise auswirkt, dass organisatorische Entscheidungen außer Vollzug gesetzt werden, die die zuständige Dienststelle kraft ihrer nach Verfassung und Gesetz zustehenden Organisationsgewalt getroffen hat.
dd) Der dem Verwaltungsgericht bei seiner stattgebenden Entscheidung offenbar vorschwebende Gedanke, der durch Organisationsbefehl angeordnete Unterstellungswechsel sei nur hinsichtlich der davon betroffenen Mitglieder des Bezirkspersonalrates unwirksam, behielte aber seine Gültigkeit bezüglich aller übrigen Beschäftigten der Dienststelle, ist mit den Grundsätzen des Personalvertretungsrechts nicht vereinbar. Die Zugehörigkeit zum Personalrat setzt die Eingliederung in die Dienststelle voraus, bei der der Personalrat gebildet ist (§§ 13, 14 Abs. 1 Satz 1, § 29 Abs. 1 Nrn. 3 bis 5 BPersVG; vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG 6 P 8.01 - BVerwGE 116, 242). Dementsprechend muss ein Mitglied der Stufenvertretung in einer Dienststelle beschäftigt sein, welche zum Geschäftsbereich derjenigen Dienststelle gehörte, bei der die Stufenvertretung gebildet ist (§ 53 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1, § 54 Abs. 1 BPersVG). Es verbietet sich daher, dass die Mitglieder einer Stufenvertretung dem Geschäftsbereich einer anderen höheren Dienstbehörde angehören als die von ihr repräsentierten Beschäftigten.
f) Nach alledem kann die Zustimmungsbedürftigkeit einer organisatorischen Maßnahme nach § 47 Abs. 2 BPersVG allenfalls dann in Betracht zu ziehen sein, wenn in ihrem Gewand in Wirklichkeit speziell die Personalratsmitglieder getroffen werden sollen. Davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Der hier in Rede stehende Unterstellungswechsel ist eingebunden in die Strukturreform der Bundeswehr, in deren Verlauf seit August 2000 unter anderem Aufgaben des militärischen Nachrichtenwesens und der strategischen Aufklärung von den drei Teilstreitkräften in die neu geschaffene Streitkräftebasis übertragen wurden. Jeder Zusammenhang mit der Mandatswahrnehmung durch die dem Fernmeldebereich 70 angehörenden Mitglieder des Antragstellers ist ausgeschlossen.
g) Die vorstehenden Ausführungen legen die Frage nahe, ob an der Auffassung des Senats im BVerwG 6 P 11.85 - (Buchholz 250 § 47 BPersVG Nr. 6 S. 5 ff.) festgehalten werden kann, wonach die Versetzung von Personalratsmitgliedern auch dann nach § 47 Abs. 2 BPersVG zustimmungsbedürftig ist, wenn sie sich lediglich als zwingende Folge einer Organisationsmaßnahme darstellt. Es könnte stattdessen an eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs der Vorschriften zu denken sein (so im Ergebnis bereits für den Fall der Auflösung einer Dienststelle: BVerwG 2 B 1.94 - Buchholz 250 § 47 BPersVG Nr. 8; zustimmend Etzel, a.a.O. Rn. 136). Die Frage kann letztlich dahin stehen, weil im vorliegenden Fall eine Versetzung oder eine sonstige personelle Maßnahme gegenüber den betroffenen Personalratsmitgliedern nicht ausgesprochen wurde.
Fundstelle(n):
XAAAC-13111