Leitsatz
Wird ein Prüfungsverfahren bei Bestehen einer Teilprüfung mit den anderen Teilprüfungen fortgesetzt, ohne dass nach der einschlägigen Prüfungsordnung über das Bestehen und das (Teil-)Ergebnis ein Bescheid zu ergehen hat, kann die positive Bewertung der Teilprüfungsleistung nicht gleichwohl deshalb als Verwaltungsakt qualifiziert werden, weil die Prüfung als "abgeschichtete Fachprüfung" ausgestaltet ist.
Gesetze: VwGO § 42 Abs. 1
Instanzenzug: VGH München VGH 7 B 01.2594 vom
Gründe
Die Beschwerde hat Erfolg. Das angefochtene Zwischenurteil, mit dem die Klage gegen die Bewertung der Klausurarbeit vom (Teilklausur Privatrecht I im Rahmen der Diplom-Vorprüfung im Fach Betriebswirtschaftslehre) für zulässig erklärt worden ist, beruht auf einem von der Beklagten dargelegten Verfahrensmangel. Dies führt zu seiner Aufhebung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an den Verwaltungsgerichtshof.
1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die von der Beschwerde sinngemäß aufgeworfene Frage, ob die Bewertung der Teilprüfung innerhalb eines Prüfungsfachs der Diplom-Vorprüfung, bei der die Fachprüfungen studienbegleitend in Teilprüfungen durchgeführt werden, als Verwaltungsakt (§ 42 Abs. 1 VwGO) zu qualifizieren ist, bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Sie kann anhand der in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits entwickelten Grundsätze zum allgemeinen Prüfungsrecht beantwortet werden. Die Beschwerde zeigt keine Gesichtspunkte auf, die eine Fortbildung dieser Grundsätze erwarten ließen.
Der beschließende Senat hat wiederholt ausgesprochen, dass Mitteilungen der Prüfungsbehörde an den Prüfling über die Bewertung einer einzelnen Prüfungsleistung im Allgemeinen nicht die Merkmale eines mit der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage angreifbaren Verwaltungsakts aufweisen (vgl. BVerwG 6 C 5.93 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 329, und vom - BVerwG 6 C 37.92 - BVerwGE 96, 126, 128). Da die Einzelnoten, die dem Prüfling im Verlauf des Prüfungsverfahrens erteilt werden, regelmäßig keine selbständige rechtliche Bedeutung haben, sondern lediglich als Grundlage der behördlichen Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen der Prüfung dienen, fehlt es an dem für einen Verwaltungsakt wesentlichen und unverzichtbaren Merkmal der Regelung eines Einzelfalls mit unmittelbarer Rechtswirkung. Eine solche Regelung ist vielmehr meistens erst in dem Bescheid der Behörde enthalten, in dem dem Prüfling mitgeteilt wird, er habe die Prüfung in bestimmter Weise bestanden oder nicht bestanden. Allerdings kann, worauf der Verwaltungsgerichtshof zutreffend hingewiesen hat, der Bewertung einer einzelnen Prüfungsleistung ausnahmsweise in der jeweiligen Prüfungsordnung aufgrund einer besonderen Ausgestaltung des Prüfungsverfahrens eine selbständige rechtliche Bedeutung zuerkannt sein, der die Behörde mit einem entsprechenden Rechtsfolgenausspruch, also mit dem Erlass eines Verwaltungsakts Rechnung zu tragen hat; solches kommt insbesondere dann in Betracht, wenn mit der Bewertung der einzelnen Prüfungsleistung zugleich über das Ergebnis der Prüfung insgesamt entschieden wird oder wenn - wie hier - die Prüfung in mehrere selbständige Teile untergliedert ist, die je für sich zu bestehen sind und im Nichtbestehensfall wiederholt werden müssen. Ohne derartige Besonderheiten des Prüfungsverfahrens besteht indes für die Annahme eines Verwaltungsakts grundsätzlich kein Anlass. Allein der Umstand, dass die Einzelnote rechnerisch in eine Gesamtnote eingeht, die ihrerseits die Entscheidung der Prüfungsbehörde über das Bestehen oder Nichtbestehen der Prüfung trägt, genügt dafür nicht (vgl. Urteil vom , a.a.O.).
Die Beschwerde wendet sich der Sache nach allein gegen die Anwendung dieser Grundsätze, von denen der Verwaltungsgerichtshof ausgegangen ist, auf die im vorliegenden Verfahren angegriffene Bewertung einer Teilprüfungsleistung. Ansätze für eine weitere fallübergreifende Ausgestaltung dieser Grundsätze enthält das Beschwerdevorbringen nicht. Der Hinweis der Beschwerde auf die Bedeutung der Rechtssache für eine Vielzahl ähnlich strukturierter studienbegleitender Leistungsnachweise verleiht ihr keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil keine Rechtsfrage aufgezeigt wird, die der Klärung bedürfte und die voraussichtlich in dem angestrebten Revisionsverfahren geklärt werden könnte.
2. Indem sich die Beschwerde gegen die das angefochtene Zwischenurteil tragende Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs wendet, erhebt sie Verfahrensrügen gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Sie macht geltend, die Klage sei unzulässig, weil die angefochtene Einzelnote keinen anfechtbaren Verwaltungsakt darstelle und dem Kläger das Rechtsschutzinteresse fehle. Damit legt sie in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise die Verletzung von Normen des (Bundes-) Verwaltungsprozessrechts und damit einen Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO dar (vgl. Pietzner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 132 Rn. 87 ff.). Der Zulässigkeit der Rüge steht der Umstand nicht entgegen, dass Gegenstand des Beschwerdeangriffs ein Zwischenurteil gemäß § 109 VwGO ist. Denn auf ein solches Zwischenurteil sind die Vorschriften über die Revision und ihre Zulassung anzuwenden (§ 132 Abs. 1 VwGO).
Die Beschwerde hat Erfolg, weil die Bewertung der Klausur vom mit der Note 3,3 kein Verwaltungsakt ist, der Gegenstand des vom Kläger in der Hauptsache gestellten Aufhebungs- und Verpflichtungsantrags (§ 42 Abs. 1 VwGO) sein könnte. Diese Bewertung zog keine in Form eines Verwaltungsakts auszusprechenden unmittelbaren Rechtsfolgen nach sich. Der Kläger hat mit ihr zwar die Teilprüfung bestanden (vgl. § 12 Abs. 3 der anzuwendenden Allgemeinen Prüfungsordnung - APO -), die Prüfungsordnung sieht jedoch nicht vor, dass darüber ein gesonderter Bescheid ergeht. Wie dargelegt, führt der Umstand, dass die Benotung der Teilprüfungsarbeit in die Note des Prüfungsfachs "Grundzüge des öffentlichen und privaten Rechts I" und in die Gesamtnote eingeht, die das Zeugnis über die erfolgreiche Teilnahme an der Diplom-Vorprüfung enthält (§ 17 Abs. 3 APO), nicht dazu, dass die Bewertung der Teilprüfungsleistung als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist.
Der gegenteiligen Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs liegt die Erwägung zugrunde, dass die vom Kläger absolvierte Diplom-Vorprüfung als eine "abgeschichtete Fachprüfung" ausgestaltet sei, deren Bestehen vom Erfolg in jeder einzelnen Teilprüfung abhänge; aus diesem Grund komme jeder einzelnen Teilprüfung und ihrer Bewertung eine eigenständige Bedeutung zu. Der Verwaltungsgerichtshof hat dabei jedoch übersehen, dass nach dem Inhalt der einschlägigen Prüfungsordnung das Verfahren der Diplom-Vorprüfung beim Bestehen einer Teilprüfung mit den anderen Teilprüfungen fortgesetzt wird, ohne dass dieses (Teil-)Ergebnis des Prüfungsverfahrens in Form eines Verwaltungsakts festzuhalten ist. Einer solchen teilweisen Bestehensentscheidung der Prüfungsbehörde bedarf es auch dann nicht, wenn das Verfahren auf dem Gedanken einer studienbegleitenden "Abschichtung" einzelner Prüfungsfächer beruht, weil bei derartigen Prüfungen nicht anders als bei sonstigen Prüfungen jede Prüfungsleistung vom Prüfling mit dem Ziel des erfolgreichen Abschlusses der Gesamtprüfung erbracht wird und diese nur auf der Grundlage vollständig erbrachter Prüfungsleistungen für bestanden erklärt werden kann. Über die Rechtslage, die beim Nichtbestehen einzelner Teilprüfungen der Diplom-Vorprüfung besteht, ist aus Anlass des vorliegenden Rechtsstreits nicht zu entscheiden. Für diese Fälle sieht die Prüfungsordnung ausdrücklich die schriftliche Benachrichtigung des Prüflings vor, wenn alle Möglichkeiten der Wiederholung der Teilprüfung ausgeschöpft sind (vgl. § 12 Abs. 3, § 17 Abs. 1, § 19 Abs. 1 und 2 APO).
Das angefochtene Urteil beruht auf dem festgestellten Verfahrensfehler und erweist sich überdies nicht im Sinne von § 144 Abs. 4 VwGO aus einem anderen Grunde als im Ergebnis richtig. Namentlich steht dem Kläger für sein Begehren nach Abänderung der angegriffenen Klausurnote nicht statt der vom Verwaltungsgerichtshof zu Unrecht für zulässig gehaltenen Verpflichtungsklage die allgemeine Leistungsklage zur Verfügung. Denn der Kläger hat mittlerweile bei der Beklagten die Diplom-Vorprüfung bestanden. Auf dem ihm ausgehändigten Zeugnis über das Bestehen der Diplom-Vorprüfung findet sich die angegriffene Klausurnote nicht; vielmehr ist dort nur eine Note für das Prüfungsfach "Grundzüge des öffentlichen und privaten Rechts I" ausgewiesen, in die neben einer anderen Note auch die angegriffene Klausurnote eingegangen ist. Unter diesen Umständen ist nicht erkennbar, welche greifbaren tatsächlichen Nachteile dem Kläger für seine Ausbildung oder sein berufliches Fortkommen aus der in Rede stehenden Note in der Zukunft noch erwachsen könnten; solche Nachteile werden vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Ihm fehlt daher auf eine für die Abänderung dieser Note gerichtete allgemeine Leistungsklage das allgemeine Rechtsschutzinteresse. Ein solches Interesse des Klägers ist nach Lage der Dinge allenfalls für den hilfsweise gestellten Antrag auf Verbesserung der Note im Prüfungsfach "Grundzüge des öffentlichen und pivaten Rechts I" oder für das Begehren nach Verbesserung der daneben auf dem Prüfungszeugnis ausgewiesenen Gesamtnote seiner Diplom-Prüfung denkbar.
3. Der Senat hebt in Anwendung seiner durch § 133 Abs. 6 VwGO eingeräumten Befugnis das angefochtene Zwischenurteil auf und verweist den Rechtsstreit an den Verwaltungsgerichtshof zurück. Von einer abschließenden Entscheidung über den Klageantrag (vgl. BVerwG 7 B 48.96 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 22) sieht der Senat bereits im Hinblick auf die mit Schriftsatz vom gestellten Hilfsanträge des Klägers ab.
4. Im Hinblick auf die Einheitlichkeit der Kostenentscheidung ist diese der Schlussentscheidung vorzubehalten. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 14 Abs. 1 und 3, § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
PAAAC-12989