Leitsatz
Vereinigt sich eine große Krankenkasse mit einer kleinen, so gilt eine bei der großen Kasse bestehende Dienstvereinbarung fort, wenn deren Dienststellen - bei gleichzeitiger Auflösung der Dienststellen der kleinen Kasse - unverändert weiter bestehen oder der Dienststellenorganismus der großen Kasse seine Identität wahrt.
Gesetze: BPersVG § 73; SGB V § 144; SGB V § 168 a
Instanzenzug: VG Hamburg 2 VG FB 1/2001 vom OVG Hamburg OVG 7 Bf 305/01 .PVB vom
Gründe
I.
Am schloss die Techniker Krankenkasse mit ihrem Hauptpersonalrat eine Dienstvereinbarung über die Arbeit an Geräten der Informationstechnik ab. Ein im Oktober 1997 im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren anhängig gemachtes Begehren des Beteiligten, die Dienstvereinbarung ganz oder teilweise für unwirksam zu erklären, lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom - 1 VG FB 17/97 - ab. Die Beschwerde des Beteiligten wies das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom - 7 Bf 303/98.PVB - zurück. Die durch BVerwG 6 PB 1.00 - nur hinsichtlich der Pausenregelung im § 8 Abs. 1 der Dienstvereinbarung zugelassene Rechtsbeschwerde des Beteiligten wies der Senat mit BVerwG 6 P 6.00 - zurück.
Mit Wirkung vom vereinigte sich die Techniker Krankenkasse mit der Gärtner-Krankenkasse (GKK) zur neuen Techniker Krankenkasse (TK). Nach Auffassung des Beteiligten ist mit der Fusion die Dienstvereinbarung vom untergegangen. Das Begehren des Antragstellers, das Fortbestehen der Dienstvereinbarung festzustellen, hat das Verwaltungsgericht abgelehnt. Die Beschwerde des Antragstellers hat das Oberverwaltungsgericht durch den angefochtenen Beschluss aus folgenden Gründen zurückgewiesen: Nach den einschlägigen Bestimmungen des SGB V hätten mit dem Fusionszeitpunkt die Kassen nicht nur ihre Rechtsfähigkeit als juristische Personen verloren, sondern auch ihre personalvertretungsrechtliche Funktion als Dienststelle. Ein Untergang der Dienststelle lasse auch die entsprechende Personalvertretung wegfallen. Damit sei auch die Wirksamkeit einer zwischen der bisherigen Dienststelle und der bisherigen Personalvertretung geschlossenen Dienstvereinbarung beendet. Das Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge, das für die Vereinigung von Krankenkassen in § 144 Abs. 4 Satz 2 SGB V seinen Ausdruck finde, erfasse nicht die mit der Vereinigung untergegangenen Dienstvereinbarungen. Die vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätze zur normativen Weitergeltung von Betriebsvereinbarungen in Rechtsnachfolgefällen kämen hier nicht zum Zuge, weil es vorliegend gleichsam um die Zusammenlegung von Betrieben zu einem Betrieb gehe, für die wegen des damit verbundenen Verlustes der Betriebsidentität die Fortgeltung einer Betriebsvereinbarung als Kollektivrecht ausscheide. Die vom Antragsteller befürwortete entsprechende Anwendung von § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB könne lediglich dazu führen, dass die einzelnen Bestimmungen der Dienstvereinbarung in den Arbeitsverträgen der Beschäftigten, für die sie abgeschlossen worden seien, bei ihrer Weiterbeschäftigung bei der neuen Krankenkasse individualrechtlich fortgälten.
Der Antragsteller trägt zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde vor: Ein Fall der normativen Weitergeltung einer Betriebsvereinbarung sei dann gegeben, wenn ein Betrieb unter Verlust seiner Selbständigkeit in einen anderen Betrieb eingegliedert werde. Dann verlören nicht beide früheren Betriebe ihre Betriebsidentität, sondern nur derjenige Betrieb, der eingegliedert werde; der eingliedernde Betrieb wahre jedoch seine Betriebsidentität. Ein dem vergleichbarer Fall sei hier gegeben, weil die kleine Gärtner-Krankenkasse in die viel größere Techniker Krankenkasse eingegliedert worden sei, ohne dass es bei letzterer zu einer Änderung ihrer Betriebsidentität gekommen sei.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und festzustellen, dass die Dienstvereinbarung "Arbeit am/mit DSG" vom nicht mit der Fusion zwischen der Techniker Krankenkasse und der Gärtner-Krankenkasse zum ende, sondern vielmehr über den hinaus fortbesteht.
Der Beteiligte beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss ebenso wie der Vertreter des Bundesinteresses.
II.
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist zulässig. Insbesondere genügt die Rechtsbeschwerdebegründung den formellen Anforderungen nach § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 94 Abs. 2 Satz 2 ArbGG (vgl. - AP Nr. 1 zu § 94 ArbGG 1979; Beschluss vom - 7 ABR 4/98 - AP Nr. 19 zu § 20 BetrVG 1972).
Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf der unrichtigen Anwendung von Rechtsnormen (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 ArbGG). Er ist daher - ebenso wie der durch ihn bestätigte erstinstanzliche Beschluss - aufzuheben; da der Sachverhalt geklärt ist, entscheidet der Senat in der Sache selbst (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG i.V.m. § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zu der dem Begehren des Antragstellers entsprechenden Feststellung.
1. Der auf Fortbestehen der Dienstvereinbarung vom gerichtete Feststellungsantrag ist zulässig. Dem kann nicht entgegengehalten werden, über die Gültigkeit der Dienstvereinbarung sei in dem früheren personalvertretungsrechtlichen Verfahren, welches durch den Senatsbeschluss vom - BVerwG 6 P 6.00 - (Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 102) sein Ende gefunden habe, bereits rechtskräftig entschieden worden (§ 322 Abs. 1 ZPO). Selbst wenn letzteres zutreffen sollte, bedarf der antragstellende Hauptpersonalrat der gerichtlichen Feststellung, weil die beteiligte Dienststelle die Dienstvereinbarung ungeachtet des Ausgangs des damaligen Gerichtsverfahrens ab für unwirksam hält und folgerichtig nicht mehr anwenden will. Er kann sein Ziel nicht auf einfacherem Wege, etwa im Wege der Zwangsvollstreckung, erreichen. Im damaligen Verfahren, in welchem die Rollen der Beteiligten im Vergleich zum hier vorliegenden Verfahren vertauscht waren, ist der Antrag der beteiligten Dienststelle, die Dienstvereinbarung ganz oder teilweise für nichtig zu erklären, rechtskräftig abgelehnt worden. Die entsprechenden verwaltungsgerichtlichen Beschlüsse eignen sich als Grundlage für eine Zwangsvollstreckung zu Gunsten des Antragstellers nicht (§ 85 Abs. 1 Satz 1, § 87 Abs. 2 Satz 1, § 92 Abs. 2 Satz 1 ArbGG).
2. Dahingestellt bleiben kann, ob das Feststellungsbegehren des Antragstellers schon deswegen begründet ist, weil die im erwähnten Verfahren ergangenen gerichtlichen Entscheidungen präjudizielle Wirkung dahin entfalten, dass zwischen den Beteiligten die Weitergeltung der Dienstvereinbarung vom über den hinaus feststeht. Dem stünde zwar grundsätzlich nicht entgegen, dass die Beteiligten die Folgen der Vereinigung der TK und GKK seinerzeit nicht in dem anhängigen Verfahren zur gerichtlichen Überprüfung gestellt haben. Denn die Beteiligten konnten über das gerichtliche Prüfprogramm anlässlich des auf Feststellung der Nichtigkeit der Dienstvereinbarung gerichteten Antrags nicht disponieren. Andererseits liegt hier die Besonderheit vor, dass die Vereinigung der beiden Kassen zum Zeitpunkt der Anhörung der Beteiligten durch das Oberverwaltungsgericht am zwar beschlossen und genehmigt, aber noch nicht wirksam war; dementsprechend bezog sich der im Anhörungstermin gestellte Antrag nicht oder zumindest nicht ausdrücklich auf die Rechtslage, die erst nachfolgend mit dem Wirksamwerden der Vereinigung am eintrat. Die Frage, welche Folgerungen aus diesem Umstand für den Streitgegenstand des damaligen Verfahrens und damit die Rechtskraft der getroffenen gerichtlichen Entscheidungen zu ziehen sind, lässt der Senat offen, weil dem Feststellungsbegehren des Antragstellers jedenfalls aus den nachfolgend dargelegten Sachgründen entsprochen werden muss.
3. Die Dienstvereinbarung vom ist durch die Vereinigung von TK und GKK zur neuen TK nicht unwirksam geworden.
a) Rechtlicher Ausgangspunkt für diese Beurteilung ist § 144 Abs. 4 Satz 2 SGB V. Nach dieser Vorschrift, welche auf die hier in Rede stehende Vereinigung von Ersatzkassen entsprechend anzuwenden ist (§ 168 a Abs. 1 Satz 3 SGB V), tritt die neue Krankenkasse in die Rechte und Pflichten der bisherigen Krankenkassen ein. Diese Regelung knüpft an die Aussage in § 144 Abs. 4 Satz 1 SGB V an, wonach mit dem aufsichtsbehördlich bestimmten Vereinigungszeitpunkt (§ 144 Abs. 3 SGB V) die bisherigen Krankenkassen geschlossen sind. Während einerseits der dort angeordnete Rechtsträgerwechsel eine Zäsur bedeutet, sorgt andererseits die Gesamtrechtsnachfolgeregelung in § 144 Abs. 4 Satz 2 SGB V für Kontinuität.
aa) Von dieser Kontinuität erfasst sind nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Regelung auch die Beschäftigungsverhältnisse, die auf die neue Kasse übergehen (vgl. BTDrucks 11/2237 S. 209 zu § 153 Abs. 4). Der vom Gesetzgeber gewollte weite Anwendungsbereich der Vorschrift - in den zitierten Gesetzesmaterialien wird sie als "generelle Nachfolgeklausel" bezeichnet - erlaubt es, auch Dienstvereinbarungen als vom Rechtsübergang erfasst anzusehen. Dem Gesetzgeber war nämlich bekannt, dass die Arbeitsverhältnisse, von deren Übergang er ausdrücklich ausgeht, in erheblichem Umfang kollektivrechtlich, d.h. durch Tarifverträge und Dienstvereinbarungen, gestaltet werden (vgl. zur Weitergeltung von Tarifverträgen: Bloch in: GK SGB V § 144 Rn. 21, § 168 a Rn. 15; vgl. ferner zum Übergang eines Firmentarifvertrages auf den neu gegründeten Rechtsträger nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG: - BAGE 89, 193 199 ff.).
bb) Der vom Gesetzgeber mit der freiwilligen Vereinigung von Krankenkassen verfolgte Zweck wird durch die Weitergeltung von Dienstvereinbarungen nicht berührt. Er geht dahin, durch Schaffung größerer Einheiten ausgewogene Risikostrukturen zu schaffen und ein Finanzausgleichsverfahren zu vermeiden (vgl. BTDrucks 11/2237 S. 209 zu § 153). Ein Zusammenhang mit der Fortgeltung kollektiver Regelungen der Arbeitsbedingungen besteht nicht.
b) Die an die Regelung der Gesamtrechtsnachfolge in § 144 Abs. 4 Satz 2 SGB V anknüpfenden Aspekte beschreiben notwendige, aber noch nicht hinreichende Voraussetzungen für die Fortgeltung der Dienstvereinbarung:
Dienstvereinbarungen werden "durch Dienststelle und Personalrat gemeinsam beschlossen" (§ 73 Abs. 1 Satz 2 BPersVG). Sie schaffen - als Akte dienststelleninterner Rechtsetzung - für die Dienststelle und deren Beschäftigten unmittelbar geltendes Recht, und zwar in der Weise, dass alle gegenwärtig oder künftig in der Dienststelle Beschäftigten vom Dienststellenleiter nach ihren Vorschriften behandelt werden müssen. Die Geltung der Dienstvereinbarung hängt daher von der Fortexistenz der Dienststelle ab, für die sie abgeschlossen worden ist. Wird die Dienststelle aufgelöst oder sonst in einer Weise verändert, dass sie ihre Identität einbüßt, verliert die Dienstvereinbarung ihren Geltungsgrund und wird unwirksam. Umgekehrt gilt die Dienstvereinbarung solange fort, wie die Dienststelle ihrem Wesen und ihren Aufgaben nach erhalten bleibt. Das trifft auch dann zu, wenn die Dienststelle aufgrund einer Umorganisation der Verwaltung einem anderen Rechtsträger zugeordnet wird (vgl. Fischer/ Goeres in: GKÖD, Band V, K § 73 Rn. 23). Mithin ist auch im Falle eines Rechtsträgerwechsels die Wahrung der Identität der Dienststelle die weitere und letztlich entscheidende Voraussetzung für die Fortgeltung der Dienstvereinbarung.
Diese Grundsätze sind im Wesentlichen unverändert auch dann maßgebend, wenn die Dienstvereinbarung - wie hier - zwischen einer Behörde der Mittelstufe oder der obersten Dienstbehörde und der dortigen Stufenvertretung mit Wirkung für den gesamten Geschäftsbereich der Behörde zustande gekommen ist. Auch in derartigen Fällen bleiben Bezugsobjekt und Regelungssubstrat der Vereinbarung die von ihrem Geltungsbereich erfassten Dienststellen (vgl. zum Charakter einer Gesamtbetriebsvereinbarung: - S. 11). Die Fortgeltung auch einer solchen Dienstvereinbarung setzt daher - ebenso wie derjenigen für eine einzelne Dienststelle - stets eine Kontinuität im Dienststellenbereich voraus. Diese ist zum einen gegeben, wenn die von der Dienstvereinbarung erfassten Dienststellen erhalten bleiben. Sie liegt darüber hinaus auch dann vor, wenn der Dienststellenorganismus, auf welchen sich der Geltungsbereich der Dienstvereinbarung bezieht, seine Identität wahrt. Wird etwa auf der Ebene eines Ministeriums für alle Beschäftigten des Geschäftsbereichs eine Dienstvereinbarung mit dem Hauptpersonalrat abgeschlossen, so entfällt deren Wirksamkeit nicht deswegen, weil im nachgeordneten Bereich Dienststellen aufgelöst oder neu errichtet werden. Nichts anderes ist anzunehmen, wenn die Leitung einer Krankenkasse mit ihrem Hauptpersonalrat eine Dienstvereinbarung zu Gunsten aller Kassenbeschäftigten abschließt (vgl. zur Erstreckung des Geltungsbereichs einer Gesamtbetriebsvereinbarung auf nach ihrem Abschluss gegründete Betriebe: - AP Nr. 11 zu § 50 BetrVG 1972 Bl. 86). Vereinigt sich wie hier eine große Krankenkasse mit einer kleinen, so müssen die dadurch ausgelösten organisatorischen Veränderungen nicht über das Maß dessen hinausgehen, was in den vorbezeichneten Fällen die Gültigkeit der Dienstvereinbarung unberührt lässt. Allein der Rechtsträgerwechsel - bei nur geringfügigen tatsächlichen Änderungen - kann daher den Untergang der bei der großen Kasse geltenden Dienstvereinbarung nicht rechtfertigen.
aa) Ob eine Dienststelle besteht, richtet sich nach den materiellen Voraussetzungen in § 6 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BPersVG, also danach, ob die jeweilige Stelle im Verwaltungsaufbau nach Aufgabenbereich und Organisation selbständig ist. Da das Vorliegen einer Dienststelle Grundvoraussetzung für die Bildung einer Personalvertretung ist (§ 12 BPersVG), kommt es darauf an, dass der Leiter der Einrichtung - in den Grenzen der für die öffentliche Verwaltung allgemein bestehenden Weisungsgebundenheit - bei den für eine Beteiligung der Personalvertretung in Betracht kommenden personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Angelegenheiten einen eigenen Entscheidungs- und Handlungsspielraum hat (vgl. BVerwG 6 P 7.00 - Buchholz 250 § 6 BPersVG Nr. 15 S. 7 f. m.w.N .).
bb) Dieser Dienststellenbegriff gilt auch für die öffentlich-rechtlich organisierten Sozialversicherungsträger. Die Sonderregelung in § 88 Nr. 1 BPersVG zu Dienststellen der mittleren Ebene verhält sich zum Dienststellenbegriff nicht. Sie betrifft im Übrigen Krankenkassen, die wie die TK über einen zweistufigen Dienststellenaufbau verfügen, nicht und hat ohnehin nur klarstellende Bedeutung (vgl. Fischer/Goeres a.a.O. K § 88 Rn. 8; Schlatmann, in: Lorenzen/Schmitt/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 88 Rn. 26; Altvater/Bacher/Hörter/Peiseler/Sabottig/Schneider/Vohs, Bundespersonalvertretungsgesetz, 4. Aufl. 1996, § 88 Rn. 22; Grabendorff/Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 9. Aufl. 1999, § 88 Rn. 1).
cc) Im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung ist entgegen der Auffassung des Beteiligten und der Vorinstanzen, dass § 144 Abs. 4 Satz 1 SGB V die Schließung der bisherigen Krankenkassen anordnet. Dies bedeutet unter dem hier maßgeblichen Gesichtspunkt des Personalvertretungsrechts lediglich, dass deren Organe - Verwaltungsrat und Vorstand (§ 31 Abs. 3 a Satz 1, § 35 a Abs. 1 Satz 1 SGB IV) - im Vereinigungszeitpunkt wegfallen mit der Folge, dass die Aufsichtsbehörde die Mitglieder des neuen Verwaltungsrats zu berufen und dieser sodann den neuen Vorstand zu wählen hat (§ 144 Abs. 3 SGB V i.V.m. § 35 a Abs. 5 Satz 1 SGB IV; vgl. Bloch a.a.O. § 144 Rn. 11 f.). Von den Organen und deren Besetzung, die nach Maßgabe des Organisationsrechts das Schicksal des Rechtsträgers teilen, sind die nach Personalvertretungsrecht zu beurteilenden Dienststellen zu unterscheiden. Verfügen die Dienststellen der Krankenkasse vor und nach dem Vereinigungszeitpunkt durchgehend über die maßgebenden personalvertretungsrechtlichen Kompetenzen, so wird ihre Dienststelleneigenschaft durch die Vereinigung nicht - auch keine "juristische Sekunde" lang - berührt.
dd) Aus demselbem Grunde ist hier auch ohne Bedeutung, dass § 144 Abs. 2 bis 4 und § 168 a Abs. 1 SGB V nur die Vereinigung von Ersatzkassen vorsehen, nicht aber die Aufnahme einer kleinen in eine große Ersatzkasse. Auch diese Entscheidung des Organisationsrechts kann nicht in Frage stellen, dass sich der Fortbestand der Dienststellen der Kassen nach ihrer Vereinigung allein nach Personalvertretungsrecht beurteilt.
c) Sämtliche Dienststellen der TK sind nach der Vereinigung mit der GKK erhalten geblieben.
aa) Dies gilt zunächst für den nachgeordneten Bereich. Wie den Angaben des Beteiligten in der Rechtsbeschwerdeerwiderung zu entnehmen ist, sind sämtliche Dienststellen der GKK (30) mit der Fusion aufgelöst und die davon betroffenen Mitarbeiter (192) in die jeweils vor Ort weiterarbeitenden Dienststellen der TK integriert worden (vgl. Anlagen BG 6 und 8). Dass die daraus ersichtliche personelle Verstärkung der Dienststellen der TK nicht geeignet ist, die jeweilige Dienststelleneigenschaft in Frage zu stellen, liegt auf der Hand.
bb) Diese Aussage trifft auf die Hauptverwaltung der TK ebenfalls zu, soweit man zugrunde legt, dass die Zahl der dort bei der TK Beschäftigten (1 243) noch um die Beschäftigten der aufgelösten Hauptverwaltung der GKK (94) aufgestockt worden ist (vgl. Anlagen BG 7 und 8 der Rechtsbeschwerdeerwiderung). Dass die satzungsmäßige Zahl der Vorstandsmitglieder unter Ausnutzung des gesetzlichen Spielraums von zwei auf drei erhöht worden ist (§ 35 a Abs. 4 Satz 1 SGB IV), berührt die Dienststelleneigenschaft der Hauptverwaltung nicht.
cc) Ob und inwieweit neben den für die Dienststelleneigenschaft nach § 6 BPersVG maßgeblichen Gesichtspunkten weitere Faktoren die Identität von Dienststellen berühren können, kann auf sich beruhen. Eine Identitätsveränderung würde jedenfalls voraussetzen, dass diesen Faktoren ein erhebliches Gewicht zukäme. Solches ist hier unter keinem Gesichtspunkt der Fall.
(1) Eine qualitativ aufgabenbezogene Veränderung ist in nennenswertem Umfang mit der Vereinigung nicht eingetreten. Die Kassen hatten sowohl vor als auch nach der Vereinigung die Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung wahrzunehmen. Dass es sich bei der TK um eine Angestelltenersatzkasse und bei der GKK um eine Arbeiterersatzkasse handelte, war spätestens seit Einführung der Wahlfreiheit zum nur noch von historischer Bedeutung (vgl. § 168 Abs. 2 SGB V). Zwar hat die neue TK fast 200 000 Versicherte von der GKK übernommen (vgl. Anlage BG 9). Die dadurch eingetretene Erhöhung der Versichertenzahl um weniger als 4 % lässt indes nicht auf einen Aufgabenzuwachs schließen, der über das hinausgeht, was im behördlichen Bereich an Aufgabenveränderungen immer wieder zu bewältigen ist.
(2) Quantitativ organisatorische Aspekte, welche eine größere Umgestaltung hätten auslösen können, lagen hier ersichtlich gleichfalls nicht vor. Nach den vom Beteiligten überreichten Unterlagen belief sich im Fusionszeitpunkt die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse bei der TK auf insgesamt 9 010, bei der GKK auf insgesamt 335 (vgl. Anlagen BG 7 und 8 der Rechtsbeschwerdeerwiderung). Ein Mitarbeiterzuwachs von derart geringfügiger Größenordnung liegt weit unterhalb der Schwelle, die zur Neuwahl eines Hauptpersonalrats führt (§ 27 Abs. 2 Nr. 1, § 54 Abs. 1 BPersVG).
(3) Die durch die Erhöhung der Zahl der Vorstandsmitglieder von zwei auf drei ausgelöste Umstrukturierung auf der Leitungsebene der TK hält sich in engen Grenzen. Sie erschöpft sich darin, dass der bisherige Vorstandsbereich B auf die jetzigen Vorstandsbereiche B und C aufgeteilt wurde. Größere personelle Veränderungen waren damit nicht verbunden (vgl. Anlagen BG 3 und 4 der Rechtsbeschwerdeerwiderung). Für die Annahme, am sei auf der Ebene der Hauptverwaltung eine neue Dienststelle entstanden, gibt dies nichts her.
d) Der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Fortgeltung von Gesamtbetriebsvereinbarungen in Rechtsnachfolgefällen kann für die vorliegende Fallgestaltung nichts entnommen werden. Nach § 47 Abs. 1 BetrVG ist ein Gesamtbetriebsrat zu errichten, wenn in einem Unternehmen mehrere Betriebsräte bestehen. Eine Gesamtbetriebsvereinbarung wird nach § 50 Abs. 1 BetrVG vom Gesamtbetriebsrat in Angelegenheiten abgeschlossen, die das gesamte Unternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können. Nach dem - bleiben, wenn Betriebe eines Unternehmens von einem anderen Unternehmen im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge übernommen werden, das bis dahin keinen eigenen Betrieb besaß, bei Wahrung der Betriebsidentität die in den übertragenen Betrieben geltenden Gesamtbetriebsvereinbarungen als normative Regelungen in Kraft (BA S. 10 ff.). Den Gesichtspunkt der Unternehmensidentität hat das Bundesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang verworfen. Denn auch bei einer Gesamtbetriebsvereinbarung seien Bezugsobjekt und Regelungssubstrat die einzelnen Betriebe.
Zwischen Betriebsverfassung und personalvertretungsrechtlicher Dienststellenverfassung bestehen wesentliche Unterschiede. Grundlage der Betriebsverfassung ist der Betriebsbegriff. Dieser ist wesentlich geprägt durch die Verfolgung bestimmter arbeitstechnischer Zwecke (vgl. - BAGE 98, 314, 320). Für den Dienststellenbegriff nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BPersVG stehen dagegen personalvertretungsrechtlich relevante Kompetenzen im Vordergrund. Zudem ist er eingebettet in eine hierarchische - zumeist dreistufige - Verwaltungsorganisation, deren Zuständigkeitsebenen auf die Beteiligungsbefugnis der jeweiligen Personalvertretung durchschlägt (§ 82 Abs. 1 BPersVG). Während bei einer mit dem Hauptpersonalrat abgeschlossenen Dienstvereinbarung die Sichtweise vertikal ist, ist sie bei der Gesamtbetriebsvereinbarung eher horizontal. Die Aussage im dem Gesamtbetriebsrat entspreche kein Gesamtbetrieb, trifft auf die Dienststellenverfassung nicht zu. Hier gilt vielmehr umgekehrt: Dem Hauptpersonalrat entspricht eine Hauptdienststelle, deren Anordnungen für sie selbst und den gesamten nachgeordneten Bereich verbindlich sind. Dies rechtfertigt es, für die hier in Rede stehende für alle Beschäftigten des Rechtsträgers abgeschlossene Dienstvereinbarung die vollständige Dienststellenidentität nicht als allein maßgebliches Fortgeltungsmerkmal zu betrachten, sondern einen im Wesentlichen unveränderten Dienststellenorganismus genügen zu lassen.
e) Da die Dienstvereinbarung vom aus den dargelegten Gründen kollektivrechtlich weiter gilt, kommt die Regelung in § 613 a Abs. 1 Sätze 2 bis 4 BGB, welche insgesamt lediglich als individualrechtlicher Auffangtatbestand zu sehen ist, nicht zum Zuge (vgl. dazu im Einzelnen: - BAGE 67, 168, 188 f.; Beschluss vom - 7 ABR 37/93 - AP Nr. 118 zu § 613 a BGB Bl. 1141; - BAGE 89, 193, 199 f.; Urteil vom - 1 AZR 58/01 - AP Nr. 1 zu § 2 SozplKonkG Bl. 1682).
f) Europäisches Gemeinschaftsrecht führt ebenfalls nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Gilt nämlich die Dienstvereinbarung vom als Kollektivrecht weiter, ist dem Zweck der Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen (Amtsblatt Nr. L 61 vom , S. 26) in der im Zeitpunkt der Kassenvereinigung zum noch geltenden Ursprungsfassung Genüge getan, eine Verschlechterung der Lage der betroffenen Arbeitnehmer allein aufgrund des Übergangs eines Unternehmens, Betriebs oder Betriebsteils auf einen Erwerber zu verhindern (vgl. Art. 7 der Richtlinie). Weiterer Erwägungen zum Gemeinschaftsrecht bedarf es nicht
4. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 8 Abs. 2 Satz 2, § 10 Abs. 1 BRAGO.
Fundstelle(n):
CAAAC-13089